
Umstrittener Ausbau der Säule 3a
Ein bürgerlicher Vorstoss verlangte den Ausbau der Säule 3a durch die Möglichkeit rückwirkender Nachzahlungen. Der Bundesrat hat eine Vorlage zur Umsetzung entwickelt. FDP und SVP geht er zu wenig weit. Die Linke ist entsetzt. Der Tages-Anzeiger schreibt:
MoreWer in früheren Jahren nicht eingezahlt hat, soll dies nachholen können. Das Parlament hatte 2020 einen Vorstoss von Mitte-Ständerat Erich Ettlin mit dieser Forderung angenommen. Die Nachzahlungen könnten vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Der Bundesrat – der den Vorstoss abgelehnt hatte – schlägt indes eine Umsetzung mit gewissen Grenzen vor.
So sollen die neuen Regeln keine Rückwirkung haben. Nachzahlen dürfte man also nur für Beitragslücken, die ab Inkrafttreten entstehen. Zudem dürfte jeweils nur für den Zeitraum der letzten zehn Jahre nachgezahlt werden. Und Einkäufe wären nur für jene Beitragsjahre zulässig, in denen jemand die Voraussetzungen für die Einzahlung von 3a-Beiträgen erfüllt hat.
Mit dieser Umsetzung rechnet der Bund mit jährlichen Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von 100 bis 150 Millionen Franken. Bei den Einkommenssteuern der Kantone und Gemeinden geht er gar von Mindereinnahmen zwischen 200 und 450 Millionen Franken pro Jahr aus.
«Reform verfehlt ihr Ziel»
Hansueli Schöchli sieht das primäre Ziel der BVG-Reform in der Reduktion der Umverteilung. Diese ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und hat an Bedeutung verloren – auch für die Reform. Der Umwandlungssatz muss auch unabhängig von der Umverteilung dringend reduziert werden. Wichtiger für die Reform ist die Modernisierung der 2. Säule mit der verbesserten Vorsorge für Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte. Seine Abneigung gegen offene und noch mehr verdeckte Umverteilungsströme ist dennoch nachvollziehbar. Schöchli schreibt in der NZZ:
MoreIm Unterschied zur AHV spart man bei der beruflichen Vorsorge im Prinzip für sich selber: Die Lohnbeiträge kommen auf ein individuelles Alterssparkonto, und bei der Pensionierung wird das angesparte Kapital auf einen Anspruch für die Jahresrente umgerechnet. Somit gilt im Prinzip: Wer mehr einzahlt, bekommt später auch entsprechend mehr Rente.
Das ist der Linken ein Dorn im Auge, denn versteckte Umverteilungen wären dabei nicht vorgesehen. Doch in der Praxis führte die chronische Reformblockade durch Linke und Ältere zu bedeutenden Quersubventionierungen auch in der beruflichen Vorsorge. Wichtig ist dafür der Umwandlungssatz: Man rechnet das angesparte Kapital bei der Pensionierung in eine Jahresrente um.
Zentrale Faktoren für die Berechnung dieses Satzes sind die Lebenserwartung für Neurentner sowie die Renditeerwartung für das angesparte Kapital. Die Lebenserwartung ist laufend gestiegen. 1985, beim Start des Gesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG), mussten Pensionskassen damit rechnen, dass 65-Jährige im Mittel noch 18 Jahre lebten, heuer ist mit 24 Jahren zu rechnen.
Schlechte Karten für die BVG-Reform
59 Prozent lehnen die BVG-Revision gemäss der Tamedia-Umfrage ab. Selbst die SVP- und die Mitte-Basis wollen grossmehrheitlich Nein stimmen. Der Tages-Anzeiger schreibt dazu:
Das Resultat der Umfrage ist überraschend deutlich. Und es ist ein harter Schlag für die Befürworter der BVG-Reform. Zwar hat der Abstimmungskampf erst begonnen, und etliche Stimmberechtigte sind noch nicht sicher, wie sie am 22. September abstimmen wollen. Aber die Zahlen sind eindeutig.
