Ein kurzer Animationsfilm erklärt generelle Zusammenhänge in der beruflichen Vorsorge und die Geschäftstätigkeit der Helvetia.
Helvetia
Das Loch im Überobligatorium
By pwirth in Assekuranz, Umwandlungssatz Tags: Helvetia, Swiss Life
In der Handelszeitung schreibt Michael Heim über die Schieflage der 2. Säule, wo wegen eines viel zu hohen Umwandlungssatzes im Obligatorium für das Überobligatorium kaum mehr etwas abfällt. Die Reform des BVG lässt derweil auf sich warten. Die Versicherer suchen nach Auswegen.
Dabei läuft die Reform längst. Gemerkt haben es erst die wenigsten, denn formell gibt es noch immer die 6,8 Prozent und den jährlich festgelegten Mindestzins. Doch faktisch halten sich die meisten Pensionskassen schon lange nicht mehr an die hehren Ziele.
Zum einen ziehen die Vorsorgewerke Geld über versteckte Sanierungsbeiträge ab. Etwa über Risikoprämien für Todesfall oder Invalidität, die höher sind als die eigentlichen Risiken. Damit schreiben sie Gewinne, die zum Stopfen der Löcher verwendet werden. Ein Geheimnis ist das nicht. Die Versicherer reden offen darüber, jeder Politiker kennt die Zahlen.
Das Gleiche gilt für die Zinsen. Die Guthaben könnten höher verzinst werden, wären da nicht die Rentenlöcher. Kurzfristig tut das nicht weh. Langfristig fehlt den heute Werktätigen damit aber viel Kapital für die Rente. «Wir könnten 1,5 Prozentpunkte mehr Zins bezahlen, wenn die Transfers nicht wären», sagt Helvetia-Aktuarin Hedwig Ulmer.
Die grösste Illusion wird aber um den Umwandlungssatz betrieben. Die berühmten 6,8 Prozent bekommt nur noch ein kleiner Teil der Neurentner. Die real existierenden Umwandlungssätze wurden längst gesenkt – tief unter das politisch so heftig umstrittene Niveau.
Zuerst senkten betriebliche Pensionskassen die Umwandlungssätze. Laut Swisscanto-Studie betrugen sie 2018 im Schnitt noch 5,87 Prozent. Nun ist als erster Vollversicherer die Helvetia mit einem radikalen Modell nachgezogen. Bis 2023 senkt sie den Umwandlungssatz im Obligatorium auf 5,6 Prozent und im Überobligatorium sogar auf 4,4 Prozent. Wer Guthaben hat, das zur Hälfte aus überobligatorisch einbezahlten Geldern besteht, kommt so noch auf einen Umwandlungssatz von 5 Prozent. Und damit auf 26 Prozent weniger Rente als mit dem 6,8er-Satz. Was in Bern noch als -politisch unverhandelbar gilt, hat die Helvetia gerade eingeführt.
Helvetia Modell: UWS nach Anteil der obligatorischen Gelder
Lesebeispiele: Gilt das angesparte Kapital zur Hälfte als obligatorisch, beträgt der Renten-Umwandlungssatz 5,0%. Bei 90 Prozent Obligatorium würde er eigentlich 5,5% Prozent betragen, muss aber aufgrund der gesetzlichen Minimalregeln auf 6,1 Prozent erhöht werden.
Und sie wird nicht allein bleiben. «Auch die anderen Vollversicherer haben zu hohe Umwandlungssätze», sagt Helvetia-Manager Donald Desax. Swiss-Life-Manager Stahel bestätigt: «Kommt nicht bald eine substanzielle Reform, werden wir auf ein ähnliches Modell wechseln.» Noch wandelt der grösste Lebensversicherer seine obligatorischen Guthaben mit 6,8 Prozent in Renten um. Doch der Druck ist hoch. 2018 verschob die Swiss Life in den Büchern mehr als 1 Milliarde Franken von den Werktätigen an die Rentner.
Warum aber können Pensionskassen, was die Politik nicht will? Der Trick mit den tiefen Umwandlungssätzen ist einfach: Die hohen Mindestsätze gelten nur für das gesetzlich vorgeschriebene Obligatorium. Alles Freiwillige ist nicht geregelt. Und so werden überobligatorische Guthaben faktisch eingezogen, um die laufenden Renten zu finanzieren.
Als Beispiel ein Rentner mit 150’000 Franken in der Pensionskasse, von denen 50’000 als obligatorisch gelten. Im Helvetia-Modell erhält er ab 2023 eine Jahresrente von 7800 Franken. Weil das mehr ist als die 6800 Franken, die er aus dem Obligatorium erhalten muss (6,8 Prozent von 100’000 Franken), geht die Rechnung auf. Die 50’000 freiwillig -einbezahlten Franken bringen ihm aber lediglich ein Plus von 1000 Franken-Rente, was einem Umwandlungssatz von 2 Prozent entspricht. Hätte er nur 20’000 Franken im Überobligatorium, würden diese bei der Pensionierung -sogar komplett verschwinden. Die Rente wäre nicht höher als ohne die 20’000 Franken.
