Hansueli Schöchli kommentiert den Medien-Auftritt von Bundesrat Berset mit dem Fazit:
Die Last des Reformpakets tragen vor allem die Jungen und Ungeborenen. Die 50- bis 65-Jährigen profitieren dagegen grossenteils von der Vorlage. Was die Gegner verschweigen: Auch für die jetzigen Rentner ist die Reform neutral bis positiv. Leichte Mehrbelastungen via Erhöhung der Mehrwertsteuer wird es für sie früher oder später ohnehin geben, und jede Reform ohne grosse Mehrbelastung ist für die stark subventionierten Rentnergenerationen ein gutes Geschäft – nach dem Motto «es hätte viel schlimmer kommen können».
Gut die Hälfte der Urnengänger vom September dürfte über 50 Jahre alt sein. Deren finanzielle Interessen deuten auf ein Ja. Letztlich müssen aber viele Bürger im September und bei kommenden Reformen mit der Kernfrage ins Reine kommen: Will ich meine Privilegien bewahren bis ausbauen, oder denke ich an die nächsten Generationen?
Nachdem SP-Nationalrat Cédrig Wermuth die Folgen der AV2020 auf die verschiedenen Altersgruppen wie in der NZZ dargestellt, angezweifelt hat, schiebt nun Simon Gemperli in der NZZ weitere Berechnungen nach. Gemperli schreibt:
Dass die mittleren Jahrgänge am stärksten zur Kasse gebeten werden, ist Tatsache. Auch interne Reformen bei Pensionskassen funktionieren so, ausser es wurden entsprechende Rückstellungen gebildet. Im Fall der AHV hat es die Politik versäumt, genügend Mittel für den demografischen Umbau zu äufnen. Ohne zusätzliche Mittel ist der AHV-Fonds bald leer. Die BSV-Berechnungen blenden im Übrigen einen wichtigen Teil der Realität aus, weil sie nur das BVG-Obligatorium berücksichtigen. In der Tat sind insbesondere bei den mittleren und höheren Einkommen nur noch wenige im Obligatorium versichert. Sie kennen heute schon Umwandlungssätze von bis zu unter 5 Prozent. Die Senkung des obligatorischen Satzes auf 6 Prozent hat für diese Versicherten keine Auswirkungen.
Christof Forster stellt in der NZZ fest, dass das diskutierte Verbot des Kapitalbezugs bei der Pensionierung die Kosten der Rentenreform in der BV massiv erhöht . Der Bundesrat hat es verpasst, darüber zu informieren. Forster schreibt:
Bei der Berechnung dieser Zahlen ging der Bund davon aus, dass der Kapitalbezug (EL-Reform) nicht eingeschränkt wird. Wer sein Kapital bezieht, verzichtet auf eine Rente und erhält folglich auch keine Kompensation der Rentenverluste. Mit dem Verbot des Kapitalbezugs würde die Zahl der Rentenbezüger in der Übergangsgeneration steigen, was zu Mehrkosten von 200 Millionen Franken führt. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft zur Reform der Ergänzungsleistungen vom September 2016 nicht auf diese Kostenfolgen bei der Rentenreform hingewiesen.
Offen ist ein weiterer Punkt, der die Kosten der Rentenreform erhöhen könnte. In der Botschaft ist zwar klar festgehalten, dass es nur dann zu keinen Renteneinbussen kommt, wenn man bis 65 arbeitet. Weil die Bestimmung im Gesetz aber die Interpretation zulässt, dass auch Frühpensionierte Kompensationen erhalten, hat der Bundesrat jüngst zwei Varianten in die Vernehmlassung geschickt. Die Gewerkschaften machen sich dafür stark, dass Frühpensionierte Ausgleichszahlungen erhalten.
Eine solche Lösung erhöht die Zuschüsse für die Übergangsgeneration um weitere 150 Millionen Franken, wie jüngste Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) zeigen. Da die Vernehmlassung bis Anfang Oktober dauert, wird der Bundesrat diese Frage erst nach der Volksabstimmung Ende September klären.
