Heinz Zimmermann: Marktnahe Fiktionen
In der Weltwoche, Ausgabe vom 26.1.11, schreibt Heinz Zimmermann, Finanzwissenschaftler an der Uni Basel, über die Forderung nach marktnahen Bewertungen und deren unerfreulichen Konsequenzen. “Lebensversicherungen, Anlagestiftungen und Pensionskassen müssen ihre Anlagen selbst dann zu aktuellen Marktwerten ausweisen, wenn sie auf den entsprechenden Märkten gar nicht gehandelt werden. An die Stelle des tatsächlichen Marktes tritt eine «marktnahe Bewertung» – also die Fiktion eines Marktes, den es in Wirklichkeit nicht gibt.
Man unterstellt damit eine Veräusserbarkeit von Risiken in Bereichen, wo diese weder existiert noch angestrebt wird oder erforderlich ist. Das führt zu absurd anmutenden Vorschriften, so etwa bei den Liegenschaften: Weshalb sollten diese in der Bilanz zu einem inexistenten Marktwert bewertet werden, wenn ihre ökonomische Rolle darin besteht, im Hinblick auf die projizierten Leistungen einen langfristigen Einkommensstrom zu erzeugen? Man kann jeden noch so illiquiden Vermögenswert mit einer Bewertung versehen, was je nach Betrachtungsweise (zum Beispiel Steuern oder Versicherung) durchaus erforderlich sein kann.
Es ist indessen eine andere Frage, ob die Fiktion einer marktnahen Bewertung darüber Aufschluss geben soll, ob sich Vermögens- werte zur Erbringung von Vorsorgeleistungen eignen und von den Regulierungsbehörden anzuerkennen sind. Doch scheint der regulatorische Trend die Vorsorgevermögen undifferenziert als Handelsposition zu betrachten, auch wenn weder Pensionskassen noch Lebensversicherer Liegenschaften aus kurzfristigen Handelsmotiven halten. (…)
Wegen dieser praxisfernen Vorschriften bleibt den Vorsorgeeinrichtungen nur eines: die Flucht in marktgängige und regulatorisch unverfängliche Anlagen, namentlich in- und ausländische Staatsanleihen. Denn diese sind ja sicher und stets handelbar. Und weil dies mittlerweile alle institutionellen Anleger tun, zerstört man genau das, was alle suchen, nämlich Liquidität und eine angemessene Rendite. Gerade jene Investoren, welche aufgrund ihrer ökonomischen Natur eine langfristige Anlagestrategie verfolgen und illiquide Anlagen halten könnten, werden durch die gesetzlichen Vorschriften gezwungen, sich wie Händler zu verhalten. Immobilien werden durch Staatsanleihen ersetzt, weil sie auf einfache Weise marktnah bewertet werden können und die Risikomodelle viel einfacher anzuwenden sind.
Diese ökonomisch unverständliche Verhaltensweise ist ab Januar mit der Umsetzung des Swiss Solvency Test, kurz SST, zum Gesetz erhoben worden: Er könnte dazu führen, dass Versicherer ihre Immobilienbestände im grossen Stil durch Staatsanleihen ersetzen. Der Zeitpunkt könnte nicht ungünstiger gewählt sein.
Ethos zu Say on Pay
“2011 werden 33 der hundert grössten Schweizer börsenkotierten Unternehmen ihre Generalversammlungen konsultativ über die Manager-Vergütungen abstimmen lassen. Das sind dreizehn mehr als im Jahr 2010. Dieser Fortschritt ist unter anderem auf die Sensibilisierungsbemühungen von Ethos zurückzuführen und zeigt den Willen der Unternehmen zur Selbstregulierung. Allerdings sind diesbezüglich weitere Fortschritte nötig, um den Forderungen institutioneller Investoren zu genügen und dem Regulierungsdruck standzuhalten”, schreibt Ethos in einer Mitteilung.
