Rudolf Strahm hat im Tages-Anzeiger eine Lanze für die AHV Reform-21 gebrochen und die Zusatzfinanzierung mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer begrüsst. Jacqueline Badran kritisierte heftig und meint, eine MWSt-Erhöhung sei das Dümmste, was man tun könne und fordert höhere Lohnbeiträge. Werner C. Hug geht in einer ökonomischen Analyse der Frage nach, was denn nun gescheiter oder richtig ist.
Pensionskassen und Inflationsschub
In der Handelszeitung werden die Folgen der aktuellen inflationsären Entwicklung für die Pensionskassen auf Basis einer Einschätzung der Basler BAK behandelt.
Sichtbar ist das in der stark anziehenden Inflation auch in der Schweiz. BAK Economics ging im November 2021, als das volkswirtschaftliche Porträt verfasst wurde, von einem temporären Inflationsproblem aus, weil es auch deflationäre Gegenkräfte gab wie die zögerliche Erholung der Wirtschaft und den intensiven globalen Wettbewerb.
BAK Economics erwartet laut ihrem Chefökonom und Geschäftsleitungsmitglied Martin Eichler, dass die jetzt stark und länger als ursprünglich erwartet nach oben geschossenen Inflationsraten bis ins kommende Jahr wieder deutlich zurückgehen. Für die Inflation in der Schweiz im Jahr 2023 rechnet man hier mit 0,9 Prozent.
AHV 21: Milchbüchleinrechnung
Ruedi Studer schreibt im Blick über den bereits entbrannten Abstimmungskampf um die AHV-Reform.
Für die Linke ist es eine Reform «auf dem Buckel der Frauen», die zu einem Rentenverlust führt. «Die Zeche für die AHV-Reform bezahlen die Frauen. Jemand muss die sieben Milliarden Franken ja berappen, die in den nächsten Jahren eingespart werden», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (34, ZH) zu Blick. «Jede Frau verzichtet im Schnitt auf 26’000 Franken, sollte die Vorlage im September an der Urne durchkommen.» Die Summe ergibt sich einerseits durch ein Jahr weniger Rente, wenn man länger arbeiten muss, sowie AHV-Beiträge, die man im zusätzlichen Arbeitsjahr berappen muss.
«Die Hälfte der Frauen der Übergangsgeneration steht nach der Reform schlechter da als mit dem heutigen Status quo», sagt Meyer. «Wenn sie heute bis 65 arbeiten und dann in Rente gehen, erhalten sie mehr als mit der AHV-Vorlage.»
CS PK-Index Q2 2022
CS. Im Berichtsquartal nimmt der Pensionskassen Index um -12.21 Punkte resp. -6.03% ab; seine Veränderung seit Jahresanfang beträgt damit -9.28%. Per 30. Juni 2022 steht der Index bei 190.36 Punkten, ausgehend von 100 Punkten zu Beginn des Jahres 2000. Die Monate April (-1.38%) und Mai (-1.13%) waren bereits negativ, im Juni (-3.63%) gab es noch grössere Verluste zu verzeichnen.
Der Hauptanteil an der negativen Entwicklung im zweiten Quartal ist den Aktien (-3.86%) zuzuschreiben. Der Renditebeitrag von Aktien Schweiz beträgt -1.51% und der von Aktien Ausland -2.35%. Auch die Anlageklassen Obligationen (-1.29%) und Immobilien (-0.71%) haben mit deutlich negativen Renditebeiträgen das Quartalsergebnis zusätzlich belastet. Die restlichen Anlagekategorien waren eher unauffällig, aber durchs Band ebenfalls leicht negativ.
UBS PK-Performance Juni 2022
|
Frauen pro und contra AHV 21
Während eine bürgerliche Frauenallianz sich für die AHV-Reform mit der Angleichung der Rentenalter von Frau und Mann einsetzt, sind linke Frauen vehement gegen die Gleichstellung. In der NZZ schreibt Katharina Fontana über die Befürworterinnen:
Gleichstellung sei keine Einbahnstrasse, man erwarte nun substanzielle Verbesserungen, so die Forderung der Abstimmungskämpferinnen. Ihre Vorstellungen reichen von einer massiven Aufstockung der Krippengelder über den Kampf gegen Lohndiskriminierung bis zu einer besseren Absicherung der kleinen Einkommen bei den Pensionskassen und dem Wechsel zur Individualbesteuerung.
Ob die Frauenallianz mit ihrer langen Mängelliste und der «Es bleibt noch viel zu tun»-Haltung die Stimmberechtigten von der AHV-Reform überzeugen kann, muss sich zeigen. Gut möglich, dass sich Unentschlossene fragen werden, warum sie ein Ja einlegen sollen, wenn es doch bei der Gleichstellung angeblich überall derart hapert.
Ruedi Studer schreibt im Blick, dessen Herz deutlich lauter für die linken Fraueninteressen schlägt, u.a. über die Bewegung Campax, die mit dem feministischen Streik und den Kollektiven in den Kantonen zusammenspannt.
