Die Schweizer und Schweizerinnen sind ein Volk glücklicher Rentner und Rentnerinnen. Laut einer Studie der UBS müssen Frauen in der Schweiz im Vergleich zu zwölf anderen Ländern dank guter Renten mit Abstand am wenigsten selber für das Alter sparen – und das in einem Land mit den höchsten Lebenshaltungskosten der Welt. Wer in der Schweiz ein Leben lang Vollzeit gearbeitet hat, dem geht es im Alter vergleichsweise gut.
April 2019
“Die Fakten sind stur”
Im Tages Anzeiger-Interview macht sich BR Berset stark für die Staf und bestätigt, dass die Anhebung des Frauenrentenalters unumgänglich ist. Auszüge.
SP und Gewerkschaften jubilieren, mit der Zusatzfinanzierung für die AHV sei die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre vom Tisch. Einverstanden?
Die zwei Milliarden decken nur etwa die Hälfte der AHV-Finanzierungslücke bis 2030. Die Situation bleibt weiterhin ungemütlich. 2017 nahm die AHV eine Milliarde weniger ein, als sie ausgab. Das Defizit wird jedes Jahr weiter ansteigen. Die AHV-Reform wird der Bundesrat im August ans Parlament schicken. Er hat bereits klar gesagt und in der Vernehmlassung detailliert aufgezeigt, dass die Erhöhung des Frauenrentenalters Teil der Reform ist.
Bürgerliche werfen Ihnen vor, die AHV-Reform bis nach dem 19. Mai zu verzögern, damit die SP im Abstimmungskampf behaupten kann, das Frauenrentenalter 65 sei vom Tisch.
Das ist völlig falsch. Alles liegt auf dem Tisch. Ob wir die AHV-Reform vor oder nach den Sommerferien verabschieden, spielt für die parlamentarische Beratung keine Rolle. Aber ich will meinen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat die Möglichkeit geben, sich vertieft damit zu befassen.
Und die Botschaft des Bundesrats wird sein: Das Rentenalter 65 für Frauen kommt?
Ja, der Bundesrat sieht in seiner Vorlage keine Alternative vor zum Rentenalter 65 für Frauen.
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“Hypothekenmarkt too big to fail”
An der Jahresmedienkonferenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma warnte Direktor Mark Branson vor Risiken im Immobilien- und Hypothekarmarkt und erachtet marktweite Massnahmen im Bereich der Renditeliegenschaften als notwendig.
Er hielt dazu fest: «Der Hypothekarmarkt ist enorm wichtig für die Stabilität des Finanzplatzes. Er ist «too big to fail».» Darum setze sich die FINMA in ihrer Aufsicht für eine nachhaltige Vergabe von Hypothekarkrediten ein. Zum Vorgehen der FINMA führte Branson aus: «Überhitzungstendenzen bestehen gegenwärtig im Bereich der Renditeliegenschaften, denn parallel zu den gestiegenen Preisen beobachten wir rekordhohe Leerstände. Wir schreiten ein, wenn einzelne Institute hier zu hohe Risiken eingehen.»
Die FINMA habe damit aber fast keinen Einfluss auf die generelle Risikosituation. Deshalb sieht er zusätzliche Massnahmen: «Einer Überhitzung im Bereich der Renditeliegenschaften kann nur mit wirksamen Anpassungen der Selbstregulierung oder der Regulierung erfolgreich begegnet werden.»
Nachhaltigkeit um jeden Preis
In einem Interview mit finews erklärt Dorothea Baur, selbständige Beraterin, ihre Ziele bei der Beratung von Pensionskassen in Sachen Nachhaltigkeit. Auszüge:
Wer nicht nachhaltig investiert, verletzt die Sorgfalt gegenüber den Versicherten?
Das wird ausserhalb der Schweiz zunehmend heftig diskutiert. Auch hierzulande gilt, dass die Kassen den Lebensstandard der Versicherten erhalten müssen. Da geht es in erster Linie um die monetäre Komponente. Aber in einer Welt, die vom Klimawandel zerstört ist, hat die monatliche Rente keinen grossen Wert mehr.
