Christian Levrat, Ständerat FR, Präsident der SP Schweiz, hat sich in seiner 1. Mai-Rede in Zürich zur Altersvorsorge 2020 und zur Frage des Rentenalters geäussert: “Wir lassen weder den Gewerbeverband noch die SVP mit ihrem freisinnigen Anhängsel unsere Renten zerstören. Der Bundesrat handelt richtig, wenn er die AHV-Reform und jene der zweiten Säule gleichzeitig behandelt. Er handelt richtig, wenn er die Erhaltung des Rentenniveaus anstrebt. Aber er scheitert an der Umsetzung seiner Versprechen. Die Senkung des Umwandlungssatzes der zweiten Säule auf 6 Prozent; der mögliche Verzicht auf eine Rentenanpassung an die Teuerung und die Lohnentwicklung; die Erhöhung des Rentenalters für Frauen ohne substanziellen Fortschritt in der Gleichstellung sind harte Schläge gegen unser solidestes, solidarischstes und gerechtestes Sozialwerk. Wir lassen die Bürgerlichen nicht das Rentenalter erhöhen, auch nicht in Tranchen von einem Monat pro Jahr, wie sie das seit einiger Zeit propagieren.”
AV2020
NZZ: Verschärfte Vorschriften für Alternative?
In der NZZ beschäftigt sich Michael Ferber mit den Überlegungen des Bundesrates zu einer Verschärfung der Vorschriften für alternative Anlagen, die bereits auch in die Vernehmlassungsvorlage zur Altersvorsorge 2020 Eingang gefunden haben. Ferber schreibt:
“Dabei geht es unter anderem um eine bessere Abgrenzung klassischer Obligationen von «neuartigen und strukturierten Forderungen», die in der Finanzmarktkrise im Vordergrund standen. Klassische Anleihen dürften nicht mit solchen Forderungen «durchsetzt» werden, heisst es in der Passage. Letztere seien sehr komplex, und deren Risiken unterschieden sich teilweise stark. Solche Forderungen sollten als alternative Anlagen gelten. Seit Anfang 2009 gilt für Pensionskassen eine Anlagelimite von 15% für alternative Anlagen. Bei einer strengeren Abgrenzung neuerer, derzeit unter Obligationen laufender Anlagen von «klassischen» Anleihen wäre dieses 15%-Kontingent in den vom Bundesrat erlassenen Anlagevorschriften schneller voll. Dies wäre im Interesse der Gegner alternativer Anlagen.”
In der NZZ wird dazu auch die Meinung des ASIP zitiert, der sich in seiner Stellungnahme gegen eine weitere Verschärfung der Vorschriften oder gar ein Verbot alternativer Anlagen wendet. Mit den 2009 in Kraft getretenen Änderungen sei den politischen Forderungen nach restriktiveren Anlagebestimmungen Rechnung getragen worden. Wer jetzt nach zusätzlicher Regulierung rufe, verkenne die bisherigen Anstrengungen und Entwicklungen in den Vorsorgeeinrichtungen, meint der Verband.
NZZ / Erläuternder Bericht (s.S. 85)
AV2020: Seniorenrat für UWS 6,4%
In einer Medienmitteilung zur Vernehmlassung über die Altersvorsorge 2020 hält der Seniorenrat fest: “Der SSR stimmt einer moderaten Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,4 Prozent zu. Dies nicht zuletzt, weil mit der Anpassung des Umwandlungssatzes der lästigen Polemik um die „Umverteilung von Jung zu Alt“ der Boden entzogen würde.
Die vorgesehenen Kompensationsmassnahmen sind so zu gestalten, dass die Mehrkosten für die davon Betroffenen tragbar sind. Aus Sicht des SSR ist es an der erwerbstätigen Bevölkerung bzw. den Sozialpartnern darüber zu befinden. Die Erhöhung des Mindestalters für den Rentenvorbezug von 58 auf 62 hält der SSR für eine zu grosse Einschränkung der Wahlfreiheit bei der beruflichen Vorsorge. Den Vorschlägen zur Verbesserung der Transparenz und betreffend der Aufsicht über die Versicherungsunternehmen stimmt der SSR zu. Auch verlangt er eine Überschussbeteiligung von 95 Prozent an die Vorsorgeeinrichtungen.”
