“In der Sonntagsschule der Politik ist «Nachhaltigkeit» ein Modewort. An Werktagen war ein nachhaltiges System bisher zumindest in der Altersvorsorge nicht mehrheitsfähig. Die Subventionen für die Älteren zulasten der Jüngeren sind so gut versteckt, dass sich die Profiteure vorgaukeln können, gar nicht subventioniert zu sein”, schreibt Hansueli Schöchli in der NZZ zur Blockade in der Reform der Altersvorsorge und listet dazu “Sechs Punkte für das Lehrbuch” auf. Diese sind: Vermischung der Umverteilungsströme, Besitzstandwahrung über alles, Subventionen und Drogen, Profis verschleiern, Folgegenerationen interessieren uns eher wenig, Ausreden sind willkommen. Zu Punkt 1, Vermischung der Umverteilungsströme heisst es:
Vermischung von Umverteilungsströmen erschwert Lösungen. Die Altersvorsorge hat vor allem zwei grosse Umverteilungsströme, die im Prinzip systemwidrig sind: von jüngeren zu älteren Generationen und von höheren zu tieferen Einkommen. Tendenz: Je stärker eine Reform die Generationengerechtigkeit wieder herstellen würde (durch Erhöhung des Rentenalters und/oder Senkung der Jahresrenten), desto mehr würde auch die Umverteilung von oben nach unten reduziert.
Darum kämpft die politische Linke am stärksten gegen ein nachhaltiges System. Sie will in erster Linie eine möglichst starke Umverteilung von oben nach unten und akzeptiert die Ungerechtigkeiten zwischen den Generationen als Sekundäreffekt. Gäbe es in der Altersvorsorge gar keine Umverteilung von oben nach unten, wäre Generationengerechtigkeit politisch eher möglich. Selbst dann wäre die Sache aber nicht leicht. Denn Umverteilungen von Jung zu Alt sind für alle Volksparteien politisch attraktiv – wegen des hohen Gewichts der Älteren an der Urne und wegen der naturgemäss relativ geringen Sensibilisierung der Jüngeren für das Thema Altersvorsorge.
“Nicht nur Firmen wie VW greifen in die Trickkiste, um sich oder ihre Produkte als umweltbewusster darzustellen, als sie tatsächlich sind. Ähnliche Praktiken gibt es bei Anlageprodukten, die auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) und den Bundesrat beschäftigen”, schreibt Michael Schäfer in der NZZ.
Auch Banken und Fondsgesellschaften greifen in die Trickkiste, um ihren Produkten einen besonders grünen bzw. nachhaltigen Anstrich zu geben. Diese Praktiken, die ebenfalls in zahlreichen Ausprägungen und Schattierungen daherkommen, sind etlichen Akteuren aus der Branche selbst ein Dorn im Auge. Zu den Stimmen, die immer wieder Greenwashing in der Vermögensverwaltung thematisieren, zählt Masja Zandbergen vom niederländischen Asset Management Robeco.
In einer ihrer jüngsten Wortmeldungen zeigte sie sich besorgt darüber, dass immer mehr als Impact-Investing deklarierte Anlageprodukte auf den Markt kommen, die in kotierte Aktien und Anleihen investieren und die dem Investor suggerieren, mit seinen Geldern eine positive Wirkung in der realen Welt zu erzielen. In der Regel beziehe sich dieser «Impact» auf mehrere der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN Sustainable Development Goals, SDG), etwa die Eindämmung des Hungers oder die Bewahrung der Biodiversität.
Michael Ferber geht in der NZZ der Frage nach, ob angesichts der guten Finanzmarktsituation und den geltenden sehr tiefen Umwandlungssätzen ein Punkt erreicht sein könnte, der weitere Kürzungen der Renten überflüssig macht.
Laut Peter Zanella [WTW] könnte für viele Pensionskassen bei einem Umwandlungssatz von 4,8% für einen 65-Jährigen beim Eintritt in die Rente eine Art Boden erreicht sein. Bei einem langfristigen Ertrag der Vermögensanlagen einer Pensionskasse von 1,75% pro Jahr sei dies ein realistischer Satz. Einiges spreche dafür, dass eine solche Rendite auch in den kommenden Jahren an den Finanzmärkten erreichbar sein sollte, sagt Zanella.
Möglicherweise rechneten manche Pensionskassen sogar zu vorsichtig, wenn die expansive Geld- und Fiskalpolitik die Kurse an den Finanzmärkten und die Preise an den Immobilienmärkten weiterhin nach oben treibe. «Es könnte nun die Zeit gekommen sein, in der man wieder stärker nach den Versicherten schauen und nicht nur in Extremszenarien denken sollte», sagt Zanella. Im vergangenen Jahr sei die Vorsorgebranche Corona-bedingt gelähmt gewesen. «Die meisten dachten dann, wir müssen bei den Umwandlungssätzen noch weiter heruntergehen.»