Nur 33 Prozent wollen die Revision des Gesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) annehmen – davon 21 Prozent sicher und weitere 12 Prozent «eher». Eine deutliche Mehrheit von 59 Prozent will stattdessen Nein stimmen. Das zeigt die erste Tamedia-Umfrage.(…)
Auch der Direktor des Arbeitgeberverbands, Roland Müller, will kämpfen: «Bis zur Abstimmung bleibt noch Zeit, der Bevölkerung aufzuzeigen, dass die Vorlage ein Ja verdient.» Denn die BVG-Reform sei überfällig. «Sie stabilisiert unser erfolgreiches Dreisäulensystem, und sie versichert insbesondere Geringverdiener und Teilzeitbeschäftigte besser – viele davon neu – in der zweiten Säule.» (…)
Die Wirtschaftsverbände sind bereit, fast 3,5 Millionen Franken in den Abstimmungskampf zu stecken. Das haben sie gegenüber der Eidgenössischen Finanzkontrolle offengelegt. Die Gegner kommen auf ein Kampagnenbudget von gut 1,9 Millionen Franken. Das ist viel Geld für eine Abstimmungsvorlage, bei der sich zumindest im jetzigen Zeitpunkt kein knappes Resultat abzeichnet.
Die Pensionskassen-Reform fällt in der Umfrage nicht nur bei den Linken durch. Auch die Wählerinnen und Wähler der SVP und der Mitte wollen grossmehrheitlich Nein stimmen, obwohl deren Parteispitzen ein Ja empfehlen. Bei den Freisinnigen und den Grünliberalen sind in etwa gleich viele dafür wie dagegen.
BVG-Reform Ja
Das Ja-Komitee zur BVG-Reform hat seine Website aufgeschaltet. Sehr übersichtlich und informativ werden die Argumente für die Reform mit persönlichen Statements von Politikern, Versicherten und Experten dargestellt. Und es werden nicht nur die guten Absichten der Reform präsentiert, sondern auch mit vielen Zahlen und Daten untermauert.
Reform, Politik und die Pensionskassen
ASIP-Direktor Lukas Müller-Brunner erklärt im Blick-Interview das Verhalten der Pensionskassen bezüglich Offenlegung der Folgen der BVG-Reform auf ihre Versicherten, ihre Stärken und Schwächen, wehrt sich gegen die Vorwürfe an die Versicherer und stellt die Behauptungen wegen zu hoher Kosten richtig. Auszüge:
Herr Müller-Brunner, mehrere grosse Pensionskassen können oder wollen nicht sagen, welche Auswirkungen die BVG-Reform auf ihre Versicherten hätte. Was haben die Pensionskassen zu verstecken?
Lukas Müller-Brunner: Ich habe Verständnis dafür, wenn die Kassen keine allgemeingültigen Aussagen machen. Die Pensionskasse funktioniert nicht wie die Krankenkasse, wo es eine Grundversicherung gibt und daneben separate Zusatzversicherungen. Fast jede Pensionskasse bietet mehr als das gesetzliche Minimum an. Wenn man deshalb die Auswirkungen der Gesetzesänderungen kennen will, muss man jeden Einzelfall anschauen. Das machen die Kassen selbstverständlich, sollte die Reform in Kraft treten und die genaue Umsetzung bekannt sein. Aber heute können wir die Frage nicht immer pauschal beantworten.
Eine schwierige Ausgangslage für die Stimmenden. Sie müssen die Katze im Sack kaufen.
Keineswegs. Sehen Sie, im Kern geht es bei dieser Reform um eine dauerhafte Stärkung der zweiten Säule. Erstens passen wir den Umwandlungssatz an die gestiegene Lebenserwartung an. Zweitens versichern wir Teilzeitbeschäftigte und Angestellte mit mehreren Arbeitgebern besser. Die allermeisten Kassen haben diese Neuerungen im Überobligatorium, wo sie mehr Freiheiten haben, schon eingeführt. Nun geht es darum, auch das gesetzliche Obligatorium mit der Realität in Einklang zu bringen.
Wechselt die SVP ins Nein-Lager?
Im Wallis kommt es an der SVP-Delegiertenversammlung nächstes Wochenende zu einem entscheidenden Duell um die BVG-Reform. SP-Nationalrat Maillard wird für ein Nein Stimmung machen. 20 Minuten schreibt dazu:
MoreDie SVP fasst am 17. August an der Delegiertenversammlung ihre Parole zur Reform der beruflichen Vorsorge.Die Partei will ein Ja, doch viele Promis zaudern oder sagen gar Nein. Nun soll Andreas Glarner die Delegierten überzeugen.
Er tritt dabei gegen Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard an, den Glarner als «stärkstmöglichen Gegner» bezeichnet.Maillard selbst will bei der SVP für jede Stimme kämpfen. Ein SVP-Nein könnte vorentscheidend sein.
Bei der Abstimmung über die Reform der beruflichen Vorsorge könnte es eng werden. Linke und Gewerkschaften haben das Referendum ergriffen und sprechen von einem drohenden «Rentenklau». Die bürgerlichen Befürworter argumentieren, die Lösung sei fair und nötig für die Sicherung der Renten.
