Libera hat die aktuelle Ausgabe ihrer jährlich erscheinenden Broschüre über die diversen Zweige der schweizerischen Sozialversicherungen (es sind insgesamt zwölf) publiziert, mit den ab 1.1.2024 geltenden Grenzwerten, Daten und gesetzlichen Regelungen. Sie ist in drei Landessprachen plus Englisch verfügbar.
Allgemein
Frühpensionierung trotz Teuerung?
Michael Ferber beschreibt in der NZZ, welche Folgen die Teuerung, die höheren Wohnkosten und die tendenziell eher geringere Rente für eine Frühpensionierung haben. Spoiler Alert: Einfacher wird es nicht. Zum Thema Rentenvorbezug hält Ferber fest:
Lieber die PK-Rente als die AHV-Rente vorbeziehen: Um ein Einkommen zu haben, kommt für Frühpensionierte der Vorbezug der AHV- oder der Pensionskassenrenten infrage. Hug rät, im Zweifelsfall lieber die Pensionskassenrente als die AHV-Rente vorzubeziehen – erstere ist nicht inflationsgesichert, letztere schon.
Bei einem Vorbezug der AHV-Rente um ein Jahr fällt diese um 6,8 Prozent, bei zwei Jahren sogar um 13,6 Prozent geringer aus – und das für die gesamte restliche Lebensdauer. Vor diesem Hintergrund rät Bucher von einem Vorbezug der AHV-Rente ab. Ein solcher lohne sich im Allgemeinen nicht, findet auch Graf. Piquerez weist darauf hin, dass viele Pensionskassen ihren Frühpensionierten Überbrückungsrenten anbieten, damit diese den Vorbezug der AHV-Rente umgehen können. Allerdings müsse man eine solche Überbrückungsrente zumeist selbst finanzieren.
Indessen werde der Bezug der AHV-Rente in Zukunft aufgrund der AHV-Reform flexibler möglich sein, sagt Piquerez. Nach dem Inkrafttreten der Reform Anfang 2024 sei angedacht, dass man auch nur einen Teil der Rente frühzeitig vorbeziehen kann.
Beim Vorbezug der PK-Rente drohen langfristig ebenfalls Einbussen: Allerdings sollte man sich auch gut überlegen, was es bedeutet, die Pensionskassenleistungen vorzeitig zu beziehen. «Weil dann Beitragsjahre und Zinsgutschriften fehlen, ist das Altersguthaben geringer als bei einer ordentlichen Pensionierung», sagt Piquerez. Ausserdem werde der Umwandlungssatz reduziert – in der Regel um 0,15 bis 0,2 Prozentpunkte pro Vorbezugsjahr. So falle die Pensionskassenrente bei einem Vorbezug von zwei Jahren schnell um nahezu 10 Prozent niedriger aus als bei einem regulären Bezug.
Teilpensionierung prüfen: Bei einer Teilpensionierung geht man Schritt für Schritt in Rente, nicht von einem Tag auf den anderen. So falle die Einkommenslücke kleiner aus als bei einer Frühpensionierung, sagt Piquerez – und diese lasse sich so auch leichter überbrücken. Die gängigsten Möglichkeiten hierfür sind etwa die Säule 3a, Ersparnisse oder eine Erbschaft. Ein weiterer Vorteil einer Teilpensionierung ist, dass Teilpensionierte weiterhin Altersguthaben aufbauen. Nicht zuletzt ist die Teilpensionierung oftmals steuerlich interessant, da sie bei einem geplanten Kapitalbezug den gestaffelten Bezug von Pensionskassenvermögen ermöglicht. Zudem können Teilpensionierte weiterhin in die Säule 3a einzahlen.
Von der Gefährdung der PK-Aufsicht durch Regierungsvertreter
pw. Im Rahmen der Multipack-Vorlage “Modernisierung der AHV-Aufsicht”, die im Ping Pong der Räte am Montag beim Ständerat lag, war auch ein Element der 2. Säule zu entscheiden. Ein ephemerer Punkt bei der Regelung der Pensionskassen-Aufsicht, bei dem es oberflächlich um Governance geht, genauer besehen aber um persönliche Eitelkeiten aus der verflossenen Epoche Triponez bei der OAK. Heute interessiert die Frage kein Mensch mehr und es ist bloss noch das parlamentarische Hamsterrad, das sich dreht. Die SDA hat die Details:
Der Ständerat will es Vertreterinnen und Vertretern der Kantone weiterhin nicht verbieten, in regionalen Aufsichtsbehörden über die berufliche Vorsorge Einsitz zu nehmen. Er folgte dabei mit 28 zu 15 Stimmen ohne Enthaltungen dem Antrag der Mehrheit der vorberatenden Kommission.
