Risiken und Gefahren von individuellen Altersleistungen

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pw. Im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe “Vision PK 2030” hat die zhaw einen Anlass zum Trend und den Möglichkeiten der Individualisierung des Leistungsbezugs in der 2. Säule durchgeführt. Es referierten Reto Leibundgut, c-alm; Christoph Brügger, Geschäftsführer der PTV Pensionskasse und Martin Osterwalder, Leiter Vorsorge der BVK.

Leibundgut eröffnete mit einem Überblick und grundlegenden Überlegungen zum Thema. Zu unterscheiden sind Solidarität und Kollektivität als Grundpfeiler des Vorsorgesystems (“der Maschinenraum der Pensionskassen”) von den gesellschaftlichen Trends zu Individualität und Flexibilität.

Ohne Solidarität wäre des BVG reines Zwangssparen und ein zu hoher Individualisierungsgrad kann den Solidaritätsgedanken stören. Auch können individuelle Altersleistungen zu Antiselektion führen, was in den technischen Grundlagen nicht berücksichtigt wird.

Antiselektion ist die Folge asymmetrischer Information. Der Versicherte verfügt bspw. über Informationen über seinen Gesundheitszustand, die der Vorsorgeeinrichtung nicht bekannt sind.

Nicht eingegangen ist Leibundgut auf 1e-Pläne. Er konzentrierte sich auf Individualisierungsmöglichkeiten bei den Versicherungsleistungen. Bereits im BVG enthalten sind dazu Wahlsparpläne, vorzeitige Pensionierung und Aufschub, sowie Teilrentenbezug und die Kapitaloption.

Zusätzlich zu den Standardmöglichkeiten wurden u.a. folgende Modelle entwickelt: Freie Wahl der Anwartschaft (z.B. PKG, BVK, Bühler PK); Rückgewähr bei vorzeitigem Tod (z.B. PKG, Promea, ALSA); Variable Rentenauszahlung (z.B. PTV, BVK, ZKB).

Die freie Wahl der Anwartschaft erlaubt üblicherweise Varianten mit z.B. 30, 60 und 100 Prozent. Ein tiefer Prozentsatz wird kompensiert mit einem höheren Umwandlungssatz, was bei individueller Berechnung nach Geschlecht, Zivilstand, Alter zu komplexen Berechnungen führen kann. Andernfalls besteht die Gefahr der Umverteilung zwischen Zivilständen und der Antiselektion.

Hauptsächlich ledige Personen wählen die tiefere Anwartschaft mit höherem UWS, während vorwiegend verheiratete Personen die höhere Anwartschaft mit tieferem UWS vorziehen. Um diesen Gefahren zu begegnen, sollte gemäss Leibundgut eine individuelle Bewertung angewendet werden.

Weiter ging Leibundgut auf die variable Rentenauszahlung ein. Sie hat das Ziel die Altersrente auf die individuellen Bedürfnisse der Neurentenbeziehenden abzustimmen. Oft können die Neurentenbeziehenden dabei zwischen einer „normalen“ Altersrente und verschiedenen variablen Modellen auswählen. Die Altersrente ist anfangs höher und sinkt anschliessend linear oder prozentual ab. Eine Mindestrente bleibt lebenslänglich garantiert.

Beim Rentenaufschub mit Kapitalauszahlung wird bei der Pensionierung ein Teil des Altersguthabens als Kapital ausbezahlt und erst nach x Jahren d eine lebenslange Rente ausgerichtet. Stirbt der Altersrentner, wird die Witwenrente ebenfalls erst nach x Jahren ausgerichtet. Das Fazit:

  • Durch Individualisierung können individuelle Präferenzen ausgedrückt werden. Individualisierung ist ein Zeitgeistphänomen. Aus ökonomischer Sicht ist es nicht einfach, Argumente gegen «Individualisierung» ins Feld zu führen.
  • Gleichwohl braucht das Versicherungsprinzip ein grosses Mass an Solidarität. Auch in der beruflichen Vorsorge…
  • Die Flexibilisierung der Rentenleistungen im Falle von kollektiven Umwandlungssätzen birgt das Risiko der Antiselektion und muss im Pricing entsprechend berücksichtigt werden.

Anschliessend an die Ausführungen von Leibundgut stellten Christoph Brügger und Martin Osterwalder im Detail die von ihren Kassen eingeführten Modelle vor, wobei Brügger darauf hinwies, dass der Kapitalbezug mit aufgeschobener Rente bei der PTV bereits in den 80er-Jahren eingeführt wurde. Der Wunsch nach individuellen Lösungen ist also keineswegs neusten Datums.

  Unterlagen zu den zhaw-Referaten / Bericht BVG-Aktuell 20-24