In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger begründet Serge Gaillard die von der Experten-Kommission empfohlene Abschaffung der Steuervorteile beim 3a-Sparen und beim Kapitalbezug bei der Pensionierung. Er äussert sich dazu wie folgt:
Sie schreiben im Bericht der Expertenkommission, dass nach der Umsetzung Ihres Vorschlags möglicherweise weniger Menschen in die zweite und dritte Säule einzahlen. Rütteln Sie da nicht am Grundprinzip unserer Altersvorsorge?
Nein. Es lohnt sich weiterhin, im normalen Rahmen in die zweite und dritte Säule einzuzahlen. Was weniger attraktiv wird, ist der steueroptimierte Renteneinkauf mit 50 oder 55 Jahren – das ist ja auch nicht das Ziel der Altersvorsorge.
Woher wissen Sie so genau, dass so viel optimiert wird?
Die Kapitalbezüge haben in den letzten Jahren stark zugenommen. In der Pensionskasse des Bundes gab es kürzlich eine Umfrage dazu. Über die Hälfte der Befragten begründete den Kapitalbezug auch mit Steuerersparnissen.
Haben Sie kein Verständnis, wenn jemand mit 50 Jahren sicherstellen will, im Alter ein anständiges Einkommen zu haben?
Doch, natürlich. Es ist sinnvoll, sich frühzeitig solche Fragen zu stellen. Aber das Steuersystem sollte nicht dazu verleiten, mit 65 Jahren das Kapital statt eine lebenslange Rente zu beziehen, nur weil es steuerlich günstiger ist. Das birgt gesellschaftliche Risiken: Die Person könnte im hohen Alter oder bei einem Heimeintritt staatliche Unterstützung benötigen, wenn das Kapital aufgebraucht ist.
Es gibt viele Steuerprivilegien. Warum hat Ihre Kommission ausgerechnet jene bei der Altersvorsorge ins Visier genommen?Wir haben nicht die Altersvorsorge ins Visier genommen. Wir schlagen einfach vor, Kapitalbezüge gleich zu besteuern wie Rentenbezüge. Damit wird die Grundidee der Altersvorsorge eher gestärkt. Im Übrigen haben wir dem Bundesrat auch andere Vorschläge auf der Einnahmeseite unterbreitet: zum Beispiel die Einführung einer Grundstückgewinnsteuer auf Bundesebene. Das ist eine vergleichbare einnahmeseitige Massnahme.
Mit dem Entscheid, die Steuerprivilegien bei der Altersvorsorge anzutasten, greift Finanzministerin Karin Keller-Sutter ein Heiligtum ihrer eigenen Partei, der FDP, an. Waren Sie überrascht, dass sie diesen Vorschlag aufgreift?
Das ist nur einer von vielen Vorschlägen unserer Expertengruppe, die der Bundesrat übernommen hat. Dass die Steuervorteile beim Kapitalbezug eingeschränkt werden sollen, zeigt, dass er versucht, eine gewisse Opfersymmetrie zu wahren, bei der alle politischen Lager betroffen sind.
Interview Gaillard
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