Jackie Bauer [Ökonomin UBS] sieht dies etwas weniger optimistisch. Kurzfristig sehe es bei den Kassen zwar sehr gut aus. Auch die Deckungsgrade seien nach dem Einbruch im vergangenen Jahr kontinuierlich gestiegen. «Wenn die Pensionskassen jedes halbe Jahr eine Performance von 6% erwirtschaften würden, würde ihnen das sicherlich etwas mehr Spielraum geben», sagt sie. Laut den Kapitalmarktannahmen ihrer Bank und dem durchschnittlichen Pensionskassen-Portfolio sei für die kommenden Jahre aber von einer durchschnittlichen Jahresrendite von rund 2,5% auszugehen. Zudem stimmten Demografie und Umwandlungssatz immer noch nicht überein – folglich ändere sich das Umfeld nicht.
Hansueli Schöchli kommentiert in der NZZ die Zustimmung einer knappen Mehrheit der SGK-N zur bundesrätlichen Vorlage für die BVG-Revision:
Das Ja der Linken ist verständlich: Der Bundesratsvorschlag erhöht die versteckte Umverteilung in der Altersvorsorge von oben nach unten (was die Linke besonders mag) und von Jüngeren zu Älteren (was die meisten Politiker mögen). Die Bürgerlichen sagen zwar, dass sie keine systemfremde Umverteilung in der beruflichen Vorsorge wollten, doch einige Exponenten haben offenbar Angst vor der eigenen Courage bekommen. Eine Rolle spielten die Furcht vor einem Scheitern einer weniger luxuriösen Vorlage an der Urne, der Einfluss einzelner grosser Lebensversicherungen (die nach erfolgter Reform hohe Rückstellungen auflösen könnten) und Zweifel am diskutierten Alternativmodell. (…)
Nicht jede Kasse hat sicher genug Rückstellungen. Der Pensionskassenverband spricht von «wenigen Ausnahmen». Wer wegen einer wohl kleinen Minderheit eine generelle neue Quersubventionierung zwischen Branchen und Betrieben einführen will, schiesst mit Kanonen auf Spatzen. Viel logischer und fairer erscheint es, wenn Kassen, die ihre Hausaufgaben versäumt haben, allfällige Rentenzuschläge direkt mit Zusatzbeiträgen finanzieren müssen. Und wer dies nicht will, sondern eine neue Quersubventionierung vorzieht, muss deswegen noch lange nicht das ganze Bundesratsmodell mit dem teuren Zuschlag für alle Rentner kaufen.
Fabian Schäfer kommentiert in der NZZ kritisch die Beschlüsse der SGK-N zur BVG-Revision 21. Der im Vorfeld der Beratungen heftig umstrittene, kollektiv mit neuen Lohnprozenten zu finanzierende Rentenzuschlag – eine Erfindung der Sozialpartner – findet auch dank FDP-Sukkurs mit 12:11 Stimmen bei 2 Enthaltungen Zustimmung. Schäfer schreibt:
Die bürgerlichen Parteien inklusive GLP haben sich im Vorfeld gegen den bundesrätlichen Rentenzuschlag ausgesprochen. Wie kann es sein, dass dieser nun trotzdem eine Mehrheit findet? Dass SP und Grüne geschlossen für diese Variante stimmen, war klar. Hinzu kamen in der Kommission je zwei Stimmen von der GLP und – besonders erstaunlich – von der FDP. Nebst den Freisinnigen ist auch die Mitte gespalten, aus ihren Reihen stammen die Enthaltungen.
FDP-Nationalrat Philippe Nantermod bestätigt auf Anfrage, dass er das Bundesratsmodell unterstützt hat. Er sieht im Rentenzuschlag eine gute Möglichkeit, um die Vorlage mehrheitsfähig zu machen. Nantermod bezweifelt zudem, dass das Gegenmodell so viel günstiger wäre. Und er betont, auch er wolle die Vorlage des Bundesrats nicht tel quel unterstützen, sondern verlange Korrekturen. Eine Option könnte eine Begrenzung des Rentenzuschlags auf beispielsweise 15 oder 20 Jahre sein.