Es sei nicht nachvollziehbar, wieso man Regierungsmitglieder von den Gremien ausschliesse, Branchenvertreter beispielsweise jedoch nicht, so Kommissionssprecher Ettlin. Charles Juillard (Mitte/JU) gab zu bedenken, zum Teil entspreche es dem expliziten Willen von Kantonsparlamenten, dass Kantonsvertreter in den Aufsichtsgremien seien. Diese hätten auf das operative Geschäft der Aufsicht ohnehin keinen Einfluss, es gehe um strategische Führung, sagte Daniel Fässler (Mitte/AI).
Versicherungsaufsichtsgesetz: Auflagen an die Makler
SDA. Der National- resp der Ständerat hat mit 186 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung und mit 40 zu 0 Stimmen bei 0 Enthaltungen eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes angenommen, die vorsieht, dass Versicherungsvermittler künftig ihren Kundinnen und Kunden auch sagen müssen, wie viel Provision er oder sie von der Versicherung erhält.
Frauenfreundliche 2. Säule
Claude Chatelain hat in Cash die Lösung, wie die 2. Säule “wirklich frauenfreundlich” würde. Seine Lösung: Abschaffung des Koordinationsabzugs.
Arbeitet man nur 50 Prozent, so halbiert sich der Bruttolohn auf 30’000, doch der Koordinationsabzug von 25’095 bleibt. Das heisst, der versicherte Lohn beträgt nur noch 4905 Franken. («10 vor 10» verwechselte übrigens den Koordinationsabzug mit der Eintrittsschwelle. Na ja, kann passieren. Ist halt kompliziert).
Fazit: Wer Teilzeit arbeitet, zieht oft den Kürzeren. Deshalb ist der Koordinationsabzug nicht einfach nur frauenfeindlich, sondern Teilzeitbeschäftigten-feindlich. Denn bestraft werden auch Paare, wenn sie beide Teilzeit arbeiten und sich Haushalt und Kinderbetreuung aufteilen. Mit der Halbierung des Koordinationsabzugs würde die Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten zwar abgeschwächt, aber nicht eliminiert.
Melanie Mettler, grünliberale Nationalrätin aus dem Kanton Bern, wollte mithilfe der FDP-Fraktion den Koordinationsabzug ganz abschaffen. Sie erhielt aber in der zurückliegenden Wintersession keine Mehrheit. Selbst die links-grüne Seite verwehrte ihr die Unterstützung.
Ethos Fonds: Nachhaltige Unterperformance
Der ehemalige SVP-Nationalrat Hans Kaufmann schreibt in der Gewerbezeitung über die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität der Ethos Fonds:
Sie spielen sich auf als Experten der Nachhaltigkeit, als Richter über ethisches und moralisches Verhalten von Managements. Sie versuchen mit dem Sammeln und Vertreten von Aktionärsstimmen an Generalversammlungen ihre ideologischen Vorstellungen über Management- und Verwaltungsratssaläre und Geschäftsstrategien durchzusetzen. Sie glauben, man könne Umweltschutz und menschliches Verhalten über den Kapitalmarkt lenken. Und sie suggerieren, dass nachhaltige Anlagen längerfristig besser als Vergleichsindizes abschneiden würden.
Eine Probe aufs Exempel zeigt jedoch ein anderes Bild. Gerade die an vielen Generalversammlungen als Besserwisser auftretenden Vertreter der Ethos Stiftung bringen als Portfoliomanager weder eine akzeptable Leistung noch sind sie bei ihren Gebühren bescheiden. Die längerfristige Performance der Ethos-Fonds 2005–2021, wie sie den Geschäftsberichten seit 2005 und den Factsheets für 2021 anhand der Homepage entnommen werden kann, ist ernüchternd. Sämtliche vier der hauptsächlichen Anlagekategorien – Aktien Schweiz, Aktien Welt ohne Schweiz, Obligationen Schweizer Franken und Obligationen Fremdwährungen – liegen weit hinter den Vergleichsindizes zurück. (…)
Motion: Zusammenlegung von ZAS und Compenswiss
Der Nationalrat hat diskussionslos der Motion seiner SGK zugestimmt, mit welcher eine Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule angestrebt wird. Der Motionstext lautet:
Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob es im Sinne des Mitberichts der Finanzkommission des Nationalrates vom 4. Oktober 2021 zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule (19.080) sinnvoll ist, die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) mit Compenswiss zusammenzulegen und diese neue Struktur in eine Sozialversicherungsanstalt des Bundes zu übertragen.
