Das BSV hat die finanziellen Auswirkungen der Beschlüsse im Ständerat berechnet. Diese betreffen die Flexibilisierung des Rentenbezugs, die Ausgleichsmassnahmen für Frauen, der Freibetrag für Rentner und den Bundesbeitrag aus Ausgabenveränderung. Das Umlageergebnis für das Jahr 2030 verschlechtert sich damit von -1643 Mio. auf -2700 Mio. und der Ausgleichsfonds sinkt in Prozent einer Jahresausgabe von 101 auf 84 Prozent.
Parlament
AHV 21: Entscheide des Ständerats
SDA. Der Ständerat hat die AHV-Revision gutgeheissen. Frauen müssen nach seinem Willen ein Jahr länger bis 65 arbeiten. Der Ständerat hiess die Änderungen des AHV-Gesetzes am Montagabend mit 31 zu 13 Stimmen gut. Die Nein-Stimmen kamen von Vertretern von SP und Grünen.
Für die Frauen der Übergangs-Jahrgänge, die nach dem Inkrafttreten der Reform zuerst pensioniert werden, beschloss der Rat Ausgleichsmassnahmen.
Abgelehnt hat der Ständerat einen Antrag seiner Sozialkommission (SGK-S), der die Rente für Ehepaare aufstocken wollte. Finanziert werden soll die AHV-Reform mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diese will der Ständerat weniger stark erhöhen als der Bundesrat. Zum Normalsatz will er 0,3 Prozentpunkte schlagen, zum reduzierten Satz und zum Sondersatz für die Hotellerie je 0,1 Prozentpunkte. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
Mitteilung Parlament / NZZ / Ratsprotokoll SR /
Fahne BR – Kommission
AHV 21: Pfister droht mit Referendum
In klassisch linker Manier droht Mitte-Präsident Gerhard Pfister bereits bei den Beratungen in der Kommission mit einem Referendum, falls seine Vorstellungen nicht durchgehen. Die erhoffe Allianz der bürgerlichen Parteien darf einmal mehr als gescheitert gelten. Im Blick-Interview sagte er:
BLICK: Herr Pfister, über 300’000 Personen haben den Appell «Hände weg von den Frauenrenten» unterzeichnet. Die Wut ist riesig.
Gerhard Pfister: Das überrascht mich nicht. Wenn man bei den Kompensationsmassnahmen noch unter den Vorschlag des Bundesrats geht, kommt die Kritik nicht unerwartet.
Dann haben Sie den Appell auch unterschrieben?
Das nicht. Aber auch für mich ist klar und ich werde mich als Parteipräsident der Mitte dafür einsetzen: So ein Abbau der Frauenrenten kommt nicht in Frage. Eine solche Abbauvorlage hat beim Volk keine Chance. Der Bundesrat hat einen klugen Mittelweg eingeschlagen, den wir mittragen. Die tiefen Renten müssen stärker kompensiert werden. 700 Millionen Franken sind für mich eine Schmerzgrenze.
Darunter machen Sie nicht mehr mit?
Entscheidend ist: Die Vorlage muss schliesslich vor dem Volk bestehen – und das wird sie mit 400 Millionen Franken für Kompensationsmassnahmen sicher nicht. Das zeigen mir auch die Reaktionen unserer Basis. Ich habe viele Rückmeldungen gerade von Mitte-Frauen erhalten, die eine solche Abbauvorlage nicht mittragen werden. Andere lehnen ein höheres Frauenrentenalter ab, solange die Heiratsstrafe bei der AHV nicht beseitigt ist. Unsere Position mit neun Übergangsjahrgängen und 700 Millionen Franken ist das Minimum für einen Kompromiss.
Dezidiert gegen den Rentenzuschlag
Claude Chatelain hat für die Schweizer Personalvorsorge CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, Präsidentin der SGK-N, zur BVG Reform 21 befragt. Zu erkennen ist, dass die CVP beim Neuanlauf zu einer BVG-Reform eher auf der bürgerlichen Seite als auf jener der Linken zu finden sein wird. Und offenbar wird auch, dass sie einige Sympathien für das Modell des ASIP hat.
