Tele-Züri verdanken wir einen Einblick in die Begeisterungsstürme der Gewinner der BVG-Abstimmung. Sie scheinen völlig aus dem Häuschen zu sein. Grenzenloser Jubel beim Gewerkschaftsbund und der SP. Jacqueline Badran muss sich vor Rührung sogar eine Träne aus den Augen wischen. Was für ein Triumph!
Als Beobachter ist man doch etwas ratlos und fragt sich, ob der Anlass solche Emotionen rechtfertigt. Eine Abstimmung zu gewinnen, ist zweifellos erfreulich, aber gleich so überschwänglich? Was haben die Reformgegner erreicht?
Die für das Funktionieren des BVG notwendige und längst fällige Senkung des Mindestumwandlungssatzes wurde verhindert. Dies trifft vor allem die Angestellten von KMU mit BVG-nahen Kassen, also mehrheitlich Bezüger unterdurchschnittlicher Löhne. Sie leiden weiterhin unter der erzwungenen Umverteilung.
Verhindert wurde eine flachere Beitragsstaffelung, die älteren Arbeitnehmern die Stellensuche erleichtern könnte. Offenbar auch kein Anliegen des SGB oder der SP.
Versicherte, die Teilzeit arbeiten, wären mit der Reform deutlich bessergestellt worden. Davon hätten vor allem Frauen profitiert. Was haben wir in den letzten Jahren nicht alles hören müssen von den benachteiligten Frauen im BVG, vom Gender Pension Gap, von der grassierenden Rentenungerechtigkeit. Kein Interesse mehr bei SP und Grünen? War wohl alles nie wirklich ernst gemeint.
Man kann darüber spekulieren, was die Motivation für das Referendum war. Die Demonstration des politischen Machtanspruchs? Der Kampf gegen die berufliche Vorsorge und das System der Pensionskassen? Oder der sozialistische Umbau der Schweiz zur Überwindung des Kapitalismus?
Natürlich hatte die Reform ihre Schwächen. Die unverständliche Streichung des Anrechnungsprinzips und das administrativ aufwendige Zuschlagsmodell mit neuer Umverteilung bereiteten den PK-Verantwortlichen schlaflose Nächte. Säule. Aber das war ihr Problem, nicht das der Gewerkschaften. Dass das Parlament mit der Erhöhung des versicherten Lohnes durch den flexiblen KA und die Senkung der Eintrittsschwelle über das Ziel hinausgeschossen ist, hat etwas für sich. Aber ein Zuviel des Guten als Grund für ein Referendum?
Wie konnten die linken Gegner die grosse Mehrheit der Stimmbürger überzeugen? Mit dem Slogan «Mehr zahlen für weniger Rente» und den nicht enden wollenden Angriffe auf die «Finanzindustrie». Vielleicht noch mit der Behauptung, die Senkung des UWS habe sich erledigt. In grössere geistige Unkosten haben sie sich nicht gestürzt. War offenbar auch nicht notwendig, wie sich gezeigt hat.
Bei Lichte besehen war die Warnung vor «mehr zahlen für weniger Rente» eine Lüge und die ewigen Angriffe auf Banken und Versicherer schwach und im Grunde längst nur noch peinlich. Die aktuellen Zinssenkungen zeigen, dass der UWS weiterhin viel zu hoch ist.
Man macht die 2. Säule schlecht und schädigt damit das sozialpartnerschaftliche Modell, das man zur Hälfte mitträgt. Schwer zu verstehen. Aber freuen können sich die Leute, das muss man ihnen lassen!
Wie realitätsfremd die Linke mittlerweile in Fragen der Altersvorsorge politisiert, wird mit der Idee von Badran deutlich, für «etwas mehr Geld in die AHV» eine Rente von 6000 Franken zu versprechen. Das ist so offenkundig absurd, dass man nur hoffen kann, dass sich eine solche Politik früher oder später selbst demontiert. Hoffentlich bevor das System kollabiert.
Peter Wirth, E-Mail