BVG-Reform
IZS-Vorschlag für «moderate und faire Anpassung» des BVG
Im Rahmen eines online IZS-Dialogs hat Reto Leibundgut, Partner c-alm, das Modell für eine kostengünstige Anpassung des BVG vorgestellt. Da die Änderungen moderat und ohne Eingriffe in die Systematik des Gesetzes ausgeführt werden können, verwendet Leibundgut den Begriff «Anpassung» und spricht nicht von einer Reform.
Das Ziel ist eine technisch saubere Modernisierung des BVG-Plans als «Evolution statt Revolution». Vorgestellt wurde es als IZS-Modell.
Die Anpassungen betreffen drei zentrale Elemente:
- Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug werden gesenkt, aber weniger stark als bei BVG 21; z.B. Koordinationsabzug 45% des AHV-Lohnes, max. 19’845 Fr. (BVG21 20%); Eintrittsschwelle 19’845 (19’8459.
- Flachere Beitragsstaffelung mit moderater Anpassung von bisher 7, 10, 15, 18% auf 10, 12, 14, 16%.
- Senkung des Mindestumwandlungssatzes in bspw. 8 kleinen Schritten von 6,8 auf 6%.
Mit diesen Anpassungen können die wichtigsten Ziele der gescheiterten BVG-Reform auf einfache Weise weitgehend realisiert werden. Teilzeiterwerbstätige werden besser gestellt und die Umverteilung auf 400 Mio. p.a. verringert. Die Senkung des Umwandlungssatzes kommt ohne aufwendigen Umverteilungsmechanismus zwischen den PKs aus.
Die Kosten werden auf rund 1,5-1,7 Mrd. p.a. veranschlagt, die Kompensation auf 1,6 Mrd. verglichen mit über 11 Mrd. für die BVG21-Reform. Die Senkung des Mindestumwandlungssatzes hat mit der aktuellen Zinssituation und der Gefahr neuerlicher Minuszinsen an Bedeutung gewonnen.
Allerdings gibt es auch mit diesem IZS-Modell Verlierer. Die maximale Renteneinbusse aus AHV und BVG beträgt -5.4% für eine Person im Alter 55, die immer in einem BVG-Vorsorgeplan versichert ist und einen AHV-Lohn von 88‘200 Franken bezieht. Wie viele davon betroffen wären, bleibt offen.
Das neue BVG gemäss Vorschlag des Vereins Faire Vorsorge
Während bei den Fachverbänden aktuell wenig Motivation besteht, sich für eine neue BVG-Reform zu engagieren, versucht der Verein Faire Vorsorge für seinen Vorschlag in den Fachgremien und in der Politik Interesse zu wecken. Es sind dabei vor allem zwei Vorschläge, welche im Vordergrund stehen.
- Für das BVG sollen dieselben Grenzwerte (Bemessungsgrundlagen) wie bei der AHV gelten. Der versicherte Lohn wäre der AHV-Lohn mit einer Obergrenze, ohne Eintrittsschwelle mit Eintrittsalter 18 Jahre. Dies bei einem altersunabhängigen Beitragssatz.
- Einführung eines Vorsorgesplittings als Ersatz für die HinterlassenenLeistungen. Beide Vorschläge würden das Problem der Frauen im BVG angehen und lösen. Erste Treffen haben bereits stattgefunden. Es ist aber zu früh Aussagen darüber zu machen, inwieweit sie auf fruchtbaren Boden stossen.
Damit das klappen kann, müssten verschiedene Kriterien erfüllt werden:
- keine Verlierer
- keine Senkung, dafür Entlastung des Umwandlungssatzes
- alle tiefen Löhne inkl. Teilzeit sind «richtig» versichert, ohne dass Härtefälle entstehen
- besserer Sparprozess ohne zu hohe Mehrkosten.