Der von den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband vorgeschlagene Rentenzuschlag war für SVP und FDP von Anfang an keine Option. Sie jedoch zauderten.
Wenn man sich bei jedem Vorschlag sofort im Schützengraben verschanzt, findet man nie eine Lösung. Man muss einem Vorschlag etwas Raum geben, um ihn einordnen zu können. Ich bin immer davon ausgegangen, dass, wenn der Bundesrat den Sozialpartnern einen Auftrag erteilt und sie ihn auch erfüllen, man den zuerst anschauen muss.
Mittlerweile sind aber auch Sie dezidiert gegen diesen Rentenzuschlag, oder?
Ja, weil ich nicht weiss, welche Arbeitgeber wirklich hinter dem Vorschlag stehen. Vom Detailhandel über Gastro bis zur Pharma haben sich inzwischen einige dagegen ausgesprochen. Das zeigt, dass der Vorschlag nicht mehrheitsfähig ist, weil der Umverteilungsmechanismus in der 2. Säule systemfremd ist.
Der Vorschlag des Gewerbeverbands entspricht in etwa dem, was in der Altersvorsorge 2020 vorgesehen und mehrheitlich unbestritten war. Warum nicht diesen übernehmen, statt das Ganze neu erfinden zu wollen?
Ich favorisiere das Modell des ASIP. Ich war schon bei der Altersvorsorge 2020 für eine dezentrale Lösung. Im BVG muss jede Vorsorgeeinrichtung Rückstellungen bilden. Wenn man weiterhin mit einem Umwandlungssatz von 6.8 Prozent kalkuliert, muss man auch weiterhin 6.8 Prozent finanzieren müssen. Senkt man den Satz auf 6 Prozent, braucht es Vorgaben, wie lange die die Übergangsgenerationen zu unterstürzen sind. Die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen müssten das stemmen können.
BR gegen weitgehende Abschaffung der Stempelabgaben
Die WAK-N hat den Bundesrat eingeladen, zum Entwurf 2 der parlamentarischen Initiative «09.503 Stempelsteuer schrittweise abschaffen und Arbeitsplätze schaffen» Stellung zu beziehen. Der Entwurf 2 sieht vor, die Umsatzabgabe auf inländischen Wertschriften und auf ausländischen Obligationen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr abzuschaffen. Auch auf die Abgabe auf Lebensversicherungen möchte die WAK-N verzichten. Beides zusammen würde beim Bund zu geschätzten Mindereinnahmen von jährlich rund 220 Millionen Franken führen. Dies lehnt der Bundesrat aus finanzpolitischen Gründen ab. Er beantragt, auf den Entwurf 2 nicht einzutreten.
Einig ist sich der Bundesrat mit der WAK-N über den Entwurf 1 der parlamentarischen Initiative. Dieser sieht vor, die Emissionsabgabe abzuschaffen, was beim Bund zu geschätzten Mindereinnahmen von 250 Millionen Franken pro Jahr führt.
Nein zum Covid-19-Geschäftsmietegesetz
Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates spricht sich 14 zu 11 Stimmen gegen das Covid-19-Geschäftsmietegesetz aus, das der Bundesrat der Bundesversammlung in Erfüllung von entsprechenden Motionen des National- und Ständerats vorgelegt hat (20.076). In der Medienmitteilung der Kommission heisst es dazu:
Auch in der Kommission überwogen nach der kontroversen Eintretensdebatte schliesslich die negativen Stimmen. Die Kommission empfindet es insbesondere als stossend, dass mit dem Gesetz rückwirkend in bestehende privatrechtliche Vertragsverhältnisse eingegriffen werden sollte. Die Mehrheit der Kommission ist der Ansicht, dass sich damit ein unverhältnismässiger, verfassungswidriger Eingriff in bestehende vertragliche Rechte verbinden würde.
Sie stört sich auch daran, dass mit dem Gesetz nur jenen Gewerbetreibenden geholfen werden soll, die eine Miete ausrichten müssen. Dies verzerre den freien Wettbewerb, da es Gewerbetreibende in selbstgenutzten Liegenschaften schlechter stelle. Insgesamt zweifelt die Kommission auch am möglichen Nutzen der Vorlage. Diese bewirke lediglich eine grosse Rechtsunsicherheit, leiste aber keinen substanziellen Beitrag zur Abwendung von Konkursen.