AV2020: Stellungnahme der Publica, Vorschläge zum Umwandlungssatz
Die Publica, Pensionskasse des Bundes, hat eine eigene Stellungnahme zur Altersvorsorge 2020 eingegeben und wir stellen mit Freude fest, dass – ohne Absprache – die Positionen von Vorsorgeforum und Publica in weiten Teilen übereinstimmend wenn nicht gar identisch sind.
Besonders hervorzuheben sind die Ausführungen zum Umwandlungssatz. Die Publica stellt mit Berechtigung fest, dass die Senkung notwendig ist, verweist zudem auf die Tatsache, dass sie selbst im kommenden Jahr den Satz auf 5,65% senken wird. Woraus sich der einfache Schluss ziehen lässt, dass für einen Mindestsatz auf nationaler Ebene dies eigentlich als Richtgrösse genommen werden müsste. Aber die Publica geht noch einen Schritt weiter und fordert, wie dies u.a. auch Vorsorgeforum und ASIP tun, den Mechanismus zu seiner Festlegung zu ändern. Die Kasse hält fest:
“Der Mindestumwandlungssatz ist keine in einem politischen Prozess festzulegende Grösse, sondern ein zur Festsetzung finanzierter Leistungen unerlässlicher Parameter. Beim Umwandlungssatz handelt es sich auch nicht um eine starre Grösse, er hängt vielmehr von verschiedenen Faktoren ab. Aus diesen Gründen ist er im Gesetz nicht als fixer Betrag festzulegen, weil jede Änderung zur Anpassung an veränderte Faktoren eine Gesetzesänderung voraussetzen würde. Aus diesen Gründen ist der Mindestumwandlungssatz im Gesetz nicht als fixe Grösse, sondern – unter angemessener Berücksichtigung wirtschaftlicher und demografischer Faktoren – in Form einer Bandbreite zu umschreiben, allenfalls ergänzt mit objektiven Kriterien und Parametern. Die Festsetzung des jeweils gültigen Umwandlungssatzes soll durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe erfolgen.”
Weiter wird die Erhöhung des Frauenrentenalters begrüsst, aber auch festgestellt, dass die Uebergangsfrist von sechs Jahren viel zu lang ist. Die Senkung der Eintrittssschwelle auf 14’400 Franken wird als zu teuer verworfen. Schliesslich kritisiert die Publica auch die Ideen zur Ausfinanzierung der Uebergangsgeneration während 25 Jahren und empfiehlt als Alternative die Erwägung des Serra/Deprez-Modells.
Die Stellungnahme kann von der Website der Publica heruntergeladen werden, die in den vergangenen Tagen neu gestaltet worden ist und auf Geräten mit verschiedensten Bildschirmgrössen zu benutzen ist.
Stellungnahme Publica / Website Publica / Serra/Deprez-Modell
BV2020: NZZ-Interview mit Dominique Ammann
Dominique Ammann, Partner bei PPCmetrics, hat der NZZ-Reihe “Wirtschaft im Fokus” ein Video-Interview zur Altersvorsorge 2020 gegeben. Ammann gibt sich zurückhaltend optimistisch zu den Aussichten der Reform, deren Notwendigkeit er unterstreicht. Die angestrebte Paket-Lösung erachtet er als zweckmässig, beim Rentenalter meint er, mit dem Alter 65/65 könne angesichts der steigenden Lebenserwartung das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.