Muss Rossini seinen Stuhl räumen?
Der Tages-Anzeiger ist der Meinung, Stéphane Rossini, Direktor des BSV, muss wegen der AHV-Fehlprognosen seinen Stuhl räumen. Der Vorfall sei für die zuständige Bundesrätin, Elisabeth Baume-Schneider, peinlich.
MorePeinlich für seine Chefin war aber vor allem auch, dass der Berechnungsfehler am 22. Mai 2024 innerhalb des Amts schon bekannt war. Das war der Tag, als der Bundesrat die Vorschläge zur Finanzierung der 13. AHV-Rente in die Vernehmlassung schickte.
Dabei ging es um zwei Varianten für Mehreinnahmen, die 2030 rund 4 Milliarden einbringen sollten. Die braucht es aber so nicht, wie sich jetzt zeigt, denn nach neuer Berechnung beträgt das Defizit dann nur gut 2 Milliarden Franken. Dafür, dass für die höheren Einnahmen eine Mehrheit im Bundesrat zustande kam, war die Prognose des BSV ausschlaggebend.
Für Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, die die bürgerlichen Bundesrätinnen Karin Keller-Sutter und Viola Amherd überreden musste, ist es natürlich sehr peinlich, dass sie falsch informierte. Nun hat man im Innenministerium offensichtlich Angst, dass Rossini bei künftigen Diskussionen nicht mehr ernst genommen wird. Darum wird ernsthaft erwogen, ihn in absehbarer Zeit zu ersetzen, wie gut informierte Quellen sagen.
Rentenalter 64 für Männer?
Die Grünen und die SP-Frauen fechten die Abstimmung zum Frauenrentenalter 65 an. Betroffen ist auch die MWSt-Erhöhung. Ein Verfassungsartikel fordert zudem ein einheitliches Rentenalter. Was heisst das nun, fragt der Tages-Anzeiger?
Weil der Bund sich bei den Prognosen zu den AHV-Finanzen massiv verrechnet hat, fordern die SP-Frauen und die Grünen, dass das Stimmvolk nochmals entscheidet. Die SP-Frauen haben am Freitag ihre Beschwerde veröffentlicht.
Sie fechten nur die Abstimmung zum Rentenalter an. Doch geht das überhaupt angesichts dessen, dass die beiden Vorlagen verknüpft waren?
Die Frage ist zentral. Müsste auch die Abstimmung über die Erhöhung der Mehrwertsteuer wiederholt werden, würde es kompliziert. Denn dieser Teil der Reform ist bereits in Kraft. Eine Aufhebung der Abstimmung könnte gar zu Rückzahlungsforderungen führen.
Fest steht: Bleibt die Erhöhung der Mehrwertsteuer bestehen, muss das Rentenalter von Männern und Frauen trotz Aufhebung der Abstimmung zum Frauenrentenalter angeglichen werden.
Im Verfassungsartikel steht, die Mehrwertsteuer werde erhöht, sofern das Rentenalter von Frauen und Männern gesetzlich vereinheitlicht werde.
Die SP-Frauen stellen sich laut Co-Präsidentin Tamara Funiciello vor, dass der Bundesrat dem Parlament einen neuen Vorschlag unterbreiten würde. Dieser müsste aber nicht zwingend eine Erhöhung des Frauenrentenalters beinhalten.
Es wäre auch möglich, das Rentenalter der Männer auf 64 Jahre zu senken, sagen die SP-Frauen. Alternativ könnte die Verfassung geändert und die Verknüpfung der Mehrwertsteuer mit dem Rentenalter aufgehoben werden. Oder die Mehrwertsteuer könnte wieder gesenkt werden.
Ein politischer Umwandlungssatz
Claude Chatelain kommentiert in der Schweizer Personalvorsorge der Einfluss der Politik auf die Altersvorsorge, der laxe Umgang mit Tatsachen und warum es scheinbar unmöglich ist, den Umwandlungssatz zu entpolitisieren.
Auf der Website des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) stand zu lesen: «Das Parlament hat beschlossen, dass wir alle weniger Pensionskassenrenten bekommen und dafür auch noch höhere Beiträge zahlen sollen.» Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Aussage ist falsch. Es ist eine Lüge.
Für Gabriela Medici ist das hingegen eine «erlaubte Zuspitzung», wie sich die Gewerkschafterin in einem Interview mit der NZZ rechtfertigt. Immerhin hat der SGB diese Falschaussage korrigiert und gegenüber der NZZ erklärt: «Die vom Webmaster gewählte Formulierung, welche der NZZ aufgefallen ist, entsprach nicht der Sprachregelung des Referendumskomitees. Deshalb wurde dieser Satz nach dem Hinweis umformuliert.» (Seit wann sind Webmaster für die Formulierung von Inhalten verantwortlich?).
