Allianz Suisse senkt die reglementarischen Umwandlungssätze (UWS) in der Vollversicherung ab 1. Januar 2022 in drei Schritten. Ab 2024 wird der UWS für das minimale BVG-Altersguthaben (Männer und Frauen) noch 6.2% betragen, der UWS für das überobligatorische Altersguthaben 4.33% (Männer) bzw. 4.29% (Frauen).
Umwandlungssatz
Swiss Life senkt Umwandlungssätze
Swiss Life schreibt in einer Mitteilung:
Eine nachhaltige Stabilisierung der beruflichen Vorsorge steht seit Längerem auf der politischen Agenda. In der aktuellen bundesrätlichen Botschaft zur BVG-Reform ist die Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes auf sechs Prozent vorgesehen – diese Anpassung ist dringend und zwingend. Zusätzliche Schritte sind seitens der Anbieter erforderlich: Die Anpassung der Umwandlungssätze ist bei allen Pensionskassen unumgänglich geworden, weil die Lebenserwartung zunimmt und somit eine Altersrente für mehr Lebensjahre reichen muss.
Verschärft wird diese demografische Realität durch das anhaltende Tiefzinsumfeld. In Kombination führen diese Faktoren dazu, dass die systemfremde Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentenbezügern stetig zunimmt. Mit der Anpassung der Umwandlungssätze reduziert Swiss Life die ungewollte Querfinanzierung in Zukunft substanziell.
Werner Enz hält dazu in der NZZ fest:
Manche fragen sich, warum Lebensversicherer im Obligatorium schon ab 2022 Sätze von 6,5% (Swiss Life) oder gar 6,0% (Helvetia) anbieten, wenn das Gesetz eine andere Sprache spricht. Das ist möglich, weil es unter Einrechnung der im Überobligatorium gebildeten Sparkapitalien gelingt, die gesetzlich nach BVG vorgeschriebenen Mindestleistungen jederzeit einzuhalten. Die Swiss Life garantiert genau dies und ergänzt noch, dass bestehende Renten unverändert ausbezahlt würden. Dass neu zu fixierende Renten tendenziell sinken, ist natürlich auch den Kunden bekannt. Stahel weist darauf hin, auch 2020 hätten Versicherte oft individuell Einkäufe vorgenommen, um von sich aus etwas dagegen zu unternehmen.
Die Swiss Life gab weiter auf Anfrage bekannt, dass in der Vollversicherung kapitalgewichtet zurzeit ein Umwandlungssatz von rund 5,9% zu Buche steht. Das ist vor allem im Vergleich mit Schweizer Pensionskassen ein hoher Satz. Seinen Kunden schrieb der Lebensversicherer für 2020 im Obligatorium 1% und im Überobligatorium unter Einrechnung von Überschüssen dank dem soliden Anlageergebnis 0,74% gut. Wer Leistungsvergleiche auch mit halb oder ganz autonomen Vorsorgeeinrichtungen anstellt, muss all diese Komponenten im Auge behalten. Was wirklich zählt, ist am Ende des Tages die Höhe der Rente und ob sie auch sicher ist.
Baloise senkt Umwandlungssatz
Baloise schreibt in einer Medienmitteilung:
Die Baloise steht nach wie vor zum Modell der Vollversicherung im BVG. Um aber die Umverteilung von den Aktiven zu den Pensionierten zu reduzieren und die Renten langfristig zu sichern, ist eine schrittweise Senkung der Umwandlungssätze bis 2023 notwendig.
Um der Umverteilung entgegenzuwirken und mehr Gerechtigkeit für die aktiven Versicherten zu schaffen, senkt die Baloise die Umwandlungssätze schrittweise bis 2023. Dabei wird weiterhin das sogenannte «Splittingmodell» genutzt, wobei die Altersrente transparent getrennt nach Altersguthaben aus obligatorischen beziehungsweise überobligatorischen Sparbeiträgen berechnet wird. Das gesetzliche Minimum wird jeweils in jedem Fall garantiert. Sollte dieses im Einzelfall mit den neuen Umwandlungssätzen rechnerisch nicht erreicht werden, stockt die Baloise die jeweilige Altersrente entsprechend auf und erbringt die garantierten Mindestleistungen.