Handelszeitung / Helvetia Mitteilung
Umwandlungssatz eine “Zeitbombe”
By pwirth in Assekuranz, Umwandlungssatz Tags: Helvetia
Finanz und Wirtschaft hat Philipp Gmür, CEO der Helvetia, interviewt. Dabei kam auch das Geschäft mit der 2. Säule zur Sprache.
Im Pensionskassengeschäft für KMU bleiben die Kapital- und Zinspflichten auf der Helvetla-Bllanz. Wie sehr wird deswegen die Ertragsmarge gedrückt?Helvetia verdient in diesem Segment Geld. Die Kapitalkosten sind gedeckt, sonst würden wir über die Bücher gehen.
Mindestumwandlungssatz und Mindestzins für Pensionskassen haben die Behörden viel zu hoch festgelegt.
Das ist eine Zeitbombe, und die Zeit läuft gegen uns. Wer wird den Schaden tragen? Für Helvetia als Anbieterin von Pensionslösungen geht die Rechnung auf. Doch es findet eine riesige Geldumverteilung zu Lasten der jungen Generation statt. Jeder Neurentner kostet das Versichertenkollektiv rund 40’000 Fr., weil das individuell Gesparte nicht vollständig für die gesetzlich definierte Pensionskassenrente reicht.
“Systemkrise”
By pwirth in Assekuranz, BVG-Reform, Medien Tags: Basler Zeitung, Helvetia
Die Basler Zeitung hat Donald Desax, Konzernleistungsmitglied der Helvetia, zu den Problemen der 2. Säule befragt. Auszüge:
Was lässt Sie daran zweifeln, dass die Rente Ihrer Kinder nicht mehr so «komfortabel» sein könnte?
Die berufliche Vorsorge funktioniert eigentlich nach dem Grundsatz, dass jeder so viel erhält, wie er einbezahlt hat, wie auf einem Sparheft. Doch im Moment wird von diesem Geld sehr viel abgezwackt, um damit die neuen Renten zu finanzieren, die deutlich zu hoch angesetzt sind. Um Ihre Frage zu beantworten: Wenn man nicht handelt, werden meine Kinder unter dem Strich viel mehr einbezahlen, als sie erhalten. Das System steckt in einer Krise, weil es nicht mehr nachhaltig finanziert ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das überall erkannt wurde.
Sie sagten, dass der Grundsatz, wonach jeder in der beruflichen Vorsorge so viel erhält, wie er einbezahlt, nicht mehr gilt. Wie viel wird heute schon umverteilt?
Ein im Frühling publizierter Bericht der Oberaufsichtskommission BVG zeigte auf, dass in den vergangenen Jahren in der beruflichen Vorsorge jährlich sieben Milliarden Franken Verlust geschrieben wurden. Jeder Versicherte hat durchschnittlich rund 1700 Franken pro Jahr in dieses Loch bezahlt, was seine jährliche Verzinsung um rund ein Prozent schmälerte. Laut unseren Projektionen wird sich dieser Betrag bis 2027 verdreifachen. Dabei sollte in der zweiten Säule jeder für sich selbst sparen und keine Subventionen leisten müssen.
Was ist ein politisch realistischer Umwandlungssatz?
Ein mathematisch sinnvoller Umwandlungssatz liegt nahe bei fünf Prozent. Dies dürfte aber kaum mehrheitsfähig sein. Denkbar ist ein Umwandlungssatz von höchstens sechs Prozent, der aber nicht genügen dürfte, um die Finanzierungslücke zu schliessen. Der verbleibende Verlust müsste über eine Prämie oder einen Beitrag transparent finanziert werden. Es ist ein Problem, dass die Beitragszahler gar nicht wissen, wie viel Subventionen sie bezahlen.
Könnte es sein, dass der Druck für eine Reform noch nicht gross genug ist?
Die Stimmbürger nehmen den Druck nur noch nicht wahr. Die Renten werden ja weiterhin ausbezahlt und den Pensionären geht es insgesamt gut. Dabei haben wir heute schon eine Systemkrise, das zeigen die Milliarden, die jedes Jahr umverteilt werden. Es liegt auch in der Verantwortung der Politik, Sozialpartner und Medien, das Kind endlich beim Namen zu nennen. Man darf nicht so tun, als ob alles in Ordnung sei.
Machen Sie bitte ein Beispiel eines Unternehmens, das keine Vollversicherung mehr erhält.
Ein zehnköpfiger Betrieb, bei dem zwei Mitarbeiter 60 Jahre alt sind. Bei der Pensionierung entstehen durch den realitätsfremden Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge extreme Verluste. Ein Beispiel: Wenn sie ein Altersguthaben von 100 000 Franken haben und daraus eine Rente machen, dann müssen wir diese um 34 000 Franken aufstocken. Dieses Geld finanzieren die aktiven Versicherten. Das sind so substanzielle Beiträge, dass wir bei der Zeichnung solche Verlustquellen vermeiden müssen.
Ein Schlusswort?
Offenbar haben wir für die Reform der Altersvorsorge noch keine Politiker gefunden, die den Stimmbürgern reinen Wein einschenken und sich nicht von Partikularinteressen leiten lassen. Wenn wir den nachfolgenden Generationen unlösbare Probleme hinterlassen, dann schäme ich mich zutiefst für meine Generation. Heute könnten wir noch handeln.