Hansueli Schöchli verweist in er NZZ auf die Tatsache, dass die Mehrheit der Bundesparlamentarier zu den Profiteuren der AV2020 gehören. Schöchli schreibt:
Die Kampagnen für die Volksabstimmung vom September zur Rentenreform sind bereits am Anlaufen (NZZ 20. 6. 17). Eine Prognose lässt sich schon jetzt ohne grosse Risiken machen: Die Sache wird hässlich werden. Von hüben wie von drüben ist viel Unsinn zu erwarten – denn wer es riskiert, dem Volk reinen Wein einzuschenken, muss mit einer Abfuhr rechnen. Die Befürworter dürften es deshalb kaum wagen zu sagen, dass die Reform eher mehr Probleme schafft als löst, vor allem zulasten der Jungen geht und den kommenden Generationen riesige Hypotheken hinterlässt. Die bürgerlichen Gegner werden dies zwar thematisieren, aber sie wissen, dass mit den Jungen alleine keine Abstimmung zu gewinnen ist. (…)
Wer den Stimmbürgern reinen Wein einschenken wollte, müsste auch die Interessenlage der Parlamentarier erklären. Diese haben grosses Interesse, die Jungen (die relativ wenig wählen oder noch gar kein Wahlrecht haben) sowie die Ungeborenen weitgehend zu ignorieren und die Reform vor allem auf die Portemonnaies der Älteren auszurichten, da die Hälfte der Wähler deutlich über 50-jährig ist. Deshalb geht der Grossteil der Reform zulasten der unter 40-Jährigen und Ungeborenen, während die meisten 50- bis 65-Jährigen netto sogar profitieren und die Altrentner relativ geringe Mehrkosten haben.
Die vorliegende Reform dient damit auch den finanziellen Interessen der eidgenössischen Parlamentarier: Das Durchschnittsalter liegt im Nationalrat bei 52 und im Ständerat bei 57 Jahren. Zwei Drittel der Parlamentarier sind über 50. Man muss sich deshalb über diese «Reform» nicht wundern.
Immerhin lässt sich die Sache auch positiv sehen: Bei dieser Vorlage sind die finanziellen Interessen der Mehrheit der Parlamentarier mit den Interessen der Mehrheit der Wähler weitgehend deckungsgleich. Das nennt man dann wohl Demokratie in Aktion.
Christof Forster beschreibt die Kontrahenten bei der Abstimmung zur Altersvorsorge 2020 und ihre absehbaren Strategien. Forster schreibt:
Die Gruppe traf sich am vergangenen Mittwochmorgen, als im Bundeshaus noch nicht einmal die FDP-Leitung vom gleichentags angekündigten Rücktritt ihres Aussenministers Didier Burkhalter wusste. Die Spitze des Arbeitgeberverbands war nach Bern gereist, um Sozialpolitiker von FDP und SVP über die Kampagne gegen die Rentenreform zu informieren – und Feedback einzuholen. Die Strategie hätten Wirtschaftsverbände sowie FDP und SVP zusammen erarbeitet, die eigentliche Kampagnenarbeit übernehme hingegen weitgehend die FDP, sagt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands und FDP-Nationalrat. Dies deshalb, weil es nicht eigentlich um Wirtschafts-, sondern um Gesellschaftspolitik gehe.
