Iwan Deplazes, Präsident der Asset Management Association Switzerland und Leiter der ZKB Vermögensverwaltung, äussert sich im Interview mit dem Sonntagsblick zu den Kosten der PK-Vermögensverwaltung.
Herr Deplazes, gemäss Berechnungen des Gewerkschaftsbundes hat die Finanzindustrie an den Vorsorgevermögen der zweiten Säule innert zehn Jahren 67,6 Milliarden Franken verdient. Was sagen Sie zu dieser Summe?
Iwan Deplazes: Die Zahl scheint auf den ersten Blick sehr hoch. Zieht man aber in Betracht, dass in der zweiten Säule mittlerweile 1200 Milliarden Franken an Vermögen bewirtschaftet werden, relativiert sich dieser Eindruck stark. Zumal sich die Summe auf zehn Jahre bezieht und darin auch Beratungen, Anwaltshonorare und weitere Dienstleistungen enthalten sind.
2012 beliefen sich die Verwaltungskosten auf 5,7 Milliarden Franken, 2022 auf 8,2 Milliarden. Wie erklären Sie diese Zunahme?
Ich kann die Berechnungen der Gewerkschaften nicht im Detail beurteilen. Da wurden etwa Risikokosten hinzugerechnet, was für mich nicht nachvollziehbar ist. Es ist aber unbestritten, dass die Kosten in absoluten Zahlen gestiegen sind.
Der Hauptgrund dafür ist, dass auch das Volumen der verwalteten Vermögen stark zugenommen hat. Zudem sind die Pensionskassenvermögen heute breiter diversifiziert als früher, was einen Mehraufwand mit sich bringt. Prozentual gesehen sind die Vermögensverwaltungskosten relativ stabil und liegen seit Jahren bei rund 0,5 Prozent der verwalteten Vermögen. Das ist ein guter Wert, gerade auch im Vergleich mit Privatanlegern.
Hand aufs Herz: Ihre Branche hat überhaupt kein Interesse an einer voll automatisierten Vermögensverwaltung, weil sie sich damit selbst abschaffen würde.
Wie gesagt: Bei komplexen Anlagekonstrukten wird es wohl nie voll auto-matisierte Lösungen geben. Gleichzeitig ist es im ureigenen Interesse jedes Vermögensverwalters, technologische Innovationen zu nutzen, um die Kosten so tief wie möglich zu halten.
Der Fokus auf die Kosten ist aber ohnehin falsch. Viel wichtiger ist die Rendite – insbesondere, wenn es um die Vorsorge geht. Das müsste auch den Gewerkschaften einleuchten. Persönlich bin ich lieber bei einer professionell geführten, teuren Kasse versichert, die eine hohe Rendite erzielt – als bei einer Kasse mit tiefen Kosten, aber unterdurchschnittlicher Performance.
Es ist unbestritten, dass die Rendite – beziehungsweise der «dritte Beitragszahler» – für die zweite Säule sehr wichtig ist. Eine Studie der staatlichen Aufsichtsbehörde konnte allerdings nicht feststellen, dass teure Kassen auch besser performen.
Viele Untersuchungen gehen zu wenig in die Tiefe. Unsere Analysen zeigen, dass professionell geführte Kassen in der Regel durchaus eine höhere Rendite erwirtschaften, teilweise ist sie sogar deutlich höher. In vielen Fällen zahlen sich höhere Kosten für die Versicherten aus.
Zudem möchte ich festhalten: Insgesamt war die Vermögensverwaltung der Pensionskassengelder in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich. Seit 2004 hat der dritte Beitragszahler über 500 Milliarden Franken zum Ertrag der Pensionskassen beigesteuert. Das sind im Schnitt rund 100 000 Franken pro versicherte Person.
Ihr Verband unterstützte die Allianz «Ja zur BVG-Reform» finanziell. Was haben die Vermögensverwalter davon, wenn diese umstrittene Vorlage angenommen wird?
Unsere Branche würde von einem Ja nicht profitieren. Wir unterstützen die Vorlage nicht aus Eigeninteresse, sondern aus der Überzeugung heraus, dass die BVG-Reform die zweite Säule verbessern und stabilisieren würde.
Wir brauchen in der Schweiz nicht nur die AHV, sondern auch die berufliche und die private Vorsorge. Die Gewerkschaften wollen offenbar, wie die ständigen Angriffe auf die Pensionskassen zeigen, unser bewährtes Drei-Säulen-System kaputtmachen. Das gilt es zu verhindern.
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