Arbeitnehmer gegen UWS-Senkung
Die Aargauer Pensionskasse hat angekündigt, den Umwandlungssatz von 5,3 auf 5% zu senken. Wie üblich bei den öffentlichen Kassen sind die Arbeitnehmerorganisationen entsetzt und drohen mit “weiteren Schritten”. Die Aargauer Zeitung schreibt:
Die APK federt die Senkung der jährlichen Renten mit zwei Gegenmassnahmen ab: Zum einen senkt sie den Umwandlungssatz nicht auf einen Schlag, sondern laufend über die Jahre 2022 und 2023. Spätestens wer am 1. Januar 2024 in Rente geht, erhält nur noch fünf Prozent. Und zum anderen erhöht sie das Sparguthaben der Versicherten per Ende 2021 um 1,25 Prozent. «Der Vorstand ist überzeugt, dass die beschlossenen Massnahmen ein wichtiger Schritt sind, um die finanzielle Stabilität der APK weiterhin zu gewährleisten», so die APK. (…)
Auf gar keinen Anklang stösst die Senkung beim Aargauer Staatspersonalverband. Dass die APK den Umwandlungssatz schon wieder senken würde, zum vierten Mal seit 2008, sei «völlig überhastet und unbegründet». Die APK habe 2019 mit einem Super-Ergebnis abgeschlossen, die Prognosen seien, trotz Corona, nicht katastrophal.
Schwarzmalen sei fehl am Platz: «Es hat schlicht keinen Grund für eine erneute Senkung des Umwandlungssatzes gegeben.» Insbesondere stört den Verband, dass die Pensionskasse erneut auf Kosten der Arbeitnehmer sparen würde: «Erschwerend kommt hinzu, dass dies einmal mehr ohne finanzielle Beteiligung der Arbeitgeberschaft geschehen ist. Das ist ein einseitiger Entscheid gewesen und wird unsererseits nicht goutiert.» Fast schon drohend schliesst der Verband: Man werde die Sache analysieren und sich weitere Schritte vorbehalten.
Ausgleich der UWS-Senkung, ungenutztes Renditepotential
Wie liesse sich die geplante Senkung des Mindestumwandlungs-Satzes von 6,8 auf 6 Prozent kompensieren? Swisscanto hat mit den Daten ihrer PK-Studie eine Reihe von Kennzahlen errechnet und mit dem Sozialpartner-Kompromiss verglichen. Möglich wäre dies mit einer Erhöhung des Rentenalters um 2 Jahre, einer Senkung des Koordinationsabzugs auf 7349 Franken, einer Erhöhung der Sparbeiträge um 13,3 Prozent, einer Verstärkung der Selbstvorsorge um 475 Franken jährlich oder einer Erhöhung der Kapitalerträge um 0,6 Prozentpunkte. Wobei die letztgenannte Möglichkeit bei der Swisscanto am meisten Sympathien geniesst.
Voraussetzung dazu ist allerdings, dass überhaupt ein ungenutztes Renditepotential vorliegt. Swisscanto stellt sich auf den Standpunkt, dass dies in der Tat der Fall ist. Dies nicht zuletzt aufgrund des performancemässig sehr gut verlaufenen 2019.
Die in 4 Gruppen aufgeteilte obige Grafik zeigt ganz rechts den Anteil der Studienteilnehmer, die mittlerweile einen Anteil von Soll-WS-Reserven von 75 % oder mehr aufgebaut haben.
Grau bzw. hellgrau lässt sich ablesen, dass sich aufgrund des ausgezeichneten Anlagejahres der Anteil der PKs mit einer Reserve von über 75 % von 27 auf 63 Prozent nahezu verdoppelt hat und damit den Kassen ein grösseres Sicherheitspolster bietet. Mit nur 29 Prozent im Top Bereich geäuffneten Reserven hinken die öffentlichen Arbeitgeber hier noch etwas hintennach.
