Eine Allianz aus SVP, FDP und GLP hat beschlossen, die Mitte-Initiative mit einem Gegenvorschlag zu kontern. Er würde ausschliesslich für Ehepaare gelten, die erst nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden. Für alle anderen, die zu diesem Zeitpunkt bereits pensioniert sind, bleibt alles gleich.
Der Vorschlag umfasst eine Art Gegengeschäft: Auf der einen Seite soll die Obergrenze bei den Renten von Ehepaaren wegfallen, wie dies die Mitte verlangt. Auf der anderen Seite müssten Verheiratete aber auf den Grossteil ihrer heutigen Vorteile verzichten.
Sie sollen nicht nur den geplanten Abbau bei den Witwenrenten in Kauf nehmen, sondern auch die Abschaffung der heutigen Rentenzuschläge für Verwitwete. Diese machen 1,4 Milliarden Franken im Jahr aus und stehen ebenfalls nur Personen zu, die verheiratet waren. Relevant sind sie vor allem für Pensionierte mit tieferen Renten, weil sie nach oben begrenzt sind. (…)
Bitter ist nur: Auch wenn man alle Streichungen und Kürzungen zusammenzählt – von den Witwen- bis zu den Kinderrenten –, geht die Rechnung am Ende doch nicht auf. Bis jetzt liegen noch keine offiziellen Zahlen zu den Auswirkungen des Gegenvorschlags vor, doch laut Involvierten ist der Trend klar: In den ersten Jahren sollte die ganze Übung unter dem Strich etwa kostenneutral sein.
Bald aber würden die Ausgaben für die höheren Renten der Ehepaare zunehmend stärker ins Gewicht fallen als alle Kürzungen zusammen. Gegen Ende des kommenden Jahrzehnts soll der Gegenvorschlag die jährlichen Ausgaben der AHV um ungefähr 1 Milliarde Franken erhöhen. Damit würde sich das ohnehin drohende Umlagedefizit von zirka 4 auf 5 Milliarden erhöhen. Die Finanzierung ist offen.
Dass nun auch SVP, FDP und GLP einen Ausbau der AHV vorschlagen, mag auf den ersten Blick erstaunlich sein. Bis anhin hiess es meist, sie wollten aus Rücksicht auf die jüngeren Generationen davon absehen.
Auf den zweiten Blick aber zeigt der Entscheid vor allem, für wie chancenreich die anderen Parteien die Mitte-Initiative halten. Wird sie angenommen, dürfte die Finanzierungslücke im Jahr 2040 auch mit den neuen, besseren Zahlen etwa 7,5 Milliarden Franken betragen.
Eine andere Frage ist, ob der bürgerliche Gegenvorschlag an der Urne eine Chance hätte. Unter anderem dürften sich jene Ehepaare, die bereits pensioniert sind, darüber echauffieren, dass ihre Renten nicht erhöht werden.
Klar ist auch, dass die Linke den Gegenvorschlag als unsozial erachtet und vehement bekämpfen wird. Der Gewerkschaftsbund hat am Freitag bereits die Losung ausgegeben: «Wenn Ehegattenrenten erhöht werden sollen, dann sicher nicht auf Kosten der Witwen.»
NZZ / Entscheid SGK