(SGK) Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates will die Rechtssicherheit für Selbstständigerwerbende und neue Geschäftsmodelle erhöhen. Dafür sollen die Kriterien für die Unterscheidung zwischen selbstständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit auf Gesetzesebene festgeschrieben werden. Zudem soll die soziale Absicherung von Selbstständigerwerbenden durch eine vereinfachte Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge verbessert werden. Die Kommission schickt ihren Vorentwurf in die Vernehmlassung.
SGK-N
Umstrittene Kostentransparenz
Steigende Anzahl der Gesetzesartikel zur 2. Säule
Nico Fiore, Geschäftsführer von inter-pension, äussert in einem Artikel der Handelszeitung Kritik an der von der SGK-N beschlossenen Motion zur Offenlegung der Verwaltungskosten von Pensionskassen. Fiore schreibt:
Obschon das Ziel dieser Motion absolut unterstützenswert ist, muss dabei beachtet werden, dass zusätzliche Regulierung oftmals mit einem höheren administrativen Aufwand einhergeht. Zugegebenermassen stellt diese Forderung allein keinen bedeutenden Mehraufwand für die Pensionskassen dar.
Die Regulierungsdichte steigt allerdings seit Jahren stetig an, was in der Summe einen erheblichen Unterschied ausmacht. Anhand der unten stehenden Grafik kann man sehen, dass das heutige regulatorische Umfeld für Pensionskassen wesentlich anspruchsvoller ist, als es beispielsweise noch vor zwanzig Jahren der Fall war.
Streit um Finanzierung der 13. AHV-Rente
Die Initianten haben den Termin für die erstmalige Auszahlung der 13. AHV-Rente mit der Abstimmung gleich festgelegt, aber die Finanzierung offengelassen. Weil nun die SGK-N andere Vorstellungen hat als die Linke, gibt diese sich empört. NR Andri Silberschmidt macht mit seinem Vorstoss Druck auf die Finanzen und den Bundesrat. Fabian Schäfer schreibt in der NZZ:
Die Sozialkommission des Nationalrats hat am Freitag bekanntgegeben, dass sie ungewöhnlich früh bei Baume-Schneider intervenieren will – und dies gleich zweifach. Zum einen spricht sie sich grundsätzlich gegen eine separate und einseitige Finanzierungsvorlage für die 13. Rente aus.
Zum anderen lehnt sie ganz konkret eine Reduktion des Bundesbeitrags ab. Hinter den beiden Anträgen, über die separat abgestimmt wurde, stehen unterschiedliche Mehrheiten.
Die erste Forderung geht dem Vernehmen nach auf den FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt zurück, was dieser auf Anfrage bestätigt. Offenbar gibt es eine bürgerliche Mehrheit, die in der AHV vorübergehend Defizite in Kauf nehmen will, um zu verhindern, dass die Probleme des Sozialwerks weiterhin vor allem mit höheren Steuern und Beiträgen gelöst werden.
Mehr Transparenz bei PK-Verwaltungskosten
Mit 12 zu 11 Stimmen hat die Kommission die Mo.Kostentransparenz in der zweiten Säule (24.3471) eingereicht. Sie hatte sich davor den Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) über die Verwaltungskosten in der 2. Säule vorstellen lassen.
Angesichts der hohen Beträge, die jährlich für die Verwaltung von Vorsorgeeinrichtungen ausgegeben werden (2021: 6,9 Milliarden Franken), ist die SGK-N der Ansicht, dass detaillierte Informationen zu den Kosten ausgewiesen werden müssen. Sie teilt die Auffassung der EFK, dass Informationen über die Verwaltungskosten einfach zugänglich sowie leicht verständlich sein sollten und eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit wünschenswert wäre.
Eine Minderheit der Kommission hält die bestehenden Regeln für ausreichend und lehnt die Motion mit Verweis auf die in den Jahresberichten der Vorsorgeeinrichtungen und der Schweizerischen Sozialversicherungsstatistik bereits ausgewiesenen Zahlen ab.
SGK-N: Verbesserungen für Selbständigerwerbende
(SGK) Mit 17 zu 8 Stimmen hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) ihren Vorentwurf zur Umsetzung der Pa. Iv. Grossen Jürg. Selbstständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen (18.455) gutgeheissen.
