Der Pensionskassenverband hat Presseberichte und -kommentare zur BVG-Reform gesammelt und publiziert.
Medien
“Tragik des gut schweizerischen Kompromisses”
Die CH-Medien kommentieren die Situation bei der BVG-Reform und benützen nicht ganz falsch den Ausdruck “Tragik”. U.a. in der Aargauer Zeitung (AZ) heisst es:
Und es lässt sich nicht schönreden, die Reform der zweiten Säule steht abermals unter keinem guten Stern. Zwar einigten sich im Sommer 2019 die Sozialpartner überraschend auf eine Reformvorlage. Doch ausser SP, Grünen und Gewerkschaften konnte sich niemand damit anfreunden. Die Idee, allen Neurentnerinnen und Neurentnern einen Rentenzuschlag bis zu 200 Franken zu schenken, war für GLP, Mitte, FDP und SVP schlicht zu teuer.
Auch der Weg der Pensionskassen-Vertreter war vorgezeichnet: Die Reform soll schlank über die Bühne gehen. Denn die Mehrheit der Kassen hat heute gar kein Problem mit der Rentenfinanzierung. Die meisten haben die längere Lebenserwartung ihrer Versicherten ausgeglichen, indem sie die Lohnbeiträge erhöht und die Umwandlungssätze gesenkt haben. Genau das soll nun die Reform auch bei jenen Kassen durchsetzen, die Personen im BVG-Minimum versichern.
Volkes-Stimme
Die “20 Minuten-Community” kommentiert die laufende BVG-Reform und das System der Pensionskassen insgesamt. Ein paar Stimmen dazu:
«Da stimme ich den Linken zu, dass die Pensionskassen abzocken», kommentiert User mrgoodkat. «Das wissen wir schon lange!», findet Leserin sara1959. «Würde wenigstens die Performance stimmen. Aber nein, seit Jahren sinkt der Umwandlungssatz. Bald lohnt es sich nicht mehr, eine Pensionskasse zu haben», so Repter.
User Arhus denkt etwa: «Versicherungen sollten keine Pensionskassen betreuen und verwalten dürfen. Ihr einziges Ziel ist es, Gewinne zu machen. Sie kassieren mit den Pensionskassen Milliarden.»
«Richtig wäre eine Einheitskasse analog der AHV. Dasselbe gilt für die Krankenkassen. Die jetzigen Formen kosten zu viel für all diese unzähligen und unnötigen Verwaltungen», so User HappyDay. User Adam92 schlägt vor: «Wie wäre es mit einer staatlichen oder zumindest Non-Profit-Organisation als freiwillige Alternative zur Arbeitgeber-Pensionskasse?»
Und Dimanche denkt: «Das 3-Säulen-System ist in meinen Augen veraltet. Ich bin für ein 2-Säulen-System. Statt an die zweite Säule sollte man das Geld an die Säule 3a einzahlen können.»
BVG-Reform: Die Kritik von Links
Die Wochenzeitung bringt in ihrer Kritik am Stand der BVG-Reform die Einschätzung von linker Seite auf den Punkt:
Innerhalb des Systems der beruflichen Vorsorge sind mit Reformen nur Verschlechterungen möglich. Zwar führt der geplante Umbau dazu, dass viele Teilzeitbeschäftigte, vor allem solche mit mehreren Jobs, neu über einen besseren Versicherungsschutz verfügen. Doch der Preis dafür ist hoch. Die erhöhten Lohnabzüge führen dazu, dass Monat für Monat viel Geld im Portemonnaie fehlt – ohne Garantie auf eine ausreichende Rente im Alter.
Für die bürgerlichen Parteien ist das alles belanglos. Sie verfolgen mit der Reform, die nun noch ein letztes Mal durch den Ständerat muss, vor allem ein Ziel: Sie soll den Druck von den Pensionskassen nehmen und ihnen zugleich frisches Geld von Sparer: innen zuführen, von dem sich Gebühren abschöpfen lassen. Für alle anderen wird spätestens jetzt deutlich, dass eine Verbesserung der Altersvorsorge nur ausserhalb der zweiten Säule möglich ist.
