Der (ursprüngliche) Slogan «It’s the economy, stupid» verhalf Bill Clinton 1992 zur US-Präsidentschaft. Die Wirtschaft bleibt Dauerthema, aber der heutige Newsletter enthält gleich fünf Meldungen zum Thema Demographie, was darauf hindeutet, dass die vielleicht grösste Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte der Einbruch der Geburtenzahlen sein wird. Der Schreibende wagt die Vermutung, dass deren Folgen dramatischer sein könnten als jene des nonstop beschworenen Klimawandels.
Ein politischer Machtfaktor lässt sich allerdings aus der Demographie nicht gewinnen und auch kein Geschäft damit machen, weshalb das Thema eher sporadisch und punktuell in den Nachrichten auftaucht. Da es für die Befeuerung des sozialpolitischen Populismus hinderlich ist, wird es auch gerne heruntergespielt. Ein AHV-Ausbau verbietet sich angesichts der absehbaren Alterung und steigenden Belastung der nachfolgenden Generationen eigentlich von selbst. Aber die Forderung nach «Gerechtigkeit», sonst als Mantra von Links bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit glasigem Blick beschworen, fällt hier flach. Von Vernunft und Voraussicht ganz zu schweigen.
Kommt hinzu – und das scheint ein Tabu: Die jungen Generationen (ab dem Buchstaben Y) zeigen eine rückläufige Begeisterung für jegliche Form von Erwerbstätigkeit. Mehr als eine 4‑Tage-Woche ist nicht länger zumutbar. Die Übernahme von Verantwortung wird gescheut. Die krankheitsbedingten Ausfälle nehmen massiv zu – ein Arztzeugnis lässt sich problemlos beschaffen. Man meldet sich per WhatsApp ab und hofft auf gute Besserung. Arbeitgeber können ein Lied davon singen.
Und trotz aller Erleichterung leiden die Jungen unter psychischen Problemen. Die daraus folgende Belastung der IV (und entsprechend der 2. Säule) könnte das System in Zukunft zum Kollaps bringen, befürchten Experten. Das ist eine menschliche Tragödie und eine sozialpolitische Katastrophe.
Um die knapper werdenden Arbeitskräfte (Fachkräfte ist schon zu eng gefasst) verschärft sich der Konkurrenzkampf, den der Staat immer häufiger und locker für sich entscheidet. Mit überdurchschnittlichen Salären, besten Pensionskassen und allerhand sonstigen Goodies (Tramabos, Lunch-Checks etc.), dem Versprechen auf kaum limitierte Homeoffice-Möglichkeiten) plus einer maximalen Arbeitsplatzsicherheit kann die Verwaltung sich fast beliebig auf Kosten der Wirtschaft und insbesondere der KMU ausdehnen.
Ein massiver Rückgang des Anteils Erwerbstätiger, die lieber weniger als mehr Arbeitsstunden leisten, eine rasant wachsende Zahl von Pensionierten (ein höheres Rentenalter ist unvorstellbar), das alles zusammen bildet das Rezept für ein Desaster. Ein Gegenrezept ist nicht bekannt. Das schlägt eher früher als später unweigerlich durch: auf die Altersvorsorge, die Wirtschaft, unseren Wohlstand. Das geht erst schleichend, dann wohl plötzlich. Letztlich hat Clintons Schlagwort trotz aller Veränderungen unserer Welt nichts von seiner Richtigkeit eingebüsst: Es ist noch immer die economy, stupid, bloss etwas erweitert.
Peter Wirth, E-Mail