Thomas Breitenmoser, Leiter Investment Controlling bei Complementa, kommentiert im Interview mit HZ Insurance Ergbeniss der Pensionskassen-Studie 2025.
Herr Breitenmoser, die Pensionskassen erzielten 2024 etwa doppelt so hohe Erträge wie im 20-Jahres-Schnitt. Wie nachhaltig sind solche Renditen?
Rückschläge sind natürlich jederzeit möglich. Aber: In den letzten 20 Jahren haben die Kassen 3,7 Prozent pro Jahr erwirtschaftet, und in 8 Jahren lag der Jahreserfolg gar über 7 Prozent. Und dies, obwohl Pensionskassen in diesem Zeitraum diverse Krisen durchlebten, wie zum Beispiel die Finanzkrise, die Euro-Krise oder die Corona-Krise. Jüngst sind die Verwerfungen aufgrund von US-Zöllen und dem deutlichen Rückgang des US-Dollars hinzugekommen. Dennoch haben die Pensionskassen bis Ende August bereits 3,0 Prozent Rendite erwirtschaftet, was erneut überdurchschnittlich und angesichts der aktuellen Umstände beeindruckend ist.
Werfen wir einen Blick auf den Deckungsgrad: Dieser ist mit 113,8 Prozent per August auf einem sehr komfortablen Niveau. Gleichzeitig liegen privatrechtliche Kassen bei 116 Prozent, öffentlich-rechtliche aber bei nur 102 Prozent. Wo sehen Sie die grössten Risiken für die Stabilität des Systems?
Die Deckungsgradunterschiede zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen sind insbesondere auf öffentlich-rechtliche Pensionskassen im System der Teilkapitalisierung zurückzuführen und sind somit systembedingt.
Dieser Umstand ist nicht neu, aber gemäss unseren Berechnungen steckt in den unterdeckten Kassen 10 Prozennt des Deckungskapitals. Mit dem hohen Deckungsgrad sind die privatrechtlichen Kassen aber für potenzielle Rückschläge an den Finanzmärkten gewappnet. Richten wir den Blick nach vorne, so erscheint das Tiefzinsumfeld beziehungsweise Negativzinsen in der Schweiz als mögliches Risiko.
Das gute Anlageergebnis führen Sie auch auf mehr Aktien und weniger Obligationen zurück. Führen wir uns die steigenden Staatsverschuldungen und Währungsabsicherungskosten vor Augen: Wie beurteilen Sie diese Verschiebung?
Hohe Absicherungskosten und steigende Staatsverschuldungen machen Staatsanleihen in Fremdwährungen weniger attraktiv. Pensionskassen handeln umsichtig und haben bereits vor 18 bis 24 Monaten begonnen, diese zu Gunsten von Fremdwährungs-Unternehmensanleihen und Franken-Obligationen zu veräussern. Die steigende Staatsverschuldung hat zudem negative Auswirkungen auf Fremdwährungen – insbesondere auf den US-Dollar – gegenüber dem Schweizer Franken.
Dadurch erhöht sich die Volatilität der Zinserwartungen beziehungsweise die Inflationsrisiken. Auf längere Sicht stellt die höhere Verschuldung verschiedener Staaten die Rolle von Staatsanleihen als sogenannt «risikoarme» Anlagen infrage. Die Angriffe auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank können sich zudem negativ auf die zukünftigen Inflationserwartungen und Wechselkurse auswirken.
Halten wir uns aber auch das Ziel vor Augen: Um real keine Leistungseinbussen zu verzeichnen, muss eine reale Rendite erwirtschaftet werden. Bei Obligationen ist dies mehrheitlich nur auf nomineller Basis möglich. Darum erstaunt es nicht, dass der Aktienanteil in den letzten Jahren angestiegen ist. Dass Pensionskassen neben dem Ertragspotenzial aber auch die Risiken steuern, zeigt sich darin, dass in den letzten Jahren mit sehr gut laufenden Aktienmärkten der Anstieg der Aktienquote durch Verkäufe abgefedert wurde.
Die unterschiedliche Verzinsung bleibt derweil ein zentrales Thema. Welche Folgen haben diese Differenzen für die Wettbewerbssituation im Markt – etwa bei der Arbeitgeberwahl einer Kasse oder im Bereich Vollversicherung?
Aus Sicht der Arbeitnehmer spielt bei der Jobsuche die Pensionskasse, erstaunlicherweise, meist eine untergeordnete Rolle. Zudem benötigt man dazu Vorsorgewissen und Kenntnisse über die Pensionskasse. Dennoch sollte beim Vorstellungsgespräch die Pensionskasse thematisiert werden. Für die Arbeitnehmenden ist die Erfolgsbeteiligung wichtig, zumal sie auch die Anlagerisiken tragen. Bei anhaltenden Verzinsungsdifferenzen ergeben sich deutliche Unterschiede beim Aufbau des Altersguthabens. Wir stellen aber fest, dass Pensionskassen generell den Anspruch haben, eine angemessene Verzinsung zu gewähren. Aber nicht alle Kassen haben denselben Spielraum.
HZ Insurance / PK-Studie 2025
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