Als «einfache, aber zielführende Lösung» wird vorgeschlagen:
- Übernahme praktisch des ganzen Regelwerkes aus der AHV in das BVG (nicht aber der Rentenmechanismus)
- Kleinere Ergänzungen/Abrundungen aus Reglementen von fortschrittlichen Pensionskassen wie mehrere Sparpläne und Versicherung für das Restkapitals (Rückgewähr).
Die Initianten und Autoren des Modells – Erich Wintsch und Fred Sigrist – haben in der Sonderausgabe des Schweizer Monat ihre Vorschläge publiziert. Ergänzende Überlegungen finden sich auf ihrer Website.
Website Faire Vorsorge / Beitrag Schweizer Monat / Reformkonzept
Siegestaumel
Tele-Züri verdanken wir einen Einblick in die Begeisterungsstürme der Gewinner der BVG-Abstimmung. Sie scheinen völlig aus dem Häuschen zu sein. Grenzenloser Jubel beim Gewerkschaftsbund und der SP. Jacqueline Badran muss sich vor Rührung sogar eine Träne aus den Augen wischen. Was für ein Triumph!
Als Beobachter ist man doch etwas ratlos und fragt sich, ob der Anlass solche Emotionen rechtfertigt. Eine Abstimmung zu gewinnen, ist zweifellos erfreulich, aber gleich so überschwänglich? Was haben die Reformgegner erreicht?
Die für das Funktionieren des BVG notwendige und längst fällige Senkung des Mindestumwandlungssatzes wurde verhindert. Dies trifft vor allem die Angestellten von KMU mit BVG-nahen Kassen, also mehrheitlich Bezüger unterdurchschnittlicher Löhne. Sie leiden weiterhin unter der erzwungenen Umverteilung.
Verhindert wurde eine flachere Beitragsstaffelung, die älteren Arbeitnehmern die Stellensuche erleichtern könnte. Offenbar auch kein Anliegen des SGB oder der SP.
Versicherte, die Teilzeit arbeiten, wären mit der Reform deutlich bessergestellt worden. Davon hätten vor allem Frauen profitiert. Was haben wir in den letzten Jahren nicht alles hören müssen von den benachteiligten Frauen im BVG, vom Gender Pension Gap, von der grassierenden Rentenungerechtigkeit. Kein Interesse mehr bei SP und Grünen? War wohl alles nie wirklich ernst gemeint.
Man kann darüber spekulieren, was die Motivation für das Referendum war. Die Demonstration des politischen Machtanspruchs? Der Kampf gegen die berufliche Vorsorge und das System der Pensionskassen? Oder der sozialistische Umbau der Schweiz zur Überwindung des Kapitalismus?
Natürlich hatte die Reform ihre Schwächen. Die unverständliche Streichung des Anrechnungsprinzips und das administrativ aufwendige Zuschlagsmodell mit neuer Umverteilung bereiteten den PK-Verantwortlichen schlaflose Nächte. Säule. Aber das war ihr Problem, nicht das der Gewerkschaften. Dass das Parlament mit der Erhöhung des versicherten Lohnes durch den flexiblen KA und die Senkung der Eintrittsschwelle über das Ziel hinausgeschossen ist, hat etwas für sich. Aber ein Zuviel des Guten als Grund für ein Referendum?
Wie konnten die linken Gegner die grosse Mehrheit der Stimmbürger überzeugen? Mit dem Slogan «Mehr zahlen für weniger Rente» und den nicht enden wollenden Angriffe auf die «Finanzindustrie». Vielleicht noch mit der Behauptung, die Senkung des UWS habe sich erledigt. In grössere geistige Unkosten haben sie sich nicht gestürzt. War offenbar auch nicht notwendig, wie sich gezeigt hat.
Bei Lichte besehen war die Warnung vor «mehr zahlen für weniger Rente» eine Lüge und die ewigen Angriffe auf Banken und Versicherer schwach und im Grunde längst nur noch peinlich. Die aktuellen Zinssenkungen zeigen, dass der UWS weiterhin viel zu hoch ist.
Man macht die 2. Säule schlecht und schädigt damit das sozialpartnerschaftliche Modell, das man zur Hälfte mitträgt. Schwer zu verstehen. Aber freuen können sich die Leute, das muss man ihnen lassen!