Die Diskussionen in der Kommission sind noch nicht beendet. Dass auf der Basis einer derart knappen Mehrheit bei einem solch unpopulären Thema eine Reform gelingen kann, ist zumindest fraglich. Die bisherigen Beschlüsse der Kommission sind provisorischer Natur, im August wird dazu eine Art zweite Lesung stattfinden. Dass der Entscheid doch noch auf das Gegenmodell aus der Wirtschaft fällt, ist denkbar.
Die NZZ geht der Frage nach, ob die immer noch grosse Zahl an Pensionskassen in der Schweiz nachteilig sei, weil kleine Kassen im Durchschnitt höhere Verwaltungskosten pro Destinatär und tiefere Renditen aufweisen als die grossen.
Spielt die Grösse der Pensionskasse eine wichtige Rolle, müsste dies in den Schweizer Daten aufscheinen. «Laut unseren Auswertungen hat die Grösse einer Pensionskasse nur einen marginalen Einfluss auf die Anlagerenditen», sagt Luzius Neubert von der Zürcher Beratungsfirma PPCmetrics. Vorteile haben die Grossen fraglos bei den allgemeinen Verwaltungskosten. Im Gesamtkontext fallen allerdings diese Kosten nicht allzu stark ins Gewicht.
Bedeutender sind die Vermögensverwaltungskosten. Auch dort haben grosse Pensionskassen Vorteile. Laut Erhebungen der Swisscanto Vorsorge AG sind die Differenzen jedoch nicht riesig. So betrugen diese Kosten 2020 bei den Kassen mit Anlagen unter 500 Mio. Fr. im Mittel 0,5% des Vermögens, und bei grösseren Kassen waren es 0,47%. Laut dem Berater Luzius Neubert könnten heute Pensionskassen mit Anlagevermögen von 100 Mio. Fr. ihre Anlagen günstig für jährlich 0,2 bis 0,25% pro Jahr tätigen. Kostengünstige Anlagen sind typischerweise Passivanlagen, die zum Beispiel Aktienindizes repräsentieren.
Der SGB hat die nötige Anzahl Unterschriften für seine neueste AHV-Initiative (13. Rente) beisammen. Es fehlt nur noch die Finanzierung für das grosszügige Angebot. Aber das kann nicht die Sorge der Initianten sein. Hansueli Schöchli schreibt dazu in der NZZ:
Heuchelei, Irreführung und Verschleierung gehören zum Kerngeschäft in der Politik. In der Altersvorsorge mit ihren milliardenschweren versteckten Umverteilungen von Jung zu Alt und von oben nach unten ist dies besonders ausgeprägt. So ist zunächst an das schmutzige Geheimnis hinter der Popularität der AHV zu erinnern: Der durchschnittliche Rentner hat selbst ohne Berücksichtigung der Umverteilung zwischen den Generationen seine Rente nur etwa zur Hälfte mit Beiträgen finanziert.
Der Rest wird bezahlt durch Bundessubventionen und durch die nichtrentenbildenden Beiträge der 10 bis 20 Prozent Versicherten mit den höchsten Einkommen. Auch die Bundessubventionen kommen via direkte Bundessteuer und Mehrwertsteuer weit überproportional von den Grossverdienern. So ist es logisch, dass ein Sozialwerk mit der Offerte «Zahle einen Franken ein, bekomme zwei heraus» weitherum populär ist.
Zum Mass der Umverteilung gibt es kein «richtig» oder «falsch», sondern nur unterschiedliche Wertungen. Doch solche Umverteilungen sollten offen und direkt geschehen, nicht versteckt mit teuren Umwegen via Altersvorsorge. Lobbyisten fordern typischerweise von ihren politischen Gegnern «Transparenz».
Doch geht es um die eigene Klientel, liebt man Versteckspiele: Die entsprechenden Kosten muss man nicht jährlich im Budgetprozess neu verteidigen, die «Opfer» leisten angesichts der Verschleierung der Kosten nur begrenzten Widerstand, und die Verschleierung erlaubt es den Begünstigten, sich selbst und anderen vorzuheucheln, dass man gar nicht subventioniert sei.
