imageDie Basler Zeitung hat Donald Desax, Konzernleistungsmitglied der Helvetia, zu den Problemen der 2. Säule befragt.  Auszüge:

Was lässt Sie daran zweifeln, dass die Rente Ihrer Kinder nicht mehr so «komfortabel» sein könnte?
Die berufliche Vorsorge funktioniert eigentlich nach dem Grundsatz, dass jeder so viel erhält, wie er einbezahlt hat, wie auf einem Sparheft. Doch im Moment wird von diesem Geld sehr viel abgezwackt, um damit die neuen Renten zu finanzieren, die deutlich zu hoch angesetzt sind. Um Ihre Frage zu beantworten: Wenn man nicht handelt, werden meine Kinder unter dem Strich viel mehr einbezahlen, als sie erhalten. Das System steckt in einer Krise, weil es nicht mehr nachhaltig finanziert ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das überall erkannt wurde.

Sie sagten, dass der Grundsatz, wonach jeder in der beruflichen Vorsorge so viel erhält, wie er einbezahlt, nicht mehr gilt. Wie viel wird heute schon umverteilt?
Ein im Frühling publizierter Bericht der Oberaufsichtskommission BVG zeigte auf, dass in den vergangenen Jahren in der beruflichen Vorsorge jährlich sieben Milliarden Franken Verlust geschrieben wurden. Jeder Versicherte hat durchschnittlich rund 1700 Franken pro Jahr in dieses Loch bezahlt, was seine jährliche Verzinsung um rund ein Prozent schmälerte. Laut unseren Projektionen wird sich dieser Betrag bis 2027 verdreifachen. Dabei sollte in der zweiten Säule jeder für sich selbst sparen und keine Subventionen leisten müssen.

Was ist ein politisch realistischer Umwandlungssatz?
Ein mathematisch sinnvoller Umwandlungssatz liegt nahe bei fünf Prozent. Dies dürfte aber kaum mehrheitsfähig sein. Denkbar ist ein Umwandlungssatz von höchstens sechs Prozent, der aber nicht genügen dürfte, um die Finanzierungslücke zu schliessen. Der verbleibende Verlust müsste über eine Prämie oder einen Beitrag transparent finanziert werden. Es ist ein Problem, dass die Beitragszahler gar nicht wissen, wie viel Subventionen sie bezahlen.


Könnte es sein, dass der Druck für eine Reform noch nicht gross genug ist?

Die Stimmbürger nehmen den Druck nur noch nicht wahr. Die Renten werden ja weiterhin ausbezahlt und den Pensionären geht es insgesamt gut. Dabei haben wir heute schon eine Systemkrise, das zeigen die Milliarden, die jedes Jahr umverteilt werden. Es liegt auch in der Verantwortung der Politik, Sozialpartner und Medien, das Kind endlich beim Namen zu nennen. Man darf nicht so tun, als ob alles in Ordnung sei.


Machen Sie bitte ein Beispiel eines Unternehmens, das keine Vollversicherung mehr erhält.

Ein zehnköpfiger Betrieb, bei dem zwei Mitarbeiter 60 Jahre alt sind. Bei der Pensionierung entstehen durch den realitätsfremden Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge extreme Verluste. Ein Beispiel: Wenn sie ein Altersguthaben von 100 000 Franken haben und daraus eine Rente machen, dann müssen wir diese um 34 000 Franken aufstocken. Dieses Geld finanzieren die aktiven Versicherten. Das sind so substanzielle Beiträge, dass wir bei der Zeichnung solche Verlustquellen vermeiden müssen.


Ein Schlusswort?

Offenbar haben wir für die Reform der Altersvorsorge noch keine Politiker gefunden, die den Stimmbürgern reinen Wein einschenken und sich nicht von Partikularinteressen leiten lassen. Wenn wir den nachfolgenden Generationen unlösbare Probleme hinterlassen, dann schäme ich mich zutiefst für meine Generation. Heute könnten wir noch handeln.