Wie realitätsfremd die Linke mittlerweile in Fragen der Altersvorsorge politisiert, wird mit der Idee von Badran deutlich, für «etwas mehr Geld in die AHV» eine Rente von 6000 Franken zu versprechen. Das ist so offenkundig absurd, dass man nur hoffen kann, dass sich eine solche Politik früher oder später selbst demontiert. Hoffentlich bevor das System kollabiert.
Peter Wirth, E-Mail
Tumulte de la victoire
Nous devons à Tele-Züri un aperçu de l’enthousiasme des gagnants de la votation sur la LPP. Ils semblent complètement déchaînés. Jubilation sans limite à l’Union syndicale et au PS. Jacqueline Badran doit même essuyer une larme d’émotion. Quel triomphe !
En tant qu’observateur, on est tout de même un peu perplexe et on se demande si l’événement justifie de telles émotions. Gagner une votation est sans aucun doute réjouissant, mais une telle exaltation ? Qu’ont obtenu les opposants à la réforme ?
La baisse du taux de conversion minimal, nécessaire au bon fonctionnement de la LPP et attendue depuis longtemps, a été empêchée. Cela touche surtout les employés des PME dont les caisses sont proches de la LPP, c’est-à-dire majoritairement les bénéficiaires de salaires inférieurs à la moyenne. Ils continuent à souffrir de la redistribution forcée.
Un échelonnement plus plat des cotisations, qui aurait pu faciliter la recherche d’emploi des travailleurs âgés, a été empêché. Apparemment, ce n’est pas non plus un souhait de l’USS ou du PS.
Les assurés qui travaillent à temps partiel auraient été nettement mieux lotis avec la réforme. Ce sont surtout les femmes qui en auraient profité. Que n’avons-nous pas entendu ces dernières années sur les femmes défavorisées dans la LPP, sur le Gender Pension Gap, sur l’injustice rampante des retraites. Plus d’intérêt pour le PS et les Verts ? Tout cela n’a jamais été vraiment sérieux.
On peut spéculer sur la motivation du référendum. La démonstration d’une revendication de pouvoir politique ? La lutte contre la prévoyance professionnelle et le système des caisses de pension ? Ou la transformation socialiste de la Suisse pour surmonter le capitalisme ?
Bien sûr, la réforme avait ses faiblesses. La suppression incompréhensible du principe d’imputation et le modèle de supplément administrativement lourd avec une nouvelle redistribution ont causé des nuits blanches aux responsables des CP. Ils n’ont pas eu le temps de s’occuper du 2e pilier. Mais c’était leur problème, pas celui des syndicats. Le fait que le Parlement ait dépassé l’objectif en augmentant le salaire assuré grâce à l’AC flexible et en abaissant le seuil d’entrée a quelque chose en soi. Mais trop de bien pour justifier un référendum ?
Comment les opposants de gauche ont-ils pu convaincre la grande majorité des votants ? Avec le slogan « Payer plus pour une retraite moins élevée » et les attaques sans fin contre « l’industrie financière ». Peut-être encore avec l’affirmation que la baisse de la VA a été abandonnée. C’est tout ce qui a été proposé. Ils ne se sont pas lancés dans de grandes dépenses intellectuelles. Ce n’était apparemment pas nécessaire, comme on a pu le constater.
A la lumière des faits, la mise en garde contre le risque de « payer plus pour une retraite moins élevée » était un mensonge et les éternelles attaques contre les banques et les assureurs étaient faibles et, au fond, depuis longtemps déjà, seulement embarrassantes. Les baisses actuelles des taux d’intérêt montrent que la VA reste beaucoup trop élevée.
On dénigre le 2e pilier et on porte ainsi atteinte au modèle de partenariat social auquel on adhère pour moitié. C’est tout simplement incompréhensible. Mais les gens peuvent se réjouir, il faut le reconnaître !