AV2020: Kommission für Frauenfragen gegen Angleichung der Rentenalter
Die Eidg. Kommission für Frauenfragen stellt sich gegen ein gleiches Referenzalter von Mann und Frau, wie das BSV in einer Mitteilung schreibt. U.a. heisst es: “Der Bundesrat schlägt für Frauen wie auch für Männer das (einheitliche) Referenz-Rücktrittsalter 65 Jahre vor. Die damit einhergehende Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre wird von der EKF zum gegenwärtigen Zeitpunkt klar abgelehnt. Solange die Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben weiter besteht und die Männer die unbezahlte, gesellschaftlich notwendige Care-Arbeit noch nicht in vergleichbarem Umfang wie die Frauen übernehmen, würde die bestehende faktische Benachteiligung der Frauen durch die rein formale Gleichbehandlung von Frau und Mann beim Rentenalter noch verstärkt.
Die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben – namentlich die Lohndiskriminierung – zieht eine Schlechterstellung von Frauen im Rentenalter nach sich. Unbezahlte Care-Arbeit wiederum ist eine Notwendigkeit, die das Zusammenleben in einer Gesellschaft erst ermöglicht. Diesen Aspekten wird in der Vorlage des Bundesrates keine Rechnung getragen. Diese Lücke muss bei den weiteren Konkretisierungsarbeiten der Reform unbedingt geschlossen werden.”
Mitteilung EFK / Stellungnahme EFK
AV2020: SVV für mehrheitsfähige Parameter
Der Schweiz. Versicherungsverband schreibt in einer Mitteilung zu seiner Stellungnahme zur Altersvorsorge 2020: “Die vom Bundesrat vorgenommene Betrachtung des Gesamtsystems stimmt grundsätzlich. Bei der Umsetzung der Reform ist es jedoch wichtig, dass nach klaren Prioritäten und mit überschaubaren Paketen vorgegangen wird. Die Reform ist dabei konsequent auf zwei Ziele auszurichten: Die Sicherung der Renten sowie die nachhaltige Finanzierung der ersten und zweiten Säule. Die Lebensversicherer unterstützen deshalb die Vorschläge des Bundesrates, das Rentenalter für Mann und Frau auf 65 Jahre festzulegen sowie die AHV über die Mehrwertsteuer finanziell zu stärken und durch einen Interventionsmechanismus zu stabilisieren. Ebenfalls begrüssen sie den Vorschlag, den Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge zu senken und diese Senkung durch geeignete Massnahmen zu kompensieren.
Die Lebensversicherer leisten zum Gelingen der Reform ihren Beitrag und konzentrieren sich dabei auf politisch tragfähige und konsensorientierte Lösungen. Sie verzichten auf versicherungstechnisch zwar gerechtfertigte, aber nicht mehrheitsfähige Forderungen wie einen Umwandlungssatz von unter 6% oder ein Rücktrittsalter von über 65 Jahren.
Die Lebensversicherer brauchen jedoch annehmbare Rahmendbedingungen, um den KMU’s weiterhin den Rundumschutz des Vollversicherungsmodells in der beruflichen Vorsorge anbieten zu können. Der Markt zeigt klar, dass dieses Angebot einem echten Bedürfnis entspricht: Jeder zweite Arbeitgeber hat sich für das Vollversicherungsmodell entschieden und die Nachfrage wächst stetig. Der heutige Mechanismus zur Überschussverteilung, die Mindestquote von 90%, muss deshalb beibehalten werden. Nur so kann das Risikokapital bereitgestellt werden, das für die garantierten Sicherheiten des Vollversicherungsmodells notwendig ist.”
AV2020: Stellungnahme Gewerbeverband
Der Schweiz. Gewerbeverband weist in seiner Stellungnahme zur Altersvorsorge 2020 das Vorhaben zurück und verlangt eine Neukonzeption. Begründet wird dies u.a. mit folgenden Punkten:
1. Der Preis der Gesamtvorlage ist aus Sicht des sgv entschieden zu hoch. Die Vorlage würde Initialkosten von rund 6 Milliarden Franken auslösen (erstes Mehrwertsteuerprozent, flankierende Massnahmen in der beruflichen Vorsorge plus Beitragsmassnahmen in der AHV), die bei der nachfolgenden zweiten Erhöhung der Mehrwertsteuersätze auf 9 Milliarden Franken und bei Aktivierung des Interventionsmechanismus auf jährlich über 12 Milliarden Franken ansteigen würden.
