Die BVG-Reform aus der Perspektive der vom Volk angenommenen 13. AHV-Rente beschäftigt die Medien. Es geht um die Finanzierung beider Ausbauprojekte.
Nach der deutlichen Annahme der AHV-Initiative geraten sich die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände in die Haare. Auf der einen Seite stehen die Gewerkschaftsbosse Pierre-Yves Maillard und Adrian Wüthrich, auf der anderen Seite Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi und Arbeitgeberpräsident Severin Moser.
Es geht um die Finanzierung der 13. Rente. Sollen die Löhne angezapft werden, oder soll es über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gehen? Oder ganz anders? Die Linke und die Gewerkschaften wollen die Löhne zur Finanzierung heranziehen: «Das ist am sozialsten», argumentieren die SP-Spitzen unisono. Das wären 4 bis 5 Milliarden Franken jährlich bis 2032, die von den Löhnen abgezogen und der AHV zufliessen müssten. Zum Vergleich: Die Lohnsumme beträgt heute rund 410 Milliarden Franken.
Die Linke will die AHV über Lohnabzüge finanzieren. Damit schnürt sie der Pensionskassenreform die Luft ab, denn auch diese setzt auf Lohnbeiträge, schreibt die Handelszeitung.
Es geht um die Finanzierung der 13. Rente. Sollen die Löhne angezapft werden oder soll es über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gehen? Oder ganz anders? Die Linke und die Gewerkschaften wollen die Löhne zur Finanzierung heranziehen: «Das ist am sozialsten», argumentieren die SP-Spitzen unisono. Das wären 4 bis 5 Milliarden Franken jährlich bis 2032, die von den Löhnen abgezogen werden und der AHV zufliessen müssten. Zum Vergleich: Die Lohnsumme beträgt heute rund 410 Milliarden Franken.
Die Arbeitgebervertreter opponieren: Eine Finanzierung über die Lohnabzüge sei «ein No-Go», sagte Regazzi bereits am Sonntag gegenüber der «Handelszeitung». Eine Finanzierung solle, wenn überhaupt, über die Mehrwertsteuer erfolgen. Ähnlich argumentiert Moser vom Arbeitgeberverband. Damit könnten auch Profiteure der AHV-Reform zur Kasse gebeten werden, denn Mehrwertsteuer bezahlen auch Pensionierte. Gleich sieht es der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: Um die Mehrkosten zu stemmen, müsste die Konsumsteuer von heute 8 auf 9,1 Prozent angehoben werden.
Hinter den unterschiedlichen Meinungen steckt weit mehr als nur die Frage, was sozial oder generationengerecht wäre. Es geht um die grundlegende Neuausrichtung der schweizerischen Altersvorsorge. Und um taktische Fragen. Denn die Art, wie der AHV-Ausbau finanziert wird, wird eine direkte Auswirkung auf die noch anstehende Pensionskassenreform (abgekürzt BVG-Reform) haben.
Die Sonntagszeitung berichtet über den zunehmenden Widerstand aus Wirtschaftskreisen gegen die BVG-Reform aufgrund der Kosten. Wenig überraschend verliert sie die Unterstützung der Gastro-Suisse.
Voraussichtlich im September wird das Volk bereits wieder über eine Rentenreform entscheiden. Die BVG-Revision dürfte nach der AHV-Initiative erneut in einem emotionalen Abstimmungskampf gipfeln. Diesmal bildet die Linke das Nein-Lager. Gemäss ersten Umfragen des Instituts Sotomo startet sie auch diesmal mit einem Vorsprung.
Bei der Reform der beruflichen Vorsorge geht es ebenfalls um höhere Lohnkosten. Jetzt zeigt eine Auswertung: Für Berufstätige mit einem Lohn unter 80’000 Franken und einer gesetzlich minimalen Pensionskasse würde die BVG-Reform ein deutlich grösseres Loch ins Portemonnaie der Betroffenen reissen als die Finanzierung der 13. AHV-Rente.
Eine 45-jährige Person mit einem Lohn von 50’000 Franken hätte nach der BVG-Reform wegen der höheren Abzüge Ende Jahr 980 Franken weniger auf ihrem Lohnkonto. Denn ihre Pensionskassenabzüge würden mit einem Schlag von 1820 auf 2800 Franken steigen.