In der Detailberatung hat sie mit 13 zu 12 Stimmen beschlossen, ein zweistufiges Verfahren zur Prüfung der Unterscheidung zwischen selbstständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit (sog. Beitragsstatut) vorzusehen. So sollen zuerst die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft werden. Sind diese nicht eindeutig, wird zusätzlich auf schriftliche Parteivereinbarungen abgestellt.
Splitting in der 2. Säule?
pw. Gopfried Stutz, alias Claude Chatelain, legt im Blick dar, weshalb das von der nationalrätlichen SGK eingereichte Postulat für ein Splitting in der 2. Säule “reines Wunschdenken” ist; genauer wäre wohl der Ausdruck “reiner Unfug”. Aber es reicht wohl der Hinweis, dass das Postulat in der Sondersession im Mai zustande kam, die ausser Unfug aber auch gar nichts zustande brachte.
Der Nationalrat hat in der Sondersession von Anfang Mai ein Postulat der nationalrätlichen Sozialkommission angenommen. Danach hat der Bundesrat in einem Bericht zu prüfen, wie im Beruflichen Vorsorgegesetz (BVG) ein Splittingmodell für Paare in Abhängigkeit von Kindern implementiert werden könnte. Sobald also ein Kind geboren ist, soll das Pensionskassenguthaben beider Elternteile zu je 50 Prozent aufgeteilt werden.
Auf den ersten Blick erscheint das zeitgemäss. Und es könnte das Problem entschärfen, dass Frauen in der 2. Säule im Schnitt tiefere Leistungen bekommen als Männer. Doch wer verstanden hat, wie die 2. Säule konstruiert ist, kann sich kaum ausmalen, wie das in der Praxis funktionieren soll.
Postulat: BVG. Splitting der erworbenen Altersguthaben für Eltern; Update
Eingereichter Text: Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen und Bericht zu erstatten, wie im BVG ein Splittingmodell für Paare in Abhängigkeit von Kindern implementiert werden könnte. Dabei soll das Altersguthaben bei den Pensionskassen/Vorsorgeeinrichtungen zu je 50% auf beide Elternteile aufgeteilt werden. Es ist aufzuzeigen, wie ein solches Modell ausgestaltet werden kann und welche Auswirkungen eine solche Anpassung auf das System der Altersvorsorge hätte.
Eine Minderheit der Kommission (Bircher, Aeschi Thomas, de Courten, Farinelli, Glarner, Nantermod, Rüegger, Schläpfer) beantragt, das Postulat abzulehnen.
Update: Der Nationalrat hat an seiner Sitzung vom 3.5.2023 das Postulat angenommen
SGK-N gegen Renteninitiative
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) empfiehlt mit grosser Mehrheit, die Renteninitiative der Jungfreisinnigen abzulehnen. Sie spricht sich auch gegen einen direkten sowie einen indirekten Gegenvorschlag aus, mit welchen die Einführung einer Schuldenbremse für die AHV beantragt wurde. Statt einseitig bei der Höhe des Rentenalters anzusetzen, möchte die Kommission die nächste Reform abwarten, die der Bundesrat dem Parlament bis spätestens 2026 unterbreiten muss.
“Die nächste Rentenreform ist einen grossen Schritt weiter”
Der bürgerliche Schulterschluss scheint zu halten: Die Reform der beruflichen Vorsorge soll in der Märzsession abgeschlossen werden. SVP allerdings mit Vorbehalten. Bundeshausredaktor Fabian Schäfer schreibt in der NZZ:
Und wieder zeichnet sich dieselbe Konstellation ab wie bei der AHV: Die Linke kämpft gegen das geschlossene bürgerliche Lager inklusive GLP. Die Gewerkschaften haben bereits das Referendum angekündigt, obwohl noch unklar ist, wie die Vorlage genau aussieht. Im Zentrum steht die Reduktion des gesetzlichen Umwandlungssatzes, der über die Höhe neuer Renten entscheidet. Der Satz soll mit Blick auf Anlagerenditen und Lebenserwartung von 6,8 auf 6 Prozent sinken. Die meisten Pensionskassen haben schon lange tiefere Sätze, weil ihre Leistungen über das gesetzliche Minimum hinausgehen.