Geschönte Daten für die AHV?
Tobias Gafafer geht in der NZZ auf die vom BSV erstellten Prognosen für die Entwicklung der AHV-Finanzen ein, welche freundlicher als jene des BFS ausfallen. Das hat die Kritiker auf den Plan gerufen.
Bürgerliche Sozialpolitiker sind misstrauisch geworden. «Bundesrat Berset und sein Departement scheinen die AHV systematisch schönzurechnen», sagt Ständerat Damian Müller (Luzern, fdp.), Mitglied der Sozialkommission (SGK). Er bezieht sich dabei auch auf die Ergebnisse für die AHV, die in den letzten Jahren mehrmals schlechter ausfielen, als es das BSV prognostiziert hatte. (…)
Ständerat Müller schliesst nicht aus, dass das Innendepartement die Lage der AHV aus politischen Gründen optimistischer darstellt, als sie tatsächlich ist. Gegenwärtig berät die ständerätliche SGK die Reform der ersten Säule. Sie hat sich bereits für die Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre ausgesprochen, wie es der Bundesrat vorschlägt. Noch offen ist die Ausgestaltung der geplanten Abfederung. «Berset und die SP wollen grosszügige Kompensationsmassnahmen», sagt Müller. Da würden bessere Aussichten für die AHV natürlich helfen.
Zudem wolle das Innendepartement die Diskussion um eine generelle Rentenaltererhöhung möglichst lange hinausschieben, sagt Müller. Diese dürfte in einem nächsten Schritt vor 2030 anstehen. Denn selbst mit der geplanten Reform mit dem Frauenrentenalter 65 dürfte die AHV ab 2029 wieder ein Milliardendefizit schreiben. Damit eine strukturelle Reform wirkt, müsste auch die Generation der Babyboomer einen Beitrag leisten, die bis 2035 in den Ruhestand geht. Alles andere wäre gegenüber der jüngeren Generation unfair, sagt Müller.
NZZ / BSV AHV-Finanzperspektiven
AHV-Reform erst in der Dezember-Session
Erwartet wurde in der Sozialkommission des Ständerates letzte Woche der bürgerliche Schulterschluss, um eine schlanke AHV-Reform mit Frauenrentenalter 65 Ende September im Plenum zu beschliessen – am Montag starteten die Räte in die Herbstsession. Doch die Kommission hat sich im Zeitplan verschätzt.
Beschlossen hat sie am 3.9.20 mit 9 zu 3 Stimmen erst die Erhöhung des Rentenalters der Frauen. Über die sozialen Begleitmassnahmen haben sich die Sozialpolitiker noch nicht geeinigt. Ebenso steht der Entscheid über die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV noch aus. Der Tages-Anzeiger schreibt dazu:
Deshalb wird die AHV-Reform nun erst im Dezember in den Ständerat kommen. Dies wiederum bedeutet, dass der Nationalrat die Reform voraussichtlich nicht im März, sondern erst im nächsten Sommer beraten und die bereinigte Vorlage wohl erst Ende 2021 vom Parlament verabschiedet wird. Die Volksabstimmung dürfte dann erst im Mai oder September 2022 erfolgen, womit die Vorlage frühestens 2023 in Kraft tritt.
Bereits beschlossen hat die Ständeratskommission, dass das Frauenrentenalter in vier Schritten von 64 auf 65 erhöht wird. Die erste Erhöhung um drei Monate erfolgt ein Jahr nach Inkrafttreten der Reform, also frühestens 2024, womit die Frauen ab 2027 erst mit 65 Jahren in Rente gehen könnten.
SGK-S für Frauenrentenalter 65, SP Frauen* empört
Die Sozialkommission des Standerates hat ein erstes Kernelement der AHV-Reform beschlossen: mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt sie ihrem Rat, das Referenzalter der Frauen an jenes der Männer anzugleichen (65 Jahre), wie es der Bundesrat vorgeschlagen hat. Der Begriff «Rentenalter» wird durch «Referenzalter» ersetzt. Das Referenzalter der Frauen wird in Schritten von drei Monaten pro Jahr über den Zeitraum von vier Jahren nach und nach angehoben. Die erste Anhebung erfolgt ein Jahr nach Inkrafttreten der Revision. Die Kommission wird die Detailberatung nach der Herbstsession fortsetzen und sich insbesondere mit der Frage der Ausgleichsmassnahmen für die Erhöhung des Referenzalters der Frauen und der Flexibilisierung des Rentenbezugs auseinandersetzen.