Lügen in Abstimmungskampagnen ist nichts Neues. Erinnert sei an das via Facebook verbreitete Erklärvideo zur AHV-Reform. Darin behauptete der Gewerkschaftsbund, bei einem Ja zu AHV21 «ist die nächste Erhöhung schon programmiert: und zwar für alle». Federführend bei jener Kampagne soll SGB-Präsident und Waadtländer SP-Ständerat Pierre Yves Maillard gewesen sein (und nicht der Webmaster). (…)
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GR: Neuordnung der Aufsicht
Die Standeskanzlei des Kt. Graubünden schreibt in einer Mitteilung:
Die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge mit Sitz im Kanton Graubünden werden heute von der Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht beaufsichtigt. In Zukunft soll diese Aufgabe eine neue gemeinsame Anstalt der Kantone Zürich, Glarus, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Graubünden, Thurgau und Tessin übernehmen. Die Kantone haben dazu eine interkantonale Vereinbarung ausgehandelt.
Die Regierung schlägt dem Grossen Rat in ihrer Botschaft vor, dass der Kanton Graubünden der Vereinbarung beitritt. Die Anforderungen an die Aufsicht sind stark gestiegen. Die neue Anstalt ermöglicht es, diesen Anforderungen weiterhin gerecht zu werden. Die bestehende Aufsichtsbehörde soll aufgelöst werden.
Geheimniskrämer
Der Blick hat bei 30 Pensionskassen nachgefragt, welche Folgen die BVG-Reform für ihre Versicherten haben werde. Dazu heisst es:
MoreWir wollten wissen: Wie viel Prozent der Versicherten dürften gemäss ihren Schätzungen mehr Rente erhalten, wie viel weniger? Zahlreiche Versicherer haben darauf keine befriedigende Antwort.
Sie verweisen darauf, dass es noch zu viele Unbekannte gebe, um verlässliche Angaben machen zu können. Oder dass die Berechnungen dazu noch nicht vorlägen. Tatsächlich ist es schwierig, die Auswirkungen zu beziffern.
Es handelt sich um Schätzwerte, die mit vielen Unsicherheiten behaftet sind – vor allem, wenn sie Personen betreffen, die erst in mehreren Jahrzehnten pensioniert werden. Und die Details würden erst im Fall einer Annahme geregelt.
Es gibt allerdings auch Versicherer, die Analysen durchgeführthaben – die detaillierten Resultate aber für sich behalten wollen. Dazu gehört die Axa, einer der grössten Player im Markt. Mit 430’000 Versicherten hat fast jeder zehnte Arbeitnehmer sein Pensionskassen-Konto dort. Das Unternehmen wollte erst gar keine Zahlen herausrücken. Zu erklärungsbedürftig sei das Ganze, so die Begründung.
Vertrauen statt Reform
Werner C.Hug schreibt in einem Beitrag zur BVG-Reform in der Finanz und Wirtschaft: “In der zweiten Vorsorgesäule braucht es keine neue Umverteilung mit Kompensationsmassnahmen. Stattdessen sollte die Sozialpartnerschaft im Dialog aktiviert werden.”
Von der Kürzung des Umwandlungssatzes unmittelbar betroffen sind allerdings nur 12 bis 15% im reinen BVG-Obligatorium Versicherte. Die Kosten der Übergangsgeneration, die alle Pensionskassen übernehmen müssen und somit umverteilt werden, werden auf 11 Mrd. Fr. und der mit der komplizierten Kompensation verbundene höhere Verwaltungsaufwand auf jährlich 20 Mio. Fr. geschätzt.
Gegen die Reform opponieren die Gewerkschaften, mit den Schlagworten: «Mehr bezahlen für weniger Rente», unter Berufung auf Zahlen des Bundesrats. Die Berechnungen gründen auf Annahmen, die die Gewerkschafter verschweigen. Angenommen wird, dass Löhne, Zinsen und Inflation sich über die 15 Jahre gleich entwickeln, ohne Lohnerhöhung.
Die statische Betrachtung hält der Realität nicht stand. In den vergangenen 15 Jahren hat der Medianlohn 12% auf 81’456 Fr. zugenommen. Die Konsumentenpreise blieben jahrelang niedrig, waren zeitweise negativ und stiegen erst in den jüngsten Jahren.