Aber auch über Wahlen in den Verwaltungsrat, die Decharge oder Kapitalerhöhungen müssen die Investoren professionell und in Kenntnis der Sachlage entscheiden, heisst es weiter. Ethos hat zu diesem Zweck seine Richtlinien zur Ausübung der Stimmrechte und Grundsätze zur Corporate Governance überprüft und den jüngsten rechtlichen Änderungen und Entwicklungen der Best Practice im Bereich Corporate Governance angepasst. Sie enthalten insbesondere Kriterien zur Beurteilung von Vergütungssystemen. Die Ethos Richtlinien sind auf der Ethos website offengelegt. Dort können auch die Stimmempfehlungen von Ethos zwei Tage vor der Generalversammlung von schweizerischen Unternehmen eingesehen werden.
Say on Pay in der Schweiz / Ethos Richtlinien zur Ausübung der Stimmrechte
20 Minuten: Interview mit Dominique Biedermann
20 Minuten hat ein Interview mit Ethos-Direktor Dominique Biedermann geführt. Auszüge:
Werden Sie denn von den Verwaltungsräten ernst genommen?
Immer mehr. Heute sind über 100 Pensionskassen bei Ethos angeschlossen, die ein Vermögen von 140 Milliarden Franken verwalten. Das gibt uns eine gewisse Macht.
Sie haben nach der Busse der Schweizer Börse gegen die UBS angekündigt, an der Generalversammlung etwas gegen die alte UBS-Führung zu unternehmen. Was konkret?
Wir versuchen den aktuellen Verwaltungsrat zu überzeugen, dass er im Namen der Aktionäre eine Zivilklage gegen die ehemalige UBS-Führung einreicht. Wenn der Verwaltungsrat aber weiterhin nicht einverstanden ist, werden wir an der Generalversammlung Druck aufsetzen.
Wird sich Ethos einer allfälligen US-Sammelklage gegen die UBS anschliessen?
Wir hätten nie von uns aus eine Sammelklage lanciert, da wir Aktionär der Grossbank bleiben. Eine Sammelklage schwächt das heutige Unternehmen und richtet sich nicht an die Ex-Manager. Wenn andere aber eine Sammelklage einreichen, müssen wir mitziehen, damit auch wir von allfälligen Entschädigungen profitieren. Noch steht aber aus, ob wir zur Klage zugelassen sind.
NZZ: “Warum zieht Ethos nicht mehr Konkurrenten an?”
“Die 1997 aus zwei Genfer Pensionskassen entstandene und anschliessend stark in die ganze Branche gewachsene Ethos-Stiftung hat sich in der Schweiz im Markt für Unternehmenskontrolle erfolgreich als eine Art politischer Unternehmer eingerichtet. Die Institution unter der Führung von Direktor Dominique Biedermann und Präsident Kaspar Müller operiert als geschickte Kombination von Anlagevehikel, Aktionärsvertreter, Rating-Agentur, Think-Tank und moralischem Kompass in einem Markt, der voll Geld ist, für das oft fast verzweifelt nach guten Anlagemöglichkeiten gesucht wird. Die Ethos-Führung hat es verstanden, sich als Spezialist für «richtiges» Investieren von Anlagegeldern zu etablieren und von Kollegen aus vielen Pensionskassen das entsprechende Mandat und somit eine geballte monetäre Macht zu erhalten”, schreibt die NZZ und und fährt fort: “Von aussen gesehen, stellt sich die Frage, warum denn ein solches Tätigkeitsfeld mit derartigen Profilierungschancen nicht mehr Akteure anzieht, die ihrerseits eigene Salär-Modelle, Corporate-Governance-Ideale sowie Manager-, Verwaltungsrats- und Firmen-Ratings den Investoren beliebt zu machen suchen. Vielleicht ist die Frage gar kein Thema, vielleicht ist Ethos in der Schweiz einfach der erste solche «Broker», dem weitere folgen werden.”