4. Die Vorlage ist nicht nur extrem teuer, sondern auch völlig einseitig ausgerichtet. Mehrkosten von bis zu 12,5 Milliarden Franken stehen bloss Nettoeinsparungen von rund 900 Millionen Franken gegenüber. Von Ausgewogenheit und von der viel gepriesenen Opfersymmetrie kann keine Rede sein. Eine derart unausgewogene Vorlage wird von den Steuer- und Beitragszahlern nicht akzeptiert werden können.
5. Störend ist, dass im erläuternden Bericht auf gewichtige Mehrausgaben wie etwa die markant steigenden Zusatzbelastungen für die Risikoversicherung in der beruflichen Vorsorge (als Folge der beantragten Erhöhung der versicherten Löhne) mit keinem Wort eingegangen wird. Es bleibt das ungute Gefühl, dass den Vernehmlassungsteilnehmern weitere unschöne Fakten vorenthalten werden. Wenn der Bundesrat schon in diversen Bereichen eine höhere Transparenz anstrebt, würde es ihm gut anstehen, selber offen und ehrlich zu informieren und Transparenz hinsichtlich der wahren Konsequenzen der Reform Altersvorsorge 2020 zu schaffen, indem er alle negativen Aspekte der beantragten Reform ungeschminkt auf den Tisch legt.
6. Das Reformpaket Altersvorsorge 2020 hätte einen massiven Verlust an Arbeitsplätzen zur Folge. Basierend auf dem erläuternden Bericht zur Vernehmlassungsvorlage muss davon ausgegangen werden, dass die Reform Altersvorsorge 2020 einen Verlust von rund 60’000 Arbeitsplätzen zur Folge hätte. Zieht man weitere nicht berücksichtigte Faktoren bei, muss davon ausgegangen werden, dass rund 100’000 Vollzeitstellen akut gefährdet würden.
7. Das Reformpaket Altersvorsorge 2020 hätte auch einen schmerzhaften Wachstumseinbruch zur Folge. Basierend auf den Berechnungsmethoden der Quellen, die in den Vernehmlassungsunterlagen angegeben werden, muss mit einer Wachstumseinbusse von rund 2 BIP-Prozenten gerechnet werden, was einschneidende Auswirkungen auf Beschäftigung und Wohlstand hätte.
10. Der sgv setzt sich seit langem für einen Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik ein. Angesichts der bereits sehr hohen Soziallastquote müssen die Leistungen inskünftig zwingend den vorhandenen Mitteln angepasst werden und nicht mehr umgekehrt. Aus diesem Grund ist der vorgeschlagene Interventionsmechanismus, mit dem ein zusätzliches Lohnprozent eingefordert werden könnte, entschieden zurückzuweisen. Die AHV braucht einen Interventionsmechanismus. Dieser muss aber so ausgestaltet sein, dass er leistungsseitig wirkt.
AV2020: SGB will weder Rentenalteranpassung noch Erhöhung des UWS
Der Schweizerischer Gewerkschaftsbund unterstützt zwar den Bundesrat in seinem Konzept einer Paketlösung für die Reform von AHV und BVG, aber damit hat es sich aber schon. Die wesentlichen Elemente werden allesamt abgelehnt. Die Stellungnahme bietet im Grunde lediglich eine Plattform zur Werbung für das AHVplus-Projekt.
In der Mittelung des SGB heisst es u.a:
- die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 trägt der Lebenssituation der Frauen über 60 nicht Rechnung. Ausserdem ist der Arbeitsmarkt schon heute nicht fähig, Personen in diesem Alter genügend Stellen anzubieten.