Geplant sind Basisaktivitäten in fast allen Kantonen, wie Campax-Kampagnenleiterin und SP-Kantonsrätin Virginia Köpfli (27, ZG) erklärt. «Wir wollen mit möglichst vielen Leuten direkt in Kontakt treten – etwa über Politabende, Nachbarschafts-Aktivitäten und einer Tür-zu-Tür-Kampagne.» Klinkenputzen gegen das höhere Frauenrentenalter also.
SGK-S: BVG 21 in der Herbstsession
In der Medienmitteilung der Sozialkommission des Ständerats heisst es zum Thema BVG-Reform:
Die Kommission nahm die Diskussion über die Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration in der BVG-Reform (20.089) wieder auf, nachdem der Ständerat diese Frage in der Sommersession 2022 zur genaueren Prüfung zurückgewiesen hatte. Sie beauftragte die Verwaltung mit ergänzenden Berechnungen und vertiefenden Analysen. Die Kommission will an ihrer nächsten Sitzung von Anfang September entscheiden, damit der Ständerat die BVG-Reform in der Herbstsession 2022 beraten kann.
BVG 21: Der PK-Verband appelliert
In einer Mitteilung nimmt der ASIP Stellung zur Situation der BVG-Reform in der Kommission des Ständerats:
Die SGK-S hat bedauerlicherweise keinen Entscheid im Hinblick auf die Beratungen der Vorlage BVG 21 gefällt. Statt auf weitere Entscheidungsgrundlagen zu hoffen, sollte die Kommission dem Nationalrat folgen. Der ASIP appelliert an die Kommission, die unter den gegebenen Umständen bestmögliche Lösung nicht einem unrealistischen und teuren Perfektionismus zu opfern.
In diesem Sinn empfehlen Mittelweg/ ASIP, sich an der Nationalratslösung zu orientieren, welche die Ziele der Reform erfüllt und gleichzeitig finanzierbar ist. Am meisten davon profitieren Tieflohnempfängerinnen und -empfänger sowie Teilzeitarbeitende, was insbesondere Frauen betrifft.
Mit allen anderen Vorschlägen würde unnötig viel Geld der jüngeren Generationen nach dem Giesskannenprinzip an zukünftige Rentnerinnen und Rentnern verteilt, welche von der Reform gar nicht betroffen sind und dementsprechend gar keine Einbussen zu befürchten hätten. Auch die neu vorgeschlagene Ausdehnung des Bezügerkreises eines Rentenzuschlages ist nicht zielführend.
“Frauenprivileg ist verfassungswidrig”
Katharina Fontana schreibt über die AHV-Reform und kritisiert die Haltung jener Frauen, die mit dem Argument der Einkommensunterschiede die Reform ablehnen.
Der Staat garantiert den Frauen den Anspruch auf gleichen Lohn und stellt die Instrumente zur Verfügung, damit dieses Recht in der Praxis durchgesetzt werden kann. Sicher, es mag Fälle von Lohndiskriminierung geben, doch das ist sicher kein Grund, beim Frauenrentenalter a priori auf stur zu schalten. Sonst könnte man sich ebenso gut auf den Standpunkt stellen, man zahle keine Steuern, solange noch irgendwo ein Einbruch verübt werde.
Auch das Argument der «Rentenlücke» überzeugt in keiner Weise. Eine solche «Lücke», wenn man den Begriff denn überhaupt verwenden will, existiert einzig bei der beruflichen Vorsorge, nicht bei der AHV. Und auch dort betrifft sie praktisch ausschliesslich verheiratete Frauen, die es sich dank dem Einkommen ihres Ehemannes leisten konnten, wenig oder gar nicht erwerbstätig zu sein.
BVG-21 und das Verkäuferinnen-Paradox
Anna Wanner schreibt im Tagblatt über BVG 21 und die vielgenannten Verkäuferinnen, deren Renten aufzubessern seien, was mit den Natationalratsbeschlüssen nicht geschehe. Sie geht dabei konkret auf die Regelung bei der Migros-PK ein und schreibt:
Nach Modell Nationalrat erhielten nur Personen einen Zuschuss, die von der Kürzung betroffen sind. Denn erklärtes Ziel der Reform ist: Das Rentenniveau halten.
Bis weit in die bürgerlichen Parteien hinein, wird nun aber bezweifelt, dass ein solch schlanker Vorschlag an der Urne Erfolg haben wird. Politiker gehen davon aus, dass die Menschen nach dem Portemonnaie stimmen: Nur wenn ich profitiere, sage ich Ja.
Doch es gibt noch einen anderen Grund. Die Vorsorgepläne der Pensionskassen unterscheiden sich stark. So erhalten Personen mit tiefen Löhnen von grosszügigen Arbeitgebern mehr Möglichkeiten, ein Altersguthaben anzusparen und fallen aus den Mindestbestimmungen heraus. Das ist für die Rente in der Regel ein Vorteil. Das Modell des Nationalrats führte nun dazu, dass diese Versicherten trotz tiefer Löhne keinen Zuschuss erhielten, wie etwa die Migros-Kassiererin. Ständerat Dittli will dieses Manko mit seinem Antrag auffangen.