Lukas Müller-Brunner, Direktor des ASIP, und Michael Lauener, wissenschaftlicher Mitarbeiter, zeigen in einem Beitrag in Expert Focus die Folgen der zunehmenden Teilzeitarbeit für die Vorsorge der einzelnen Personen und die Gesellschaft insgesamt. Dabei wird auch auf die anstehende BVG-Reform eingegangen, welche diesbezüglich erhebliche Verbesserungen verspricht. In ihrem Fazit halten sie fest:
Wie die Ausführungen gezeigt haben, besteht im Bereich der Versicherung von Teilzeitarbeit in der zweiten Säule dringender Handlungsbedarf. Im Kern geht die heutige Versicherungslösung auf die Vorstellung eines Arbeitsmarkts aus den 1980er-Jahren zurück. Die zunehmende Anzahl an Teilzeit- oder Mehrfachbeschäftigten ist damit im BVG-Obligatorium deutlich schlechter abgesichert, als dies bei einer durchgehenden Vollzeiterwerbstätigkeit der Fall ist. Die entsprechenden Rentenlücken sind den versicherten Personen in vielen Fällen gar nicht bewusst.
Der Blick schreibt über die Ergebnisse der ersten Umfrage zur BVG-Reform, welche erst im Herbst zur Abstimmung gelangen soll:
Nun ist klar: Am 9. Juni kommen die beiden Krankenkassen-Initiativen, die Stopp-Impfpflicht-Initiative sowie das neue Stromgesetz vors Volk. Die Abstimmung über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) wird einmal mehr auf die lange Bank geschoben. Und das, obwohl das Referendum dagegen bereits vergangenen Sommer mit über 140’000 Unterschriften eingereicht worden war. Damit kommt die Vorlage erst im September oder November vors Volk.
Es scheint fast so, als fürchte der Bundesrat den Urnengang. Nicht ohne Grund, wie eine neue Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag des Gewerkschaftsbunds zeigt. Die Skepsis der Stimmbevölkerung gegenüber der Pensionskassen-Reform ist gross.
In einer ersten Runde wollte das Umfrage-Institut wissen, wie das Stimmvolk zur Vorlage steht. Das Resultat: 49 Prozent lehnen die BVG-Reform sicher oder eher ab, 37 Prozent hingegen stimmen ihr zu. Der Rest ist unentschlossen.
In einem zweiten Schritt wurden den Umfrageteilnehmenden Pro- und Kontra-Argumente vorgelegt, die für oder gegen die Vorlage sprechen. Danach wurden sie erneut zu ihrer Haltung befragt. Dabei akzentuierte sich das Bild: 56 Prozent wollen nun Nein stimmen, 33 Prozent dafür. Jeder Neunte bleibt unsicher.
In der Handelszeitung sehen Michael Heim und Andreas Valda die diesjährigen Abstimmungen zu AHV-Ausbau und BVG-Reform als Alternativen: entweder mehr AHV oder BVG, beides zusammen geht nicht. Nach Lage der Dinge scheint der Ausgang bereits klar.
Was gemeinhin als erste und zweite von drei gleichberechtigten Säulen der Altersvorsorge verkauft wird, steht faktisch in direkter Konkurrenz zueinander. Die Mittel, die in die Rentensysteme fliessen können, sind begrenzt. Und ein Lohnprozent mehr für die AHV ist tendenziell eines weniger für die berufliche Vorsorge. Das zeigt sich zugespitzt im laufenden Jahr.
Denn auch am Pensionskassensystem wird geschraubt. Die voraussichtlich im Herbst zur Abstimmung kommende BVG-Revision bringt nicht nur eine Senkung des Umwandlungssatzes aufgrund der höheren Lebenserwartung und tieferen Renditen, sondern auch höhere Sparbeiträge. Insbesondere sollen die Grundlagen so angepasst werden, dass Tieflöhner und Teilzeitangestellte stärker bei Pensionskassen versichert werden. Und so dereinst auf höhere Renten kommen.
