Werner Hug kritisiert in einem Artikel der FuW die Einführung der Ueberbrückungsleistungen und wirft Bundesrat und Parlament, von falschen Zahlen und Überlegungen ausgegangen zu sein.

Bundesrat und Parlament haben offenbar die jüngsten Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BfS) zur Bevölkerungs- und Erwerbstätigenentwicklung (noch) nicht zur Kenntnis genommen. Wegen der Babyboomer-Jahrgänge werden zwischen 2021 und 2035 pro Jahr über 40’000 Personen mit 65 in Pension gehen. Gemäss Referenzszenario des BfS vom Mai steigt die Zahl der über 65-Jährigen von heute 1,5 auf 2,1 Mio. 2030, auf 2,5 Mio. 2040 und auf 2,6 Mio. 2050. Damit erhöht sich ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung von heute 19 auf 26%.

Dazu gesellen sich kurzfristig die wirtschaftlichen und noch kaum abschätzbaren Folgen der Coronakrise, Rezession und Verschuldung. Die Schätzungen des Bundesrats, dass im Maximum einmal 4600 Personen eine Überbrückungsrenten beziehen werden, dürften angesichts dieser Entwicklungen deutlich überschritten werden. Bestenfalls fallen sie nur doppelt so hoch aus. Statt 200 Mio. Fr. resultierten dann Ausgaben von gegen 0,5 Mrd. Fr.

Wer lebenslang gearbeitet hat, soll kurz vor der Pensionierung nicht darben. Hat man mit den Überbrückungsleistungen aber das richtige Instrument gefunden? Ein Ausbau der ALV wurde von Bundesrat abgelehnt. Das wäre zu teuer, Ähnliches gilt für einen Ausbau der Ergänzungsleistungen. Warum suchte man nicht nach Lösungen bei den Arbeitgebern? In den nächsten zwanzig Jahren fehlen 0,5 Mio. Arbeitskräfte. Warum sollen die 65-Jährigen eine vorzeitige Rente erhalten? Wäre es nicht gescheiter, Anreize für Arbeitgeber zu schaffen, die Leute länger zu beschäftigen – über eine Reduktion der AHV-Beiträge für über 65-Jährige?

Die Überbrückungsrente bewirkt das Gegenteil: Sie ist gleichsam eine Einladung an kosten- und börsenorientierte Manager, ältere Arbeitnehmer vorzeitig zu entlassen. Sie werden vom Staat aufgefangen. Das widerspricht sozialpartnerschaftlichen Gepflogenheiten. Arbeitslose brauchen vor ihrer Aussteuerung Hilfe, Unterstützung und Anreize zum Weiterarbeiten. In Branchen wie im Bau, wo die Leute physisch nicht länger arbeiten können, hat man mit der Vorfinanzierung der vorzeitigen Pensionierung ein Instrument geschaffen, das funktioniert.

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