BFS. Die Arbeitskosten entsprechen den von den Unternehmen für die Beschäftigung der Angestellten aufgewendeten Kosten. Sie setzen sich zusammen aus den Löhnen und Gehältern (79,7%), den Sozialbeiträgen zulasten der Arbeitgeber (17,4%) und weiteren, insbesondere mit der beruflichen Bildung und Personalrekrutierung verbundenen Kosten (2,9%). 2020 lagen sie in der Gesamtwirtschaft bei durchschnittlich Fr. 63,62 pro Arbeitsstunde. Die Arbeitskosten machen einen grossen Anteil der Produktionskosten für Güter und Dienstleistungen aus. Zusammen mit der Produktivität stellen sie einen wichtigen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz dar.
Arbeitgeber
BVG-Reform: Wirtschaft akzeptiert Mehrkosten
Die NZZ geht der Befindlichkeit der Wirtschaft bezüglich der BVG-Reform nach. Gemäss Einschätzung von Hansueli Schöchli scheint sie bereit, die hohen Mehrkosten zu akzeptieren. Der Arbeitgeberverband hüllt sich in Schweigen.
Gemäss den jüngsten Rauchzeichen dürften die bürgerlichen Parteien eine solche Reform trotz erheblichen Mehrkosten am Ende schlucken. Ein grosses Fragezeichen war aber lange Zeit das Gewerbe. Der Gewerbeverband hatte sich wiederholt kritisch geäussert. In einer Referendumsabstimmung hätte eine Vorlage gegen den Widerstand der Linken und des Gewerbes wenig Chancen. Doch plötzlich sind aus dem Gewerbeverband neue Töne zu vernehmen.
Die Vorlage der Sozialkommission des Nationalrats wäre «verkraftbar», sagt Kurt Gfeller. Er ist Vizedirektor des Gewerbeverbands und zuständig für die Sozialpolitik. Die Nationalratskommission sei den Gewerbeanliegen entgegengekommen. Grund für diese Einschätzung: Die vorgesehene Halbierung des nichtversicherten Lohnteils führt bei den tieferen Einkommen zu einer kleineren Kostenerhöhung als das Modell des Ständerats, der den nichtversicherten Teil auf 15 Prozent des Lohns beschränken wollte. (…)
Severin Moser soll neuer Präsident des SAV werden
SAV. Valentin Vogt hat sich entschieden, das Präsidium des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV) Ende Juni 2023, anlässlich der nächsten Mitgliederversammlung, abzugeben. Der Vorstandsausschuss des SAV schlägt dem Vorstand zuhanden der Mitgliederversammlung Severin Moser zur Wahl als neuen Präsidenten vor. Der 60-jährige Ökonom verfügt über langjährige Erfahrung als CEO und Verwaltungsrat in der Versicherungsbranche und war bis Ende 2021 CEO der Allianz Versicherungen Schweiz und Vorstandsmitglied des Schweizerischen Versicherungsverbands.
Lohngefälle kein Mass für Diskriminierung
Der Arbeitgeberverband schreibt zu den Ergebnissen der neuesten Analyse der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern basierend auf der LSE 2020:
Die neuste Analyse des Bundesamtes für Statistik legt offen, dass sich das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern insgesamt verringert hat. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich die geschlechterspezifischen Profile im Arbeitsmarkt angleichen. Entscheidend bleiben für die Arbeitgeber aber nach wie vor die betrieblichen Lohngleichheitsanalysen. (…)
Die Analyse legt auch offen, dass der unerklärte Anteil an den Lohnunterschieden im Jahr 2020 zugenommen hat. Betrachtet man diese Werte aber genauer, zeigt sich, dass der öffentliche Sektor einen besonders grossen Teil zu dieser Entwicklung beträgt.
Während der unerklärte Anteil im privaten Sektor relativ moderat um 1 Prozent anstieg, nahm dieser im öffentlichen Sektor im gleichen Zeitraum um sage und schreibe 9,5 Prozentpunkte zu.
Arbeitgeber zum Mindestzinsentscheid
Der Arbeitgeberverband schreibt auf seiner Website zum Entscheid des Bundesrats, die BVG-Mindestverzinsung bei 1 Prozent zu belassen:
Den Verbleib des BVG-Mindestzinssatzes bei 1 Prozent können die Arbeitgeber nur teilweise nachvollziehen. Auch wenn sich der oft geltend gemachte Anstieg der Zinsen positiv auf die erwarteten Renditen auswirkt, verlieren die festverzinslichen Papiere in den Bilanzen der Vorsorgeeinrichtungen dadurch zuerst an Wert. Die positiven Effekte der geänderten ökonomischen Rahmenbedingungen machen sich daher erst später bemerkbar.
