So dürften die publizierten Zahlen für kaum einen Einzelfall zutreffen, sondern höchstens grobe Tendenzaussagen zu den direkten Folgen für gewisse Falltypen erlauben.
Eine ähnliche Tabelle hat die Beratungsfirma VZ Vermögenszentrum in einer Studie vom vergangenen Monat veröffentlicht. Im Unterschied zu den Bundesschätzungen haben diese Berechnungen laut VZ auch gewisse Karriereentwicklungen und damit Lohnsprünge berücksichtigt.
Beide Tabellen führen zu ähnlichen Tendenzaussagen. Hier zwei davon für Versicherte, die nur im gesetzlichen Minimum (BVG-Minimum) versichert sind: Bei Jahreslöhnen bis 50 000 Franken dürften die Jahresrenten in praktisch allen Altersgruppen steigen; und bei Jahreslöhnen von 70 000 bis knapp 90 000 Franken dürften die Renten zumindest in den Altersgruppen zwischen 35 und 55 sinken.
Laut Modellrechnungen der Beratungsfirma BSS für die Frauenorganisation Alliance F dürfte die Reform bei rund 85 Prozent aller Versicherten keine direkten Auswirkungen auf die Rentenhöhe haben – weil die Abdeckung dieser Versicherten heute deutlich über das gesetzliche Minimum hinausgeht.
Bei etwa 10 Prozent der Versicherten dürften laut den Schätzungen die Renten steigen, und bei etwa 5 Prozent dürften sie sinken.
Entscheidend bei der Suche nach Profiteuren und Nettozahlern ist aber der Saldo von Rentenänderung und Beitragsänderung. Damit kommt man auf noch dünneres Eis.
Der Bund hat in seinen theoretischen Modellrechnungen für Direktbetroffene, die praktisch immer nur im BVG-Minimum versichert sind, drei grobe Wirkungskategorien genannt:
- Höhere Renten und höhere Beiträge: Personen mit einem Jahreslohn unter 60 000 Franken und Mehrfachbeschäftigte.
- Tiefere Renten und tiefere Beiträge: 40- bis 60-Jährige mit einem Jahreslohn von konstant über 80 000 Franken.
- Höhere Beiträge und tiefere Renten: Auf diesen unglücklichen Falltyp stürzen sich die Kritiker genüsslich. Bei diesen Fällen genügt in Bezug auf das Rentenniveau die Ausweitung des versicherten Lohnteils nicht, um die Senkung des Mindestumwandlungssatzes zu kompensieren. Laut Bund gehören zu diesem Falltyp Personen bis Alter 30 mit einem Jahreslohn von konstant mindestens 75’000 Franken. Und 35- bis 50-Jährige mit einem Lohn von konstant zwischen 65’000 und 80’000 Franken.
Auch wohlmeinende Beobachter kritisieren dies als handwerklichen Fehler. Ein genannter Hauptgrund dahinter: Der neu in Prozent errechnete Koordinationsabzug beim versicherten Lohn führt dazu, dass bei den höheren Löhnen im Obligatorium der versicherte Lohnteil zu wenig steigt, um die Senkung des Umwandlungssatzes auszugleichen. Dies hätte sich laut Beobachtern durch Ergänzung mit einem Deckel des Koordinationsabzugs in absoluten Zahlen weitgehend verhindern lassen.
Die genannten Betrachtungen sagen mit Ausnahme des letztgenannten Falltyps noch nichts über den Saldo der Wirkungen aus. Und auch ohne die eher realitätsfernen Annahmen würden die erwähnten Berechnungen nicht das volle Bild zeigen, denn die indirekten Wirkungen sind nicht berücksichtigt.
Zu diesen Wirkungen zählt die höhere Verzinsung des Vorsorgekapitals für die Jüngeren dank der Senkung des Umwandlungssatzes. Das dadurch erhöhte Kapital erhöht später auch die Rente. Dieser Effekt wird aber wegen der Rentenzuschläge für die Übergangsjahrgänge zur Kompensation der Senkung des Umwandlungssatzes erst weit später einsetzen.
Zur Gesamtwirkung aller Elemente lassen sich angesichts der Komplexität bestenfalls grobe Tendenzaussagen machen. Hier ein Versuch: Die meisten Versicherten sind von der Reform nicht direkt betroffen, aber fast alle sind indirekt betroffen, wenn auch oft nicht sehr stark; die Wirkungen hängen vom Einzelfall ab; die Lohngruppen über 90 000 Franken sind wenig betroffen, aber tendenziell eher Nettoverlierer; innerhalb der Lohngruppen bis knapp 90 000 Franken sind die tiefen Gruppen eher Nettogewinner; die Übergangsjahrgänge sind vor allem in den tieferen Lohnklassen eher Nettogewinner; die Jüngeren sind zunächst eher Nettoverlierer, doch sehr langfristig sollte sich dies umkehren.