Zuwarten mit AHV-Refinanzierung
Katharina Fontana vertritt in der NZZ die Meinung, nach Bekanntwerden der verbesserten Finanzperspektiven der AHV sollten die Massnahmen zur Finanzierung der 13. AHV-Rente verschoben und im Rahmen einer umfassenden AHV-Reform an die Hand genommen werden.
Für das von dem SP-Mann Stéphane Rossini geleitete BSV ist das eine Peinlichkeit, ebenso für das Innendepartement von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, das sich seit Jahren in sozialdemokratischer Hand befindet. Doch der Rechenfehler ist mehr als eine Blamage, er schafft ein Glaubwürdigkeitsproblem für den Bund.
Man muss nüchtern feststellen: Den offiziellen AHV-Zahlen, auf die sich auch die Medien abstützen, kann man nur begrenzt vertrauen.
Das BSV hat bisher gerne so getan, als könne es praktisch punktgenau die Ausgabenentwicklung und die Defizite bei der AHV in 10 oder 15 Jahren projizieren. Offenkundig ist die Sache um einiges komplexer und sind die Unwägbarkeiten viel grösser als dargestellt. (…)
Glaubt man den neuesten Zahlen, die das BSV liefert, geht es der AHV also besser als gedacht. Das ist erfreulich. Und deshalb besteht auch keinerlei Eile, bereits jetzt neue Gelder für die Finanzierung der 13. AHV-Rente zu beschliessen.
Der Vorschlag des Bundesrates, möglichst schnell die Lohnbeiträge oder die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die AHV-Kasse aufzustocken, ist klar abzulehnen. Im jetzigen Zeitpunkt wäre dieser Schritt unsinnig. Über mehr Einnahmen sollte man frühestens reden, wenn die seit langem angekündigte, umfassende AHV-Reform vorliegt. Bis dahin weiss man hoffentlich auch besser darüber Bescheid, wie es in ein paar Jahren um das Sozialwerk steht.
Jungparteien für die BVG-Reform
Eine Allianz bestehend aus der Jungen Mitte, den Jungfreisinnigen, der Jungen GLP und der Jungen EVP (es fehlt die Junge SVP) hat an einer Medienkonferenz ihre Unterstützung der BVG-Reform erklärt. Der Blick schreibt dazu:
Es sei Zeit für eine Modernisierung der Altersvorsorge, hiess es in Bern an der Medienkonferenz des Bündnisses
Die Reform schliesse Rentenlücken für Teilzeiterwerbstätige und Personen mit tiefen Einkommen. Zudem schaffe sie mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Für die Jungen und die kommenden Generationen sei die Abstimmung von enormer Bedeutung.
Bis heute sei die berufliche Vorsorge stark auf das «Einernährermodell der Nachkriegszeit» ausgerichtet, und die Einkommen aus Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigungen seien schlecht abgesichert, hiess es weiter. Doch die Zeiten hätten sich geändert.
Viele Junge und ein grosser Teil des Mittelstandes teilten sich Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung auf. Dank der BVG-Reform erhielten sie im Alter eine faire Rente, argumentierte Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz, laut Redetext.
Aus Sicht der Jungparteien werden die arbeitende Bevölkerung und insbesondere die Jungen durch den zu hohen Umwandlungssatz «abgezockt». Diese Umverteilung von den arbeitenden Versicherten zu den Neupensionierten werde mit der BVG-Reform sofort reduziert. Dies sei ein notwendiger und gerechter Schritt. Laut den Jungparteien sind rund 85 Prozent der Versicherten von der Senkung des Umwandlungssatzes nicht betroffen.
Wirtschaftsverbände gegen BVG-Reform
Nach dem “BVG-Bschiss” der Gewerkschaften folgt nun die “BVG-Scheinreform” aus der Wirtschaft. Acht Wirtschaftsverbände haben sich zu einer Allianz gegen die BVG-Reform zusammengeschlossen. Die Allianz «Nein zur BVG-Scheinreform» wird angeführt von Gastro Suisse.
Dazu gehören auch der Westschweizer Arbeitgeberverband und kleinere Branchenverbände der Bäckerinnen und Confiseure, der Coiffeurgeschäfte, der Fitness- und Gesundheitszentren, der Tankstellenshops sowie der Fleisch-Fachverband. In ihrem Auftritt im Internet heisst es:
Anstatt die berufliche Vorsorge wieder auf das Prinzip des kapitalgedeckten Sparens auszurichten, ersetzt die geplante BVG-Scheinreform die eine Umverteilung durch eine andere. Sie führt zu Fehlanreizen beim Sparen und zu mehr Bürokratie.