Dominik Feusi schreibt im Tages-Anzeiger über Bemühungen von BR Berset, “brisante Vorschläge zur beruflichen Vorsorge” bei den umstrittenen Vermittlerprovisionen durchzusetzen.

Bei der Gesetzesrevision, die der Bundesrat Ende November beschlossen hat, geht es eigentlich um die Aufsicht über die AHV. Doch der dafür verantwortliche Bundesrat Alain Berset (SP) hat brisante Vorschläge zur beruflichen Vorsorge eingebaut – und dies ohne die übliche Vernehmlassung. Berset schlägt vor, dem Bundesrat die umfassende Kompetenz zu geben, Vermittlerprovisionen zu regeln, wohlwissend, dass sein eigenes Departement damit betraut würde. Der Artikel ist offen formuliert, er könnte die Provisionen auch verbieten. Die Stellungnahme der dafür eingesetzten BVG-Kommission holte Bundesrat Berset dafür nicht ein.

Seit Jahren kritisieren SP und Gewerkschaften, dass die Pensionskassen Provisionen an Vermittler bezahlen. Diese Broker vermitteln Arbeitgeber dann an jene Pensionskassen, die ihnen am meisten bezahlen, statt an jene, die die besten Leistungen zu tiefen Gebühren anbieten. Oft seien es Kassen mit hohen Verwaltungsgebühren, welche die Broker bezahlen könnten und deshalb wachsen würden – zum Schaden der Versicherten, die diese Gebühren bezahlen. Dies sagt Urs Eicher, Präsident von PK-Netz, einer Lobby der Arbeitnehmerinteressen, die von den Gewerkschaften getragen wird.

Die Broker aber sagen, Vermittler würden stets im Sinne der Versicherten handeln. «Ein Broker, der nur auf Vermittlergebühren aus ist, der verschwindet rasch vom Markt», so Markus Lehmann, Präsident der Swiss Insurance Brokers Association (Siba).

Der Bundesrat wollte das Problem eigentlich im neuen Versicherungsaufsichtsgesetz lösen. Er schlug vor einem Jahr eine umfassende Offenlegungspflicht der Provisionen vor. Diese Vorlage wurde nicht bei Berset entworfen, sondern im Finanzdepartement von Ueli Maurer (SVP). Zurzeit wird die Vernehmlassung ausgewertet, vor dem Sommer soll eine Botschaft verabschiedet werden. Berset ist Maurer nun zuvorgekommen.

Bersets Vorschlag sei ein Schlussbouquet für Jürg Brechbühl, den scheidenden Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) und SP-Mitglied, sagt der Schwyzer Ständerat Alex Kuprecht (SVP). «Es braucht keine neuen Kompetenzen, sondern klare und transparente Spielregeln», findet er. Sergio Bortolin von der Interessengemeinschaft Inter-Pensionder Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen ist überzeugt, dass Transparenz im Versicherungsaufsichtsgesetz genügen würde. «Arbeitgeber können frei bestimmen, ob der Broker durch sie selbst oder durch die Vorsorgeeinrichtung entschädigt werden soll», so Bortolin.

Urs Eicher vom PK-Netz sieht das anders: «Wir haben nichts gegen Broker, aber es kann nicht sein, dass 150 bis 300 Millionen Franken, die den Versicherten gehören, einfach abfliessen.» Die Arbeitgeber hätten den Auftrag zu bezahlen. So würden die Rechnungen besser kontrolliert und die Kosten tiefer ausfallen. Markus Lehmann vom Brokerverband hält das für keine gute Idee: Es bestehe die Gefahr, «dass der Arbeitgeber für seine Angestellten nur noch das Minimum versichert».

Das BSV rechtfertigt den Vorschlag mit einer Interpellation des Walliser SP-Nationalrats Mathias Reynard, Präsident des Walliser Gewerkschaftsbundes. In seiner Antwort darauf habe der Bundesrat schon dargelegt, dass es Anpassungsbedarf gebe. Sein Vorstoss wurde allerdings nicht einmal diskutiert. Das scheint dem BSV offenbar auch nicht nötig zu sein. Der Bundesrat habe die Gelegenheit genutzt, in der Vorlage zur Modernisierung der Aufsicht in der AHV eine entsprechende BVG-Bestimmung einzufügen, schreibt es. Das Bundesamt findet, das Problem könne mit einer Offenlegungspflicht nicht beseitigt werden.

Das BSV bestätigt zudem, dass die BVG-Kommission den bundesrätlichen Vorstoss erst im Nachhinein diskutierte. Was das Bundesamt nicht schreibt: Die neue Kompetenz für den Bundesrat war in der Kommission höchst umstritten. Anfang Februar wird sie Experten zum Thema anhören.

Aufsicht 1. Säule, Vernehmlassung  /  Interpellation Reynard / Thema Broker