Die Denkfabrik Avenir Suisse fordert, das Rentenalter «schrittchenweise» an die Lebenserwartung der Pensionierten anzupassen. Damit würde das Rentenalter 67 im Jahr 2026 wirksam werden. Damit soll verhindert werden, dass die AHV das Schicksal der IV erleidet. In ihrer neuen Publikation «Die AHV – eine Vorsorge mit Alterungsblindheit» macht Avenir Suisse Vorschläge, wie die AHV gezielt an die demografische Entwicklung angepasst werden kann. Bei einer Anpassung auf 2011 würde das Rentenalter demnach gemäss Avenir Suisse auf 65 Jahre und 1,5 Monate steigen und im folgenden Jahr auf 65 Jahre und drei Monate. Gleichzeitig will Avenir Suisse auch das Bedürfnis nach einer Flexibilisierung des Rentenalters ernst nehmen. Hier schlägt sie vor, dass pro Jahrgang ein Renteneintrittsalter bestimmt werden soll, ab dem man Anrecht auf eine volle Rente hat. Lässt man sich vor diesem aufgrund der Lebenserwartung definierten Alter pensionieren, wird die Rente gekürzt, arbeitet man länger, steigt sie.
Sozialversicherung
Nationale Internetplattform zu Beruf und Familie
Eine neue Internetplattform bietet erstmals einen Überblick über die kantonalen und kommunalen Politiken im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese Plattform auf www.berufundfamilie.admin.ch wurde am in Bern von den Direktoren des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) und des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), Jean-Daniel Gerber und Yves Rossier, vorgestellt.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt im August 2009
Gemäss den Erhebungen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO waren Ende August 2009 150’831 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben, 5’467 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg damit von 3,7% im Juli 2009 auf 3,8% im Berichtsmonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhte sich die Arbeitslosigkeit um 56’792 Personen (+60,4%).
Gleichstellung von Frau und Mann: Die Schweiz im internationalen Vergleich
Lösungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden unter anderem in der Arbeitsteilung zwischen Partner und Partnerin gesucht und zeigen sich anschaulich an den Erwerbsmodellen in Paarhaushalten. Die Schweiz, Österreich, Deutschland, die Niederlande und Belgien zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Paarhaushalten aus, in denen der Mann Vollzeit und die Frau Teilzeit arbeitet und einen relativ tiefen Anteil mit zwei Vollzeit erwerbstätigen Partnern. Die Lebenssituation von Paaren verändert sich grundlegend sobald Kinder im Haushalt leben. Dies sind einige Ergebnisse einer vom Bundesamt für Statistik (BFS) publizierten Studie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz und weiteren europäischen Ländern.
Weltwoche: Das IV-Syndrom
Ein Streifzug durch die Gerichtssäle zeigt, warum Profiteure leichter zu einer Invalidenrente kommen als Leute mit echten Gebrechen. Die Beispiele zeigen: Missbrauch wird kaum bestraft, Gutachter und Ärzte lassen sich an der Nase herumführen, schreibt Alex Baur in der Weltwoche.
Er schliesst seine Beschreibung diverser makabrer Missstände mit dem Fazit: “Fragt sich, wie lange wir uns diese Verluderung des Krankheits- und Invalidenbegriffs leisten können – und wollen. 3,945 Millionen Arbeitnehmer füttern in der Schweiz rund 400 000 IV-Bezüger durch, 15 Prozent der Leistungen gehen ins Ausland. Mit einem Jahresbudget von 12 Milliarden Franken übersteigen die Ausgaben der IV die Investitionen des Bundes in die Landesverteidigung oder in die Bildung (je knapp 4 Milliarden Franken) um das Dreifache. Dabei generiert die IV ein Defizit von 1,3 Milliarden Franken pro Jahr. Am 27. September soll das Volk entscheiden, ob es den desolaten Zustand der Invalidenversicherung durch eine Steuererhöhung und einen Transfer von fünf Milliarden Franken aus der Altersvorsorge notdürftig entschärfen will. Oder ob wir uns vorweg nicht ein paar grundsätzlichen Fragen stellen sollten.»
Beobachter: Interview mit Thomas Daum, Arbeitgeberverband, zur IV
Der Beobachter interviewte Thomas Daum, Direktor des Arbeitgeberverbands, zur Situation der IV. Auszüge aus dem Gespräch:
Beobachter: Die Sozialwerke haben teure Abklärungs- und Vermittlungsbürokratien aufgebaut. Sie alle klopfen beim Arbeitgeber an, um Klienten unterzubringen. Müssten die Sozialwerke nicht zusammengelegt werden?
