nzz“Die Schweiz ist einmal mehr mit einer Abstimmungskampagne zur Altersvorsorge voller Irreführungen konfrontiert. Höchste Zeit für etwas Klartext.” Hansueli Schöchli will ihn in der NZZ liefern. Er schreibt in der NZZ zur Kampagne des SGB für eine 13. AHV-Rente:

Der Hauptzweck der vorliegenden Gewerkschaftsinitiative ist die Maximierung der versteckten Umverteilung von oben nach unten und von Jung zu Alt. Seit es die AHV gibt, fordert die Linke den Ausbau der Leistungen. Eine praktisch gleiche Volksinitiative – die eine Erhöhung aller AHV-Renten um 10 Prozent forderte – hatten die Gewerkschaften schon im vergangenen Jahrzehnt lanciert; jene Vorlage scheiterte 2016 an der Urne (59 Prozent Nein-Stimmen). Ein weiteres Beispiel: Im Jahr 2000 scheiterte eine linke Volksinitiative für das ordentliche Rentenalter 62; dies hätte faktisch ebenfalls einer massiven Rentenerhöhung entsprochen. (…)

Zum Grad der Umverteilung von oben nach unten gibt es im Prinzip kein «richtig» oder «falsch»; je nach politischer Couleur kann man hier guten Glaubens unterschiedliche Wertungen vertreten. Aus einer technischen Sicht sollte aber die politisch gewünschte Umverteilung von Reich zu Arm direkt und transparent sein – vor allem via offizielle Steuerprogression, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe. Doch weil eine transparente Erhöhung dieser Umverteilung nicht unbedingt populär ist – gerade weil sie transparent ist –, wählt die Linke lieber den unehrlichen Weg der versteckten Umverteilung via Altersvorsorge. Etiketten wie «Kompensation für Kaufkrafteinbussen», «Besserstellung der Frauen» oder «faire Renten» sind dabei nur vorgeheuchelte Rechtfertigungen. (…)

Die meisten derzeitigen Altersrentner ziehen mehr aus der AHV heraus, als sie direkt oder indirekt eingezahlt haben. Dies geht nicht nur zulasten von jetzigen Gutverdienern, sondern auch von Lohnbezügern und Steuerzahlern von morgen und übermorgen. Je stärker man heute die AHV-Leistungen ausbaut, desto mehr nimmt die Umverteilung von den Erwerbstätigen zu den Rentnern zu. Das Ausmass dieser Zunahme hängt von der Finanzierung ab, doch bei jeder diskutierten Finanzierungsart ist klar: Die Jüngeren werden einen weit höheren Anteil zahlen müssen als die Älteren.

Das macht die vorliegende Volksinitiative politisch besonders attraktiv. Die Gewerkschaften setzen darauf, dass die älteren Urnengänger nach dem Motto «Nach uns die Sintflut» den kommenden Generationen möglichst hohe Hypotheken hinterlassen wollen. Grob gesagt, dürften Personen ab etwa Alter 50 von der vorliegenden Initiative per saldo finanziell profitieren, und die Jüngeren werden später die Rechnung zahlen müssen. Tendenz: Je älter man ist, desto mehr profitiert man, und je jünger man ist, desto mehr zahlt man.

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