Ein Mittel gegen Pensionierungsverluste
Hans-Ulrich Stauffer, vielleicht wie kein anderer vertraut mit den Bundesgerichtsentscheiden zur 2. Säule, verweist in einem Beitrag der Schweizer Personalvorsorge 07-20 auf einen Entscheid aus dem Jahre 2002, der einen Weg öffnet, Pensionierungsverluste zu vermeiden und den in innovativer Weise die Auffangeinrichtung umsetzt. Er schreibt:
Die Erwägungen des Bundesgerichts sind besonders heute von allergrösster Bedeutung und nach wie vor lesenswert. Es stellte fest, dass das Bundesamt und die Rekurskommission zu Unrecht davon ausgegangen seien, der BVG-Mindestzinssatz und der BVG-Umwandlungssatz könnten im obligatorischen Bereich grundsätzlich und systeminhärent nicht mit zusätzlichen Leistungen der Versicherungsnehmer gedeckt werden. (…)
Da im obligatorischen Bereich die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen nicht reduziert werden dürfen, käme – nach Erschöpfung der Reserven – zur Behebung von Unterdeckungen praktisch nur die Erschliessung zusätzlicher Einnahmen in Betracht. Die Höhe der Beiträge sei nicht direkt im Gesetz geregelt, sondern werde von den Vorsorgeeinrichtungen grundsätzlich frei festgelegt.
Die Gesamteinnahmen (das heisst im Wesentlichen die Beiträge und die Kapitalerträge) müssten aber ausreichen, um die Verbindlichkeiten decken zu können. Je höher die Kapitalerträge seien, desto tiefer dürften die Beiträge sein. Dasselbe gelte auch umgekehrt: Gingen die Kapitalerträge zurück, müssten allenfalls – nach Erschöpfung der Reserven – die Beiträge erhöht werden, um gleichbleibende Einnahmen zu erreichen. (…)
OAK: Umverteilung bleibt substanziell
Zu ihrer Schätzung über die Entwicklung der Umverteilung schreibt die OAK:
Aktuelle Schätzungen für das Berichtsjahr 2019 zeigen, dass sich die Umverteilung von 5.1 Milliarden Franken im Jahr 2018 auf 7.2 Milliarden Franken im Jahr 2019 deutlich erhöht hat. Da das Zinsniveau nochmals gesunken ist, mussten die technischen Zinssätze im Berichtsjahr stärker als in den Vorjahren weiter gesenkt werden. Dass entsprechend mehr Kapital für die Nachfinanzierung der laufenden Renten aufgewendet werden musste, war der Hauptgrund für den Anstieg der Umverteilung.
Zusätzlich haben sich dadurch auch die Pensionierungsverluste vergrössert. Das Ausmass der Umverteilung zu Lasten der aktiven Versicherten liegt mit 0.8% des Vorsorgekapitals der aktiven Versicherten und der Rentner wieder auf einem ähnlichen Niveau wie im Jahr 2017 und ist nach wie vor substanziell.
Die Coronakrise zeigt: Es ist höchste Zeit, die gesetzlichen Bestimmungen an die neuen Realitäten anzupassen und dabei zu beachten, dass die Mehrheit der Versicherten durch die Senkung nicht direkt betroffen sein wird. Es gilt nun, insbesondere den obligatoriumsnahen Vorsorgeeinrichtungen zu ermöglichen, ohne Umverteilung finanzierbare Rentenverpflichtungen einzugehen.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Situationen in den unterschiedlichen Branchen wäre es zudem sinnvoll, den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen mehr Flexibilität zu geben, sich jeweils an die herrschenden Realitäten anpassen zu können. Die sozialpartnerschaftlich geführten Vorsorgeeinrichtungen sind dabei erprobte Gefässe, um gut ausgehandelte Lösungen für alle zu finden.
OAK: Umwandlungssatz im Realitäts-Check
Die Grafiken zeigen mit Bezug zum BVG-Mindestumwandlungssatz, wie stark sich sowohl die Entwicklung der Renditen der Bundesobligationen als auch jene der Lebenserwartung von den im BVG-Mindestumwandlungssatz enthaltenen Annahmen entfernt haben
Catherine Pietrini, Vize-Präsidentin OAK BV, befasst sich in ihren Ausführungen zum OAK-Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen mit dem überhöhten Umwandlungssatz.
