Aus guten Gründen, wie sich zeigte. Diese Zeitung kam auf Umwegen an die einzelnen Berechnungen heran. Auffällig war bei den Auswirkungen für die Pensionskasse der Coiffeusen etwa, dass es bei den über 60-Jährigen am meisten Verliererinnen gab, nämlich 89 Prozent.
Das ist nicht plausibel, weil diese Versicherten weniger lang höhere Beiträge zahlen müssen und den vollen Rentenzuschlag bekommen.
PK-Experte André Tapernoux hat die Berechnungen für Proparis gemacht. Er erklärte diese Woche im Gespräch mit dieser Zeitung, dass er damit die zusätzlichen Kosten für die Pensionskassen ausweisen wollte, dass man daraus aber nicht auf die Rentenveränderungen aus Sicht der Versicherten schliessen könne.
«Die Zahlen wurden falsch interpretiert und sind so nicht korrekt», sagte Tapernoux. Gegenüber Radio SRF bestätigte auch Proparis-Geschäftsführer Michael Krähenbühl offiziell, dass die Zahlen nicht korrekt beziehungsweise irreführend seien.
«Wenn man es auf der Stufe der Versicherten anschaut – was kriegt jemand vor der Reform und was nachher – wäre das mit diesen Zahlen so gesehen nicht korrekt.»
Für die Berechnungen zu den Rentenveränderungen – also wie viele Prozent der Versicherten gewinnen und wie viel verlieren – habe er sämtliche Zusatzkosten für die Pensionskassen auf die Versicherten überwälzt, sagt Tapernoux. So seien die Zahlen mit den Rentenveränderungen entstanden.
Natürlich könne man aber heute noch nicht sagen, wer für die vorübergehenden Zusatzkosten aufkommen werde, und es sei unwahrscheinlich, dass die über 50-Jährigen diese Kosten tragen müssten.
«Heute würde ich diese Zahlen nicht mehr so ausweisen und darstellen», sagt der PK-Experte. Offen ist, weshalb Proparis nicht eingegriffen und die falsche Darstellung und in der Öffentlichkeit korrigiert hat. Aus dem Umfeld von Proparis hat diese Zeitung schon letzte Woche erfahren, dass die Zahlen «politisch gefärbt» seien.
Dass die Reform für das Gewerbe teuer ist, ist unbestritten. So gehört auch der ehemalige Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes und Proparis-Stiftungspräsident, Hans-Ulrich Bigler, zu den grössten Kritikern der Reform (entgegen der offiziellen Haltung des Gewerbeverbandes). Denn zur Finanzierung der Rentenzuschläge wird Geld umverteilt: von Jungen zu Alten und von Reichen zu Ärmeren.
Diese Umverteilungen sind dem Gewerbe ein Dorn im Auge. Gewerbler Bigler kämpft an der Seite von Gewerkschaftspräsident Maillard gegen die Reform. Wenn auch aus gänzlich anderen Gründen. Trotz Kompensationsmassnahmen von über 11 Milliarden Franken wird für den SGB zu wenig umverteilt. (…)
Die fehlerhaften Zahlen zu den Rentenveränderungen sind aber nicht der einzige Bock, den sich die Stiftung geleistet hat. Proparis publizierte auch eine Medienmitteilung mit einer falschen Grafik.
Darauf waren Rentenverluste von bis zu 10’000 Franken ausgewiesen – was unmöglich ist. Später korrigierte die Stiftung die Grafik wieder – sie ist aber immer noch im Internet zu finden.
Kein gutes Licht wirft die Geschichte auch auf den SGB, der mit den Zahlen von Proparis Kampagne macht. Auf die Frage, ob der SGB die Zahlen von Proparis auf die Plausibilität hin überprüft habe, antwortet er: «Es gab für uns weder einen Anlass noch eine Möglichkeit, die Berechnungen des Autors infrage zu stellen. Wir sind davon ausgegangen, dass die in der Unterlage enthaltenen Zahlenbeispiele und Aussagen korrekt sind».
Der SGB macht es sich einfach: Er hatte nie mit Tapernoux über die Berechnungen gesprochen. Und er versucht den Spiess umzudrehen und wirft den Pensionskassen Geheimniskrämerei vor, weil sie ihre Berechnungen nicht öffentlich machen.
Der Gewerkschaftsbund werde seine Unterlagen anpassen, sobald klar sei, welche Zahlen irreführend sind. Grundsätzlich hält der SGB daran fest, dass den Coiffeusen mit der Reform eine Verschlechterung drohe.