Das Nein-Komitee tritt unter dem Namen Generationenallianz auf. Indem für die Rentenreform vor allem die junge Generation zu bezahlen habe, werde das Prinzip der Generationengerechtigkeit in der AHV verletzt. Die Reform ist aber laut den Gegnern nicht nur ungerecht gegenüber den Jungen, sondern auch gegenüber den bereits Pensionierten, die den AHV-Bonus von monatlich 70 Franken nicht erhalten. Es sei nicht ein erster Schritt, sondern ein Schritt in die falsche Richtung – eine «Scheinreform», sagt FDP-Fraktionspräsident Ignazio Cassis. Für den wahrscheinlichen Bundesratskandidaten wird der Abstimmungskampf zu einer kniffligen Angelegenheit. Die Linke hat ihm über die Sonntagsmedien indirekt gedroht, die Unterstützung zu verweigern, sollte er sich in der Kampagne engagieren. Will er aber nicht den Anschein erwecken, erpressbar zu sein, kann er sich nicht vollständig zurückziehen. Die Sozialdemokraten könnten sich mit solchen Muskelspielen indes ins eigene Fleisch schneiden. Cassis wäre mit seiner Offenheit in gesellschaftspolitischen Fragen wohl nicht der schlechteste Bundesrat für die Linke. (…)
Bei den Befürwortern zielt ein von der CVP geführtes Komitee auf die bürgerliche Gefolgschaft. Diesem Bündnis, das diese Woche vor die Medien tritt, gehören auch Westschweizer Arbeitgeberverbände an, die im Gegensatz zum nationalen Verband hinter der Reform stehen. Das Gewerkschafts-Komitee muss derweil den linken Widerstand gegen die Reform im Zaun halten. Das Komitee wird die Vorlage als «Gesamtlösung» verkaufen, die sichere und stabile Renten bringe und die AHV stärke. Den Ausbau der AHV betont auch das dritte, von der SP angeführte linke Komitee. Zur bereits angewandten Kampagnenführung gehört, dass man Kritiker der Reform als Gegner der AHV anzuprangern versucht.
Alexandre Schmidt, ehemaliger Präsident der Pensionskasse der Stadt Bern, kommentiert in der NZZ Tendenzen, den Pensionskassen gleichzeitig bestimmte Anlagen aufzuzwingen zu wollen und andere zu verbieten, wie aktuell mit der GSoA-Initiative, mit welcher “Anlageverbote für Pensionskassen” durchgesetzt werden sollen. Einen Ausweg sieht er in der freien PK-Wahl, wobei der Zusammenhang mit dem staatlichen Eingriff in das Asset Management der Vorsorgeeinrichtungen nebulös bleibt und es doch verwundert, wenn ausgerechnet ein früherer Präsident einer öffentlichen Kasse darin Heil und Zukunft der 2. Säule sieht. Schmidt schreibt:
Die Enteignung des Privateigentums ist eine Konstante moderner Gesellschaften. Nun gerät mit dem Vorsorgevermögen ein neuer Bereich des privaten Eigentums ins Visier der Politik. Anlageverbote sollen das neue Mittel der Wahl des staatlichen Zugriffs sein. Für jeden Versicherten einer Pensionskasse drohen höhere Verwaltungskosten bei tieferer Rendite.
Nun arbeiten vielenorts Organisationen an einem Dammbruch. Der direkteste Angriff geschieht durch die soeben lancierte Volksinitiative der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) mittels der «Anlageverbote» für Pensionskassen. Konkret sollen Investitionen von Pensionskassen in Unternehmen der Kriegsmaterialproduktion unterbunden werden.
In der NZZ kommentiert Werner Enz die wachsende Zurückhaltung der Lebensversicherer beim Anbieten von Vollversicherungslösungen.
Allianz Suisse und Pax dazugezählt, gibt es noch sechs Anbieter, die BVG-Kunden Garantien, vor allem in Form der Vollversicherung, geben. Gerade für KMU, das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft, sind Lebensversicherer oft erste Wahl, weil sich Kleinunternehmer in schwierigen Zeiten nicht noch um die Sanierung einer Pensionskasse kümmern möchten. Als vor 30 Jahren das BVG für obligatorisch erklärt wurde, hatten noch annähernd zwei Dutzend Lebensversicherer sich grosse Hoffnungen gemacht.
Entweder gingen Lebensversicherer in der Zwischenzeit in grösseren Gebilden auf, oder sie zogen sich aus dem kapitalintensiven Vorsorgegeschäft zurück. Immerhin zeigt sich die Branche in der Not erfinderisch: Die Kapitalvorschriften gemäss Swiss Solvency Test sind mitverantwortlich dafür, dass mit der Gründung von teil- oder vollautonomen Stiftungen das Anlagerisiko an die Kunden überwälzt wird. Das Know-how der Versicherer kann auch so genutzt werden. Nur: Ist es sozialpolitisch klug, wenn Lebensversicherer jetzt ausweichen, statt echte Garantien zu stellen?