Das heisst?
Wer in Firmen investiert, die den Klimawandel befördern, setzt den Wert der Renten mutwillig herab. In Grossbritannien etwa müssen Pensionsfonds bereits aktiv begründen, warum sie nicht nach nachhaltigen Kriterien investieren.
Mit Blick auf die Nachhaltigkeits-Ziele der Uno arbeitet die EU inzwischen an einem Aktionsplan, der in diverse europäische Finanzrichtlinien einfliesst und nachdem sich die Schweizer Finanzbranche wohl oder übel wird richten müssen. Ist das in Kauf zu nehmen, um endlich klare Regeln im Umgang mit nachhaltigen Investments zu erhalten?
Es braucht dringend Standards. Wenn die EU diese festlegt, werden sich die Schweizer Pensionskassen kaum entziehen können. Ich persönlich finde es wichtig, dass die Vorsorgewerke selber Werte definieren und verinnerlichen – anstatt sich diese von aussen aufoktroyieren zu lassen.Weiterlesen »
Inside Paradeplatz: “Gigantische Pensionen für Raiffeisen-Kader”
Lukas Hässig nimmt sich die Vorsorge der obersten Chefs von Raiffeisen vor.
Anlagekosten und Rendite
Im private banking magazin geht Heinz B. Rothacher von Complementa der Frage nach, was angesichts tiefster Zinsen unternommen werden kann: Kostensenkung oder riskantere Anlagen? Und konkret: welcher Zusammenhang besteht zwischen den Vermögensverwaltungskosten und der Performance? Das Resultat ist eindeutig.
Schweizer Pensionskassen weisen bereits heute tiefe Vermögensverwaltungskosten aus: Die durchschnittliche Kostenquote lag Ende 2017 bei 0,45 Prozent (Complementa Risiko Check-up 2018). Gelänge es die Kosten um weitere 25 Prozent zu senken – und das wäre ein sehr ambitioniertes Ziel – so sparte man absolut 0,1 Prozent. Im Vergleich zu den herrschenden Zinsen ist das nicht viel.
Wir haben unsere Daten zu Vermögensverwaltungskosten analysiert, die wir seit 2014 jährlich mit einer Umfrage erheben; an der letzten Umfrage haben 421 Pensionskassen teilgenommen. Hierfür wurden Vorsorgeinstitutionen nach Höhe ihrer Kosten in zehn gleich große Gruppen eingeteilt und für jede Gruppe wurde die durchschnittliche Rendite errechnet.
Das Resultat war überraschend: Diejenigen Vorsorgeinstitutionen mit tiefen Kosten konnten keine höhere Netto-Rendite erzielen. Ebenfalls überraschend: Im Mehrjahresvergleich hatte die Höhe der Kosten unter dem Strich keinen Einfluss auf die Nettorendite. In einzelnen Jahren erwirtschaftete die Gruppe mit den tiefsten Kosten sogar die tiefste Rendite.
Um einen Zusatzertrag zu erzielen, werden die Anlagen zusehends in geringere Schuldnerqualitäten und riskantere Länder und Branchen investiert. Dies ist auch in anderen Ländern zu beobachten. Das riskantere Verhalten hatte – von einzelnen Monaten abgesehen (insbesondere Dezember 2018) – (noch) nicht zu Verlusten geführt, im Gegenteil. Seit 2009 haussierten die Aktienmärkte und es konnten fast jährlich hohe Renditen erzielt werden. Was passiert jedoch, wenn der Wind an den Märkten dreht?
Rothachers Schlussfolgerung:
Es ist ein schmaler Grat zwischen Kostenbewusstsein und übertriebenen Sparmaßnahmen. Vorsorgewerke sollten ganzheitlich analysiert werden, da Kosten, Rendite und auch Risiko komplex miteinander interagieren. Ein isoliertes Ranking aufgrund der Kostenquote allein ist mit Vorsicht zu genießen, nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch aus ökonomischer Sicht.