Auch mit Blick auf die Auswirkungen der Inflation und der Ukraine-Krise auf die Märkte wird die Finanzierung der Leistungen in der beruflichen Vorsorge für die Pensionskassen immer schwieriger, dies gilt insbesondere für das BVG-Obligatorium.
AHV an der Herz/Lungenmaschine
Lukas Müller-Brunner, Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherung beim Arbeitgeberverband, erwähnt eine dieser abstrusen Äusserungen von Cédric Wermuth zur AHV 21 auf Twitter und die Replik des Komikers Mike Müller in seinem Kommentar zur Reform. Er stellt fest:
Wenn sich der Komiker Mike Müller auf Twitter zur AHV äussert, beginnt offensichtlich die heisse Phase des Abstimmungskampfes. Hintergrund seiner Äusserung war ein Tweet des SP Co-Präsidenten Cédric Wermuth zur Abstimmungsvorlage vom 25. September. Dieser behauptete, der AHV gehe es gar nicht so schlecht. «Die AHV ist kerngesund», antwortete Müller, «von der Herz-Lungen-Maschine jetzt mal abgesehen». Die Diskussion steht symptomatisch für den aktuellen Stand der Debatte: Wenn Logik nicht mehr weiterhilft, nützt vielleicht Komik. (…)
Man mag sich nun fragen, warum diese Zuspitzung und Emotionalität für ein eigentlich so trockenes Thema wie die AHV-Revision aufgewendet wird. Natürlich handelt es sich neben Klima und Europa um eine der wichtigsten Vorlagen der laufenden Legislatur. Es geht um die finanzielle Stabilität unseres grössten Sozialwerks. Im Kern geht es aber um mehr. Es geht um die Deutungshoheit in der Sozialpolitik dieses Landes. Während Jahrzehnten konnte sich die Linke sicher sein, die Entwicklung der Sozialwerke entweder selber voranzutreiben oder, im Falle einer Missbilligung, verhindern zu können.
Unabhängig davon, welches Resultat der 25. September bringt: Vieles deutet darauf hin, dass diese Zeiten vorbei sind. Die ersten Meinungsumfragen legen nahe, dass der aktuelle Kollisionskurs der Linken selbst in eigenen Kreisen nicht gut ankommt. Genau an dieser Stelle zeigt sich nämlich die Widersprüchlichkeit der politischen Haltung: Wenn es um die finanzielle Situation der Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz tatsächlich so desolat steht und die Ungleichbehandlung der Geschlechter im Vorsorgesystem so akut ist, wie die Linke immer behauptet, warum tut sie dann nichts dagegen? Warum ist die Antwort auf einen vermeintlichen Missstand lieber Stillstand?
Erfreuliche Zahlen – Rat zur Vorsicht
Lukas Müller-Brunner vom Arbeitgeberverband kommentiert die Ergebnisse des AOK-Berichts zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen:
Die präsentierten Zahlen sind aus Sicht der Arbeitgeber auf den ersten Blick sehr erfreulich, den meisten Schweizer Vorsorgeeinrichtungen ging es zum Jahresende gut. Die Ergebnisse dürfen aber über zwei Tatsachen nicht hinwegtäuschen: Erstens handelt es sich bei den guten Renditen und Deckungsgraden zumeist um nicht realisierte Buchgewinne.
Wenn also Milton Friedman vor der Nichtexistenz eines «free lunch» warnt, gilt das im Besonderen auch für die aktuelle Lage der Pensionskassen. Wie die ersten Monate des angebrochenen Jahres gezeigt haben, lösen sich die angehäuften Reserven in einem schwierigen Umfeld so rasch auf wie warme Luft. Laut dem Swisscanto PK Monitor sind die Deckungsgrade allein im ersten Quartal 2022 um gegen 5 Prozentpunkte eingebrochen.
Arbeitgeberverband: “BVG-Reform auf Schlingerkurs”
Lukas Müller Brunner, Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherung beim Schweizerischen Arbeitgeberverband, kommentiert die Beschlüsse der SGK-S zur BVG-Reform:
Im Modell für eine neue BVG-Minimalversicherung springen zwei Punkte ins Auge: Zum einen soll der Sparbeginn wie schon in der Bundesratsvariante bei 25 Jahren belassen werden, zum anderen schlägt die Kommission einen relativen Koordinationsabzug von 15 Prozent des AHV Lohns vor. Aus Sicht der Arbeitgeber ist die erstgenannte Anpassung der nationalrätlichen Vorlage zu begrüssen.
