SPDie NZZ am Sonntag interviewte die beiden Co-Präsidenten der SP, Mattea Meyer und Cédric Wertmuth zu ihrer Arbeit, aktuellen sozialpolitischen Fragen und zur Situation der Partei. Zu BVG 21 und Rentenalter äusserte sich nur Meyer. Auszüge.

Im Parlament steht derzeit der Sozialpartnerkompromiss zur Debatte, der die 2. Säule sanieren soll. Und Sie steigen bereits wieder aus dem Kompromiss aus?
Meyer: Nicht wir, sondern die Bürgerlichen im Nationalrat sind davon abgewichen. Der Kompromiss federt die Rentenverluste für Geringverdienende ab. Die Lobbyisten der Versicherer und Banken haben den rechten Parlamentariern diktiert, wie sie zu entscheiden haben. Nun dient die Reform einzig der Finanzbranche. Wenn wir tatsächlich keine Lösung finden zugunsten der Versicherten, dann müssen wir uns grundsätzliche Gedanken machen.

Sie drohen, via Volk die 2. Säule zu schwächen?
Meyer: Wenn das Parlament eine Reform der beruflichen Vorsorge verabschiedet nach dem Motto «mehr bezahlen und weniger Rente bekommen», ja, dann ergreifen wir das Referendum. Eine Möglichkeit ist dann, dass wir die AHV stärken und die instabile 2. Säule zurückfahren, indem Lohnprozente von der 2. in die 1. Säule verschoben werden. Das wäre für den Grossteil der Versicherten vorteilhaft, weil die erste Säule solidarisch finanziert ist. So anmassend ist unser Ansatz nicht: Es steht in der Verfassung, dass Renten existenzsichernd sein sollen.

Wie kann es sein, dass Sie als Vorreiter der Gleichstellung sich gegen die Angleichung des Frauenrentenalters an das Männerrentenalter auflehnen? Sie zementieren das traditionelle Rollenmodell.
Meyer: Uns ist klar, dass alle vier an diesem Gespräch Beteiligten gleich lang arbeiten werden. Die Unterscheidung nach Geschlecht wird fallen. Bei der jetzigen AHV-Reform geht es aber nicht um uns: Es geht um die Generation unserer Mütter. Das sind Frauen, die ihr Leben lang gekrampft haben ohne externe Kinderbetreuung und dafür mit viel unbezahlter oder schlecht entlohnter Arbeit. Das sind Frauen, von denen jede vierte nur die AHV hat, von denen jede neunte direkt Ergänzungsleistungen beziehen muss. Diese Frauen haben das Recht, in Würde alt zu werden. In Würde altern heisst nicht: Ihr dürft jetzt noch ein Jahr länger arbeiten und damit eine Renteneinbusse von 1200 Franken pro Jahr hinnehmen.

Ab welcher Generation ist es denn gerecht, dass Frauen und Männer gleichzeitig in Rente gehen?
Meyer: Ab der Generation, für die es selbstverständlicher war, berufstätig zu sein und externe Kinderbetreuung zu haben.

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