- mit dem Referenzrentenalter 65 steigt die Unsicherheit für die Beschäftigten. Ab dem Erreichen des frühesten Rücktrittsalters von 62 Jahren würde den Arbeitnehmenden häufiger die Kündigung drohen als heute und die Altersdiskriminierung damit verschärft. Ausserdem öffnet das Referenzrentenalter 65 Tür und Tor für eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre.
- Aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren in Rente gehen werden, ist eine Zusatzfinanzierung für die AHV für das nächste Jahrzehnt nötig. Der SGB unterstützt eine Zusatzfinanzierung in Form einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Aber auch höhere Lohnbeiträge dürfen kein Tabu sein. Sie wurden seit 1975 nicht erhöht.
Weiter lehnt der SGB “eine Schwächung der ohnehin schon tiefen Renten der obligatorischen beruflichen Vorsorge ab”. Die vorgeschlagene “drastische” Absenkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6% beruhe “auf einer dünnen Faktenlage”. Der SGB ist gegen einen Mindestumwandlungssatz von 6%. Die vorgeschlagenen Massnahmen für den Leistungserhalt kämen für die Menschen mit tiefen Löhnen sehr teuer zu stehen und würden ihr Budget während der Erwerbsarbeit schmälern.
Stellungnahme SGB / Mitteilung SGB
SVP: Stellungnahme “kompromisslos”
Die SVP gibt sich in ihrer Vernehmlassungsantwort zur Rentenreform des Bundesrats kompromisslos, schreibt die NZZ. Sie spreche sich gegen Mehreinnahmen jedweder Art für die Altersvorsorge aus und fordere zunächst den Tatbeweis der Politik, dass sie zu strukturellen Reformen fähig ist. Die meisten Punkte der Altersvorsorge 2020 lehnt sie ab und vor allem auch das vom Bundesrat gewählte Vorgehen. Die Partei spricht von «Megareform» und überladenem Konzept. Dieses sei darauf ausgerichtet, dass am Ende des politischen Prozesses einseitig auf Mehreinnahmen zurückgegriffen werden müsse – aufgrund sich rasch verschärfender Sachzwänge. Ein solches Vorgehen sei nicht akzeptabel.
Die SVP sagt Ja zu einer umgehenden Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, möchte aber darüber hinaus weitere schrittweise Anpassungen des Referenz-Rentenalters an die demografischen Gegebenheiten. Der Bund solle sich nicht aus der Finanzierung der AHV zurückziehen, und ihr soll das 1999 erhobene Mehrwertsteuerprozent vollständig gutgeschrieben werden. Das Sparen für die zweite Säule soll mit 18 Jahren beginnen, der Umwandlungssatz sei in einem Schritt bis 2016 auf 6,0 Prozent zu senken. Umwandlungssatz und Mindestzinssatz seien zu entpolitisieren.
AV2020: Stellungnahme der Arbeitgeber, überladenes Gesamtpaket
Der Schweizerische Arbeitgeberverband hat anlässlich einer Medienkonferenz seine Stellungnahme zur Altersvorsorge 2020 vorgestellt. Der Verband unterstützt gemeinsam mit economiesuisse zwar die Gesamtschau, das Gesamtpaket wird hingegen “dezidiert und geschlossen” abgelehnt. «Es ist komplett überladen, zu teuer und weder für den einzelnen Bürger noch für die Wirtschaft tragbar”, meinte Valentin Vogt, Präsident des Verbands.
In erster Priorität seien zwei parallele Kernvorlagen zu beraten: Die erste umfasst die Anhebung des Referenz-Rentenalters auf 65 Jahre für beide Geschlechter, die Flexibilisierung des Rentenbezugs zwischen 62 und 70 Jahren, die Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV um maximal 0,6 Prozent sowie die Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6,0 Prozent. Letzteres habe mit verhältnismässigen Kompensationsmassnahmen wie höheren Altersgutschriften oder der Beitragspflicht ab Alter 21 zu erfolgen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer müsse zudem mit derjenigen des Referenz- Rentenalters einhergehen. Damit kann gemäss Roland A. Müller das heutige Rentenniveau für die nächsten zehn Jahre garantiert werden.