Widerstand gegen Brunau-Projekt der CS-Pensionskasse
Die CS will die Zahl der Wohnungen um 260 auf 500 aufstocken. Die Migros bleibt mit Supermarkt, Restaurant und Fachmärkten vor Ort. Die Pläne stammen aus dem Büro Adrian Streich Architekten AG. Dass ein Grossteil der Gebäude abgerissen wird, hat architektonische Gründe: Das heterogene Areal mit Bauten aus den achtziger und neunziger Jahren soll einheitlicher werden – notabene auf Wunsch des Stadtzürcher Baukollegiums. Dagegen wehren sich die Mieterverbände. Walter Angst vom Mieterverband formuliert in einem Interview mit der NZZ die Träume des Verbands:
Was wollen die Linksparteien nun eigentlich erreichen: die bisherigen Bauten erhalten oder mehr günstige Wohnungen in den Neubauten ermöglichen?
Ich weiss, was die Mieterinnen und Mieter wollen: Sie möchten diese einzigartige Gemeinschaft erhalten. Zur baulichen Situation und zu alternativen Möglichkeiten einer schrittweisen Erneuerung der Bauten und einer Erhöhung des Wohnungsangebots kann ich noch nichts sagen. Wenn die CS-Pensionskasse geschickt vorgeht, könnte im Brunaupark ein Vorzeigeprojekt entstehen. Die Gemeinschaft der Mieter würde sich zwar verändern, aber mit einer geschickten Etappierung könnte man dieses urbane Biotop erhalten und weiterentwickeln. Man würde so auch der Kritik begegnen, dass man Bauten abreisst, die noch längst nicht am Ende ihrer Lebensdauer angelangt sind.
PKs steigen bei Alpiq ein
Ein Fonds der Credit Suisse steigt mit Pensionskassengeldern bei Alpiq ein. Der Kauf wird von der CSA Energie-Infrastruktur Schweiz (CSA), der grössten Anlagelösung für Schweizer Energie-Infrastruktur, in der 135 Schweizer Pensionskassen investiert sind, mittels Pflichtwandeldarlehen finanziert. Die Pflichtwandeldarlehen werden bei Fälligkeit in Alpiq-Aktien umgewandelt. Primeo Energie und EOS ebnen damit den Weg für eine Schweizer Eigentümerstruktur von Alpiq. Damit soll der Konzern deutlich verkleinert werden, schreibt Jürg Meier in der NZZ am Sonntag.
Am Freitag [5.4.19] hat Alpiq zwei Neuigkeiten bekanntgegeben. Eine Gruppe von 135 Pensionskassen unter Führung eines Fonds der Credit Suisse übernimmt die 25% Anteile, die der französische Stromriese EDF bisher an Alpiq hielt. Und: Alpiq soll von der Börse gehen.
Das Ziel der neuen Investoren ist glasklar: Alpiq soll komplett um- und zurückgebaut werden. Das neue schweizerische Aktionariat verfolgt «eine Refokussierung von Alpiq auf das schweizerische Stromerzeugungsgeschäft», heisst es in einem Papier, das an interessierte Pensionskassen ging. Und weiter: «Langfristig wird Alpiq somit zu einem reinen Eigentümer und Betreiber von Wasserkraftanlagen in der Schweiz.»