L’idée de Badran de promettre une rente de 6000 francs pour « un peu plus d’argent dans l’AVS » montre à quel point la gauche fait désormais de la politique en dehors de la réalité sur les questions de prévoyance vieillesse. C’est si manifestement absurde qu’on ne peut qu’espérer qu’une telle politique s’autodémonte tôt ou tard. Espérons-le avant que le système ne s’effondre.
Peter Wirth, e-mail
Standortbestimmung beim SVV
Stefan Mäder, Präsident des Versicherungsverbandes, freut sich über die Rückkehr des verlorenen Mitglieds Axa per 1.1.2025 und räumt im Interview mit den CH-Medien Fehler bei der BVG-Reform ein. Auszüge:
Was haben Sie dem Axa-Konzern versprochen, damit er zurückkehrt?
Stefan Mäder: Gar nichts, Axa wird ein Mitglied wie jedes andere auch.
Haben Sie nicht versprochen, zurückhaltender zu sein als Ihr Vorgänger und sich nicht mehr zu politischen Themen zu äussern?
Jeder Präsident hat seinen Stil. Mein Stil ist klar: Ich vertrete als Verbandspräsident die Anliegen der Versicherungsbranche, die wir zuerst im Vorstand gemeinsam erarbeitet haben. Nicht mehr und nicht weniger.
Kompromisse führen nicht immer zu einer Lösung. Das hat jüngst die Abstimmungsschlappe beim BVG, also der beruflichen Vorsorge, gezeigt. Was nun?
Wir haben doch hier eine Lösung, wir haben unser gut funktionierendes Dreisäulensystem.
Aber die zweite Säule hat Probleme, das war doch Ihre Position bis zum Abstimmungswochenende?
Die Bevölkerung hat zum dritten Mal die Senkung des Umwandlungssatzes abgelehnt. Das müssen wir respektieren. Es braucht einen Marschhalt. Das muss auch die Politik einsehen. Aber wir haben ein demografisches Problem, das müssen wir früher oder später angehen. Aber, Stand heute, geht es den Pensionskassen gut, der Deckungsgrad ist hoch.
«Die Gewerkschaften haben ihre Klientel verraten»
«Die Rentenreform versenkt, eine 13. AHV-Rente erzwungen: Die Schweizer Gewerkschaften gewinnen eine Abstimmung nach der anderen. Leider kämpfen sie dabei nicht mehr primär für die Arbeitnehmer», schreibt Markus Städeli in der NZZ am Sonntag.
MoreWenn es um Kampagnen geht, spielen die Gewerkschafter mittlerweile in ihrer eigenen Liga. Das zeigten sie bereits im Frühling, als sie den Souverän überraschend dazu verleiteten, für die Einführung einer 13. AHV-Rente zu stimmen.
Die Gewerkschaften wissen, wie man gewinnt. Irritierend ist, dass sie zunehmend unter falscher Flagge kämpfen. Sie vertreten nicht mehr primär die Interessen der Arbeitnehmer mit kleinem Portemonnaie – die sie zu repräsentieren vorgeben. Sondern jene der meist wohlhabenden Pensionierten und angehenden Rentner.
Diese Interessen sind nicht deckungsgleich, im Gegenteil. Das zeigt just die versenkte BVG-Vorlage. Diese hätte die stossende Umverteilung von Jung (und oft relativ arm) zu Alt (und oft relativ reich) vermindert und den Versicherungsschutz für Menschen mit geringem Verdienst ausgebaut: Dass dafür die Sparbeiträge von Arbeitnehmern und Firmen steigen müssen und der Nettolohn etwas kleiner wird, liegt auf der Hand.
Kein Problem mit 6,8 Prozent?
Der Blick bezweifelt, dass der nach der Abstimmung unveränderte Umwandlungssatz von 6,8% ein Problem für die Pensionskassen bedeutet.
MoreNach dem letzten Abstimmungssonntag ist klar: Der gesetzliche Umwandlungssatz bleibt bei 6,8 Prozent. Er wird nicht auf 6 Prozent gesenkt, wie es die Befürworter der BVG-Reform gefordert hatten. Die vernichtende Niederlage führte im Verliererlager zu Trotzreaktionen.