Die zweite Kernvorlage umfasst einen Stabilisierungsmechanismus für die AHV, der im Fall einer drohenden finanziellen Schieflage des Sozialwerks künftig rechtzeitig Massnahmen vorsieht. Hier schlägt die Wirtschaft eine weitere schrittweise Erhöhung des Referenz-Rentenalters um maximal 24 Monate sowie daran gekoppelt nochmals 0,4 Mehrwertsteuer-Prozente Zusatzeinnahmen vor. Damit leisten gemäss Arbeitgeber sämtliche Bevölkerungsschichten und die Wirtschaft einen angemessenen Beitrag – statt den Rentnerinnen und Rentnern durch ein Aussetzen des Mischindexes ans Portemonnaie zu gehen, wie dies der Bundesrat vorschlägt.
Die Erhöhung des Referenz-Rentenalters über 65 Jahre hinaus soll zudem erst dann erfolgen, wenn der Arbeitsmarkt die entsprechenden Arbeitskräfte aufnehmen kann. Sowohl diese Stabilisierungsregel als auch die erste Kernvorlage sollen noch in diesem Jahr dem Parlament unterbreitet werden, damit sie 2018 in Kraft treten können.
CVP: Stellungnahme zur AV2020, Regel für den UWS
Die CVP unterstützt die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre. Sie ist für das so genannte Referenzalter bei 65 Jahren für Männer und Frauen bei der ersten und der zweiten Säule, wie sie in ihrer Vernehmlassungsantwort zur vom Bundesrat vorgeschlagenen Reform von AHV und Pensionskassen schreibt.
Beim BVG-Mindestumwandlungssatz verlangt die CVP einen Systemwechsel. Statt eines im Gesetz festgelegten Satzes brauche es eine «transparente und nachvollziehbare technische Regel». Sie schlägt vor, dass dafür das Bundesamt für Statistik «den technisch korrekten Umwandlungssatz» berechnet und der Bundesrat auf dieser Basis alle fünf Jahre die Sätze bestimmt.
Zehn Jahre vor der Pensionierung solle dann für jeden Arbeitnehmer ein verbindlicher Satz festgesetzt werden. Der Umwandlungssatz ist jener Prozentsatz, der bestimmt, wie viel des angesparten Kapitals dem Versicherten jedes Jahr von der Pensionskasse als Rente ausbezahlt wird.
Zum von der Linken heftig bekämpften Vorschlag, den Mindestumwandlungssatz von heute 6,8 Prozent auf 6 Prozent zu senken äussert sich die CVP nur indirekt. Sie merkt an, dass die Umwandlungssätze im überobligatorischen Teil der Pensionskasse schon heute «zum Teil deutlich» unter 6 Prozent lägen. «Damit hat die Realität das Gesetz längst überholt».
AV2020: Stellungnahme des ASIP
Der Pensionskassenverband ASIP hat seine Stellungnahme zur Altersvorsorge 2020 eingereicht. Der Verband hält die Notwendigkeit der Reform für gegeben, will sie aber von zahlreichen Elementen entlasten. Im Einzelnen unterstützt er die Angleichung der Rentenalter auf ein Referenzalter 65 und die Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6%. Zum Umwandlungssatz hält der Verband ergänzend fest, dass geprüft werden solle, ob nicht die Anpassung einem gewissen Mechanismus folgen könnte, was flexiblere Lösungen erlaube.
Die Einführung von flankierenden Massnahmen hält er für notwendig, um das Rentenniveau zu garantieren. Anstatt einer Senkung des Koordinationsabzugs auf 75% des massgebenden AHV-Lohnes schlägt er jedoch die Streichung des Koordinationsabzugs mit einer äquivalenten Senkung der Altersgutschriften vor. Begründet wird der Vorschlag mit der besseren Verständlichkeit für die Versicherten. Nicht ganz glücklich ist der ASIP auch mit der auf 14’400 Franken gesenkten Eintrittsschwelle und fordert ein Überdenken.