Die “SP-Frauen*” reagieren ungehalten. In einer Mitteilung schreiben sie:
Die SP Frauen* nehmen mit Bedauern Kenntnis vom Vorschlag der bürgerlichen Mehrheit in der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-S), im Rahmen der Reform AHV 21 das Rentenalter der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen. Sie werden sich mit Vehemenz diesem Vorhaben entgegenstellen.
NZZ zur Motion Silberschmidt: Nachhaltige AHV-Finanzierung
In der NZZ schreibt Hansueli Schöchli zur Motion Silberschmidt:
Der Vorstoss hat in der Regierung eine Kontroverse ausgelöst. Sozialminister Alain Berset wollte dem Vernehmen nach die Forderung nach einer ausgeglichenen Rechnung 2050 trocken ablehnen. Eines der Argumente: Die Altersvorsorge sei in Form des Pakets «AHV 21» zurzeit ohnehin Gegenstand von Diskussionen im Parlament. Zudem liege 2050 zu weit in der Zukunft, um zuverlässige Prognosen zu erlauben. Dass man Letzteres auch hinsichtlich der Klimapolitik oder der Energiestrategie sagen könnte, liess das Innendepartement nicht gelten.
Aufgrund von Interventionen aus anderen Departementen musste Berset zurückbuchstabieren. Diesen Mittwoch hat die Regierung eine modifizierte Stellungnahme verabschiedet. Demnach teilt sie «die Zielsetzung der Motion, wonach die AHV nachhaltig und generationengerecht finanziert werden muss». Die Vorlage «AHV 21» sichere das Gleichgewicht bis 2030, und die Zielsetzung solle «auch für die folgenden Jahrzehnte gelten».
Was «generationengerecht» heisst, ist aber Ansichtssache. Der Bundesrat scheint gemessen an seinen bisherigen Vorschlägen die Generationengerechtigkeit als erfüllt anzusehen, wenn vor allem die Jungen die Lasten tragen. Je stärker die Politik das Ungleichgewicht in der AHV vor allem durch Mehreinnahmen korrigiert, desto grösser sind die Lasten für die Jüngeren. Bei einem Anstieg der Lohnbeiträge wird zum Beispiel ein 60-Jähriger im Mittel nur noch etwa fünf Jahre lang zusätzlich belastet, ein 30-Jähriger dagegen sieben Mal so lange und ein Rentner überhaupt nicht. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zahlen wenigstens die Rentner mit.
Motion Silberschmidt: Nachhaltige AHV-Finanzierung
Eingereichter Text: Der Bundesrat wird beauftragt, die Zielsetzung zu beschliessen und umzusetzen, wonach die AHV bis ins Jahr 2050 nachhaltig und generationengerecht finanziert werden muss (kein Umlagedefizit im Jahr 2050). Dieses Ziel soll mit ausgaben- und einnahmenseitig zu gleichen Teilen ausgewogenen Massnahmen umgesetzt werden.
Begründung: Das kumulierte Defizit in der AHV beträgt gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen bis ins Jahr 2050 über 260 Milliarden Schweizer Franken. Einen Teil davon (60 Mrd. CHF) wurde mit der STAF durch eine Erhöhung der Lohnbeiträge gedeckt. Mit der Reform AHV21 soll ein weiterer Teil durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie die Angleichung des Rentenalters von Frau und Mann abgedeckt werden. Das kumulierte Defizit ist damit aber nach wie vor im dreistelligen Milliardenbereich und wird sich in absehbarer Zeit insbesondere aufgrund der bevorstehenden Pensionierung der Babyboomer-Generation nicht verbessern (im Gegenteil, auch die Folgen der COVID-Wirtschaftskrise und die weiter steigende Langlebigkeit werden die Situation weiter verschärfen). (…)
Stellungnahme des Bundesrates: (…) Allerdings wird erst eine nächste Reform die Herausforderungen über das Jahr 2030 hinaus auffangen können. Demgegenüber schränkt die Forderung, wonach die Zielsetzung mit ausgaben- und einnahmenseitig zu gleichen Teilen ausgewogenen Massnahmen erreicht werden soll, den Handlungsspielraum zu stark ein. Bereits die im Parlament zur Diskussion stehende Reform AHV21 würde mit dieser Zielsetzung relativiert, da entweder die Kompensationsmassnahmen zugunsten der Frauen, die Mehrwertsteuer oder das Rentenalter generell umgestaltet werden müssten.