Mit anderen Worten: Alpiq wird zu einer Art riesigem Kraftwerk, das Schweizer Strom an seine schweizerischen Besitzer liefert, insbesondere Versorger im Welschland und im Raum Basel. Alpiq wird aus Sicht der neuen Investoren vor allem zwei Aufgaben haben: Erstens Wasserkraftwerke und – bis zu deren Abstelldatum – Kernkraftwerke zu betreiben. Und zweitens möglichst wenig zu kosten. (…)
Der Einstieg der Pensionskassen ist nicht risikolos. Sie übernehmen erhebliche Anteile an den Atomkraftwerken Gösgen und Leibstadt. Die Kosten der Entsorgung der Nuklearabfälle sind umstritten, vielen Experten ist längst klar, dass das vorgesehene Geld nicht reichen wird. Die Pensionskassen könnten da allerdings ungeschoren davon kommen: Werden die Beiträge für die Entsorgung erhöht, zahlen nicht sie das. Sondern wir Stromkunden.
Die Pensionskassen gehen mit ihrem Engagement zudem eine Wette auf den Strompreis ein. Auf den ersten Blick scheinen sie diese fast nicht verlieren zu können: Deutschland steigt aus der Atom- und später aus der Kohlekraft aus, Frankreich muss alte Atomreaktoren stilllegen. Das spricht für höhere Strompreise. Aber eine Wette bleibt eine Wette. Steigt der Strompreis stark, wird es Gegendruck geben, etwa von den vereinigten Industrieverbänden Europas.
NZZaS / Mitteilung CS / Handelszeitung /
“Rentnerschreck”
Katharina Fontana berichtet in der Weltwoche über die Initiative für eine generationengerechte Vorsorge von Josef Bachmann.
Bachmanns Initiative verlangt vereinfacht gesagt drei Dinge: Das Rentenalter wird an die Lebenserwartung gekoppelt, die Höhe der Altersrenten ist an die Rahmenbedingungen wie Demografie und Anlageerträge anzupassen, und die laufenden Renten der Pensionierten können gekürzt werden. Mit dem dritten Punkt hat Bachmann die Aufmerksamkeit auf sicher, denn es handelt sich um einen Tabubruch: Der Vorschlag, einer älteren Person die Rente zu kürzen, wirkt fast schon etwas unanständig. Doch Bachmann findet, dass auch die Pensionierten ihren Beitrag leisten müssten. Der Einwand, dass alte Menschen auf sichere Renten angewiesen seien, sei richtig, aber einseitig. «Auch Berufstätige haben mit Problemen zu kämpfen: Sie werden krank, verlieren den Partner oder den Job oder Ähnliches.»
Zudem gehe es nicht darum, die Rente auf einen Schlag drastisch zu reduzieren – wie das Japan habe tun müssen. Bachmann schwebt eine Regelung vor, wie sie die Pensionskasse seines früheren Arbeitgebers anwendet: eine Grundrente von 90 Prozent ist gesichert, hinzu kommt ein flexibler Bonusteil, der sich nach der Rendite richtet, welche die Pensionskasse erwirtschaftet hat; alle drei Jahre wird der Bonusteil moderat angepasst. Heute dürfen Pensionskassen eine solche Regelung nur für ihre Neurentner einführen, die Leistungen der Altrentner gelten laut einem Bundesgerichtsurteil dagegen als sakrosankt; mit Bachmanns Initiative würde sich das ändern.
“Es geht um den schlichten Menschenverstand”
Michael Ferber hat für die NZZ Martin Wagner, Geschäftsführer der CS-Pensionskasse, interviewt. Themen waren die Kapitalanlagen, die Zinssituation, der Umwandlungssatz, die neuen 1e-Pläne der Kasse und alternative Anlagen. Auszüge:
Viele Pensionskassen haben in den vergangenen Jahren auf die niedrigen Zinsen mit Leistungskürzungen reagiert, die Pensionskasse der Credit Suisse ja auch. Bei manchen Pensionskassen liegen die Umwandlungssätze nun bereits bei unter 5%. Wie tief können die Umwandlungssätze fallen, ohne dass die berufliche Vorsorge in Misskredit gerät?