75 Jahre AHV, 50 Jahre drei Säulen
Werner C. Hug hat in der Gewerbezeitung einen Beitrag zu Entstehung und Entwicklung des 3 Säulen-Systems publiziert. Dabei entwickelt er eine These, wie unsere Sozialversicherung auf die bestehenden und absehbaren Herausforderungen effizient reagieren kann. Eine entscheidende Rolle kommt seiner Ansicht nach den Arbeitgebern zu.
Soll das bis anhin erfolgreiche Dreisäulenkonzept weitergeführt werden, kann dies nur über die Rückführung der sozialen Verantwortung an die Unternehmer, an die paritätische Verwaltung in der Pensionskasse geschehen. Ein künftiges einfaches Rahmengesetz, das den Vorsorgeeinrichtungen wieder mehr Spielraum bietet, das die Konzernführer zu einem nachhaltigen stakeholder-value führt, wie das in der Mehrzahl der KMU noch praktiziert wird, dürfte zielführender sein als eine zunehmende Bürokratisierung, Verstaatlichung und externe Finanzierung der beiden tragenden Säulen.
Der neuen Arbeitswelt – weniger, kürzer, länger, unterbrochen arbeiten – passt sich die 2. Säule flexibler an. Geringe Lohneinkommen unterschiedlichen Ursprungs werden in Sozialpartnerschaft über private Institutionen einfacher in die Altersvorsorge integriert als über staatliche Organe. Altersarmut kann effizienter über EL bekämpft werden.
Neue Ungerechtigkeiten
Vera Kupper Staub, Präsidentin der OAK, kommentiert in einem Interview mit den CH-Medien die aktuellen Vorschläge des Parlaments zur BVG-Revision. Auszüge.
Für Versicherte, die bald in Rente gehen, braucht es eine kurzfristige Massnahme.
Genau, die sogenannte Übergangsgeneration hat nicht genügend Zeit, um ausreichend Altersguthaben anzusparen. Für sie braucht es eine kurzfristige Lösung.
Das Parlament streitet sich über solche Rentenzuschüsse. Wieso ist es so schwierig, da eine faire Lösung zu finden?
Der grosse Streit in der Reform dreht sich um die Frage, wer während dieser Übergangsphase einen Zuschlag erhalten soll: Naheliegend wäre es, nur jene Personen, die direkt vom tieferen gesetzlichen Umwandlungssatz betroffen sind, zu entschädigen. Das wären fast ausschliesslich die Versicherten in den BVG-Minimalkassen. Aber um die Akzeptanz der Reform zu erhöhen, ist die Idee der verschiedenen Reformvorschläge, zusätzlich Personen einen Rentenzuschuss zu gewähren, die eine kleine Rente haben – unabhängig vom Grund, wieso das so ist. Nur sind das dann nicht Kompensationen, sondern Rentenverbesserungen für einen Teil dieser Übergangsgeneration.
Das halten Sie für problematisch?
Das ist ein politischer Entscheid. Man muss sich aber bewusst sein, dass die Reform im Prozess der sinkenden Umwandlungssätze relativ spät kommt. Viele Personen gingen bereits mit reduzierten Umwandlungssätzen in Pension. Ende 2021 lag der Median-Umwandlungssatz bei 5,3 Prozent. Wenn das Parlament nun entscheidet, breit Zuschüsse für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen zu verteilen und grosszügig zu sein, schafft es damit auch eine neue Ungerechtigkeit gegenüber jenen Pensionierten, die in den letzten rund zehn Jahren ohne einen solchen Zuschuss mit einer tiefen Rente in Pension gegangen sind – und zwar willkürlich ab einem bestimmten Jahrgang.
Finanziert würden die Zuschüsse überdies von den Erwerbstätigen, die man eigentlich entlasten wollte.
Ja und das geht auch nicht anders. Wichtig scheint mir darum, sich gut zu überlegen, wie «grosszügig» man sein will. Diese Zuschüsse werden ja zu einem grossen Teil wiederum von jenen Erwerbstätigen bezahlt, deren Pensionskassen bereits tiefere Umwandlungssätze haben und darum die ganze Umstellung in ihren Pensionskassen bereits mitfinanziert haben.