Eine Reduktion des Sparbeginns hätte die berufliche Vorsorge insbesondere für Betriebe mit einer jüngeren Altersstruktur stark verteuert. Der zweite Schritt ist hingegen kritisch: Mit der Anpassung des Koordinationsabzugs wird gerade für tiefere Löhne oder Teilzeitangestellte ein grösserer Betrag des Lohns in der zweiten Säule versichert.
“Das Märchen von der Rentenkürzung”
Lukas Müller-Brunner, Ressortleiter Sozialpolitik beim Arbeitgeberverband, versucht die Erwachsenen über ein Märchen aufzuklären.
Wer kleine Kinder hat, kennt das Spiel: Man steht mehrmals pro Nacht auf, um irgendwelche Monster unter dem Bett zu verscheuchen – obwohl da natürlich nichts als ein paar Staubweben sind. Die Kleinen aber sind vom Gegenteil überzeugt und dankbar, wenn man nachschaut.
Eine ähnliche Situation spielt sich gerade in der Schweizer Altersvorsorge ab: Bei jedem neuen Reformversuch, sei es in der AHV oder der beruflichen Vorsorge, werden Rentenkürzungen vermutet. So startete das Jahr mit der Ankündigung eines Referendums gegen die aktuelle AHV Revision. Diese sei eine «Mogelpackung» und «Abbauvorlage» für die Frauen, titelten die Gewerkschaften und befürchteten «Rentenkürzungen von jährlich rund 1’200 Franken».
Bei genauer Betrachtung dieser Aussage ist genau das Gegenteil der Fall. Die Vorlage sieht eine stufenweise Angleichung des Rentenalters für Frauen an dasjenige der Männer vor. Im Gegenzug gewährt sie einer Übergangsgeneration von neun Jahrgängen Ausgleichsmassnahmen im Wert von über 500 Millionen Franken – jährlich wiederkehrend, lebenslang. Die AHV, die sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung ohnehin in finanzieller Schieflage befindet, bürdet sich damit für die nächsten 35 bis 40 Jahre eine zusätzliche Last auf.
Konkret kommen die betroffenen Frauen in Genuss von Zuschlägen, die die Altersrente um bis zu 1’920 Franken pro Jahr anheben. Hinzu kommen reduzierte Kürzungssätze für den Fall eines Rentenvorbezugs. Diese sind so ausgestaltet, dass nur Frauen mit einem vergleichsweise hohen Einkommen schlechter gestellt sind, wenn sie sich früher pensionieren lassen. Für den Grossteil der betroffenen Jahrgänge hat also die Angleichung des Rentenalters eine positive Auswirkung auf die Höhe der Altersrente.
BVG 21: Skeptische Arbeitgeber
Der Arbeitgeberverband schreibt in einem Kommentar zu den Ergebnissen der Beratungen der BVG-Reform im Nationalrat:
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) begrüsst, dass die grosse Kammer einzelne Bausteine aus dem Bundesratsmodell übernommen hat, darunter insbesondere die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes. Von den abweichenden Beschlüssen nehmen die Arbeitgeber Kenntnis, stellen allerdings fest, dass diese noch nicht vollständig überzeugen: So führen beispielsweise die Anpassungen im Leistungsmodell zu einem Ausbau der BVG-Mindestversicherung, was nicht der Zielsetzung der Vorlage entspricht. Zudem verteuern sie die Vorlage vor allem für Gewerbetreibende und KMU übertrieben stark. Mit Blick auf die Kompensation haben die Arbeitgeber grosse Zweifel, dass das nun gewählte Modell in einer absehbaren Abstimmung an der Urne bestehen könnte.
BVG 21: Arbeitgeber nähern sich dem SGK-Modell an
Während die erste Fassung des SGK N-Modells von August beim Arbeitgeberverband noch auf entschiedene Ablehnung stiess, tönt es jetzt bei der neuen, leicht modifizierten Fassung schon deutlich moderater. Während man im August noch ein jämmerliches Scheitern und einen Scherbenhaufen prognostizierte, ist der Verband nun lediglich nicht vollständig überzeugt. Die Forderung nach Übernahme des Sozialpartnerkompromisses scheint fallen gelassen. In der Mitteilung heisst es:
An einem ganz anderen Ort stehen die Beratungen zur Reform der zweiten Säule. Hier hatte der Bundesrat einen Vorschlag in seiner Botschaft übernommen, den die Arbeitgeber zusammen mit den Gewerkschaften erarbeitet hatten. Bei ihrer dritten Lesung hat die Kommission nun verschiedene Anpassungen beschlossen und die Vorlage verabschiedet. Während der zentrale Reformschritt, die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes zur Bestimmung der Rentenhöhe im BVG-Obligatorium von 6,8 auf 6,0 Prozent unbestritten scheint, dreht die Kommission an zwei gewichtigen Stellschrauben.