Der Bundesrat ist nicht begeistert, hat aber die Annahme der Motion empfohlen. Er schreibt in seiner Stellungnahme:
Der Bundesrat ist aus den in der Botschaft zur Modernisierung der Aufsicht dargelegten Gründen der Ansicht, dass eine umfassende Anpassung der Organisationsstruktur der ZAS nicht gerechtfertigt ist. Dennoch hat er sich im Rahmen der Fragestunde der Sommersession 2021 bereit erklärt, den neuen Vorschlag der Eidgenössischen Finanzkontrolle in deren Nachprüfbericht vom 10. Mai 2021, die ZAS als Ganzes mit compenswiss zusammenzulegen, in seine weiteren Überlegungen zur Entwicklung der AHV einfliessen zu lassen.
Ratsprotokoll / Handelszeitung
MPK mit einem DG von 134%
Die Migros Pensionskasse schreibt in einer Mitteilung:
Die MPK erzielte im Geschäftsjahr 2021 eine erfreuliche Anlagerendite von 8.5 %. Die Strategievorgabe konnte um 0.7 Prozentpunkte übertroffen werden. Insbesondere die Aktienanlagen und die Immobilien entwickelten sich mit zum Teil zweistelligen Zuwachsraten sehr positiv. Die breite Vermögensdiversifikation und eine nachhaltige Anlagenpolitik beeinflussten das Risiko-Ertragsverhältnis positiv.
Das Geschäftsjahr schliesst mit einem Ertragsüberschuss von 2542 Mio. Darin enthalten ist ein positiver Sondereffekt von 569 Mio. aus der Berechnung der Vorsorgekapitalien mit den technischen Grundlagen BVG 2020 (Vorjahr 2015) unter Verwendung des Generationenkonzeptes für die Sterblichkeit. Der technische Zinssatz von 1.5 % blieb unverändert.
“Die Finanzindustrie reibt sich die Hände”
pw. Die Recherche-Kombo der SRF mit dem Sonntagsblick will aufzeigen, wie die Abzocker aus der luschen Finanzindustrie auf Kosten der PK-Versicherten profitieren. Im konkreten Fall bezieht man sich auf die PK-Pro und vergleicht deren Zahlen mit dem Durchschnitt, ohne konkrete Mängel nachweisen zu können. Das Fazit auf der Website der steuerfinanzierten SRF: “Sicher ist: Solange sich die Politiker nicht einig werden, reibt sich die Finanzindustrie die Hände – auf Kosten der Versicherten.” Für unser nationales Fernsehen eine bemerkenswert pauschale bis böswillig irreführende Schlussfolgerung. Das ist schlicht nicht akzeptabel, fadenscheinige Polemik von Journalisten, die weder von der 2. Säule noch von der “Finanzindustrie” eine Ahnung zu haben scheinen.
Homöopathie oder invasiver Eingriff?
Die erste und zweite Säule müssten dringend auf eine tragfähige Basis gestellt werden, sagt FDP-Ständerat Damian Müller. Reformen ja, aber nicht auf Kosten der Frauen, entgegnet seine SP-Kollegin Marina Carobbio in einem Interview in “Der Schweizer Monat”. Auszüge:
Frau Carobbio, Sie sind Ärztin. Lassen sich die Beschwerden der Schweizer Altersvorsorge minimalintensiv behandeln oder braucht es eine grössere Operation?
Marina Carobbio: Man muss sie sicher behandeln. Ob mit einer grossen Operation oder eher einer kleineren, hängt davon ab, ob der Wille da ist, etwas zu erreichen. Die Reformen, die im Moment auf dem Tisch liegen, bedeuten keine Heilung für die Altersvorsorge.
Seit Jahren findet in der Altersvorsorge eine schleichende Umverteilung von den Jüngeren zu den Älteren statt. Herr Müller, Sie sind 37jährig. Reicht es noch für eine Rente für Sie?
