Katharina Fontana schreibt über die AHV-Reform und kritisiert die Haltung jener Frauen, die mit dem Argument der Einkommensunterschiede die Reform ablehnen.

Der Staat garantiert den Frauen den Anspruch auf gleichen Lohn und stellt die Instrumente zur Verfügung, damit dieses Recht in der Praxis durchgesetzt werden kann. Sicher, es mag Fälle von Lohndiskriminierung geben, doch das ist sicher kein Grund, beim Frauenrentenalter a priori auf stur zu schalten. Sonst könnte man sich ebenso gut auf den Standpunkt stellen, man zahle keine Steuern, solange noch irgendwo ein Einbruch verübt werde.

Auch das Argument der «Rentenlücke» überzeugt in keiner Weise. Eine solche «Lücke», wenn man den Begriff denn überhaupt verwenden will, existiert einzig bei der beruflichen Vorsorge, nicht bei der AHV. Und auch dort betrifft sie praktisch ausschliesslich verheiratete Frauen, die es sich dank dem Einkommen ihres Ehemannes leisten konnten, wenig oder gar nicht erwerbstätig zu sein.

Ledige Frauen, die zeitlebens für sich selbst sorgen mussten, haben bei der Pensionierung denn auch eine gleich hohe Rente wie ledige Männer. Wer mehr arbeitet, zahlt mehr ein und erhält am Ende mehr Leistung – das ist keine rechtliche Diskriminierung, sondern Versicherungslogik, und die gilt für beide Geschlechter gleich.

Man muss schon reichlich unverfroren sein, die Dinge so durcheinanderzuwirbeln und gegeneinander auszuspielen, wie es SP, Grüne und Gewerkschaften bei der AHV-Abstimmung tun. Und es ist in höchstem Masse paradox: Ausgerechnet die Linke, die sich so gerne als Kämpferin für Gleichberechtigung inszeniert, macht sich für die gesetzliche Geschlechterdiskriminierung stark. Geht es nach ihr, soll der Staat das Recht brechen. Er soll sich nicht an den Gleichstellungsartikel in der Verfassung halten, sondern die Menschen nach ihrem Geschlecht bevorzugen oder benachteiligen. Müssten wir nicht endlich weiter sein.

  NZZ