Hansueli Schöchli kommentiert in der NZZ die Resultate der neuen UBS-Studie mit einer Analyse der Altersvorsorge 2020-Reform. Schöchli schreibt:
Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Das ist das inoffizielle Motto im Schweizer Politiktheater zur Rentenreform. Es wird zwar geredet, aber viele Politiker wollen den Elefanten im Raum nicht sehen und ihn vor allem nicht erwähnen. Der Elefant im Raum, das sind die grossen Hypotheken, welche die Jüngeren und Ungeborenen künftig abtragen müssen, um die krassen Subventionen der älteren Generationen zu finanzieren. Der Elefant im Raum ist zugleich auch die Erkenntnis, dass ohne Erhöhung des ordentlichen Rentenalters so etwas wie Generationengerechtigkeit auch nur annähernd nicht erreichbar ist.
Wer die Dinge beim Namen nennt, gewinnt keine Popularitätspreise. Das zweite unausgesprochene Motto «Nach uns die Sintflut» ist politisch weit eher erfolgversprechend. Die Hälfte aller Wähler ist deutlich über 50 Jahre alt; viele von ihnen wollen die Rechnung lieber den Jüngeren überlassen. Die Jüngeren interessieren sich derweil noch nicht so stark für die Altersvorsorge, und die ganz Jungen und Ungeborenen haben überhaupt nichts zu sagen.
Die Volatilität der Kapitalmärkte verträgt sich schlecht mit der Vorstellung, sichere BVG-Renten garantieren zu können. Professor Heinz Zimmermann weist zu Recht auf Widersprüche hin, schreibt Werner Enz in der NZZ zu einem Anlass der CFA Schweiz. Weiter heisst es in seinem Beitrag:
Zimmermann erinnerte an die Unmöglichkeit, über den Kapitalmarkt sozialpolitische Leistungsziele sicher zu erfüllen. Die Politiker, vor allem solche linker Provenienz, fordern «sichere Renten», aber geben keine Rechenschaft darüber, wie diese in der Praxis finanziert werden sollen. Zimmermann wies auf Umverteilungseffekte im BVG-System hin, die vielfältig, komplex und intransparent seien. Solange Geld einbezahlt werde, könnten für eine gewisse Zeit nach der Logik eines Ponzi-Systems übersetzte Renten ausbezahlt werden. Der Finanzmarktspezialist forderte eine Abkehr von garantierten Zinsen, mehr Eigenverantwortung und eine Risikokultur, die Anlagerisiken weniger als Störfaktor und mehr als Ertragsquelle werte.
In seinem Bericht über den Medienanlass der OAK anlässlich der Publikation ihres Berichts über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen erwähnt Michael Ferber auch das schon seit längerem bestehende Vorhaben der Oberaufsicht, für alle PKs verbindliche Risikokennzahlen einzuführen. Ein Vorhaben, das unter anderem bei Teilen der Direktaufsicht auf scharfe Kritik stösst, was für die OAK aber kaum Grund sein dürfte, von ihren Plänen abzugehen. Ferber schreibt:
Da Sammeleinrichtungen und auch Gemeinschaftseinrichtungen untereinander im Wettbewerb stehen, könne ein risikoreicheres Handeln die Folge sein, hiess es bei dem Anlass. Folglich müssten Governance und Finanzierungssicherheit überprüft werden, bei Sammelstiftungen seien zusätzlich Anforderungen an die Transparenz zu stellen.
Die OAK Berufliche Vorsorge plant, für alle Vorsorgeeinrichtungen allgemein gültige, jährlich zu erhebende Risikokennzahlen einzuführen. Für Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen sind zudem zusätzliche Informationsanforderungen geplant.
Manfred Hüsler, Direktor des Sekretariats der OAK BV, sagte, es gehe dabei nicht darum, Solvenztests wie im Versicherungssektor einzuführen. Vielmehr sollten gewisse Basiskennzahlen fortgeschrieben werden, so dass sich die Entwicklung von Pensionskassen zeitnah verfolgen lasse. Die dafür anfallenden Verwaltungskosten bewegten sich in bescheidenem Rahmen, bei den Kassen fielen dadurch Beträge in Höhe von «wenigen tausend Franken» an.