IPE: European Commission to unveil updated IORP Directive
The European Commission is set to publish a draft of a revised IORP Directive by the end of this year, according to Michel Barnier, EU commissioner for Internal Markets and Services. Because fewer than 80 pension schemes have developed cross-border pension arrangements in Europe based on the initial IORP Directive of 2003, the new draft will focus on transparency to make better use of the directive’s benefits, Barnier said during a meeting of the Dutch Pension Federation in Brussels.
Although the new IORP proposals will include solvency rules, the Commission will not make all rules of Solvency II applicable to pension funds, "as we prefer substance to convention", the commissioner said.
Performance-Vergleich per Ende 2010
Die Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen KGAST hat ihren Jahresendvergleich per 31.12.2010 publiziert. Zusammengefasst und verglichen werden die Resultate von 26 Anlagestiftungen mit insgesamt 318 Anlagegruppen und einem Gesamtvermögen von 77,3 Mrd. Fr. Wie üblich sind die Mischvermögen von besonderem Interesse, weil sie einen Hinweis geben auf Performance der Pensionskassen generell. Bei den Gruppen mit einem Aktienanteil von 20 – 30% liegen die Ergebnisse für 2010 zwischen 4,1 (Pictet) und 1,7% (Sarasin). Das über zehn Jahre erzielte Bestergebnis beträgt 2,7% (IST). Gut abgeschnitten haben aufgrund der Zinsentwicklung im Berichtsjahr die Obligationengruppen. Die AWI schwingt bei den Obli Schweiz mit 4,1% obenaus, über zehn Jahre kommt die CS auf 3,9%. Bei den Fremdwährungsobligationen mussten wegen der Währungsentwicklung Minuszahlen zwischen –1,4 und –4,9% hingenommen werden. Bei den Aktien Schweiz sieht es für 2010 nicht schlecht aus mit teilweise über 6% Performance (CS und Allianz), hingegen ernüchtern die 10-Jahresdaten, die um 0% (!) oszillieren.
“Die Schweiz bleibt attraktiver Standort für Immobilieninvestments”
Die Attraktivität von Immobilien-Investments in der Schweiz bezeichnen über 80 Prozent der befragten Unternehmen und Investoren im Immobilien-Markt in einer Studie von Ernst & Young als hoch. Zudem bewerten knapp 90 Prozent der Befragten den Standort Schweiz attraktiver als die benachbarten europäischen Staaten. Als wichtiger Grund wird hierbei die volkswirtschaftliche Stabilität genannt. 85 Prozent der Befragten erklären die steigende Nachfrage nach Immobilieninvestments mit den zunehmenden Inflationsbefürchtungen. Eine Mehrheit erwartet 2011 ein grösseres Transaktionsvolumen gegenüber dem Vorjahr, wobei vor allem Wohnimmobilien im Fokus stehen. Dies sind Ergebnisse aus der erstmaligen Umfrage von Ernst & Young zum Immobilien-Investmentmarkt, welche unter den bedeutendsten Unternehmen und Investoren in diesem Segment durchgeführt wurde.
NZZ: “Beschönigende Sterbetafeln”
Die neuen BVG-2010-Grundlagen stellen neu auch Generationentafeln zur Verfügung. Pascal Renaud (Aon Hewitt) erwartet, dass viele Pensionskassen nun von Perioden- auf Generationentafeln wechseln. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sei die Anwendung der Generationentafeln konsequent.
Christian Dreyer, Geschäftsführer der Pensionskassen-Beratung Tertium datur, hofft, dass die neuen technischen Grundlagen für viele Pensionskassen ein «Weckruf» sind. Laut ihm hinken viele Kassen der Realität hinterher. Einrichtungen, die sich bei der Lenkung ihrer Bilanz nach Periodentafeln richteten, schauten lediglich in den Rückspiegel, sagt Dreyer. Mit den Generationentafeln blicke man wenigstens nach vorn, wenn auch nicht um die Kurve, heisst es in der NZZ.