Daum: Das gäbe einen riesigen Verwaltungsapparat, der kaum zur Problemlösung beitragen würde. Es ist besser, die Koordination unter den Sozialwerken zu verbessern, als alle Fälle in einen Topf zu werfen. Dafür wurde die interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) geschaffen. Die Sozialwerke müssen sich noch besser absprechen, damit die Arbeitgeber nicht mehrmals zum selben Fall angegangen werden.
Beobachter: Geht es letztlich nicht darum, einfach eine Anzahl Leute aus den IV-Büchern herauszubringen auf die Gefahr hin, dass diese in der Arbeitslosigkeit oder bei der Sozialhilfe landen?
Daum: Nein, es geht auch um die Menschenwürde: Wenn es Menschen gibt, die ins Erwerbsleben zurückkehren könnten, und wir es ihnen nicht ermöglichen, dann ist dies unverantwortlich. Dort, wo wir eine Chance sehen, müssen wir die Reintegration versuchen. Dabei ist gemäss Revisionsentwurf eine Probezeit von zwei Jahren eingeplant. Klappt innerhalb dieser Zeit die Reintegration nicht, kehrt der Invalide wieder zurück in die IV.
Botschaft zur Einrichtung eines Familienzulagenregisters
Mit einem Familienzulagenregister will der Bund dafür sorgen, dass für das gleiche Kind Zulagen nicht mehrfach bezogen werden können und dass der administrative Aufwand bei der Abklärung des Anspruchs auf die Zulagen vermindert wird. Das Register soll am 1. Januar 2011 in Betrieb genommen werden. Der Bundesrat hat die Botschaft und die Änderung des Familienzulagengesetzes für die Einrichtung eines Familienzulagenregisters zuhanden des Parlaments verabschiedet.
Gertrud Bollier: Leitfaden Sozialversicherungen in neuer Auflage
Wer es ganz genau wissen will in allen Bereichen der Sozialversicherung, der greift zum Leitfaden von Gertrud Bollier. Das Standardwerk der Fachfrau ist in 11. Auflage erschienen, überarbeitet und auf den neusten Stand der Dauerbaustelle Sozialversicherung Schweiz gebracht.
Im Standardwerk werden die zehn Sozialversicherungen (!) und soweit möglich die Sozialhilfe nach einem einheitlichen Raster dargestellt. Im einleitenden Kapitel „soziale Sicherheit» wird verstärkt auf die künftige Ausgestaltung und diesbezügliche Studien eingegangen. Systemleitende Fragen werden in den anschliessenden Kapiteln „grenzüberschreitende Sozialversicherungen» und „Struktur» erörtert. In den einzelnen Sozialversicherungen werden an geeigneter Stelle Besonderheiten aufgezeigt oder Querverweise angebracht. Die vom Juristen im letzten Kapitel dargelegten rechtlichen Aspekte runden das Werk ab.
Seit Sommer 2007, dem Datum der letzten Ausgabe, haben viele Teilbereiche Änderungen erfahren, so beispielsweise der massgebende Lohn der AHV, Präzisierungen betreffend Entsendung von Mitarbeitern in Vertragsstaaten, Krankenversicherung /Neuordnung der Pflegefinanzierung usw. Gänzlich neu erstellt wurden die Kapitel Invalidenversicherung, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV und Familienzulagen. Am Ende jedes Kapitels finden sich Kontrollfragen – die Lösungsvorschläge werden in einem separaten Heft mitgeliefert. Die 11. Auflage des Leitfadens richtet sich an alle am schweizerischen System der sozialen Sicherheit interessierte Person und solche, die mit dem Vollzug der Sozialversicherungen betraut sind sowie Studierende.
Gertrud E. Bollier und Beat Conrad, „Leitfaden Schweizerische Sozialversicherung», 11. überarbeitete Auflage, Verlag KDMZ, Zürich 2009, ISBN 978-3-9058-3911-1, 685 Seiten broschiert, 99 Fr.
