Hansueli Schöchli hat es sich nicht nehmen lassen, seinem Ärger über die Haltung des Bundesrates in Sachen Rentenalter in einem weiteren Kommentar in der NZZ Ausdruck zu geben. Man kann ihm nur zustimmen.

Der Bundesrat bemühte am Mittwoch auch den Klassiker unter den billigen Ausreden zum Rentenalter: Erhöhungen würden «die tatsächliche Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht berücksichtigen». Die suggerierte Behauptung dahinter geht etwa wie folgt: Solange Ältere Mühe mit der Stellensuche haben, ist eine Erhöhung des Rentenalters nicht Arbeitsmarktverträglich. Das ist gehobener Unsinn. Damit wollen Gegner sich selbst und anderen vorheucheln, dass sie nicht aus Eigennutz, sondern «nur wegen des Arbeitsmarkts» kein höheres Rentenalter wollen.

Nach dieser Logik gäbe es nur eine vernünftige Lösung: das Rentenalter null. Denn im wirklichen Leben gibt es auch viele jüngere Arbeitslose. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit bei den Jüngeren sogar höher als bei den Älteren. Zudem beeinflusst das ordentliche Rentenalter auch die Definition von «Jung» und «Alt». Bei einem Rentenalter 40 hätten viele Arbeitgeber Hemmungen, 38-Jährige einzuarbeiten, und bei einem Rentenalter 80 gälten 60-Jährige noch als «jung».

Der Bundesrat mag jetzt nicht öffentlich über die Erhöhung des allgemeinen Rentenalters sprechen wollen, um das laufende Revisionsprojekt «AHV 21» nicht zu gefährden; diese Vorlage dürfte nächstes Jahr vor das Volk kommen. Doch solche Überlegungen sind nur ein weiteres Element der grassierenden Unredlichkeit in der Vorsorgepolitik. Der Bundesrat sollte das Volk ernst nehmen und ihm endlich reinen Wein einschenken: Wer seinen Kindern noch in die Augen schauen will, kommt in der nächsten AHV-Reform um eine Erhöhung des allgemeinen Rentenalters nicht herum.