Schliesslich kritisiert der Verband die vorgeschlagene Lösung zu den Ausgleichszahlungen für die Uebergangsgeneration und möchte sie ersetzen durch eine dezentrale Lösung. Die Finanzierung der Leistungsgarantie sei Sache der einzelnen Vorsorgeeinrichtung, hält der ASIP fest.
Stellungnahme ASIP / Medienmitteilung
Werner Vontobel: “Lieber Herr Berset”
Werner Vontobel erklärt Bundesrat Berset im Sonntagsblick was zu tun wäre, um unser Rentensystem nachhaltig zu sanieren. Er schreibt: “Kurzfristig müssten Sie die Einkommen des ärmeren Drittels der Rentner sichern, ohne dabei die Wirtschaft mit noch mehr überflüssigem Zwangssparen zu belasten. Eine Erhöhung der allgemeinen AHV-Renten um zehn Prozent und eine Verdoppelung der Ergänzungsleistungen auf fünf Milliarden würde vermutlich genügen, um allen Rentnern einen würdigen Lebensabend sichern.
Die dafür nötigen acht Milliarden könnten Sie weitgehend dadurch finanzieren, dass die jährlich rund 30 Milliarden Franken überobligatorischen Pensionskassenbeiträge künftig versteuert werden müssen. Damit würden Sie zwar den Mittelstand verärgern, die Wirtschaft würde aber profitieren, weil jede Umverteilung von den reichen Sparern zu den armen Rentnern Konsum und Beschäftigung ankurbelt.
Doch das eigentliche Problem der Wohlstandssicherung im Alter hat mit dem Rentensystem wenig zu tun. Es liegt darin, dass unser Arbeitsmarkt etwa ein Viertel der Arbeitskräfte vorzeitig verschleisst und sie von staatlicher Hilfe abhängig macht. Dieses Problem lässt sich nur langfristig lösen. Aber Sie wollen ja sicher noch viele Jahre im Amt bleiben.”
Was wir von Vontobel noch gerne wüssten: soll die überobligatorische Rente jetzt also zweifach versteuert werden?
SP: AV2020 ohne Senkung des Umwandlungssatzes
Die SP schreibt in einer Mitteilung: “Die Geschäftsleitung der SP Schweiz hat die Vernehmlassungsantwort zur Reform der Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Speziell gewürdigt wird der Wille, das komplexe System als Paket zu reformieren. Nur so ist eine ausgewogene Reform möglich. Werden einzelne Elemente herausgebrochen, besteht die Gefahr, dass die Sonderinteressen einiger Weniger zuungunsten des Allgemeinwohls bevorzugt werden.
Will die Altersreform 2020 dereinst vor dem Volk bestehen, so gilt es aus Sicht der SP folgende kritische Punkte zu beachten und zu korrigieren:
- Eine Anhebung des ordentlichen Rentenalters für Frauen auf 65 muss mit der Lohngleichheit gekoppelt sein. Ansonsten setzt sich die wirtschaftliche Ungleichheit mit tieferen Renten nahtlos fort.
- Beim Umwandlungssatz muss der Bundesrat nochmals über die Bücher. Nachdem das Volk 2010 eine Senkung von 6,8% auf 6,4% mit über 70 Prozent der Stimmen bachab schickte, wird die SP nun ganz gewiss nicht auf eine Senkung im doppelten Umfang eintreten.
- Die Mindestquote für Lebensversicherer muss auf 95 Prozent angehoben werden. Ansonsten fliessen weiterhin hunderte von Millionen aus der Sozialversicherung in die Taschen privater Versicherer.
- Bezüglich Finanzierung setzt die SP primär auf die Erbschaftssteuer-Initiative. Den bürokratischen Interventionsmechanismus sowie den teilweisen Rückzug des Bundes aus der AHV-Finanzierung lehnt die SP rundweg ab.”