Die Vorsorgeeinrichtungen haben ihre Verantwortung grösstenteils wahrgenommen und die reglementarischen Umwandlungssätze dort gesenkt, wo dies möglich ist. Viele Versicherte werden darum von einer Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes nicht direkt betroffen sein.
Das mag auf den ersten Blick als Widerspruch zur Forderung wirken, wonach eben diese Senkung des politisch festgelegten BVG-Mindestumwandlungssatzes mehr als überfällig ist. Das ist es aber keineswegs.
Erstens ist die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes für alle Vorsorgeeinrichtungen von hoher Bedeutung, deren Umhüllungsgrad sehr gering ist resp. die nahe am BVG-Obligatorium sind. Solange der BVG Mindestumwandlungssatz auf einem unrealistisch hohen Wert verbleibt und damit bestimmte Vorsorgeeinrichtungen gezwungen werden, diesen hohen Wert zu gewähren, müssen auch die entsprechenden Kosten getragen werden. Dies erfolgt hauptsächlich über die aktiven Versicherten und die Arbeitgeber. Da vorwiegend Personen mit tieferen Löhnen in Minimalleistungsvorsorgeeinrichtungen versichert sind, sind es genau sie, welche diese Kosten tragen müssen.
“Das wahre Ausmass der Umverteilung”
Das VZ Vermögenszentrum legt eine neue Untersuchung zum Ausmass der Umverteilung bei der 2. Säule vor. In einer Mitteilung heisst es dazu:
Pensionskassen müssen Milliarden umverteilen. Grund ist der toxische Mix aus steigender Lebenserwartung, tiefen Zinsen, fixem Rentenalter und zu hohen Renten.
Schweizer Pensionskassen haben in den letzten zehn Jahren über 65 Milliarden Franken umverteilt. Das zeigt eine neue Studie des VZ VermögensZentrums, die das Ausmass und die Mechanismen der Umverteilung in der beruflichen Vorsorge untersucht. Während 2009 rund 4,8 Milliarden umverteilt wurden, waren es 2018 bereits 7,2 Milliarden Franken. Das entspricht einer Zunahme von knapp 50 Prozent (Grafik).
Dieses Geld wird in zwei Richtungen umverteilt:
1. Von Jung zu Alt: Die grösste Umverteilung findet von den aktiven Versicherten zu den Pensionierten statt. Pensionskassen müssen Erträge auf den Guthaben der Aktiven abzwacken, um die Renten der Pensionierten zu subventionieren. Denn gemessen an der Lebenserwartung und der Anlagerendite ist ein grosser Teil der ausbezahlten Renten zu hoch.
2. Von oben nach unten: Auch im überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge werden Anlageerträge abgezweigt, um damit die Leistungen im Obligatorium zu finanzieren. Das führt zu einem Abbau der Leistungen im Überobligatorium. Dieser Abbau betrifft alle, die bessere Leistungen haben als gesetzlich vorgesehen.
Die Umverteilung wird ungebremst weitergehen, bis der gesetzliche Umwandlungssatz von heute 6,8 Prozent an die steigende Lebenserwartung angepasst wird. Während die Lebenserwartung für einen 65-Jährigen seit 1985 um rund 40 Prozent gestiegen ist, wurde der Umwandlungssatz nur um 5 Prozent reduziert. Und solange die Zinsen sehr tief bleiben, werden die Pensionskassen ihren technischen Zinssatz weiter senken müssen, was die Umverteilung weiter anheizen wird.
“Die BVG-Vollversicherung hat viele Totengräber”
Werner Enz beklagt in einem Kommentar den Zustand der Vollversicherung. In seinem Kommentar zur Einführung eines neuen Tarifs im Schweizer KL schreibt er:
Nachdenklich stimmt nun, dass die Helvetia auf Anfang Jahr in der Vollversicherung neue Tarife verrechnet im Bestreben, eine einigermassen zufriedenstellende Verzinsung des von Aktionären zur Verfügung gestellten Risikokapitals zu erreichen. Mit der Anwendung des sogenannten Anrechnungsprinzips wird der astronomische Mindest-Umwandlungssatz von 6,8% gesetzeskonform umgesetzt, wobei Kunden im Obligatorium neu noch 6,0% und im Überobligatorium 4,4% in Aussicht gestellt werden. Was ober- und ausserhalb des BVG-Obligatoriums angespart wird, muss herhalten zur Erfüllung der von der Politik diktierten Leistungsziele.
