Die aktuelle Ausgabe der Handelszeitung befasst sich mit der Finanzierungssituation der Pensionskasse nach der Zinswende. Zwei Autoren kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Vermögensverwalter Pirmin Hotz schreibt:

Schweizerische Pensionskassen dürfen 30 Prozent ihrer Mittel in Immobilien und ebenso viel in alternative Anlagen anlegen. Das ergibt eine Maximalquote von 60 Prozent, die Vorsorgekassen in illiquide Anlagen und Produkte investieren können. Auch wenn die meisten Pensionskassen weit von dieser Quote entfernt sind, lässt sich heute schon prognostizieren, dass Ungemach droht.

Liquide börsengehandelte Aktien und Anleihen waren im ersten Halbjahr aufgrund steigender Zinsen, einer drohenden Wachstumsschwäche, Lieferkettenproblemen sowie einer geopolitisch instabilen Lage deutlichen Korrekturen ausgesetzt. Es wäre naiv, zu glauben, dass es bei Private Debt oder Private Equity diese Bewertungskorrekturen nicht geben wird. Bei nicht kotierten illiquiden Anlagen laufen diese aber naturgemäss langsamer ab.

Die Verluste graben sich unmerklich, fast wie ein Krebsgeschwür, in die Kurse ein. Statt der erhofften Illiquiditätsprämie droht die Illiquiditätsfalle. Weil illiquide Anlagen kaum veräusserbar sind, ist zu befürchten, dass Pensionskassenverantwortliche bei zukünftigen Börsenverwerfungen börsenkotierte und liquide Aktien im dümmsten Moment auf Tiefständen verkaufen müssen, um der abschmelzenden Risikofähigkeit Rechnung zu tragen.

Mit der Folge, dass sie auf dem illiquiden und oft intransparenten Portfolioteil sitzen bleiben, während sie vom Börsenaufschwung kotierter Aktien nach Erreichen der Tiefstände kaum mehr profitieren können. Diese Erfahrung machen Versicherungen regelmässig, weil sie aufgrund ihrer regulatorischen Gegebenheiten zu einem prozyklischen Anlageverhalten gezwungen sind.

Max Fischer meint:

Ein Blick zurück ist auch für die künftige Entwicklung von Bedeutung. Börsenkurse erholten sich nach Turbulenzen relativ rasch wieder. In der Bankenkrise kam es von Juni 2007 bis März 2009 mit einem Minus von 54 Prozent zum bisher grössten Absturz des Swiss Performance Index (SPI). Doch in nur vier Jahren hatte der Index aller an der Schweizer Börse gehandelten Titel schon wieder aufgeholt und stieg weiter.

Auch zwischen September 2000 und März 2003 tauchte der SPI um 52 Prozent. Um sich in nur gerade mal drei Jahren wieder zu erholen. Ein Langzeitvergleich der Genfer Bank Pictet zeigt, dass Aktien trotz dem Auf und Ab an den Börsen alle anderen Anlageformen schlagen. Von 1926 bis 2021 erzielten sie kaufkraftbereinigt im Schnitt pro Jahr 7,8 Prozent – Obligationen schnitten mit 2,3 Prozent deutlich schlechter ab.

Klare Fakten und Zahlen. Doch das ständige Lamentieren um zu hohe Renten und marode Kassen hinterlässt bei der Bevölkerung Spuren. Das zeigt eine im vergangenen Jahr veröffentliche Umfrage des Forschungsinstituts GfK Switzerland im Auftrag der Konsumentenzeitschrift «Saldo».

Rund ein Drittel der Befragten in der Deutschschweiz glaubt, dass die Pensionskassen überschuldet sind. 57 Prozent sind der Meinung, dass das Geld für die Renten nicht nur aus dem angesparten Kapital der Pensionierten stammt, sondern auch aus Beiträgen der Erwerbstätigen. Bei beiden Antworten liegen die Befragten falsch: Die Pensionskassen sind gesund und fit, ihnen geht es bestens – und die von den Kassen erwirtschafteten Erträge reichen, um die Renten zu finanzieren.