Metzger Jenzer als Vorbild
SRF berichtet in einem Beitrag der Tagesschau über die verbesserten Leistungen der Altersvorsorge durch die Senkung des Koordinationsabzugs. Die TV-Redaktoren sind begeistert.
Durchblick bei den drei Säulen
Die Zeitschrift “Schweizer Monat” hat in Zusammenarbeit mit Valitas eine Beilage zum Thema Altersvorsorge und Sozialversicherung zur Februarausgabe herausgegeben.
Dabei wird auch allerhand Kritik am herrschenden System geübt. Adriano Lucatelli, Gründer und CEO des Fintech-Unternehmens
Descartes, etwa träumt von einer individualisierten und digitalisierten Vorsorge nach amerikanischem Vorbild. In seinem Beitrag schreibt er:
Mit digitalen Lösungen lässt sich eine Optimierung des Portfolios hinsichtlich Lebensphase und Alter kostengünstig und effizient bewerkstelligen. Es ist keine Rocket Science. In dieser Hinsicht ist das Schweizer Pensionskassensystem ein ziemlicher Horror. Finanzwirtschaftlich gesprochen: Die Stiftungsräte oder ihre Beauftragten maximieren nicht den Erwartungswert des Alterskapitals eines 30-Jährigen bei der Pensionierung. Sie maximieren den Erwartungswert des Alterskapitals des durchschnittlichen Versicherten ihrer Pensionskasse.
“Kein Grund zur Panik”
Radio SRF berichtet über die 2022 “weggeschmolzenen Reserven, was aber – siehe Titel – kein Grund zur Panik sei, was wir gerne bestätigen. Thomas Schönbächler, Geschäftsführer der BVK, kommentiert: «2022 war ein sehr forderndes Jahr. Alleine die letzten Wochen zeigen dies eindrücklich auf, wo es nochmals grosse Veränderungen gegeben hat.»
BR Berset zur Rentenreform
CHSS hat ein Interview mit Bundesrat Alain Berset zu allgemeinen Fragen des 3 Säulen-Systems und zur laufenden BVG-Reform geführt. Auszüge.
Ist mit dem Ja zu AHV 21 der Druck gesunken, die berufliche Vorsorge zu reformieren?
Nein – ganz im Gegenteil: Im Abstimmungskampf haben beide Seiten betont, dass die Situation der Frauen in der zweiten Säule dringend verbessert werden muss. Teilzeitarbeit und neue Arbeitsformen sind derzeit in der beruflichen Vorsorge zu wenig berücksichtigt.
Die Frauen haben viel kleinere Pensionskassenrenten. Wie wollen Sie diesen Gender-Pension-Gap schliessen?
Die Reform der beruflichen Vorsorge muss die Eintrittsschwelle und den Koordinationsabzug senken – hier ist das Parlament am Zug. Es steht in der Verantwortung, rasch einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden. Gleichzeitig müssen wir die Erwerbsquote der Frauen erhöhen. Dazu muss die familienergänzende Kinderbetreuung ausgebaut werden. Auch das wurde im Abstimmungskampf von vielen Seiten betont.
Im Vordergrund der Diskussionen stand in den letzten Jahren die Finanzierung der Altersvorsorge. Inhaltliche Weiterentwicklungen gab es hingegen kaum.
Die AHV-21-Reform hat ebenfalls gewisse inhaltliche Verbesserungen gebracht, das ging im Abstimmungskampf etwas unter. Beispielsweise kann man den Zeitpunkt des Rentenantritts flexibler wählen. Ausserdem erlaubt die Reform, Rentenlücken zu schliessen. In anderen Bereichen der Sozialpolitik läuft allerdings inhaltlich tatsächlich mehr. In der IV ist Bundesrat und Parlament eine echte Weiterentwicklung für Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen gelungen, etwa mit der intensiveren Begleitung der Betroffenen. Auch die Erwerbsersatzordnung haben wir mit dem Vaterschafts-, Adoptions- und Betreuungsurlaub weiterentwickelt.
Wieviel Ausbau im BVG?