Strukturreform: Stellungnahme der Swiss VE
Die Swiss Vorsorgestiftungen haben sich mit einer Stellungnahme in der Vernehmlassung zur Strukturreform geäussert. Es heisst dort: “Grundsätzlich möchten wir vorab festhalten, dass viele neue Vorschriften im Entwurf nicht Elemente der Strukturreform sind und auch – trotz Referenzierung – keine gesetzliche Grundlage im BVG haben. Die neuen Vorschriften haben einerseits einen Kostenschub für die Pensionskassen (neue Oberaufsicht, höhere und daher teurere Kontrollpflichten der Revisionsstellen) zur Folge und anderseits greifen sie wesentlich in die Kompetenzen des verantwortlichen obersten Organs ein. In Bezug auf die strengeren Vorschriften für die Organe der Vorsorgeeinrichtungen schiessen die in der Vernehmlassung gegebenen Verordnungsbestimmungen über das Ziel hinaus. Sie hebeln dem obersten paritätischen Organ die sinnvollerweise zugedachten Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in der Verordnung aus und übertragen faktisch die Führungsverantwortung der Pensionskassen den Revisionsstellen und Experten der beruflichen Vorsorge.”
CS PK-Index: Hoffnung am Jahresbeginn
Der Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index (blaue Linie in Abbildung), der zu Beginn des Jahres 2000 mit 100 Punkten gestartet wurde, zeigt sich “in sonnigem Winterwetter”, wie die CS etwas sehr euphorisch schreibt. Im Berichtsquartal legte der Index um 1,28 Punkte resp. 1,03 % zu und liegt per 31. Dezember bei 125,33 Punkten. Zum Resultat haben der Oktober 1,28 % und der Dezember 0,45 % beigetragen, während der November ein Minus von 0,69 % zu verzeichnen hatte. Die BVG-Mindestverzinsung (rote Linie in Abbildung), ebenfalls ausgehend von 100 zu Anfang des Jahres 2000, legte im Berichtsquartal um weitere 0,5 % resp. 0,67 Punkte auf den Stand von 136,71 zu. Die Differenz verringerte sich dadurch auf 11,38 Punkte. Für das Anlagejahr 2010 wurde eine Rendite von 3,01% verzeichnet. Somit wurde der BVG-Mindestzins um 1,01% übertroffen. Die annualisierte Rendite des Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index (Tabelle 1c) beträgt per Quartalsende 2,07%. Dem gegenüber steht die annualisierte BVG-Mindestverzinsung, welche 2,88 % beträgt.
WEF-Vorbezug: “Riskante Form des Eigenkapitals”
Gut eine halbe Million Eigenheimbesitzer in der Schweiz haben ihren Traum von den eigenen vier Wänden mit Hilfe ihrer Altersvorsorge verwirklicht. Die seit dem Jahr 1995 bestehende Möglichkeit, Mittel aus dem Pensionskassenvermögen für den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum einzusetzen, nehmen jährlich rund 37 000 Personen in Anspruch, weniger als ein Prozent aller BVG-Versicherten. Diese Zahl ist im Zeitverlauf relativ stabil geblieben, schreibt die NZZ am Sonntag zu einer Untersuchung der UBS.
Durchschnittlich wird dabei ein Betrag von 60 000 bis 75 000 Fr. eingesetzt, etwa 10% des Mittelwerts für ein Eigenheim, für das im Schnitt 680 000 Fr. aufgewendet werden müssen. Dies belege, dass beim Einsatz von Geldern aus der zweiten Säule für den Kauf von Wohnungen und Häusern bisher «keine Übertreibungen stattgefunden haben», sagt Thomas Veraguth von der UBS.
Für den Immobilienanalysten der UBS ist der Vorbezug von Geldern der Pensionskasse (PK) «aus ökonomischer Sicht nicht unproblematisch». Denn die Eigentumsförderung, das erklärte Ziel des Vorbezugs, kollidiert mit den übergeordneten Zielen der Alterssicherung. Über die letzten 15 Jahre ist so eine Gesamtsumme von schätzungsweise 35 Mrd. Fr. aus den individuellen Altersrücklagen der Versicherten in deren Wohneigentum geflossen.