In der Corona-Zeit sorgen Herr und Frau Schweizer verstärkt für das Alter vor, wie Statistiken zeigen. Neben Einzahlungen in die Säule 3a bieten sich hier auch Pensionskasseneinkäufe an. Die Vor- und Nachteile der beiden Vorsorgevarianten beschreibt ausführlich Michael Ferber in der NZZ. Sein Fazit:
Der Finanzexperte und Dozent Iwan Brot rät, die Säule 3a zuerst auszuschöpfen, bevor man über Pensionskasseneinkäufe nachdenkt. Dies gilt vor allem für jüngere Versicherte. Finanzberater empfehlen Pensionskasseneinkäufe im Allgemeinen erst ab dem Alter von 50 Jahren. Bei früheren Einzahlungen wird der Steuervorteil stark verwässert, da das Geld dann lange Zeit in der Pensionskasse gebunden ist. «Bei Pensionskasseneinkäufen bewerten viele Versicherte den Steuervorteil sehr stark», sagt Brot. Allerdings sei es wichtig, unter anderem die Renditechancen der Pensionskasse anhand der Anlagestrategie sowie deren Qualität vorher zu prüfen. Anhaltspunkte zum «Gesundheitszustand» der Kasse geben dabei folgende Kennzahlen:
Deckungsgrad: Der technische Deckungsgrad einer Pensionskasse sollte deutlich über 100% liegen. Die Kennzahl zeigt das Verhältnis des angesparten Vermögens zu den Verpflichtungen an. Liegt sie unter 100%, muss die Vorsorgeeinrichtung möglicherweise in absehbarer Zeit saniert werden, und der Versicherte muss sich daran allenfalls beteiligen. Ein geringer Deckungsgrad und ein hoher technischer Zins sind Alarmzeichen.
Gerhard Schwarz, früherer Leiter der NZZ-Wirtschaftsredaktion und Direktor von Avenir Suisse, beschreibt in einer Kolumne der NZZ die Tabus und unbequemen Wahrheiten in der Altersvorsorge, “vor denen alle Kopfscheu werden”. Er ist der Meinung, dass auch die Rentner zur Kasse gebeten werden müssen.
Schliesslich sollte man, drittens, den Irrglauben überwinden, man könne die Altersvorsorge unter völliger Schonung der Rentner sanieren. Besitzstandwahrung für alle heutigen Rentner und vielleicht noch für die Jahrgänge, die erst demnächst 65 werden, mag politisch verlockend sein. Das verhindert nämlich, dass sich die Älteren gegen eine Reform stemmen. Aber bis eine Reform greift, wird es auf diese Weise ein Jahrzehnt oder länger dauern.
Vor allem würde diese Sanierung allein auf dem Buckel der aktiven Bevölkerung und besonders des jüngeren Teils dieser Bevölkerung erfolgen. Das ist hochgradig ungerecht. Man muss daher Überzeugungsarbeit bei den Rentnern leisten und sie dazu motivieren, zu einer nachhaltigen Reform der AHV und des BVG beizutragen. Die Altersvorsorge ist eine Zeitbombe. Allein mit Kosmetik wird man diese Bombe nicht entschärfen können.
Werner Grundlehner zeigt in der NZZ auf, mit wie viel «falschem» Zahlenmaterial im Schweizer Vorsorgesystem gerechnet wird. Zu den betroffenen Bereichen gehören das Pensionsalter, die Mindestverzinsung, der Mindest-Umwandlungssatz, die Lebenserwartung, die Vermögensallkokation, die Verwaltungskosten. Die Schlussfolgerung:
«Das kollektive Zwangssparen hat nur dann einen Sinn, wenn über längere Zeit ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis geschaffen werden kann als beim individuellen Sparen», sagt Hug – wenn also ein Transfer von Finanzmarktrisiken über Generationen stattfinden kann. Der Vorteil des Zwangssparens kann gemäss dem Vorsorgeexperten nur greifen, wenn Risikofähigkeit und Risikobereitschaft, die soziale Verantwortung des Arbeitgebers und die paritätische Verwaltung und Verantwortung des Stiftungsrates langfristig gesehen werden.
«Bricht diese Sozialpartnerschaft, die Verteilung der Finanzmarktrisiken über alle – also die aktiv versicherten jungen und die alten Versicherten und die Rentner – auseinander, dann hat die privat durchgeführte berufliche Vorsorge keine Zukunft», so Hug. Deshalb sollte die Politik die zweite Säule nur im Bereich des Obligatoriums regulieren, ihr aber insbesondere im Bereich der Vermögensanlage unter dem Motto der Prudent-Investor-Rule freie Hand lassen. Die direkte regionale und die Oberaufsicht sorgten für ausreichende Kontrolle.
Die NZZ fasst die Situation bei der AHV 21 zusammen, welche nach mehrfacher Verzögerung in der SGK nun endlich beim Ständerat als Erstrat gelandet ist.