Altersvorsorge: Nichts für Politiker
Im NZZ-Magazin fragt sich Albert Steck, weshalb die Politik in Sachen Altersvorsorge so kläglich versagt. Er hat einen Vorschlag:
Effektiv steckt die Schweizer Vorsorgepolitik in der Sackgasse. Sollte das Parlament mit der Reform der zweiten Säule erneut scheitern, bleibt konsequenterweise nur eine Lösung: Die überforderten Politiker müssen sich bei diesem Dossier selbst entmachten. So wie zum Beispiel in der Geldpolitik:
Da ist es völlig normal, dass ein unabhängiges Expertengremium die Leitzinsen bestimmt. Regierung und Parlament nehmen bewusst keinen Einfluss, um die Gefahr einer hohen Inflation zu verringern.
Auch bei der Schuldenbremse hat das Volk die Macht des Parlaments beschnitten. Mit Erfolg: Der Staatshaushalt steht solide da. Analog sollten die Politiker die Steuerung der beruflichen Vorsorge einem Komitee aus Fachleuten übertragen. So könnte es gelingen, die Altersrenten dem unerquicklichen politischen Hickhack zu entziehen.
Informations-Debakel
pw. Danny Schlumpf, Co-Autor des Buchs “Rentendebakel”, darf im Sonntagsblick sozusagen in eigener Sache über den Hick-Hack von Flavien Gousset mit Andri Silberschmidt zum Thema seines Buchs berichten. Gousset ist entsetzt, wie die Finanzindustrie jährlich Milliarden von den Versicherten abkassiert, wie im Buch beschrieben. Das sei “richtig krass”. An einem Streitgespräch mit Silberschmidt, wie vom Tages-Anzeiger gewünscht, ist er aber nicht interessiert. Vielleicht auch besser, sonst müsste er sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzen. Sein Video auf Instagram ist bis Montag 8.51 Uhr 75’537 mal aufgerufen worden. Das freut Schlumpf, wer an einer kompetenten Diskussion um die Vorsorge gelegen ist, macht sich so seine Gedanken.
Blick / Instagram / Buch Rentendebakel / Kommentar ASIP / Weltwoche / YouTube / Infosperber
Anlageverluste – Gefahr für die Renten?
In einem YouTube-Video auf swissinfo.ch berichtet Fabio Canetg über die Finanzierungssituation der Schweizer Pensionskassen.
Passiv aus den Fängen der Banken
pw. Danny Schlumpf, Wirtschaftsredaktor beim Blick, und Mario Nottaris zeigen in ihrem Buch “Das Rentendebakel”, wie “Politik und Finanzindustrie unsere Vorsorge verspielen”. Und wie wird sie verspielt? Mit der falschen Anlagestrategie.
200 oder gar 400 Mrd. grösser könnte das Anlagevermögen der Pensionskassen sein, wenn die Kassen so angelegt hätten, wie sie das nach Meinung der Autoren hätten tun sollen. Ihr einfaches Rezept: statt aktiv die Aktien konsequent passiv anlegen.
Die 200 Mrd. beziehen sich auf eine Strategie mit 40 Prozent passiver Aktien-Anlagen, 400 Mrd. bei einem entsprechenden Aktienanteil von 60 Prozent, hochgerechnet seit 1985.
Dass es anders kam, ist natürlich der Profitgier der Finanzindustrie anzulasten, welche den Versicherten die Renten klaut. Und warum kann sie schalten und walten und abzocken wie sie will? Weil im Parlament genug Volksvertreter sitzen, welche dabei mitverdienen, als Verwaltungsräte, als Stiftungsräte, als Präsidenten von Anlagestiftungen und Stiftungsräten.
Insgesamt eine ziemlich steile These, die da vertreten wird und wie üblich bei solcher Art Fundamentalkritik beruhend auf einem banalen manichäischen Weltbild von den bösen Banken und den guten Kassen und ihren Versicherten. Die Banken wollen natürlich, dass aktiv angelegt wird, weil sie dann die entsprechend horrenden, anfallenden Kosten verrechnen können.
Und wie kommen wir aus dem System heraus? Ganz einfach: indem das Parlament per Gesetz vorschreibt, dass die Kassen 40 oder besser noch 60 Prozent des Vermögens passiv als Aktien anlegen. Problem gelöst. Wer noch Fragen hat, darf im Buch “Das Rentendebakel” nach den Antworten suchen, das ab 7. November in den Buchhandlungen erhältlich ist.
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