«Vorbezüger von Vorsorgegeldern setzen sich auf Jahre den einseitigen, nicht diversifizierbaren und nicht zu unterschätzenden Risiken des Immobilienmarkts schutzlos aus», kritisiert Verguth. Eigenheime bewertet er im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen langfristig als «nicht attraktiv». Trotzdem würden bei nahezu einem Drittel aller Käufe von Neubauobjekten und bei rund einem Fünftel aller Transaktionen mit bestehenden Objekten Pensionskassengelder eingesetzt. In ihrer Studie zweifelt die UBS grundsätzlich an der Zweckmässigkeit dieser Form der Wohneigentumsförderung.
Erfolgreiche Erstemission der Patrimonium Anlagestiftung
Die im Jahr 2010 lancierte Anlagegruppe «Nachhaltige Wohnimmobilien Schweiz» der Patrimonium Anlagestiftung schloss die Erstemission per 31.12.2010 erfolgreich ab. Mit der Lancierung etabliert sich eine neue bankenunabhängige Anlagestiftung. Die Anlagegruppe bleibt geöffnet für Kapitalzusagen und Sacheinlagen.
Mit der Übernahme eines erstklassigen Liegenschaftsportfolios im Rahmen einer
Sacheinlage, werden der Anlagegruppe ab Beginn Mietertrage zufliessen, womit laut Mitteilung bereits im ersten Geschäftsjahr mit einer ansprechenden Rendite gerechnet werden kann. Zudem konnte in ein bereits laufendes Bauprojekt investiert werden.
Die auf zwei Säulen basierende Anlagestrategie – der Erstellung von Neubauten, welche
hohen ökologischen Anforderungen und ökonomischen Erwarten genügen müssen und dem
Ankauf von bestehenden Liegenschaften, welche ein Mietzinssteigerungspotential aus der
Vornahme von Sanierungen vor allem unter ökologischen Gesichtspunkten haben – wird
weiter verfolgt.
Die Patrimonium Anlagestiftung richtet sich ausschliesslich an Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge (2. Säule) und der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a). Das Nettovermögen der
Anlagegruppe betragt per Ausgabetermin 34.7 Millionen Schweizer Franken.
Burkhalter: BVG-Probleme “ungelöst”
In einer Rede am 17. Rheintaler Wirtschaftsforum in Widnau (SG) hat Bundesrat Didier Burkhalter zu mehr Selbstverantwortung aufgerufen. Nicht der Staat sei für alles zuständig, sondern jeder Einzelne müsse mehr Verantwortung tragen. Er gab ausserdem Auskunft über die Reform der Sozialversicherungen, insbesondere des BVG und der IV.
Zum Thema BVG führte Burkhalter aus: “In der beruflichen Vorsorge (BVG) sind Massnahmen erforderlich, denn das heutige System kann die Deckung der Renten durch das vorhandene Kapital früher oder später nicht mehr gewährleisten. Hier besteht das Risiko einer zunehmenden Umverteilung von den jüngeren Beitragszahlenden zu den älteren Rentnerinnen und Rentner. Dies ist besonders heikel in einem System, welches durch das Kapitaldeckungssystem finanziert ist. Das Parlament hat dieses Jahr eine Strukturreform in diesem Bereich des BVG verabschiedet, die es erlaubt, Massnahmen zu treffen, welche Risiken im System abbauen und damit das Vertrauen der Bevölkerung stärken sollen. Dazu gehört die Stärkung der Aufsicht, die Schaffung einer Oberaufsichtskommission auf Bundesebene, die Verstärkung der Transparenz- und Gouvernanz-bestimmungen sowie eine Kodifizierung der Anlagestiftungen.
