Die Vaudoise hat für ihre Expansion in die Beratungsbranche der 2. Säule ein weiteres Unternehmen erworben: die Ecofin. 2019 startete Vaudoise mit der Übernahme von Pittet Associés, 2022 kamen die BVG-Experten der Swiss Life Pension Services dazu und im vergangenen Jahr Prevanto. Mit der Ecofin wird neben der aktuariellen Beratung durch Pittet und Prevanto jetzt das Investment-Consulting verstärkt. Das grosse Geschäft wird sich Vaudoise davon kaum versprechen. Ob positive Effekte auf das klassische Versicherungsgeschäft entstehen?
Einfacher sind die Interessen der Übernommenen nachzuvollziehen. Der Verlust an Unabhängigkeit wird durch klingende Münze abgegolten, wovon die beteiligten Partner profitieren. Über allfällige Nachfolgeprobleme müssen sie sich auch keine Sorgen mehr machen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang besonders die Prevanto, mit der sich die PK-Experten der früheren Swisscanto unter dem neuen Namen 2015 von der ZKB lösten. Das war für die drei Partner mit finanziellen Verpflichtungen verbunden, welche die neugewonnene Unabhängigkeit wert schienen. Offenbar nicht auf Dauer.
Die ZKB hat ihrerseits im letzten Jahr die Complementa übernommen und damit auch gleich deren Pensionskassen-Studie. Mit dem Risiko Check-up wurde 1995 die erste umfassende Umfrage bei den Vorsorgeeinrichtungen durchgeführt. Die Doppelspurigkeit mit der Swisscanto-Umfrage ist offenkundig. Allerdings hat die ZKB versprochen, beide Studien unverändert weiterzuführen. Bis zur nächsten Sparrunde, ist man versucht anzufügen.
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Ein weitaus umfassenderer und auch problematischerer Konzentrationsprozess hat sich derweil bei der BVG-Regionalaufsicht abgespielt. Mit dem Anschluss der Ostschweizer Aufsicht an die Zürcher BVS, unter deren Fittiche sich bereits früher die Schaffhauser Aufsicht begeben hatte, und nachdem zur Ostschweizer Aufsicht die beiden Appenzell, Glarus, Graubünden, St. Gallen, Thurgau und das Tessin gehören, wird die BVS unter dem neuen Kürzel ATIOZ rund 900 der noch existierenden 1285 Vorsorgeeinrichtungen mit 600 Mrd. Franken Vermögen beaufsichtigen. Wird von den 1,2 Bio. Gesamtvermögen der 2. Säule jenes der Sammelstiftungen mit mind. 400 Mrd. Fr. subtrahiert, sie unterstehen der OAK-Direktaufsicht, beaufsichtigt die ATIOZ gut drei Viertel des restlichen BVG-Vermögens. Der Hegemon unter den Direktaufsichtsbehörden.
So war das wohl nicht gedacht bei der Inkraftsetzung der Strukturreform anno 2012, welche laut einem Positionspapier der Konferenz der kantonalen (!) BVG-Aufsichtsbehörden bezweckte, «die Transparenz bei der Verwaltung von Vorsorgeeinrichtungen, die Governance bei deren Führung und Vermögensverwaltung und die Aufsicht in der beruflichen Vorsorge zu verbessern und zu stärken. Im Bereich der Aufsicht sollte sie die Aufgaben und Zuständigkeiten von Direkt- und Oberaufsicht entflechten, die Unabhängigkeit der Direktaufsicht stärken und die Aufsichtspraxis vereinheitlichen». Die Vereinheitlichung erfolgt jetzt durch die Aufgabe der Selbständigkeit zahlreicher kantonaler Behörden. Das Thema interessiert die Kantone nicht mehr. Zürich dominiert.
Neben der ATIOZ nehmen sich die verbliebenen Direktaufsichten recht bescheiden aus. Im Falle von Basel, Bern und Aargau umfassen sie jeweils nur gerade je einen benachbarten Kanton, Genf steht für sich allein, Luzern umfasst sechs kleinere und jene der Waadt vier angrenzende Kantone. Sie sind alle regional ausgerichtet, was man von der fast schon flächendeckenden Zürcher Aufsicht kaum sagen kann. Das geplante Modell mit OAK und Regionalaufsichten muss als gescheitert gelten. Droht jetzt die Finma?
Man erinnert sich an die Zeiten, als aufmüpfige Direktoren der Direktaufsicht der neu installierten OAK BV gerne in die Parade fuhren und deren Machtanspruch gelegentlich infrage stellten. Was so weit ging, dass der erste OAK-Präsident, Pierre Triponez, beim zuständigen Departements-Chef Alain Berset um Unterstützung gegen die unbotmässigen Kantone bat. Tempi passati.
Solches dürfte Vera Kupper kaum passieren. Roger Tischhauser, Direktor der VBS und jetzt der ATIOZ, hat stets Verständnis für alle von der OAK entwickelten und bei den beaufsichtigen Kassen häufig genug auf wenig Gegenliebe stossenden Regulierungsvorhaben gezeigt. Gegen das Zürcher Gespann Kupper/Tischhauser dürfte die Restschweiz wenig Chancen haben. Dem Berner Regulierungseifer scheinen kaum mehr Grenzen gesetzt – falls nicht, wie letztes Jahr im Falle der Sammelstiftungen, Kassen offen mit Nichtbefolgen von Weisungen drohen.
Immerhin dürfte jetzt die Aufsichtsarbitrage, welche in den wilden Zeiten der Profond die Branche erregte, weitgehend verunmöglicht sein. Wer als PK einmal von der ATIOZ erfasst wurde, muss unter Umständen mehr als eine Kantonsgrenze überschreiten, um ihr zu entgehen.
Peter Wirth, E-Mail
Korrigierte Fassung des Kommentars im Newsletter Nr. 536
Meldung: A propos Hegemon