Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass die SVP bei einer wichtigen Abstimmung uneins daherkommt. Schon bei der 13. AHV-Rente zeigte sich eine Spaltung zwischen der Basis und der Führung der SVP.
Die Partei lehnte die zusätzliche Rente ab, doch fast die Hälfte ihrer Wählerschaft war dafür. Die Gewerkschaften feierten einen historischen Sieg – mit freundlicher Unterstützung aus der SVP. (…)
Sozialpolitische Themen waren für die SVP schon immer eine heikle Sache. Die Forschung zeigt, dass die SVP in den tiefsten Einkommensschichten die beliebteste Partei ist.
Die Sozialpolitik der SVP ist jedoch klar bürgerlich. Das Motto lautet: Man schaut für sich, der Staat hilft nur in der Not.
Die SVP-Wähler sind mit diesem Grundsatz einverstanden. Doch sie denken dabei in erster Linie an die Invalidenversicherung, die Sozialhilfe, das Asylsystem. Bei der Altersvorsorge aber wird die Sozialpolitik persönlich, sie betrifft alle Wählerinnen und Wähler. (…)
Und jetzt, bei der BVG-Reform, ist die Situation für die SVP doppelt verzwickt. Denn es gibt in ihrer Basis nicht nur eine Kritik von Leuten mit kleinen Einkommen. Sondern auch eine Kritik von Arbeitgebern.
Mit der Reform würden der Koordinationsabzug und die Eintrittsschwelle zum BVG-System gesenkt, um neu Teilzeitarbeit und kleine Löhne zu versichern. Das Gewerbe und die KMU müssten mehr zahlen. Die Bauern fürchten, bald ihre Saisonniers und Hilfsarbeiter versichern zu müssen.
Es sind solche Argumente von Kleingewerblern, die in der Solothurner Sektion das Nein ermöglicht haben und nun zu einem Konflikt mit der Parteispitze führen. Für die SVP ist das unschön. Das Gewerbe und die Bauern gehören zu ihrer DNA. 1971 ging die SVP aus der damaligen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei hervor.
NZZ