Laut der OAK-Vize-Präsidentin Vera Kupper Staub ist es das Ziel, einen Minimalstandard für alle Pensionskassen zu Risikokennzahlen zu errichten. Als Beispiele nannte sie die Sollrendite oder die Sanierungsfähigkeit einer Pensionskasse. Die Risikokennzahlen sollten «kein Rating» sein.
Die NZZ am Sonntag hat in den vergangenen Wochen das Thema Pensionskassen intensiv beackert und aus unterschiedlichsten Blickwinkeln analysiert. Die zehn Beiträge sind online verfügbar.
Die NZZ berichtet über die Medienkonferenz der Vereinigten Personalverbände zur Lage der kantonalzürcherischen BVK, an der zwar elf Vertreter der Verbände, aber bloss ein Journalist (wir vermuten der NZZ) teilgenommen haben. Im Artikel dazu heisst es:
Entzündet hat sich der Streit zwischen den beiden Personalverbänden vor allem am Vorsorgeplan 2017 der BVK, der auf dieses Jahr hin in Kraft getreten ist. Er sieht eine Reduktion des technischen Zinssatzes auf 2 Prozent vor, der Umwandlungssatz wurde von 6,2 auf rund 4,9 Prozent reduziert, bezogen auf das Pensionsalter 65. Zudem wurden die Sparbeiträge, die zu 60 Prozent von den Arbeitgebern finanziert werden, um rund 15 Prozent erhöht. Um Einbussen für jene abzufedern, die kurz vor der Pensionierung stehen und zu wenig Zeit für das Äufnen von mehr Sparkapital haben, stellt die BVK 950 Millionen Franken zur Verfügung; nötig für umfassende «Gerechtigkeit» wären allerdings rund 3,6 Milliarden Franken.
Aus Sicht des VPOD soll dieser neue Vorsorgeplan rasch wieder angepasst werden – in dieser Form gehe er voll zulasten der Versicherten, kritisierte die Gewerkschaft Ende März, als sie ihre Kandidaten für die Stiftungsratswahlen vorstellte. Für VPV-Präsident Peter Reinhard dagegen hat der amtierende Stiftungsrat ein teilweise schmerzliches, aber ausgewogenes Paket geschnürt. Die Senkungen von technischem Zinssatz und Umwandlungssatz hätten andere Pensionskassen nachvollziehen müssen. Die BVK sei einfach der «Böölimaa» gewesen, weil sie als eine der Ersten aktiv geworden sei.
Michael Ferber beschäftigt sich in der NZZ mit dem Thema der Umwandlungssätze bei Sammelstiftungen, für welche diese technische Grösse gleichzeitig ein Marketing-Argument bildet, was die Kassen noch verstärkt vor die heikle Abwägung zwischen dem Notwendigen und dem Wünschbaren stellt. Ferber verweist auf einen Artikel von Roger Baumann (c-alm) in der Schweizer Personalvorsorge vom vergangenen Jahr, der unter dem Titel “Sammeleinrichtungs-Mikado” die Problematik auf den Punkt brachte. Denn keine Sammelstiftung ist gerne bereit, als erste nach unten “auszubrechen” resp. sich zu bewegen und damit der Konkurrenz einen Vorteil zu verschaffen. Sergio Bortolin, Präsident des Branchenverbands inter-pension, hat in der Swisscanto-Studie 2016 bereits die heikle Situation geschildert. Im Artikel Ferber heisst es:
Laut Bortolin gilt es bei dem Vergleich der Umwandlungssätze zu beachten, dass Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen eine deutlich bessere Altersstruktur hätten als viele firmeneigene Pensionskassen, beispielsweise solche von Unternehmen aus dem Industriesektor. Das Verhältnis von Aktiven zu Rentnern liege bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen im Durchschnitt bei rund 10 zu 1. Da viele Einrichtungen deutlich wüchsen, könnten sie sich die höheren Umwandlungssätze eher «leisten». (…)
Laut Willi Thurnherr, Schweiz-Chef beim Beratungsunternehmen Aon Hewitt, sind viele Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen «im BVG-Obligatorium gefangen» – ihr Spielraum für Senkungen der Umwandlungssätze ist also begrenzt. Es gebe aber auch Einrichtungen mit «relativ aggressiven Grundlagen», welche «optisch» zu einem guten Deckungsgrad führten, um am Markt zu bestehen. Die Aufsichtsbehörden hätten aber Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen zunehmend im Fokus und verlangten entsprechende Anpassungen.