FDP-Politikerin Regine Sauter (58) sagte am Sonntag vor laufenden Fernsehkameras: «Von uns kommt kein neuer Vorschlag für eine Reform. Ich wüsste auch nicht, wie ein solcher aussehen sollte.» Für Sauter ist klar: Die Kassen müssen die Probleme jetzt selbst lösen.
Lukas Müller-Brunner (42), der Direktor des Pensionskassenverbands ASIP, brachte einen Tag später auf den Punkt, was das konkret für die Vorsorgeeinrichtungen heisst. «Die allermeisten werden ins Überobligatorium gehen.
Wieder nichts
Kein Grund zum Jubel für die Gewinner – kein Grund zur Verzweiflung bei den Verlierern; aber Anlass, aus den Erfahrungen dieser BVG-Abstimmung zu lernen.
Dass die BVG-Reform an der Urne scheitern wird, hat sich seit geraumer Zeit abgezeichnet. Dass die Niederlage so krass ausfällt, ist hingegen unerwartet. Ihre Zielsetzung war richtig, die Umsetzung politisch und fachlich unbefriedigend. Damit sind ein enormer Aufwand und viel guter Wille vertan. Vom Sozialpartnerkompromiss bis zur Abstimmung wurde während 5 Jahren an dieser Reform gearbeitet und diskutiert. Was lief falsch? Was wäre beim nächsten Anlauf (wann?) besser zu machen?
- Der Auftrag von Berset an die Sozialpartner war im Grunde richtig, das Resultat nicht brauchbar. Die Gewerkschaftsseite wollte eine 2. Säule mit fest installierter Umverteilung und enormen Kosten, und die Arbeitgeber zogen – aus was für Gründen auch immer – mit. Das Parlament refüsierte.
- Besser funktioniert hat die Zusammenarbeit von PK-Experten und Fachverbänden mit den bürgerlichen Fraktionen im Nationalrat. Dem Ständerat konnte eine brauchbare Lösung mit diversen Vorschlägen zur Weiterbearbeitung übergeben werden.
- Der Ständerat glaubte, es besser zu können und mit sozialpolitischen Goodies den Erfolg an der Urne zu sichern. Aber die vom Parlament verabschiedete Reform hätte zu einem starken Ausbau der beruflichen Vorsorge mit neuer Umverteilung geführt, verbunden mit erheblichen Umsetzungsproblemen. Man verlor damit die Unterstützung der Experten, einflussreicher Berufsverbände und prominenter PK-Geschäftsführer.
- Während die Linke mit irreführenden Behauptungen aus allen Rohren gegen die Reform schoss, waren die Befürworter durch Uneinigkeit in den eigenen Reihen handicapiert. Ihre Kampagne kam nie auf Touren.
Was ist daraus zu schliessen?
- An eine Neuauflage des Sozialpartnerkompromiss’ ist nicht zu denken. Anders als ihre Basis sind die Spitzen der Gewerkschaften und der SP an der 2. Säule nicht interessiert. Im Gegenteil – sie liebäugeln unverhohlen mit der Volkspension. Wenn nicht in einem Schritt, dann durch die Einführung wesensfremder Elemente, bis die berufliche Vorsorge ihren Charakter verloren hat.
- Das Vorgehen im Nationalrat hat sich als wegweisend erwiesen. Die berufliche Vorsorge hat eine fachtechnische und eine politische Dimension. Nur wenn beide Seiten zusammenarbeiten, ist eine tragfähige Lösung möglich.
- Eine neue Revision ist so umfassend wie nötig und so einfach wie möglich zu gestalten. Der Stimmbürger muss wissen, was für Konsequenzen die Reform für ihn persönlich hat.
- Die zentralen Inhalte bleiben die gleichen: Senkung des Mindest-Umwandlungssatzes und Modernisierung zur Besserstellung von Teilzeitbeschäftigten. Das dürfte keine Hexerei sein. Keep it simple. Nicht unbedingt erste Priorität der Politiker.