Damian Müller: Davon bin ich schwer überzeugt. Man wird vorher der Landwirtschaft das Geld wegnehmen, bevor die AHV-Renten nicht mehr ausbezahlt werden. Spass beiseite: Ich werde eine Rente erhalten – die Frage ist nur, wie sie finanziert wird. Ich glaube, da müssen wir extrem aufpassen. Um das Bild von vorher aufzunehmen: Im Moment setzt man auf eine homöopathische Behandlung und versucht noch ein Arnika zu verabreichen – im Wissen darum, dass übermorgen bereits ein Herzeingriff nötig wird.
OAK: Anhörung zum Weisungsentwurf zur Einhaltung der Grundsätze
Die OAK BV lädt alle betroffenen Kreise zur Anhörung zum Weisungsentwurf «Bestätigungen des Experten für berufliche Vorsorge gemäss Art. 52e Abs. 1 BVG sowie Art. 1a BVV 2 (Einhaltung der Grundsätze der beruflichen Vorsorge)» ein. Die Anhörung dauert bis zum 4. März 2022.
Der Staat als Akademiker-Auffangbecken
Claudia Wirz beschäftigt sich im Nebelspalter mit dem teuren und rasant wachsenden Staatsapparat. Neues beschäftigungsintensives Betätigungsfeld ist die PR. Wirz schreibt:
Die Öffentlichkeitsarbeit ist ohnehin ein Boom-Sektor in der Bundesverwaltung. Es sind Stellen, die sich wohl vornehmlich an Hochschulabsolventen (ab Stufe Bachelor) richten. Ein Schelm, der denkt, dass die öffentlichen Verwaltungen zunehmend die «akademische Überproduktion» insbesondere in den Geisteswissenschaften auffangen. Ganz böse Zungen könnten gar von einer versteckten Akademikerarbeitslosigkeit sprechen.
Laut Auskunft des eidgenössischen Personalamtes (EPA) arbeiten gegenwärtig rund 9000 Akademiker allein in der Bundesverwaltung. Darüber, in welchen Lohnklassen diese Personen vorwiegend tätig sind, gibt es laut EPA keine Zahlen.
Man darf aber davon ausgehen, dass sich der Staat gut um seine Angestellten kümmert, insbesondere beim Lohn. Der Bund zahlt gut, und jährliche Lohnerhöhungen sind so gut wie sicher, wenn man eine gute oder sehr gute Beurteilung bekommen hat. Und das haben im Personalreport für das Jahr 2020 in der Bundesverwaltung die allermeisten.
“Inakzeptabler Rentenabbau”
Der Gewerkschaftsbund schreibt zu den Entscheiden des Parlaments bez. AHV-Reform:
Die skandalöse Rentenlücke der Frauen beträgt rund einen Drittel. Anstatt diese Situation endlich zu verbessern, sollen die Frauen nun den Preis der AHV-Abbauvorlage bezahlen – mit einer Rentenkürzung von jährlich rund 1’200 Franken. Gegen die Mogelpackung AHV 21 wird der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB mit einem breiten Bündnis das Referendum ergreifen. Klar ist dabei: AHV 21 ist erst der Anfang. Auch den geplanten Rentenabbau im BVG – bei welchem der Nationalrat die Frauen ebenfalls im Stich lassen will – und weitere Rentenaltererhöhungen werden von den Gewerkschaften vehement bekämpft.
L-QIF Anlagen angenommen
Bern (awp/sda) – Mit dem sogenannten «Limited Qualified Investor Fund» (L-QIF) soll eine neue Fondskategorie geschaffen werden, die qualifizierten Anlegern eine Alternative zu ähnlichen ausländischen Produkten bietet. Das Parlament hat nun die rechtlichen Grundlagen dazu bereinigt.
Die neue Fondskategorie soll den Fondsplatz Schweiz und dessen Wettbewerbsfähigkeit stärken. Weiter soll der L-QIF qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern grössere Flexibilität und mehr Innovationen ermöglichen. Als qualifizierte Anleger gelten unter anderen Banken oder Pensionskassen. Dem breiten Publikum soll der neue Fonds nicht zur Verfügung stehen.
Der Nationalrat folgte am Dienstag bei der letzten zuvor noch offenen Differenz dem Ständerat. Demnach können nur professionelle Anleger die neuen L-QIF emittieren. Bundesrat und Ständerat konnten den Nationalrat schliesslich davon überzeugen, dass Vermögensverwalter von der Fondskategorie ausgeschlossen sein sollen. Der Nationalrat stimmte am Mittwoch zu. Die Vorlage zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
UBS PK-Performance Oktober 2021
|