SRF berichtet in einem Beitrag der Tagesschau über die verbesserten Leistungen der Altersvorsorge durch die Senkung des Koordinationsabzugs. Die TV-Redaktoren sind begeistert.
Koordinationsabzug
Anpassung der Grenzbeträge in der beruflichen Vorsorge
Mitg. Der Koordinationsabzug wird von 25 095 auf 25 725 Franken erhöht, die Eintrittsschwelle steigt von 21 510 auf 22 050 Franken. Der maximal erlaubte Steuerabzug im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) beträgt neu 7056 Franken (heute 6883) für Personen, die bereits eine 2. Säule haben, respektive 35 280 Franken (heute 34 416) für Personen ohne 2. Säule. Auch diese Anpassungen treten auf den 1. Januar 2023 in Kraft.
Frauenfreundliche 2. Säule
Claude Chatelain hat in Cash die Lösung, wie die 2. Säule “wirklich frauenfreundlich” würde. Seine Lösung: Abschaffung des Koordinationsabzugs.
Arbeitet man nur 50 Prozent, so halbiert sich der Bruttolohn auf 30’000, doch der Koordinationsabzug von 25’095 bleibt. Das heisst, der versicherte Lohn beträgt nur noch 4905 Franken. («10 vor 10» verwechselte übrigens den Koordinationsabzug mit der Eintrittsschwelle. Na ja, kann passieren. Ist halt kompliziert).
Fazit: Wer Teilzeit arbeitet, zieht oft den Kürzeren. Deshalb ist der Koordinationsabzug nicht einfach nur frauenfeindlich, sondern Teilzeitbeschäftigten-feindlich. Denn bestraft werden auch Paare, wenn sie beide Teilzeit arbeiten und sich Haushalt und Kinderbetreuung aufteilen. Mit der Halbierung des Koordinationsabzugs würde die Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten zwar abgeschwächt, aber nicht eliminiert.
Melanie Mettler, grünliberale Nationalrätin aus dem Kanton Bern, wollte mithilfe der FDP-Fraktion den Koordinationsabzug ganz abschaffen. Sie erhielt aber in der zurückliegenden Wintersession keine Mehrheit. Selbst die links-grüne Seite verwehrte ihr die Unterstützung.
SRF: “Sinkender Koordinationsabzug eröffnet Chancen für höhere Renten”
Das Wirtschaftsmagazin «ECO» hat 21 grosse Pensionskassen und Sammelstiftungen exklusiv zur Handhabung und zur Höhe des Koordinationsabzugs befragt.
Daraus ergibt sich: Schätzungsweise – genaue Daten sind nicht verfügbar – die Hälfte der Pensionskassen und weiteren Vorsorgeeinrichtungen arbeiten bereits heute mit einem tieferen Koordinationsabzug und passen ihn an den Beschäftigungsgrad an.
Bemerkenswert: Die Pensionskasse des Pharmakonzerns Roche und diejenige von Swisscom kennen gar keinen Koordinationsabzug mehr. Und nahezu alle Vorsorge-Einrichtungen passen den Koordinationsabzug der Höhe des Beschäftigungsgrades an.
Blick: “Das mit dem Koordinationsabzug …“
… verstehe ich auch nicht”, schreibt Gopfried Stutz alias Claude Chatelain im Blick. Und dürfte damit nicht allein sein. Konzeptionell hat der KA seine Funktion längst verloren, eine wirkliche Koordination zwischen 1. und 2. Säule gibt es nicht mehr. Mit der notorischen Neuberechnung, die das BSV für den Ständerat entwickelt hat, wird alles nur noch schlimmer. Gopfried Stutz hält fest:
Bundesrat Alain Berset wollte in seiner Altersreform, über die wir am 24. September abstimmen, den Koordinationsabzug abschaffen. Bravo. Endlich. Das Parlament wollte davon leider nichts wissen und machte alles noch schlimmer, noch komplizierter. Künftig wird der Koordinationsabzug dreigeteilt: Für Löhne zwischen 21’150 und 35’250 Franken soll er 14’100 Franken betragen; bei Einkommen zwischen 35’250 und 52’875 Franken würde er auf 40 Prozent des Lohnes festgelegt und bei Einkommen zwischen 52’875 und 84’600 Franken läge er bei 21’150 Franken.
Haben Sie, liebe Leser, das alles verstanden? Macht nichts. Ich auch nicht.
Rettet ein technischer Kniff die Rentenreform?
Anna Wanner stellt in der Aargauer Zeitung den Vorschlag von Kathrin Berschty (GLP) vor, anstelle der Abschaffung des Koordinationsabzugs, wie vom NR beschlossen, diesen in Form eines prozentualen Abzugs vom Einkommen zu gestalten.