Es hat lange gedauert. Nach etlichen Zusatzschlaufen in der Vorberatung kann der Ständerat in der laufenden Session endlich ein erstes Mal über die dringliche Reform der AHV entscheiden. Sie umfasst primär zwei wichtige Elemente: die Anpassung des Rentenalters der Frauen (64 Jahre) an jenes der Männer (65) sowie eine weitere Finanzspritze für die AHV in Form einer Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Fabian Schäfer berichtet über die Medienkonferenz des ASIP, in welcher der Verband sein Modell für die BVG21 nochmals vorstellte, das mittlerweile zum “Mittelweg” erhoben wurde. Er hält u.a. fest:
Nicht restlos klar ist, wie die Kompensation beim Gegenvorschlag finanziert werden soll. Der Grossteil der involvierten Verbände lehnt eine zentrale Lösung ab, stattdessen soll jede Pensionskasse das Problem für sich selber lösen. Vor allem der Asip spricht sich für dieses Vorgehen aus. Seine Argumentation: Alle Versicherer, die unter dem überhöhten UWS leiden, mussten deswegen Rückstellungen bilden. Wenn der Satz nun mit der Reform endlich sinkt, können sie diese Rückstellung auflösen und damit die Kompensation bezahlen.
Anders sehen es die privaten Versicherer, die stark im BVG-Geschäft beteiligt sind: Ihr Verband verlangt eine zentrale Lösung, wie er am Montag betonte. Das würde heissen, dass alle Pensionskassen einen Beitrag an die Kompensation leisten müssten, auch jene, die vom überhöhten UWS nicht betroffen seien. Eine solche Finanzierung dürfte über den Sicherheitsfonds laufen. Tendenziell würden damit Tieflohnbranchen durch besser gepolsterte Sektoren querfinanziert. Teile des Gewerbes würden eine solche Lösung ebenfalls vorziehen.
Fabian Schäfer zeigt in der NZZ die Details und Hintergründe der Beschlüsse der SGK-S zur AHV21 auf.
Unter Verheirateten scheint das heutige Regime ein grosses Ärgernis zu sein. Allerdings geht oft vergessen, dass Ehepaare in der AHV auch Vorteile haben, vor allem in Form von Witwenrenten und Zuschlägen für Verwitwete. In der Gesamtbetrachtung fallen die Vorzüge stärker ins Gewicht. Durch die Kürzung der Ehepaarrenten spart die AHV 2,8 Milliarden Franken im Jahr, gleichzeitig kosten sie die diversen Privilegien für Verheiratete 3,2 Milliarden. Übrig bleibt ein «Heiratsbonus» von 400 Millionen Franken im Jahr.
Das hindert die Mitte, die vormalige CVP, nicht daran, das Thema emsig zu bewirtschaften. Ihre Vertreter waren es auch, die das Anliegen in der Ständeratskommission einbrachten. Dass sie damit durchkommen, war angesichts der miserablen finanziellen Perspektiven der AHV aber nicht zu erwarten.
Hansueli Schöchli befasst sich in der NZZ mit den finanziellen Folgen der BVG-Reformvorlage des Bundesrats.
Die im Bundesratsmodell vielkritisierte Finanzierung des Rentenzuschlags nach dem Umlageverfahren à la AHV rechtfertigt die Regierung auf originelle Weise: Schon jetzt gebe es in der beruflichen Vorsorge faktisch in gewissen Pensionskassen eine Umlagefinanzierung von den Erwerbstätigen zu den Rentnern. Mit dieser Logik müsste man ein Gesetz vorschlagen, das Ladendiebstahl für obligatorisch erklärt – da es faktisch schon jetzt Ladendiebstähle gibt. Im Alternativmodell finanzieren die Pensionskassen Zuschläge für Direktbetroffene mit Rückstellungen. Solche Rückstellungen sollten die Kassen schon heute haben – zwecks Finanzierung des überhöhten Umwandlungssatzes von 6,8% für Neurentner.
Die vom Bundesrat und im Alternativmodell vorgesehene Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6,0% soll die Umverteilung von Jüngeren zu Älteren reduzieren. Sozialminister Alain Berset hatte 2019 diese Umverteilung als «Skandal» bezeichnet. Doch seine Reformvorlage vergrössert diesen Skandal noch. Dies bestätigt eine neue Studie des Berner Büros Ecoplan im Auftrag des Bundes. Gemäss dieser bringt der Bundesratsvorschlag vor allem wegen der Rentenzuschläge und deren Finanzierung eine Umverteilung von 18 bis 26 Mrd. Fr. von den Jüngeren (ab Jahrgang 1973) zur Übergangsgeneration (Jahrgang 1958 bis 1972).
Wer in der Schweiz Vermögen aufbaut, eine Immobilie kauft oder für das Alter vorsorgt, hat allerlei Steuersparmöglichkeiten. Diese gilt es zu nutzen, will man nicht unnötig Geld verschenken. Michael Ferber gibt in der NZZ einen Überblick.