Mia Mendez, Geschäftsführerin der PK PwC und Marco Tiefenthal, Assurance Director, Asset Management & Pension Funds, PwC Switzerland, haben die BVG-Reform in einer ausführlichen und allgemein verständlichen Darstellung zusammengefasst. Dabei kommen auch fragwürdige Elemente zur Sprache. Die beiden Autoren kommen zum Schluss:
Die vorliegende BVG-Reform adressiert einige wichtige Kernelemente. So wird mit der Senkung des Umwandlungssatzes die unerwünschte Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den Rentenbeziehenden reduziert, der BVG-Sparprozess gestärkt oder die Vorsorgesituation im Tieflohn- und Teilzeitsegment verbessert. Profitieren von dieser Reform werden aber auch jene, die nicht direkt von der BVG-Reform betroffen sind, trotzdem aber einen Rentenzuschlag erhalten werden.
Es darf durchaus hinterfragt werden, ob der Preis dafür – eine neue, systemfremde Umverteilung zulasten jüngerer Generationen, Fehlanreize für das selbstständige Vorsorgesparen, eine weitere Erhöhung der Komplexität in der beruflichen Vorsorge und die Querfinanzierung zwischen Pensionskassen – gerechtfertigt ist. Dies insbesondere, weil die überwiegende Mehrheit aller Pensionskassen die Reformschritte bereits umgesetzt hat.
In einem Beitrag von Walter Langenegger auf der Website der SP soll gezeigt werden, weshalb die BVG-Reform “unsozialer Pfusch” ist. Die Verbesserungen insbesondere für Frauen werden schlicht abgestritten und die Nachteile für Sonderfälle betont.
An der Delegiertenversammlung in Luzern haben die Delegierten der Jungen Mitte Schweiz drei Parolen rund um die Altersvorsorge gefasst. Die Junge Mitte Schweiz unterstützt die BVG-Reform, lehnt jedoch die Initiative für eine 13. AHV-Rente sowie die Renteninitiative ab. In einer Medienmitteilung heisst es:
Die Junge Mitte bekennt sich klar zur Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) und betont die Notwendigkeit, das System an die heutige Arbeitswelt anzupassen. Mit der Reform wird die Finanzierung der 2. Säule gestärkt, die Umverteilung von Jung zu Alt reduziert und die Absicherung von Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigten – und damit insbesondere von Frauen – verbessert. «Wir brauchen endlich ein Update der 2. Säule, um das Dreisäulensystem in der Altersvorsorge für die Zukunft zu stärken. Von der Reform profitieren insbesondere die Jungen, die Frauen, Teilzeitbeschäftigte und der Mittelstand», sagt Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz.
(SDA) Volk und Stände entscheiden am 3. März 2024 über zwei Volksinitiativen zur Altersvorsorge. Zu befinden haben sie einerseits über die Einführung einer 13. AHV-Rente, andererseits über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Die Abstimmung zur BVG-Reform kommt – zur Erleichterung der Befürworter – später.
Der Bundesrat hat entschieden, die beiden Vorlagen im Frühling zur Abstimmung zu bringen. Hinter der Initiative «Für ein besseres Leben im Alter» steht der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Sie verlangt eine 13. Monatsrente für AHV-Rentnerinnen und Rentner. Mit der Volksinitiative «Für eine sichere und nachhaltige Altersvorsorge (Renteninitiative)» wollen die Jungfreisinnigen das Rentenalter an die durchschnittliche Lebenserwartung koppeln. In einem ersten Schritt würde es für beide Geschlechter auf 66 Jahre erhöht. Danach soll das Rentenalter pro Monat zusätzlicher Lebenserwartung um 0.8 Monate steigen. Bundesrat und Parlament empfehlen beide Volksbegehren zur Ablehnung.
Jorge Serra, Zentralsekretär VPOD und Präsident des PK-Netz, hat in der Schweizer Personalvorsorge 9-23 seine Kritik an der BVG-Reform 21 dargelegt. Sie sei für die Versicherten eine Lotterie, für die Kassen eine Zumutung, schreibt er. Die Senkung des Umwandlungssatzes ist für ihn nicht mehr dringlich, Verbesserungen für Teilzeitbeschäftige und damit für viele Frauen erkennt er bestenfalls punktuell. Das sehen Frauenorganisationen anders. Zustimmung an den technischen Schwächen der Vorlage, insbesondere bei den Kompensationsmassnahmen, wird er hingegen auch bei den Fachverbänden finden. Aber natürlich darf die übliche Kritik an den “gewinnorientierten Playern” nicht fehlen. Abschliessend hält er fest:
Gewiss besteht nach wie vor Handlungsbedarf, aber diese BVG-Reform generiert fü r jedes gelöste Problem drei neue. Sie liegt weder im Interesse der Versicherten, noch im Interesse der Kassen und gehört deshalb abgelehnt.