Bei der Gesetzgebung des BVG hat man keinen Mechanismus eingeführt, der auf die immer höhere Lebenserwartung reagiert. Wenn man das aber nicht macht, wird das Pricing bzw. werden die Umwandlungssätze immer falscher. Deshalb ist die Frage nicht, ob wir die Legitimation der zweiten Säule aufs Spiel setzen, sondern es geht schlicht um den gesunden Menschenverstand. Es ist ein Fakt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in der Schweiz seit der Einführung des BVG 1985 etwa um vier Jahre gestiegen ist. Das Schlagwort ist «ökonomische Realität». Die Schweiz ist auch ein Margenland. Ein wichtiger Teil unserer Wertschöpfung kommt daher, dass wir Sachen veredeln, Dienstleistungen erbringen. In diesem Prozess operieren die Unternehmen mit gewissen Margen. Wir können diese nicht noch mehr komprimieren, sie sind ja so schon ständig unter Druck. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, einfach die Beiträge an die Sozialversicherungen zu erhöhen. Ich bezweifle, dass die Wirtschaft dies mittragen wird. Von daher habe ich Respekt für Länder wie die Niederlande oder Schweden. Dort wurden Mechanismen eingeführt, wie man die Zunahme der Lebenserwartung im Generationenvertrag abbildet.
Die Pensionskasse der Credit Suisse hat ja recht einschneidende Massnahmen angekündigt, um sich auf die Zukunft vorzubereiten – unter anderem deutlich niedrigere Umwandlungssätze und ab einer gewissen Höhe einen Zwang, die berufliche Vorsorge als Kapital zu beziehen. Greifen diese Massnahmen bereits?
Ja. Als eines der Ergebnisse sehen wir, dass wir mit den neuen Pensionierungen weniger Verpflichtungen aufbauen im Rentnerbestand und auch weniger Pensionierungsverluste erleiden. Das ist die Strategie, die unser Stiftungsrat definiert hat. Die Pensionierungsverluste werden konsequent über die nächsten Jahre hinweg reduziert.
1e-Plan für die CS-Pensionskasse
Die Pensionskasse der Credit Suisse meldet die Einführung eines 1e-Sparplans. Dazu heisst es in einer Mitteilung:
Die Pensionskasse der Credit Suisse Group (Schweiz) entspricht mit der Einführung des 1e-Kapitalsparens dem Bedürfnis nach mehr Flexibilität und Individualisierung in der Vorsorge. Dieser Sparplan ermöglicht Versicherten, die Anlagestrategie im überobligatorischen Bereich selber zu wählen – abgestimmt auf das persönliche Risikoprofil. Die Pensionskasse der Credit Suisse Group (Schweiz) bietet ihren Versicherten künftig die Wahl zwischen sechs Anlagestrategien mit unterschiedlicher Aktienquote, die je nach Strategie zwischen 0 und 75 Prozent beträgt. Versicherte können damit ihr überobligatorisches Vorsorgeguthaben entsprechend ihrer Risikofähigkeit und Risikobereitschaft investieren. Die Einführung des 1e-Kapitalsparens erfolgt auf den 1. Januar 2020. Die von den Versicherten initial gewählte Anlagestrategie lässt sich jederzeit und ohne Folgekosten anpassen.
Abstimmungsverhalten von Pensionskassen
Wieviel Freiheit haben die Pensionskassen in ihrem Abstimmungsverhalten bei GVs? Stehen sie allenfalls unter Druck der Arbeitgeberfirma, sich in deren Interessen zu verhalten? Die AZ führt das Thema eines früheren Artikels zur CS-PK fort. Andreas Möckli schreibt:
Sowohl das Verhalten der Pensionskasse von Novartis als auch der Credit Suisse werfen kritische Fragen auf. So hat jene von Novartis im letzten Jahr «das Stimmrecht im Sinne der Anträge des Verwaltungsrats der jeweiligen Gesellschaften ausgeübt», wie sie auf ihrer Website schreibt. Dies sei in den vom Stiftungsrat beschlossenen internen Richtlinien der Pensionskasse als Grundsatz vorgesehen.