EL: Eine Analyse der Fehlanreize
Die Ergänzungsleistungen sind ein fester Bestandteil der sozialen Absicherung der Schweiz, und dennoch von der Politik wenig beachtet. In ihrer neuen Studie für Avenir Suisse untersucht die St. Galler Professorin Monika Bütler die Ergänzungsleistungen zu AHV und IV auf ihre Fehlanreize. Problematisch sind dabei in erster Linie der Erwerbsersatz bei IV-Rentnern, die Abfederung der Frühpensionierung sowie die Deckung der Pflegekosten.
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IV: Rückgang der Neurenten
Im Vergleich zum vorangehenden Semester wurden im ersten Halbjahr 2009 8 Prozent weniger neue IV-Renten bewilligt. Damit liegt die Zahl der bewilligten Neurenten 46 Prozent unter dem Stand des ersten Halbjahres 2003, als die Trendwende einsetzte. Seit Inkrafttreten der 5. IV-Revision im Jahr 2008 wurden 14’500 Personen und 450 Betriebe mit Massnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes oder zur Wiedereingliederung unterstützt. Diese Resultate zeigt das aktuelle IV-Monitoring.
Statistik der Ergänzungsleistungen zur AHV und IV 2008
Im Jahr 2008 trat das total revidierte Gesetz über die Ergänzungsleistungen (EL) in Kraft. Die EL-Ausgaben stiegen stark um 13.6 Prozent, vor allem weil die EL-Begrenzung bei einem Heimaufenthalt aufgehoben wurde. Aufgrund der neuen Finanzierungsart erhöhte sich der Beitrag des Bundes von 21.9 auf 31.6 Prozent der EL-Ausgaben. 263’700 Personen, das sind rund 16 Prozent aller Rentner und Rentnerinnen, erhielten eine Ergänzungsleistung. Der durchschnittliche Betrag für eine Person, die nicht im Heim wohnt, betrug rund 900 Franken im Monat, für eine Person im Heim 2’800 Franken.
33 Mrd. AHV-Renten, Defizit von 2,3 Mrd.
Die Ausgaben der AHV beliefen sich im Jahr 2008 auf 33.9 Milliarden Franken. Die Renten machten mit 33 Milliarden Franken den Hauptteil der Leistungen aus. Weitere Ausgaben waren die Hilflosenentschädigungen (446 Millionen Franken) und die Beiträge an Hilfsorganisationen für betagte Menschen (105 Millionen). Zur Finanzierung haben die beitragspflichtigen Einkommen 26.5 Milliarden Franken oder 84 % der gesamten Einnahmen (31.6 Mia. Franken) beigetragen.
Die Einnahmen der AHV sanken im vergangenen Jahr um 9,2 Prozent auf 31,6 Mrd. Franken. Dabei machten die beitragspflichtigen Einkommen mit 26,5 Milliarden den grössten Anteil (84 Prozent) aus. Die öffentliche Hand überwies 6,6 Milliarden oder 21 Prozent der Einnahmen. Das Mehrwertsteuerprozent zugunsten der AHV brachte einen Betrag von 2,4 Mrd. (7,5 Prozent) ein.
Unter dem Strich resultiert damit für das Jahr 2008 ein Defizit von 2,3 Mrd. Franken. Wie das Bundesamt für Statistik festhält, ist das negative Betriebsergebnis auf die Turbulenzen auf den Finanzmärkten zurückzuführen. Sie bescherten der AHV bei den Kapitalanlagen einen Gesamtverlust von 4,7 Mrd. Franken. Im Vorjahr hatte bei den Anlagen noch ein Minus von 1,9 Mrd. Franken resultiert.
Insgesamt erhielten im Januar des laufenden Jahres 1’875’600 Personen Altersrenten und 114’800 Personen eine Witwen- oder Witwerrente. Zählt man alle Mitglieder der begünstigten Familien zusammen, so kamen 2’099’100 Menschen in den Genuss von Renten. Die durchschnittliche monatliche Altersrente für AHV-Bezüger, die alleine eine Rente erhielten, belief sich in der Schweiz für Frauen auf 1’971 Franken und für Männer auf 1’980 Franken. Für Ehepaare, bei denen beide Partner rentenberechtigt waren, betrug der Gesamtbetrag im Schnitt 3’280 Franken.
Der Arbeitsmarkt im Juli 2009
Gemäss den Erhebungen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO waren Ende Juli 2009 145’364 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben, 5’111 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg damit von 3,6% im Juni 2009 auf 3,7% im Berichtsmonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhte sich die Arbeitslosigkeit um 53’201 Personen (+57,7%).