Antrag des Bundesrates: Ablehnung der Motion
Anfrage Silberschmidt: Covid-19 und Sozialwerke, Antwort BR
Der Bundesrat hat die Anfrage von Andri Silberschmidt bezüglich “Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf die Bundesfinanzen und Sozialwerke beantwortet. Bezüglich Sozialwerke heisst es dazu:
Die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Finanzperspektiven der Sozial-werke hängen stark von der Dauer und der Art der wirtschaftlichen Erholung ab. Das BSV geht bei der Berechnung der Finanzperspektiven bis 2030 davon aus, dass die Folgen der Pandemie auf die Schweizer Wirtschaft und auf den inländischen Arbeitsmarkt vorübergehender Natur sein werden und sie die Finanzen der Sozialversicherungen nur kurzfristig beeinträchtigen dürften. Einbussen erwartet das BSV insbesondere in den Jahren 2020–2024.Allerdings können sich auch kleine Veränderungen bei den Einnahmen und Ausgaben in den Folgejahren dauerhaft auf die Niveaus der Fonds auswirken. Eine Übersicht über die aktuellen Finanzperspektiven der einzelnen Sozialversicherungshaushalte hat das BSV am2. Juli 2020 veröffentlicht (https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/medieninformationen/nsb-anzeigeseite.msg-id-79694.html).
AHV-Prognosen: Zahlen à la carte
Verwirrung und etwas Aufregung um Prognosen zur Entwicklung der AHV-Finanzen. Das BSV verwendet für seine Zahlen nicht die offizielle Wirtschaftsprognose des Bundes (Seco), sondern hat eigene, etwas optimistischere Daten eingesetzt. Die SGK verlangt Präzisierungen und neue Zahlen. Die NZZ ist der Sache nachgegangen.
Es ist das erste Mal, dass das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) von den offiziellen Prognosen abweicht, die jeweils vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und von der Finanzverwaltung erstellt werden. Das Amt begründet dies mit den grossen Unsicherheiten über den Verlauf der Corona-Krise und der darauffolgenden Erholung. Die Folge des prognostischen Alleingangs: Die Bundesverwaltung arbeitet nicht mit einheitlichen Annahmen, wie man dies eigentlich erwarten dürfte. Bei den Berechnungen für die grossen Sozialwerke AHV und Invalidenversicherung (IV) geht sie von rosigeren Erwartungen aus als in der Finanzplanung für den Bundeshaushalt. (…)
Auch SVP-Ständerat Alex Kuprecht reagiert auf Nachfrage verständnislos auf das Vorgehen des BSV. «Ich begreife nicht, wieso das Amt ein eigenes Szenario erstellt», sagt er. Das sei in hohem Masse verdächtig. Es erwecke den Eindruck, als wolle man die Situation der AHV beschönigen. «Nach allem, was wir mit den jahrelang schöngeredeten Zahlen der IV erlebt haben, ist das leider gar nicht unvorstellbar», sagt Kuprecht. Bundesrat Berset schrecke nicht davor zurück, mit Zahlen Politik zu machen. Kuprecht fordert den Bundesrat auf, alle Ämter zu verpflichten, mit den offiziellen Prognosen zu arbeiten.
Infrastrukturanlagen für PKs
“Ein politischer Vorstoss will Schweizer Vorsorgeeinrichtungen mehr Anlagen im Bereich Infrastruktur schmackhaft machen. Trotz dem Anlagenotstand ist es dabei aber wichtig, die Gefahren im Auge zu behalten” meint Michael Ferber in der NZZ.
