Wegen Donald Trumps Handelskrieg fliehen die Investoren einmal mehr in den Franken. Das Erstarken der Währung droht der Exportindustrie die Luft abzuschnüren. Zudem verbilligt der starke Franken die Importe. Bereits ist die Inflation auf 0,0 Prozent gefallen. Geht der Trend weiter, droht Deflation.
Die SNB muss nun alle Instrumente prüfen, auch solche, von denen man hoffte, sie nie wieder anwenden zu müssen. Die Rede ist von einem alten Reizthema: Negativzinsen. Bei seinem Auftritt im Herbst hatte Schlegel dazu gesagt: «Niemand mag Negativzinsen, auch nicht die SNB.» Er sagte aber auch, dass Negativzinsen funktionierten und weiterhin zum Werkzeugkasten der SNB gehörten.
Seither wird gerätselt: Welcher Teil der Antwort gilt letztlich? Und steht Schlegel den Negativzinsen positiver gegenüber als Jordan? (…)
Für Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank, lautet die Frage nicht, ob, sondern wann dies passieren wird. Er rechnet im Juni mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte auf minus 0,25 Prozent. Seine Begründung: «Die SNB wird nicht darum herumkommen, gegen die Aufwertung des Frankens ein Zeichen zu setzen.» Da genüge ein Zinsschritt auf null nicht, da der Markt schon jetzt mit einem Zins im negativen Bereich rechne. (…)
Die Ökonomin Alexandra Janssen, die den Vermögensverwalter Ecofin leitet, kritisiert die Geldpolitik der SNB schon länger als zu expansiv. «Die Zinsen wurden ab letztem Sommer unnötigerweise gesenkt, obwohl sich die Wirtschaft in einer guten Verfassung befand.» Eine weitere Absenkung ergebe daher keinen Sinn, zumal die tiefe Teuerung nicht hausgemacht sei, sondern aus dem Ausland importiert werde.
Zwar geniesse die SNB international eine grosse Glaubwürdigkeit, sagt Janssen. Als neuer Präsident stehe Schlegel allerdings unter erhöhter Beobachtung. «Die Devisenmärkte könnten vermehrt testen, welche Frankenaufwertung die SNB zulässt und wo ihre Schmerzgrenze liegt.» Sie sieht Schlegel aber nicht auf verlorenem Posten: Auch Jordan habe seinen Einfluss auf die Märkte erst über die Zeit aufbauen können. (…)
Eine Chance, den Amerikanern das Dilemma eines kleinen Landes mit starker Währung zu erklären, hätte Schlegel im April bei der Frühjahrstagung des Währungsfonds in Washington gehabt. Er hat sie verpasst. Denn der Präsident – und das dreiköpfige Direktorium – zog es vor, an der Generalversammlung der SNB in Bern teilzunehmen. Dieser Entscheid in krisenhaftem Umfeld löste Kopfschütteln aus. Die neue SNB-Führung bleibt nach sieben Monaten schwer greifbar.
  NZZ