Der Bundesrat wird Ende dieses Jahres einen umfassenden Bericht zum Zustand der 2. Säule und zu den erforderlichen Reformen vorlegen, für diesen Sommer ist somit eine Vernehmlassung zum Entwurf des Berichts geplant. Mit der letztjährigen Volksabstimmung hat die Bevölkerung signalisiert, welches Vorgehen sie nicht wünscht und welche Verbesserungen erwartet werden. Wir haben die Botschaft verstanden und die Strukturreform nimmt einen Teil dieser Anliegen auf, indem Aufsicht und Transparenz verstärkt werden. Allerdings bleiben die Probleme des BVG mit dieser Abstimmung ungelöst und das Projekt muss neu aufgegleist werden.”
Publica senkt Umwandlungssatz
Die Kassenkommission der Publica hat beschlossen, infolge der steigenden Lebenserwartung den Umwandlungssatz zu senken. Die Anpassung des Umwandlungssatzes erfolgt am 01. Juli 2012. Dieser wird für das Rücktrittsalter 65 statt der heute 6.53% neu 6.15% betragen.
Mit der Senkung des Umwandlungssatzes eliminiert die Publica eine technische Verlustquelle von jährlich rund 90 Mio. Franken. Von der Senkung betroffen sind alle versicherten Personen, welche nach dem 30. Juni 2012 in Pension gehen werden.
Um der damit verbundenen Kürzung der Renten entgegenzuwirken, hat die Kasse in den vergangenen Jahren Rückstellungen für die Senkung des Umwandlungssatzes in der Höhe von 480 Mio. Franken und Rückstellungen für die Langlebigkeit für die Rentenbeziehenden von 870 Mio. Franken geäufnet. Diese werden bis zur Senkung des Umwandlungssatzes weiterhin geäufnet. Anschliessend werden die Rückstellungen vollständig aufgelöst und den Altersguthaben der versicherten Personen bzw. den Rentendeckungskapitalien der Rentenbeziehenden gutgeschrieben. Damit soll sichergestellt werden, dass bereits laufende Renten zum Zeitpunkt der Senkung des Umwandlungssatzes nicht angepasst werden müssen.
Die Publica kann ihren Umwandlungssatz unter den BVG-Mindestumwandlungssatz von 6.8% senken, da ihre Leistungen über dem BVG-Minimum liegen. Zum Nachweis der Erfüllung der gesetzlichen Mindestpflicht wird für jede versicherte Person zur Berechnung der Mindestleistungen separat ein zweites Sparkonto mit dem Mindestumwandlungssatz nach BVG geführt.
Im EU-Pensionsfonds fehlen 84,5 Mio. Euro
Das Finanzdesaster der Pensionskasse für EU-Abgeordnete enthüllt ein internes Papier des Haushaltskontrollausschusses des EU-Parlaments.
• Die Verpflichtungen des Fonds beliefen sich Ende 2009 auf 262,1 Millionen Euro. Das Vermögen des Fonds betrug aber zum gleichen Zeitpunkt nur noch 177,5 Millionen Euro.
• Allein zwischen 2007 und 2009 verlor der Fonds 35 Millionen Euro an Wert.
• Im Jahr 2008 machte der Fonds 30,3 Prozent Verlust, weil mehr als zwei Drittel des Vermögens in Aktien angelegt wurden.
Dem Parlaments-Papier zufolge muss der Fonds jährlich eine Rendite von 10,5 Prozent erwirtschaften, um nicht ins Minus zu rutschen. Das ist ihm aber in den Jahren zwischen 1999 und 2009 nur drei Mal gelungen.
Bereits ab 2021 könnte das Vermögen des Fonds die Pensions-Ausgaben nicht mehr decken. Die Zahlungen müssten dann „durch den Parlamentshaushalt erfolgen“, heißt es in dem Papier. Die EU-Steuerzahler müssten in diesem Fall doppelt für die Pensionen der EU-Abgeordneten zahlen: Für den inzwischen geschlossenen Pensionsfonds, in den die Abgeordneten bis zur EU-Wahl 2009 freiwillig einzahlen konnten. Und für die 2009 neu eingeführte Gratis-Pension für alle Parlamentarier.


