Sie mögen sich vielleicht an die Zeiten erinnern, als es noch hiess, das Ausland beneide uns um unsere Altersvorsorge. Tempi passati, muss man sagen angesichts von Rang 23 im erstmals durchgeführten Allianz Pension Report. Gut, wir rangieren weiterhin vor der Äusseren Mongolei und Samoa, aber doch deutlich hinter China und Kasachstan. Immerhin noch knapp vor Deutschland, wenn das ein Trost sein soll. Jedenfalls sind die stets vorbildlichen Skandinavier und auch die Belgier mittlerweile ausser Reichweite unserer Drei Säulen.

Man kann von solchen Ranglisten halten, was man will, schön sieht das auf keinen Fall aus. Jedenfalls schneiden wir vorsorgemässig noch deutlich schlechter ab als bei einer Fussball-WM, wo uns die Spitzenplätze seit je verwehrt sind, wo man sich aber zumindest einreden kann, dass Mitmachen wichtiger sei als Siegen.

Das Resultat wird vor allem durch den fehlenden «Demografiefaktor» verhagelt, sprich das zu tiefe Rentenalter. Die Allianz empfiehlt, das Thema «nach Corona ganz oben auf die politische Tagesordnung zu setzen». Das wird bestimmt nicht geschehen. Ich meine, da könnte jeder kommen. Nein, wir lassen uns auf keinen Fall etwas vorschreiben. Und nach Corona schon gar nicht.

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Die OAK hat den Umverteilungsbetrag für 2019 auf über 7 Mrd. veranschlagt, was 0,8 Prozent des Vorsorgekapitals entspricht. Der Bezug auf das gesamte Vorsorgekapital – Aktive und Rentner – lässt das Bild geschönt, resp. weit weniger hässlich erscheinen, als es in Tat und Wahrheit ist. Eigentlich sollte lediglich das Kapital der Aktiven, welche dafür aufkommen müssen, als Basis dienen. Gemäss PK-Statistik entfällt beinahe die Hälfte des gesamten Vorsorgekapitals auf die Rentenbezüger, womit sich die Prozentzahl der Umverteilung praktisch verdoppelt – auf 1,6 Prozent. Das ist deutlich mehr als die Mindestverzinsung von 1 Prozent.

Zudem haben viele Kassen ihren Umwandlungssatz bereits auf 5 Prozent und tiefer gesenkt und die Umverteilung damit praktisch abgestellt. Aber das war häufig nur mit erheblichen Zuschüssen des Arbeitgebers möglich, was eigentlich in die Umverteilungs-Rechnung einfliessen müsste. Dort, wo die Umverteilung tatsächlich stattfindet, das heisst vorwiegend bei den BVG-nahen Kassen, ist sie massiv und stellt das System grundsätzlich infrage. Ist eine Kasse stark rentnerlastig, sind die Aktiven nur noch zu bedauern. Im Beobachter wurde von «hoffnungslosen Fällen» geschrieben. Zwar wurden schon Vorschläge zur Lösung des Problems gemacht (Zanella, Niklewizc), in den Entwürfen zur BVG-Reform ist dazu nichts zu finden. Man lässt die Betroffenen im Stich.

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Die OAK kann aufatmen. Die Motion Kuprecht, welche eine parlamentarische Kontrolle ihrer Weisungstätigkeit verlangte, wurde vom Nationalrat sang- und klanglos versenkt. Dass die Behörde in der Vergangenheit mehrfach ihre Kompetenzen überschritten und Weisungen mit Gesetzescharakter erlassen hat, interessierte nicht. Staatsrechtler nennen solches Verhalten «Selbstermächtigung». Funktioniert offenbar sowohl bei der Exekutive wie bei der Verwaltung. Das Parlament schaut zu, oder weg.

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Viel Beifall bei den Arbeitnehmerorganisationen für ein Urteil des Bundesgerichts, welches die Mitwirkung der Arbeitnehmer bei der Wahl der Pensionskassen bekräftigt. Das hatte der Gesetzgeber so auch gewollt, die Realität war meist eine andere. Das BGer kümmert sich dabei nicht um Fragen der Durchführung, die sich damit stellen. Ist auch nicht seine Sache, aber die Praxis verlangt Antworten.

Das Gericht schreibt den Arbeitgebern eine formgültige Einholung des Einverständnisses zum Wechsel der Vorsorgeeinrichtung vor als Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit der Kündigung, wobei es das Bundesgericht offenlässt, welcher Massstab an die Details des Informations- und Abklärungsprozesses gelegt wird. Davon betroffen sind auch die mit Kündigungen konfrontierten Vorsorgeeinrichtungen. Sie trifft nun eine Verpflichtung (und auch eine Verantwortung), bei der Kündigung von Anschlussverträgen zu prüfen, ob das Einverständnis des Personals vorliegt.

Hermann Walser stellt dazu fest: «Damit kann das Urteil des Bundesgerichts für Vorsorgeeinrichtungen auch zum Vehikel werden, unliebsame Kündigungen von Anschlussverträgen mit überstrengen Anforderungen an den Nachweis der Zustimmung des Personals zu behindern oder zu verhindern. Auch da spielt dann die vom Bundesgericht offengelassene Frage eine Rolle, wie weit eine Vorsorgeeinrichtung hier gehen kann».

Es wird interessant zu verfolgen sein, wie die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen auf das Urteil reagieren, denn die buchstabengetreue Umsetzung enthält allerhand Konfliktpotential. Offen ist nicht zuletzt, wie vorzugehen ist, wenn sich die Sozialpartner nicht einigen können oder die abgebende Vorsorgeeinrichtung übertriebene Forderungen stellt.  Es wäre keine Überraschung, wenn solche Fragen in Form von neuen Verordnungen und Weisungen geregelt werden müssten. Für die Arbeitgeber insbesondere bei den KMUs wird die 2. Säule damit auch nicht attraktiver.  

Peter Wirth, E-Mail