Bis jetzt fallen Infrastrukturinvestitionen bei den Anlagerichtlinien für Pensionskassen unter die Kategorie der alternativen Anlagen. Die Kassen dürfen hier gemäss der Verordnung BVV2 insgesamt maximal 15% ihrer Gelder investieren, wenn sie nicht eine Ausnahme geltend machen. Darunter fallen auch Infrastrukturinvestitionen.
Der Nationalrat und der Ständerat haben indessen im Juni 2017 bzw. März 2018 eine Motion des ehemaligen grünliberalen Nationalrats Thomas Weibel angenommen, welche die Schaffung einer eigenen Anlagekategorie für Infrastrukturanlagen vorsieht. Pensionskassen sollen hier in Zukunft allein bis zu 10% ihrer Vermögen investieren können.
Die Motion sieht vor, sie vom «latenten Stigma» der alternativen Anlage zu befreien. «Neu sollen Infrastrukturanlagen einfach ausserhalb der Kategorie alternative Anlagen geführt werden – quasi als traditionelle Anlage, auch wenn das Gesetz diesen Begriff nicht kennt», sagt Lukas Riesen, Partner bei der Pensionskassen-Beratungsgesellschaft PPCmetrics.
Bis zum 20. März dieses Jahres lief bereits eine Vernehmlassung des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) über die Anpassung der Anlagerichtlinien der Pensionskassen. Laut Hanspeter Konrad vom Pensionskassenverband Asip ist noch offen, wann die Verordnungsänderung in Kraft treten wird. «Es ist davon auszugehen, dass dies relativ kurzfristig passieren wird», sagt indessen Thomas Weibel auf Anfrage. (…)
Allerdings bergen Infrastrukturanlagen auch gewisse Gefahren für Anleger. Laut Konrad sind allfällige politische, regulatorische und operative Risiken zu beachten. Infrastrukturanlagen wiesen aufgrund ihrer Grösse, Immobilität, Illiquidität, Gegenparteienrisiken und ihrer Komplexität nicht zu unterschätzende Unsicherheiten auf, denen Rechnung zu tragen sei, sagt der Asip-Direktor.
NZZ / Motion Weibel / Vernehmlassung BVV2 / Abstimmung SR
Zustimmung zu Überbrückungsrenten
Dem Parlament kommt es auf ein paar hundert Millionen mehr oder weniger im Moment nicht an. Trotz grosser finanzieller und systematischer Bedenken hat nun auch der Ständerat einem neuen Sozialwerk im Form der Ueberbrückungsleistungen sprich -renten zugestimmt womit die Vorlage angenommen ist. Die Gegner formulierten nochmals ihre Einwände.
Alex Kuprecht erinnerte an die düsteren Aussichten mit Rezession und einbrechenden Staatseinnahmen bei massiv höheren Ausgaben.
Das Coronavirus hat auch unser Land in massivster Weise getroffen. Wir stehen am Beginn einer sehr tiefen Rezession. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befinden sich in Kurzarbeit. Die ersten Kündigungen und Betriebsschliessungen wurden bereits ausgesprochen, schon vorgenommen oder werden im zweiten Halbjahr 2020 noch vorgenommen werden. Schwarze Wolken werden also noch auf den Arbeitsmarkt zukommen. Es ist damit zu rechnen, dass weitere massive Kündigungswellen folgen werden und die Arbeitslosenquote auf über 4 Prozent steigen wird.
Um dem entgegenzuwirken, haben der Bundesrat und das Parlament im Rahmen der Nachträge I und II bereits gegen 20 Milliarden Franken zugunsten der Arbeitslosenversicherung gesprochen. Hinzu kommen noch die zugunsten der Erwerbsersatzordnung gesprochenen Beiträge. Diese Verschuldung zulasten des Staates ist gewaltig und noch nie da gewesen. Der Staat – und das sind wir alle – verschuldet sich in diesem Jahr um wohl gegen 50 Milliarden Franken. Das sind zusätzlich mehr als 50 Prozent der noch bestehenden Staatsschuld und rund 165 Prozent dessen, was wir in den letzten rund dreissig Jahren an Schulden abgebaut haben.