Experten bemängeln dies. So etwa Vincent Kaufmann, Direktor der Genfer Anlagestiftung Ethos. Möglicherweise stünde die Kasse im Konflikt mit der Verordnung zur Abzockerinitiative. Dort heisst es, dass das Interesse der Versicherten als gewahrt gilt, wenn das Stimmverhalten dem dauernden Gedeihen der Vorsorgeeinrichtung dient. Für ihn sei die Verordnung nicht erfüllt, wenn eine Pensionskasse zu allen Traktanden einer Generalversammlung einfach Ja und Amen sage, sagt Kaufmann.
Das Vorgehen der Novartis-Pensionskasse sei undifferenziert, sagt Monika Roth, Professorin für Wirtschaftsstrafrecht an der Hochschule Luzern. Dies gelte unabhängig von der Verordnung zur Abzockerinitiative. «Wenn man grundsätzlich den Anträgen eines Verwaltungsrats folgt, so suggeriert man, dass dieser stets im Interesse der ganzen Firma und seiner Anspruchsgruppen handelt.» Das sei jedoch ein Konstruktionsfehler, sagt Roth. Dies zeige sich exemplarisch bei den Vergütungen. Hier habe der Verwaltungsrat ein Interesse daran, dass die Löhne und Boni von den Aktionären abgesegnet würden. Dabei gehe es ja auch um die Entschädigung der Verwaltungsräte selber.
Novartis sagt, die Kritik treffe nicht zu. Beim Abstimmungsverhalten handle es sich um einen Grundsatz. Dies schliesse Abweichungen im konkreten Anwendungsfall keineswegs aus. (…)
Auf Kurs – mit Substanzverlust
Publica, die Pensionskasse des Bundes musste im Geschäftsjahr 2018 eine Negativperformance von 3,26 Prozent hinnehmen. Zudem wurden per 1.1.2019 die technische Parameter angepasst. Das hat naturgemäss negative Auswirkungen auf den Deckungsgrad. Seit dem 1. Januar 2019 beträgt der Umwandlungssatz für Männer im Alter 65 bzw. für Frauen im Alter 64 neu 5,09 (5,65) Prozent.
Die Neubewertung der Vorsorgekapitalien der Rentner per 1. Januar 2019 führte zu einer Senkung des Gesamtdeckungsgrades auf 97,9 Prozent (von 101,2 per 31.12.2018). Die Publica gibt sich dennoch optimistisch”: “Dank der guten Kostenstruktur und der rechtzeitigen Anpassung der technischen Parameter an realistische Verhältnisse einerseits und der steten Optimierung der Prozesse andererseits bleibt Publica auf Kurs und fit für die Zukunft.”
Werner Enz schreibt in der NZZ zu den Ergebnissen:
Die turbulenten Dezembertage haben der Pensionskasse des Bundes, Publica, ebenso zugesetzt wie den meisten Vorsorgeeinrichtungen des Landes. Die negative Anlageperformance von 3,26 Prozent für das Gesamtjahr liess zwei offene Vorsorgewerke mit je 99,9 Prozent sogar ganz leicht in eine Unterdeckung geraten.
Die Erholung der Finanzmärkte in den ersten drei Monaten dürfte bei den Publica-Verantwortlichen für ein Aufatmen gesorgt haben, denn die Kapitalpolster sind mit Blick auf die effektiven Rentenverpflichtungen eher dünn. Der Deckungsgrad hat sich seit Jahresbeginn merklich erholt und lag Ende März gemäss ergänzenden Informationen knapp unter 102 Prozent. In Berücksichtigung der schwierigen Zinsverhältnisse wurde auf Anfang Jahr der technische Zins, der künftige Anlagechancen spiegelt, auf 2 Prozent für offene und lediglich 1,25 Prozent für geschlossene Vorsorgewerke abgesenkt. Als Folge davon mussten zulasten des Deckungsgrades die Kapitalien der Rentner verstärkt werden. Neu gilt für Frauen (64) und Männer (65) ein BVG-Umwandlungssatz von 5,09 Prozent. (…)
“Wackelrenten-Initiative ist verantwortungslos”
Der Gewerkschaftsbund kritisiert die “Vorsorge ja – aber fair” Initiative. In einer Pressemitteilung lässt der SGB verlauten:
Der SGB stellt sich vehement gegen das neu unter dem irreführenden Namen «Für eine generationengerechte Altersvorsorge» lancierte Initiativprojekt zur Einführung von Wackelrenten in der 2. Säule.