Breval und Netzer zu Anlagen und Finanzen der AHV
In der Handels-Zeitung äussern sich Eric Breval (Managing Director des Ausgleichsfonds, links im Bild) und Marco Netzer (VR-Präs. des Ausgleichsfonds) zu den Anlagen und Anlagestrategien des AHV-Ausgleichsfonds sowie den Aussichten für die Finanzierung der Sozialwerke AHV und IV. Auszüge:
Haben Sie mit der jüngsten Erholung wieder zugelegt?
Breval: Nur teilweise, denn wir haben seit über einem Jahr die Volatilität schrittweise reduziert. Im 2. Semester hätten wir ein «Rebalancing» vornehmen sollen, indem wir jene Anlagen kaufen, die wir zuvor verkauft haben. Der Verwaltungsrat hat aber entschieden, dass dies zu risikoreich wäre. Wir haben daher auf Zukäufe verzichtet.
Ihre risikoreiche Anlagestrategie wurde kritisiert.
Breval: Wir hatten einen Aktienanteil von 35%, heute liegt er bei 20%. Damit haben wir in fünf Jahren bis 2007 durchschnittlich 6,2% pro Jahr erwirtschaftet. Damals hat nie jemand etwas kritisiert. Verlieren wir aber 18%, wenn die Märkte bis zu 40% und mehr einbrechen, dann hätten wir weniger volatile Anlagen halten sollen. Wir hatten keinen höheren Aktienanteil als eine durchschnittliche Pensionskasse.
Wie ist das Anlageergebnis im 1. Halbjahr 2009 ausgefallen?
Breval: Im 1. Semester haben wir eine Gesamtrendite von etwas über 3% erzielt. Dabei hat uns die Währungsabsicherung viel gekostet. Wir sichern rund 80% der Fremdwährungen ab. Ohne Absicherung hätten wir im 1. Halbjahr eine Performance von über 5% erzielt.
Wie stehen Sie zur Vorlage für die IV-Sanierung vom 27. September?
Netzer: Wir sind ganz klar dafür. Derzeit «zahlt» die AHV jährlich 1,2 bis 1,5 Mrd Fr. an die IV. Der AHV-Fonds sollte eigentlich ausgeglichen sein. Und das wäre er heute, wenn er nicht den Verlustvortrag der IV «decken müsste». Durch den kumulierten Verlustvortrag der IV von beinahe 14 Mrd Fr. ist der Fonds nicht in der Lage, die gesetzliche Vorschrift zu erfüllen, die bestimmt, dass das Vermögen des Fonds die Ausgaben für ein Jahr decken sollte. Die Substanz des AHV-Fonds wird ausgehöhlt.
Werden die heute Berufstätigen dereinst noch Gelder von der AHV erhalten?
Netzer: Ich denke schon. Wir haben es in wirtschaftlich guten Zeiten verpasst, gewisse langfristige Lösungen zu finden. Aber das Schweizer Volk und das Parlament haben bereits in elf AHV-Revisionen Anpassungen beschlossen, die diesen einmaligen Sozialvertrag zwischen den Generationen, Sozialklassen und Geschlechtern erhalten haben.
Die nächste Erhöhung der Mehrwertsteuer ist damit programmiert?
Netzer: Ich denke nicht. Die Mehrwertsteuer-Erhöhung um 0,4% erfolgt nur für sieben Jahre. Laut den Berechnungen sollte dies ein ausgeglichenes Umlageergebnis bei der IV ermöglichen.
Mehr Transparenz bei IV-Entwicklung des Bundespersonals
Weniger neue IV-Fälle beim Bundespersonal und Massnahmen zur langfristigen Senkung der Invalidisierungen. Dies geht aus dem Bericht des Bundesrates zur IV-Entwicklung beim Bundespersonal hervor. Der Bericht erfüllt eine Motion der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S). Die heute verfügbaren Zahlen zeigen, dass die neuen IV-Fälle beim Bundespersonal in den letzten Jahren abgenommen haben. Der Abwärtstrend ist genereller Art und gilt für alle erhobenen Alterskategorien (unter 50 Jahre, 50-59 Jahre, über 60 Jahre). Um künftig noch konkretere Aussagen zur Entwicklung der Invalidisierungen beim Bundespersonal machen zu können, sieht der Bundesrat Reportings zu weiteren Kennzahlen vor. Erste Daten nach neuer Erhebung sind für das Jahr 2011 zu erwarten.