An einem Anlass im Januar hat Roger Tischhauser, Direktor der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (BVS), die Überwachung der Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen als Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit bezeichnet. Im Aufsichtsgebiet der BVS seien über 70% der Versicherten Sammelstiftungen angeschlossen. Es sei wichtig, dass die Sammelstiftungen risikoorientiert geführt und beaufsichtigt würden, sonst könnten sie sich zu einem Systemrisiko entwickeln.
Immer wenn neue Gesetze mit steuerlichen Auswirkungen entstehen, gibt es auch Möglichkeiten, sie zu umschiffen. In der Praxis machen Steuerbehörden und Gerichte den Akteuren dann aber öfter einen Strich durch die Rechnung und urteilen auf «Steuerumgehung». Die Rechtsprechung zu Fragen der beruflichen Vorsorge und von deren steuerlicher Behandlung hat zugenommen. An einem Anlass des Finanzberatungsunternehmens PensExpert wurden verschiedene Fälle vorgestellt.
In einem Kommentar schreibt Michael Ferber zum Thema:
Rentner sollen in Zukunft weniger auf Ergänzungsleistungen angewiesen sein. Diese fliessen, wenn die Renten und das Einkommen im Alter nicht ausreichen, um die minimalen Lebenskosten abzudecken. Der Bundesrat will ausserdem das Sparkapital aus der obligatorischen Vorsorge «besser schützen».
Anders formuliert kommen die geplanten Regelungen der Einführung eines «Rentenzwangs» gleich – und das in einem System, das seit der Einführung des Obligatoriums 1985 bereits von einem Zwangssparen geprägt ist. Im kapitalgedeckten System der zweiten Säule ist eigentlich vorgesehen, dass die Bürger für sich selber sparen und für ihre Pensionierung ein Altersguthaben aufbauen. Statt den Entscheid über die Verwendung ihres hier angesparten Geldes eigenständig zu treffen, sollen die Bürger in Zukunft bevormundet werden. Hinter dieser Einschränkung einer Wahlfreiheit steckt ein fragwürdiges Menschenbild, das den Bürgern nicht zutraut, selbst die richtigen Entscheidungen über ihr Pensionskassenkapital zu treffen. Dabei schwingt der Generalverdacht mit, viele Bürger könnten sich das Geld auszahlen lassen und es verprassen. Solche Eingriffe sind dazu angetan, das Vertrauen der Bürger in die ohnehin überregulierte berufliche Vorsorge weiter schwinden zu lassen.
Christof Forster beschäftigt sich in der NZZ mit Iganzio Cassis (FDP), der als Präsident der nationalrätlichen SGK im Zusammenhang mit der Altersvorsorge 2020 im Rat als Gegenspieler von Christian Levrat und auch Paul Rechsteiner viel mediale Aufmerksamkeit erhielt. Weil der SP unerhört viel am Erfolg dieses Geschäfts liegt, musste Cassis allerhand einstecken. Das ging hin bis zu persönlichen Drohungen. Forster schreibt:
In der Wandelhalle steuert SP-Präsident Christian Levrat auf Ignazio Cassis zu. Dieser ist als Präsident der FDP-Fraktion und gleichzeitig der Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats ein wichtiger Akteur. Levrat droht dem verdutzten Cassis mit schweren personellen Konsequenzen, sollte die FDP-Fraktion die Altersreform zum strategischen Geschäft erklären. Damit will die FDP sicherstellen, dass bei zentralen Anliegen die Fraktion geschlossen stimmt. Levrat, der Konflikte nicht scheut, zielte mit seiner Bemerkung auf den Support der SP, sollte Cassis dereinst für den Bundesrat kandidieren. «Das ist eine Schweinerei», sagte der aufgebrachte Tessiner der «Aargauer Zeitung». In seinen zehn Jahren im Nationalrat sei dies die erste persönliche Drohung gegen ihn gewesen, ergänzte er gegenüber der NZZ.