Pensionierungsverluste als Einstellungshindernis
Viel ist die Rede von einer wünschbaren Glättung der Altersgutschriften, weil damit die Einstellungschancen älterer Arbeitnehmer erhöht würden. Hansueli Schöchli weist nun in der NZZ darauf hin, dass die Pensionierungsverluste aufgrund des überhöhten Umwandlungssatzes bei der Einstellung Älterer sich noch nachteiliger auswirken könnten.
Ironischerweise haben jene, die am lautesten die Probleme der Älteren am Arbeitsmarkt beklagen, in den letzten zehn Jahren am härtesten dafür gekämpft, dass die Anstellung von Älteren besonders teuer ist und bleibt. Die Rede ist vom Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG). Gemeint ist hier nicht die Tatsache, dass die prozentualen Lohnabzüge mit dem Alter der Beschäftigten steigen. Gemeint ist, dass ältere Beschäftigte, die wenig überobligatorisches Vorsorgekapital haben, für die Pensionskassen sehr teuer sind. Direkt betroffen sind vor allem Tieflohnsektoren. (…)
Ein Unternehmer mit mehreren hundert Angestellten schildert, was dies konkret heisst. Er habe zum Beispiel jüngst zwei 55-jährige Elektriker eingestellt, doch wegen der Aussicht auf Pensionierungsverluste habe die Pensionskasse im einen Fall 110 000 Fr. zurückstellen müssen, im anderen 130 000 Fr. Die Bandbreite der Rückstellungen für andere Fälle reicht laut dem Unternehmer von 80 000 bis 140 000 Fr.
Politik und Realität beim UWS
Patrick Müller wundert sich in der Luzerner Zeitung über die Gewerkschaften, welche gegen realistische Umwandlungssätze ins Feld ziehen, deren Notwendigkeit aber durchaus einsehen, wenn sie dafür die Verantwortung tragen.
Ein Beispiel dafür ist die Stiftung Auffangeinrichtung BVG. Deren Stiftungsrat setzt sich aus den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden mit je fünf Vertretern zusammen.
Die Auffangeinrichtung BVG aber hat für neue Versicherte in der freiwilligen Weiterführung der Altersvorsorge folgendes beschlossen:
- Der Umwandlungssatz sinkt von 6,8 Prozent für den obligatorischen Teil und 5 Prozent für den überobligatorischen Teil des Altersguthabens auf 4,2 Prozent für das gesamte Guthaben. Das bedeutet eine Rentenkürzung um rund 30 Prozent, falls der Versicherte die Hälfte seines Guthabens im überobligatorischen Teil hat.
- Versicherte, die beim Eintritt in die Pensionskasse älter als 58 Jahre sind, müssen zusätzlich zu den Sparbeiträgen für den Weiteraufbau der Vorsorge «Rentenbeiträge» bezahlen. Diese betragen bis zu 5 Prozent auf dem Altersguthaben.
- Eine vorzeitige Pensionierung oder ein Austritt ist nicht möglich. Um eine Rente zu erhalten, müssen bis zum Rentenalter Beiträge geleistet werden.
Das Pensionskassen-Rätsel
Hansueli Schöchli geht in der NZZ der Frage nach, weshalb die Kassen trotz Super-Performance 2019 eine rasche Senkung des Umwandlungssatzes fordern und will dabei dieses scheinbare Rätsel lösen.
