Tages-AnzeigerProparis, die Vorsorgestiftung des Gewerbes, kommt in ihrer Analyse der Folgen der BVG-Reform zum Schluss, dass mittelständische Angestellte die Verlierer wären. Der Tages-Anzeiger schreibt dazu:

Wer als Gärtnerin, Metzger oder Coiffeuse arbeitet, muss bei einem Ja zur BVG-Reform mit teils empfindlichen Renteneinbussen im Alter rechnen. Dies zeigen Berechnungen der Stiftung Proparis, die laut eigenen Angaben mit ihren Pensionskassen über 70’000 Menschen aus knapp 10’000 angeschlossenen Gewerbebetrieben versichert.

Demnach würde die BVG-Reform bei 58 Prozent der Proparis-Versicherten zu einer tieferen Rente führen. Laut den Unterlagen der Stiftung, die dieser Redaktion vorliegen, ist die Bilanz vor allem für die über 50-Jährigen schlecht. In der Altersgruppe über 60 sind es sogar 63 Prozent, die aufgrund der Reform mit weniger Geld im Alter auskommen müssten.

Einzelne Branchen trifft es besonders hart. In der zu Proparis gehörenden Pensionskasse Coiffure & Esthétique liegt der Anteil der «Verlierer» bei den über 50-Jährigen bei 79 Prozent. Fast ebenso schlecht sind die entsprechenden Quoten in den Pensionskassen der Milchwirtschaft (75 Prozent), nur wenig besser bei Metzgern, Gärtnern und Floristinnen (rund zwei Drittel).

Wie stark die Renten jeweils sinken, hängt von der individuellen Situation der Versicherten ab. Die Verluste können aber durchaus schmerzhaft sein – bei vielen Coiffeusen zum Beispiel errechnet Proparis Kürzungen von mehr als einem Drittel. Proparis-Vizepräsident Aldo Ferrari spricht auf Anfrage von einem durchschnittlichen Rückgang um 12 Prozent. (…)

Auch Proparis anerkennt, dass die Vorlage für einen Teil ihrer Versicherten die Renten verbessert. Dazu zählen insbesondere «die älteren Personen, die sehr tiefe Leistungen versichert haben». Diese Leute müssten dafür allerdings bis zur Pensionierung sehr viel höhere Beiträge zahlen, schreibt Proparis.

Insgesamt ist das Fazit der Stiftung überaus negativ: «Die BVG-Reform ist für Proparis beziehungsweise Unternehmen und Versicherte sehr ineffektiv.» Vizepräsident Ferrari wird im Gespräch noch deutlicher. «Eine Katastrophe» nennt er die Vorlage.

Melanie Mettler kontert. Gerade im Gewerbe werde diese Reform vielen Menschen erstmals überhaupt eine BVG-Rente bringen, sagt die Berner GLP-Nationalrätin, die den Reformprozess im Parlament mitgestaltete. Besonders profitieren würden die Frauen, von denen viele in Tieflohnberufen oder in niedrigen Pensen arbeiteten: «Eine Viertelmillion Frauen wird bei einem Ja zum neuen Gesetz bessergestellt.»

Mettler hält fest, dass die Vorlage «die Quersubventionierung auf Kosten der Erwerbstätigen» korrigiere. Dass «eine Minderheit der Versicherten diese Anpassung spürt», stellt sie nicht in Abrede. Für sie ist dies jedoch eine Konsequenz vergangener Versäumnisse: «Wir hatten jetzt 20 Jahre Reformstau. Dieser Kompromiss macht uns endlich handlungsfähig.»

Auf die Debatten innerhalb der KMU-Landschaft darf man jedenfalls gespannt sein. Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) hat zwar schon im letzten Herbst die Ja-Parole beschlossen, dies sogar recht deutlich. Verbandspräsident Fabio Regazzi traut dem Frieden jedoch nicht so ganz. «Damals sprach noch niemand von der 13. AHV-Rente, die nun möglicherweise ebenfalls Lohnbeiträge kosten wird», sagt der Tessiner Ständerat und Mitte-Politiker. Er kann sich jedenfalls vorstellen, dass nun «Gegenwind spürbar wird».

  TA