- Im geschlossenen System der 2. Säule gibt es keine Geschenke. Was man dem einen gibt, nimmt man der anderen weg. Unter welchem Namen sie auch immer laufen (Solidarität, Gerechtigkeit etc.), sie schaden dem System.
- Nirgends ist Umverteilung verfehlter als beim Sparprozess der 2. Säule, wo die Nutzniesser und Geschädigten kaum identifiziert werden können und quer durch die Reihen von Jung und Alt, Arm und Reich gehen. Umverteilung ist Rentenklau oder präziser: Diebstahl.
- Nachdem Rot/Grün während der ganzen parlamentarischen Behandlung auf Obstruktion gemacht hat (samt ihrem Bundesrat), ist auch künftig von dieser Seite in Sachen berufliche Vorsorge leider nichts Konstruktives zu erwarten. Man beachte bloss die aktuellen SP-Forderungen nach Erziehungsgutschriften und automatischem Teuerungsausgleich etc. im BVG.
- Gibt’s auch noch etwas Positives zu melden? Die Klagen über den Gender Pension Gap brauchen nicht länger ernst genommen zu werden. Ein so weitgehender BVG-Ausbau zur Besserstellung der Frauen wird es nicht mehr geben. Das wurde verschenkt.
Peter Wirth, E-Mail
Linker Jubel und falsche Versprechen
Auf Tele-Züri zu verfolgen sind die Begeisterung der SGB-Spitzen über den Abstimmungserfolg, die unsinnigen Versprechen von Jacqueline Badran für AHV-Renten von 6000 Franken und die Bedenken von Andri Silberschmidt.
Laurent Schlaefli, inter-pension, commente le vote sur la LPP
2. Säule fürs Kinderhüten
«SP und Grüne wollen unter dem Titel der Frauenförderung die Umverteilung in der beruflichen Vorsorge ausbauen. Das wäre unsinnig. Es braucht keine Gutschriften fürs Kinderhüten» stellt sehr richtig Katharina Fontana in der NZZ fest.
MoreDie Linken haben die bürgerliche Pensionskassenreform erfolgreich gebodigt und die darin vorgesehenen Anpassungen zugunsten der Frauen gerade mit. Nun sehen sie ihre Chance gekommen, das zu tun, was sie schon immer wollten: die zweite Säule, in der heute jeder für seine eigene Rente spart, der ersten Säule anzugleichen und zu einer weiteren Umverteilungsmaschine zu machen. Alles unter dem schönen Titel der Frauenförderung.
Im Fokus steht dabei die unbezahlte Care-Arbeit – ein Thema, das SP und Grüne schon lange bewirtschaften. So verlangen sie nun mit neuem Elan, dass in der zweiten Säule künftig Erziehungs- und Betreuungsgutschriften versichert werden, analog zur AHV. Die Gutschriften sollen vom Einkommen abhängen und über eine «Umlagekomponente» finanziert werden.
ASIP-Direktor Müller-Brunner zum Abstimmungs-Ergebnis
Im «aktuell»-Newsletter der Schweizer Personalvorsorge äussert sich ASIP-Direktor Lukas Müller-Brunner zum Scheitern der Reformvorlage. Auszüge:
Wie erklären Sie sich den Schiffbruch der BVG-Reform?
Lukas Müller-Brunner: Es ist uns offenbar nicht gelungen, zu erklären, wieso die Reform jetzt notwendig ist und wie sie funktioniert. Dann fragt man sich als Stimmbürgerin oder als Stimmbürger wahrscheinlich schon, wieso das Ganze? Zur Unsicherheit hat zudem insbesondere das Zahlenwirrwarr bei der AHV beigetragen. Die Schätzfehler haben zwar direkt nichts mit dem BVG zu tun. Sie haben aber bei einer bereits komplexen Vorlage die Verwirrung komplett gemacht. Dann ist ein Nein wenig überraschend.