«Mehr bezahlen, weniger Rente»: Der Slogan gegen die Rentenreform führt in die Irre. Effektiv könnten viele von besseren Leistungen profitieren, schreibt Albert Steck in der NZZ am Sonntag.
“Sind die Pensionskassen eine Geldvernichtungs-maschine? Diesen Eindruck erweckt die Kampagne der Gewerkschaften gegen die Rentenreform. «Mehr bezahlen, weniger Rente!», lautet der Slogan – der offensichtlich verfängt. Innert kürzester Zeit haben die Gewerkschaften für das Referendum 140 000 Unterschriften zusammengetrommelt. Damit kommt die BVG-Vorlage im nächsten Frühjahr zur Volksabstimmung.
«Ausgerechnet Arbeitnehmende mit tiefen und mittleren Löhnen müssten viel mehr bezahlen – für insgesamt weniger Rente», so kritisieren die Gewerkschaften. Sie rechnen vor, dass die Reform zu Rentenverlusten von bis zu 15% oder 3240 Fr. im Jahr führen würde. «Gerade Frauen sollen nach der Erhöhung des Rentenalters ein zweites Mal bezahlen», lautet der Vorwurf.
Das klingt nach einem miserablen Deal. Denn die Reform verschlingt auch eine riesige Summe Geld: 11,3 Mrd. Fr. müssten die Versicherten zusätzlich in die berufliche Vorsorge einzahlen. Und zwar in Form eines Lohnbeitrags von 0,24% während 15 Jahren. Die Pensionskassenreform, so scheint es, führt zu einem finanziellen Harakiri: Wozu sollen die Erwerbstätigen mehr Geld an die zweite Säule abliefern, wenn ihre Renten ja doch sinken? Oder gibt es vielleicht auch Gewinner? Und falls ja: Wer könnte profitieren?
Das VZ Vermögenszentrum hat ein Papier mit den konkreten Auswirkungen einer Annahme der BVG-Reform “für die Menschen in der Schweiz” publiziert. Die Berechnungsbeispiele sollen auf den Franken genau zeigen, mit welchen Renten sie rechnen können. Als Erkenntnisse werden herausgestrichen:
Der gesetzliche Mindestumwandlungssatz soll auf 6,0 Prozent sinken. Davon wären aber längst nicht alle Versicherten betroffen. Denn die meisten Versicherten haben auch überobligatorisches Altersguthaben. Dort liegen die Umwandlungssätze schon heute oft deutlich unter 6,0 Prozent. Gar nicht betroffen sind alle bereits Pensionierten: Ihre Renten bleiben gleich.
Eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen würde Rentenzuschläge erhalten. Wie die Berechnungen vom VZ zeigen, würden einige Menschen der Übergangsgeneration so eine höhere Rente bekommen als ohne Reform. Andere müssen trotz Zuschlägen mit einer tieferen Rente rechnen.
(SAV) Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat heute die Ja-Parole zur Reform der beruflichen Vorsorge (BVG-Reform) beschlossen. Eine Reform der beruflichen Vorsorge ist dringend notwendig. Denn die Renten der beruflichen Vorsorge stehen seit geraumer Zeit unter Druck. Gründe dafür sind die steigende Lebenserwartung, die vielen Neupensionäre der Babyboomer-Generation und die anhaltend schwierige Lage an den Kapitalmärkten. Weder Inflation noch steigende Zinsen lösen das Problem.
pw. Die BVG-Reform ist schwer einzuordnen und mit ihren Vor- und Nachteilen für die meisten Versicherten kaum nachvollziehbar. Die Politiker tun sich auch entsprechend schwer damit, sie dem Stimmvolk nahe zu bringen oder sie im Gegenteil dagegen zu motivieren. Die TV-Arena vom 8.9.23 zeigte das eindrücklich auf.