Die Pensionskassen [verteilen] im Mittel nur einen kleinen Teil der 2019 durchschnittlich erreichten Anlagerendite von 11% an die Erwerbstätigen mittels Verzinsung der Altersguthaben. Die vom Bundesrat festgelegte Mindestverzinsung beträgt 1%, die Bandbreite der effektiven Verzinsung in den einzelnen Kassen reicht laut Beobachtern von 1 bis 10%, und das Mittel könnte gemäss Schätzungen ungefähr 2,5 bis 3% betragen. Wie so oft erhalten die Rentner eine höhere Verzinsung; gemessen an den Umwandlungssätzen für die Rentenberechnung dürfte derzeit die Kapitalverzinsungsgarantie für den Durchschnitt aller Rentner bei etwa 4 bis 4,5% liegen.
Gewisse Kritiker äussern überdies Zweifel, ob die ausgewiesenen Deckungsgrade der ökonomischen Realität entsprechen. Die Regeln sehen vor, dass die Anlagen zu Marktpreisen bewertet sind, während auf der Passivseite der Bilanz (Verpflichtungen) eine eher marktfremde Betrachtung gängig ist. Die Pensionskassen müssen Renten garantieren, und eine Garantie für künftige Zahlungen lässt sich nur mit risikolosen Anlagen sicherstellen.
Die Rendite auf solchen risikolosen Anlagen (z. B. 10-jährigen Bundesobligationen) beträgt derzeit minus 0,7%. Wer also in 10 Jahren garantiert 100 Franken Rente auszahlen will, müsste heute sogar etwas mehr als 100 Fr. in Bundesobligationen stecken, um später sicher genügend Mittel zu haben; eine entsprechende Verpflichtung müsste also in dieser Lesart heute mit etwa 107 Fr. auf der Passivseite in der Bilanz stehen; mit einer solchen Rechnungslegung würden die Pensionskassen per Ende 2019 laut einer Schätzung einen Deckungsgrad von durchschnittlich nur knapp 100% ausweisen.
UBS: Altersvorsorge und Negativzinsen
UBS hat eine Studie mit dem Titel “Was bedeuten Negativzinsen für die Altersvorsorge” publiziert. Darin werden zwei Szenarien für die Zukunft der Performance der Kassen entsprechend der Zinsentwicklung skizziert.
Basisszenario: gradueller Zinsanstieg:
Zwar erwarten wir, dass die Zinsen steigen, jedoch nur langsam und auf ein im historischen Vergleich sehr moderates Niveau. Der Deckungsgrad einer Pensionskassen würde wegen den Kursverlusten auf dem Obligationenportfolio anfänglich fallen. Zwar halten die meisten Pensionskassen ihre Anleihen bis zum Ende der Laufzeit und Verluste wären in erster Linie ein Bucheffekt, dennoch würde es den Verbindlichkeiten ein kleineres Vermögen gegenüberstellen, was der Gesundheit der Pensionskasse schadet und das zukünftige Anlageverhalten negativ beeinflussen würde. Anfängliche Kursverluste würden durch allmählich steigende Coupons in der langen Frist kompensiert.
Rentenhöhe und Umwandlungssatz
Avenir Suisse relativiert die von Swisscanto errechneten Einbussen bei den Rentenleistungen in den letzten zehn Jahren.
Gemäss der jüngsten Swisscanto-Studie hat ein Arbeitnehmer, wenn er heute einer Pensionskasse beitritt, die keine Massnahmen ergriffen hat, in 40 Jahren eine um 27,9% tiefere Rente in Aussicht als diejenige, die im Rahmen desselben Vorsorgeplans noch vor zehn Jahren ausgeschüttet worden wäre. Es ist kaum verwunderlich, dass eine solche Aussage zu viel medialem Aufruhr geführt hat. Bei genauerer Lektüre relativiert sich die Aufruhr jedoch. Die Kirche bleibt im Dorf.
Noch hält das Kapitaldeckungsverfahren der 2. Säule dank den Massnahmen der Pensionskassen dem Druck stand, unter dem es steht. Doch ohne Korrektur des realitätsfremden Umwandlungssatzes werden die Quersubventionierungen zulasten der Aktiven die Rendite auf deren Guthaben belasten und so ihre Rentenerwartungen schmälern. Ironischerweise gilt gerade die Sicherung dieser Renten oft als Vorwand für die politische Weigerung, die Umwandlungssätze korrekt anzusetzen.