Der ASIP schreibt in seinem Statement zum Resultat, das Vertrauen in die 2. Säule sei im Abstimmungskampf «arg strapaziert» worden. Ist denn dieses Vertrauen überhaupt noch vorhanden?
Ja, aber es ist sicher lädiert. Im Abstimmungskampf werden immer die zwei Seiten einer Medaille diskutiert. Für mich war aber stossend, dass Dinge vorgebracht wurden, die nichts mit der Reformvorlage zu tun hatten. Wenn ein ehemaliger Preisüberwacher die Vermögensverwaltungskosten heranzieht, um zu behaupten, die Pensionskassen seien ein „Selbstbedienungsladen“, ist dies mehr als reisserisch. Es hat nichts mit der Realität in der 2. Säule zu tun und ist massiv vertrauensschädigend.
«Oberziel: Untergang der beruflichen Vorsorge»
In der NZZ macht Hansueli Schöchli eine Auslegeordnung zu den Absichten der Linke bez. der 2. Säule. «Die Linke hat ein Oberziel: die Blockade oder noch besser den Untergang der beruflichen Vorsorge. Denn das Kernprinzip dieser zweiten Säule der Altersvorsorge ist aus linker Sicht ein Ärgernis.»
MoreDie Abschaffung der beruflichen Vorsorge und der weitere AHV-Ausbau wären somit ein Idealszenario aus linker Sicht. Solange das nicht voll gelingt, gibt es aus dieser Sicht eine zweitbeste Variante: die Einführung von AHV-Umverteilungs-Prinzipien ins BVG.
So hat die SP wenige Tage vor dem jüngsten Urnengang einen alten Wunsch in einen Parlamentsvorstoss gegossen: für rentenbildende Erziehungs- und Betreuungsgutschriften nach AHV-Muster im Pensionskassensystem.
Erziehungsgutschriften in der AHV sind laut Bundesdefinition ein «fiktives Einkommen», das jedes Jahr angerechnet wird, in welchem die versicherte Person die elterliche Sorge über Kinder bis Alter 16 ausübt. Analoges gilt bei den Gutschriften für die Betreuung hilfloser naher Verwandter oder Lebenspartner. (…)
Frauen noch stärker gegen Reform
Eine Nachbefragung des Tages-Anzeigers zur BVG-Abstimmung hat einige aufschlussreiche Resultate ergeben. Besonders bemerkenswert: die Frauen waren noch stärker gegen die Reform als die Männer.
Im Abstimmungskampf hatte der Arbeitgeberverband versprochen: «Es gibt mehr Rente für tiefe Einkommen und für viele Frauen.» Doch die Botschaft kam beim Zielpublikum nicht wirklich an – trotz der gut drei Millionen Franken, welche die Befürworter in den Abstimmungskampf stecken konnten.
Sowohl die Frauen als auch die Schlechtverdienenden hörten eher auf die Gewerkschaften. Und die warnten vor: «Mehr bezahlen – weniger Rente». Nun zeigt sich, dass die Reform bei den Frauen noch deutlicher durchfiel als bei den Männern.
Interessant ist auch ein Blick auf die Einkommensklassen: Unter jenen, die monatlich weniger als 10’000 Franken verdienen, haben nur 30 Prozent ein Ja eingelegt.
Gemäss unserer Nachbefragung fürchteten die Schlechtverdiener vor allem die höheren Lohnabzüge – noch mehr als die Rentenreduktion aufgrund des sinkenden Umwandlungssatzes. Besser kam die Reform bei den Grossverdienern mit einem Monatslohn von über 16’000 Franken an. Unter ihnen stimmten immerhin 47 Prozent dafür.
Besonders gross war dagegen die Ablehnung bei den 50- bis 64-Jährigen – also bei jenen, die in nächster Zeit pensioniert werden. Unter ihnen votierten über 70 Prozent dagegen. Die Jüngeren hingegen waren der Reform wohlgesinnter, wobei es auch dort nicht für eine Ja-Mehrheit reichte.