Thomas Buess, Finanzchef des Versicherers Swiss
Life, kritisiert in der Finanz und Wirtschaft die Kapitalvorgabe der Aufsicht. Thomas Hengartner berichtet.

Die Länder der EU berechnen die Kapitalvorgabe an die Versicherer nach den Regeln von Solvenz II, aber hierzulande gilt der Schweizer Solvenztest SST. Wegen der unterschiedlichen Regeln müssen hiesige Lebensversicherer gemäss dem Branchenverband SVV 1,5- bis 2-mal so viel Risikokapital vorhalten wie Wettbewerber in der EU. Das hat auch Konsequenzen auf das System der beruflichen Altersvorsorge.

Vertreter der Finanzmarktaufsicht wiegeln ab, das Kapitalerfordernis sei vergleichbar, wenn temporäre Erleichterungen einzelner EU-Länder ausgeklammert werden. «Das stimmt jedoch überhaupt nicht», sagt Swiss-Life-CFO Thomas Buess im Gespräch: «Wir halten nicht freiwillig 1,6-mal so viel Kapital, sondern weil sich die Kapitalanforderungen der Aufsichtsbehörde sprunghaft verändern und damit unberechenbar sind.» (…)

Der Manager konzediert zwar, dass zur prekären Situation auch der Reformstau der Altersvorsorge beiträgt. Wegen der Volksabstimmung verharrt der obligatorische Mindestumwandlungssatz für Pensionsrenten auf 6,8%. Das sei wegen der Lebenserwartung der Bevölkerung und den Niedrigzinsen viel zu hoch. «Jede neue Rente fällt viel zu grosszügig aus, aber das Manko wird nicht vom Aktionär der Versicherer geschultert, sondern in Form niedriger jährlicher Zinsgutschriften vom Kollektiv der jeweiligen Pensionskasse », kritisiert Buess. Leidtragend seien die Jungen.

Er ist gar überzeugt, die Jahresgutschrift für ein durchschnittliches Vorsorgeguthaben könnte bis 1000 Franken grösser sein. Ein solcher Zusatzertrag wäre möglich, wenn Versicherer wie Swiss Life nicht mehr so rigorose Kapitalanforderungen hätten, sondern in der Anlagestrategie freier wären und hierzulande dieselben Regeln gelten würden wie beim in der EU gebräuchlichen Solvenz-II-Regime. «Was wir in der Schweiz haben, schadet indirekt allen Pensionsversicherten.»

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