Einerseits will sie das Leistungsmodell für die Renten der zukünftigen Vorsorgegenerationen anpassen. Anderseits hat die Kommission ein alternatives Modell entwickelt, um die Leistungseinbussen jener Jahrgänge abzufedern, die unmittelbar von der Reduktion des Mindestumwandlungssatzes betroffen sind. Das vorgeschlagene Modell reduziert den Bezügerkreis gegenüber der ursprünglichen Vorlage jedoch deutlich. An der zentralen Finanzierung der Ausgleichsmassnahmen über den Sicherheitsfonds BVG, wie sie bereits im Vorschlag der Sozialpartner zu finden war, hält die Kommission zwar fest, reduziert allerdings den finanziellen Umfang der Beiträge deutlich.
Aus Sicht des SAV vermögen diese Beschlüsse noch nicht vollständig zu überzeugen. Während die Vorlage im Leistungsmodell massiv verteuert wird, sollen die Kosten der Übergangsgeneration deutlich eingeschränkt werden. Störend ist dies auch deshalb, weil die Wirkung der Massnahmen zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten würde.
Während Anpassungen im Leistungsmodell ihre volle Kraft erst in 30 bis 40 Jahren entfalten, sind die positiven Auswirkungen der Übergangsvorschriften sofort spürbar. Dieser Unterschied dürfte nicht zuletzt auch für die Akzeptanz der Vorlage bei den Versicherten entscheidend sein. Und an dieser Stelle herrscht unter den Arbeitgebern Einigkeit: Der Druck, die berufliche Vorsorge nach einer jahrzehntelangen Blockade endlich einen Schritt vorwärts zu bringen, ist ungebrochen hoch.
Mindestzins: Arbeitgeber fordern Senkung
Lukas Müller-Brunner, Ressortleiter Sozialpolitik und Sozialversicherung beim Schweiz. Arbeitgeberverband, kritisiert den Entscheid der BVG-Kommission, den Mindestzins für 2022 bei 1 Prozent zu belassen.
Aus Sicht der Arbeitgeber, die sich für eine deutliche Reduktion eingesetzt haben, ist dieses Resultat wenig überzeugend. Zum einen wird der Zinssatz zwar heute festgelegt, hat aber eine Garantiefunktion für das gesamte Berichtsjahr 2022. Ob und wie die Märkte ihre Hausse fortsetzen werden, steht bekanntlich in den Sternen, womit die heutigen Entwicklungen nur bedingt ein guter Indikator für die Situation Ende nächsten Jahres sein kann.
Allein schon aus diesem Grund wäre eine vorsichtige Festlegung des Mindestparameters sinnvoll. Zum anderen nimmt insbesondere für Vorsorgeeinrichtungen, die innerhalb oder nahe an den gesetzlichen Mindestparametern operieren, der Druck stetig zu. Zu denken ist nicht nur an die – wenn auch inzwischen schwächer – zunehmende Lebenserwartung, sondern vor allem an die grundlegenden Verschiebungen im Versichertenbestand.
So stehen viele Schweizer Pensionskassen vor einer regelrechten Pensionierungswelle durch die Babyboomer Generation. Diese dürfte in den nächsten Jahren den Anteil der Rentenkapitalien an der gesamten Bilanzsumme erhöhen und damit die Sanierungsfähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen laufend verschlechtern – was erneut ein Grund wäre, die Kassen durch den Mindestzinssatz nicht noch mehr einzuengen. Die Warnrufe der Arbeitgeber verhallten in der Kommission allerdings ungehört.
“Arbeitgeber in Geiselhaft der Gewerkschaften”
Fabian Schäfer beschreibt in der NZZ die wenig komfortable Situation, in welche sich der Arbeitgeberverband mit dem Sozialpartnerkompromiss zur BVG-Reform manövriert hat.
