Auf der Website des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) stand zu lesen: «Das Parlament hat beschlossen, dass wir alle weniger Pensionskassenrenten bekommen und dafür auch noch höhere Beiträge zahlen sollen.» Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Aussage ist falsch. Es ist eine Lüge.
Lügen in Abstimmungskampagnen ist nichts Neues. Erinnert sei an das via Facebook verbreitete Erklärvideo zur AHV-Reform. Darin behauptete der Gewerkschaftsbund, bei einem Ja zu AHV21 «ist die nächste Erhöhung schon programmiert: und zwar für alle». Federführend bei jener Kampagne soll SGB-Präsident und Waadtländer SP-Ständerat Pierre Yves Maillard gewesen sein (und nicht der Webmaster). (…)
Damit lassen sich Beispiele konstruieren, bei denen eine Gruppe von Versicherten bei einem Ja zur BVG schlechter wegkommen dürfte. Wobei entsprechende Modellrechnungen mit der Realität wenig zu tun haben. Wie weit in Zukunft tiefere Renten in Kauf zu nehmen sind, hängt zu einem wesentlichen Teil von überobligatorischen Leistungen ab, die stark voneinander abweichen können.
Wenn nun Abstimmungsgegner vor Rentenkürzungen warnen, so ist auch dieser Begriff streng genommen falsch. Tiefer ist höchstens die Monatsrente, kaum jedoch die Rentensumme, die wegen der steigenden Lebenserwartung im Wachsen begriffen ist. So sind wir beim Umwandlungssatz, der mit der bevorstehenden BVG-Abstimmung auf 6% gesenkt werden soll.
Ginge es nach der bürgerlichen Mehrheit im Bundesparlament, so sollte der gesetzliche Mindestumwandlungssatz wie auch der Mindestzins nicht von der Politik bestimmt werden. Im April 2016 reichte die nationalrätliche Sozialkommission die Motion 16.3350 «Entpolitisierung der technischen Parameter» ein. Der Nationalrat stimmte ihr zu, während der Ständerat in den Jahren 2017 und 2019 für eine Sistierung votierte, bis er dann in der Junisession 2023 das Ansinnen versenkte.
Der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli sagte damals: «Das Grundanliegen an sich wäre gemäss vielen Kommissionsmitgliedern zwar nach wie vor berechtigt, ist aber aufgrund der aktuellen Lage und der eben erst gefassten Beschlüsse im Parlament unrealistisch.» Die Kommissionsmehrheit hielt es nicht für zweckmässig, die Reformdiskussion mit weitergehenden Forderungen oder einem Systemwechsel unnötig zu belasten. Dem kann man kaum widersprechen.
Kommentar Chatelain