Umstritten ist die Frage, ob die Reduktion nur für die unmittelbar betroffenen Versicherten kompensiert werden soll oder darüber hinaus. Wie die Kommissionsentscheide zeigen, dürften sich in diesem Streitpunkt innerhalb des bürgerlichen Lagers diejenigen Kräfte durchsetzen, die eine «sozialere» Lösung fordern. Die Mehrheit will in der 15-jährigen Übergangsphase mehr Rentenzuschläge verteilen als vom Nationalrat letztes Jahr beschlossen. Die Kommission übernimmt hier den Vorschlag des Ständerats.
BVG-Reform: Nationalrat in Richtung Ständerat
SGK. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) ist in der Differenzbereinigung zur BVG-Reform in zentralen Punkten den Beschlüssen des Ständerates gefolgt. Insbesondere bei den Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration sieht sie im Modell des Ständerates eine mehrheitsfähige Kompromisslösung. Eine gewichtige Differenz verbleibt bei der Höhe und Ausgestaltung des Koordinationsabzugs.
Gestützt auf die an der letzten Sitzung in Auftrag gegebenen Berichte und Berechnungen der Verwaltung hat die Kommission die erste Runde der Differenzbereinigung bei der BVG-Reform (20.089) abgeschlossen. Sie hat erneut bekräftigt, dass eine ausgewogene Reform mit einer Senkung des Umwandlungssatzes verabschiedet werden soll. Trotz in letzter Zeit gestiegener Leitzinsen sei eine solche unumgänglich. Im Bestreben einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu zimmern, hat sich die Kommissionsmehrheit dabei in vielen Punkten der Lösung des Ständerates angeschlossen.
SGK-N beginnt Beratung zur Differenzbereinigung
SGK. Die Kommission hat die Differenzbereinigung zur BVG-Reform(20.089) aufgenommen. Sie hat sich die Beschlüsse des Ständerates aus der vergangenen Wintersession erläutern lassen und die Verwaltung mit vertieften Abklärungen, insbesondere zur Ausgestaltung des Koordinationsabzugs und zur Versicherung von Mehrfachbeschäftigten, beauftragt. Die Kommission wird die Bereinigung der Differenzen, darunter namentlich die Frage der Kompensationsmassnahmen für die von einem tieferen Umwandlungssatz besonders betroffene Übergangsgeneration, an der nächsten Sitzung fortsetzen. Sie beabsichtigt, ihre Beratungen an ihrer Februarsitzung abzuschliessen, damit das Geschäft in der Frühjahrssession behandelt werden kann.
“Die SP in der Offensive”
Die SP will erstens unbedingt an der BR-Vorlage zur BVG-Reform festhalten und zweitens diese Vorlage mit weiteren sozialpolitischen Forderungen ausbauen. Kurz vor Beginn der Beratungen der SGK des Nationalrats hat sie diese vor der Presse erläutert. Fabian Schäfer berichtet in der NZZ:
Politische Kommunikation in extremis: Am Donnerstag um 9 Uhr ist in Bern eine SP-Delegation um Co-Präsidentin Mattea Meyer vor die Medien getreten, um ihre Anträge für eine um 9 Uhr 45 beginnende Kommissionssitzung öffentlich kundzutun. Thematisch ging es um die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG), eines der letzten grossen Projekte der Legislatur. Rechtlich ist das Manöver der SP zulässig. Die Beratungen in den Kommissionen sind zwar vertraulich, die eigenen Anträge offenzulegen, ist aber nicht verboten.
Indes sagt das Vorgehen einiges über die Absichten aus. Wer glaubt, eine Vorlage ernsthaft beeinflussen zu können, geht mit seinen Anträgen kaum vorher an die Öffentlichkeit. Im Fall der SP ist diese Wahrscheinlichkeit klein. Über fast alle präsentierten Anträge hat der Nationalrat bereits diskutiert – und sie abgelehnt. Die Motivation für den Auftritt dürfte eher bei den Wahlen zu suchen sein. Die SP will in den nächsten Monaten die Debatte über die Renten forcieren – eines ihrer stärksten Themen, mit denen sie auch gegenüber den Grünen punkten kann.