Frau Professor und die freie PK-Wahl
In einem Interview mit der Handelszeitung erklärt Kerstin Windhövel, einzige vollamtliche Professoren für Altersvorsorge, weshalb sie für die freie PK-Wahl ist. Auszüge:
Wenn Sie freie Hand hätten: Was würden Sie am Vorsorgesystem ändern?
Ich würde die freie Pensionskassenwahl einführen und hie und da an allen drei Säulen des Systems etwas nachjustieren. Mehr nicht, denn grundsätzlich ist das Vorsorgesystem mit seinen drei unterschiedlichen Säulen sehr gut aufgebaut.
Warum plädieren Sie für die freie Pensionskassenwahl?
Als Arbeitnehmerin muss ich mich der Pensionskasse anschliessen, die der Arbeitgeber irgendwann einmal für alle seine Mitarbeitenden ausgesucht hat – unabhängig davon, ob er damit eine gute oder schlechte Wahl getroffen hat. Als Arbeitnehmerin habe ich keine Chance, etwas an der Pensionskasse zu ändern.
In der Liquiditätsfalle oder solide?
Die aktuelle Ausgabe der Handelszeitung befasst sich mit der Finanzierungssituation der Pensionskasse nach der Zinswende. Zwei Autoren kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Vermögensverwalter Pirmin Hotz schreibt:
Schweizerische Pensionskassen dürfen 30 Prozent ihrer Mittel in Immobilien und ebenso viel in alternative Anlagen anlegen. Das ergibt eine Maximalquote von 60 Prozent, die Vorsorgekassen in illiquide Anlagen und Produkte investieren können. Auch wenn die meisten Pensionskassen weit von dieser Quote entfernt sind, lässt sich heute schon prognostizieren, dass Ungemach droht.
Liquide börsengehandelte Aktien und Anleihen waren im ersten Halbjahr aufgrund steigender Zinsen, einer drohenden Wachstumsschwäche, Lieferkettenproblemen sowie einer geopolitisch instabilen Lage deutlichen Korrekturen ausgesetzt. Es wäre naiv, zu glauben, dass es bei Private Debt oder Private Equity diese Bewertungskorrekturen nicht geben wird. Bei nicht kotierten illiquiden Anlagen laufen diese aber naturgemäss langsamer ab.
Stabsübergabe bei der PK Glarus
Kt. GL Die Stiftung Pensionskasse des Kantons Glarus wurde 2006 gegründet. Alfred Schindler war ihr erster Geschäftsführer. Sie entstand aus der Fusion der Pensionskasse des Kantons mit der Lehrerversicherungskasse.
Eine weitere Herausforderung nach der erfolgreichen Zusammenführung begann mit der Gemeindestrukturreform im Jahr 2011, als Alfred Schindler die Gemeinden Glarus und Glarus Süd sowie die Lehrpersonen der Gemeinde Glarus Nord bei der Aufnahme in die Pensionskasse begleitete. 2015 wurde infolge der tiefen Zinsen und höheren Lebenserwartung der Versicherten und Rentner die erste Senkung des Umwandlungssatzes vorgenommen. Gleichzeitig erfolgte die Neuorganisation der Pensionskasse zu einer Gemeinschaftsstiftung und eine Namensänderung; von Pensionskasse des Kantons Glarus zur Glarner Pensionskasse.
Per 31. Dezember 2021 betrug die Bilanzsumme der Pensionskasse 1,08 Milliarden Franken. Sie hat sich seit Schindlers Amtsantritt um 134 Prozent erhöht. Alfred Schindler übergibt die Glarner Pensionskasse per 30. Juni 2022 in einem guten Zustand an seinen Nachfolger Michael Jakober.
Wirksamkeitsstudie zur Wiedereingliederung
PK-Rück. Die Wiedereingliederung bei einer länger anhaltenden Arbeitsunfähigkeit stösst in der Schweiz auf hohe Akzeptanz. Betroffene, Arbeitgeber und Pensionskassen beurteilen die Massnahmen weitgehend positiv. Datenbasierte Evidenz für deren Effektivität gab es bisher jedoch kaum.
Die Wirksamkeitsstudie der PK Rück schliesst diese Lücke und beweist: Case Management ist effektiv und kann als Teil eines umfassenden Lösungssystems in vielen Fällen eine IV-Rente verhindern.
Für die Studie haben Wissenschaftler der Zürcher Hochschule für Wirtschaft ZHAW und der Hochschule Furtwangen Daten der PK Rück aus den letzten zehn Jahren analysiert. Die über 20’000 untersuchten Fälle von Arbeitsunfähigkeit zeigen, dass Wiedereingliederungs-massnahmen das Invaliditätsrisiko deutlich senken: Case Management, das ergänzend durchgeführt wird, reduziert das Risiko einer IV-Rente im Schnitt um 16 %.
Unterschätzte Kosten im Ruhestand
NZZ. Die Lebenshaltungskosten von Pensionierten liegen im Allgemeinen bei 70 bis 90 Prozent der vorherigen Ausgaben. In Zeiten höherer Inflation und steigender Lebenserwartung ist eine genaue Planung sehr wichtig – am besten mit einem Budget.