Eine Rente besteht in einem verlässlichen regelmässigen Einkommen. Sonst verlieren die Arbeitnehmenden jegliches Vertrauen in die 2. Säule. Dies hat auch das Bundesgericht Ende 2017 bestätigt. Laufende Renten geniessen «betragsmässig absoluten Schutz» und dies muss auch so bleiben. Das Fundament und der wichtigste Vorteil einer Pensionskasse ist, die Schwankungen der Kapitalmärkte über längere Zeiträume kollektiv zu tragen und die Arbeitnehmenden davor zu schützen, in einem schlechten Anlagejahr in Pension zu gehen.
Wer dieses Prinzip mit Wackelrenten angreift, stellt die Berechtigung der zweiten Säule in Frage. Mit Wackelrenten würden nicht nur die Anlagerisiken noch stärker auf die Versicherten überwälzt. Die Arbeitgeber würden dadurch auch von ihrer Sanierungslast befreit. Variable Renten sind deshalb in erster Linie Kostenoptimierungsmassnahmen für Firmen. (…)
Es ist deshalb nicht nur verantwortungslos, sondern auch zynisch, wenn die Befürworter der Wackelrenten – notabene ehemalige PwC-Pensionskassenführer mit einer viel höheren Rente – diese Realität verkennen. Solche Rentenmodelle werden bloss noch mehr Leute in die Ergänzungsleistungen treiben. Das ist unhaltbar.
Grüne Kapitalanlage
Dominic Wirth schreibt im Tagblatt über die Forderungen nach Klimaverträglichkeit im Finanzsektor im Rahmen der Diskussion um das C02-Gesetz.
Im Bundeshaus wird derzeit über das Co2-Gesetz debattiert. Es soll die Schweizer Klimapolitik für die Zukunft rüsten. Der Bundesrat anerkennt darin zwar, dass das Investitionsverhalten der Schweiz noch zu wenig klimaverträglich ist. Doch er will weiterhin nicht auf zusätzliche Regeln setzen, wie das andere Länder machen. Sondern auf Freiwilligkeit.
Den Linken ist das schon länger ein Dorn im Auge. So schimpfte etwa SP-Vizepräsident Beat Jans (BS) bei der Debatte über das Co2-Gesetz im Nationalrat, Banken, Pensionskassen und Versicherer seien «die grössten Klimaheizer unseres Landes». Tatsächlich beträgt der Co2-Ausstoss des Finanzplatzes ein Vielfaches dessen, was das ganze Land jährlich ausstösst.
Allmählich gewinnt das Thema nun auch in bürgerlichen Kreisen an Gewicht. Das zeigt sich etwa am Entscheid der Ständeratskommission, die Ziele des Pariser Abkommens explizit im nationalen Recht zu verankern. Dazu gehört auch die Bestimmung, die Finanzmittelflüsse klimaverträglicher zu gestalten. Der Nationalrat hatte auf diesen Schritt noch verzichtet. In der Ständeratskommission, die sich in diesen Tagen zum zweiten Mal mit dem Co2-Gesetz befasst, sieht das anders aus. Zudem sind dort auch Berichte zum Thema emissionsarme Finanzflüsse bestellt worden. Das stösst bei der neuen Umweltministerin, Simonetta Sommaruga, auf Anklang. Anfang März sagte sie im Interview mit der «NZZ am Sonntag», sie unterstütze die Absicht, auch den Finanzplatz ins Co2-Gesetz einzubeziehen, sehr.