Pest und Cholera. Das sind etwa die Optionen, die der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat. Im zentralen Rentendossier hat er sich in eine saublöde Situation gebracht, wie es ein Vertreter eines anderen Verbands halb mitleidig, halb spöttisch formuliert. Der SAV, eine der einflussreichsten Kräfte in der Schweizer Politik, sieht sich gezwungen, in der Debatte um die berufliche Vorsorge (BVG) eine merkwürdige Rolle zu spielen. (…)
Seither befindet sich der SAV quasi in gewerkschaftlicher Geiselhaft. Im Unterschied zum Gewerbeverband, der den Kompromiss von Anfang an abgelehnt hat, haben die Arbeitgeber ihr Ja-Wort gegeben. Daran fühlen sie sich bis heute gebunden. Auch wenn alle bürgerlichen Parteien die vorgeschlagenen Rentenzuschläge ablehnen, auch wenn weite Teile der Wirtschaft dagegen sind, auch wenn relevante Mitglieder des SAV ausscheren: Die Verbandsspitze hält eisern an der Vorlage fest.
Und so kommt es, dass der Verband der Arbeitgeber Entscheide kritisiert, die mancher Arbeitgeber begrüssen dürfte. Das ist zwar unschön. Aber im Verband geht man dem Vernehmen nach davon aus, dass die Alternative – der Ausstieg aus dem Kompromiss von 2019 – gravierendere Konsequenzen hätte: für die Zukunft der Sozialpartnerschaft und die eigene Glaubwürdigkeit.
Arbeitgeber: “Es droht ein Scherbenhaufen”
Der Arbeitgeberverband kritisiert die Entscheide der SGK-N zur BVG-Revision 21 nicht minder scharf als der Gewerkschaftsbund. Aus der Gegenrichtung sieht offenbar das Resultat eifriger Bemühungen nicht weniger katastrophal aus. Lukas Müller-Brunner hält fest:
Die zuständige Kommission des Nationalrats hat mit ihren Beschlüssen den bundesrätlichen Vorschlag zur Reform der beruflichen Vorsorge unverantwortlich zerzaust. Der Vorlage droht damit das gleiche Schicksal, wie allen Reformbemühungen der letzten zwei Jahrzehnte: Ein jämmerliches Scheitern.
Die Kommission bewirkt mit ihren Entscheidungen Rentenkürzungen, verzichtet auf Verbesserungen für Versicherte mit Vorsorgelücken – insbesondere Frauen – und ermöglicht Steuerschlupflöcher. Diese Entscheide führen zu hohen Kosten für Versicherte mit tiefen und mittleren Löhnen. Die Geringschätzung des Kompromisses durch die Kommission kommt die Versicherten und die Arbeitgeber teuer zu stehen.
Banken-Arbeitgeber: Nachbessern!
Der Verband der Arbeitgeber Banken beklagt, dass der Bundesrat seinen Gegenvorschlag zum Sozialpartner-Kompromiss nicht berücksichtigt hat. Er stösst sich – wie so viele andere – am Rentenzuschlag.
Diese Kompensationsmassnahmen führen zu einem systemfremden, kostspieligen und ineffizienten Umlageverfahren in der nach dem Prinzip der Kapitaldeckung organisierten zweiten Säule. Zahlreiche Wirtschaftsverbände, Expertenorganisationen, die bürgerlichen Parteien und die Parteien der Mitte sowie Angestelltenverbände übten in der Vernehmlassung heftige Kritik an diesem Einbruch in das bewährte Drei-Säulenprinzip. Damit ist klar, dass die Reformvorlage nicht mehrheitsfähig ist und durch das Parlament in wesentlichen Punkten nachgebessert werden muss.
Arbeitgeber Banken hat zusammen mit anderen Verbänden einen Lösungsvorschlag entwickelt, der die zentralen Stossrichtungen der Reform aufnimmt, ohne gegen fundamentale Prinzipien des Schweizer Vorsorgesystems zu verstossen. Der sogenannte Mittelweg sieht ebenfalls eine Senkung des Umwandlungssatzes auf 6.0 Prozent vor, verzichtet aber auf kollektiv zu finanzierende Rentenzuschläge zur Kompensation der Übergangsgeneration. Stattdessen wird der Leistungserhalt durch Einlagen in das BVG-Altersguthaben der betroffenen Personen sichergestellt. Die dafür notwendigen Mittel sind bei den Vorsorgeeinrichtungen bereits in Form von Rückstellungen vorhanden.
Leider fand das Modell des Mittelwegs keine Berücksichtigung in der Botschaft des Bundesrats. Es wird deshalb nun am Parlament liegen, eine mehrheitsfähige Reformvorlage zu entwickeln. Der Mittelweg bietet eine sehr gute Basis für eine solche Lösung.