imageEric Breval, Chef der Ausgleichsfonds AHV/IV/EO, rechnet mit kreativen Lösungen in der Krise. Jedenfalls in seinem Interview mit der NZZ, das Michael Ferber führte. Im weiteren zeigt er auf, welche Entwicklungen er erwartet und wie die Anlagestrategie des Ausgleichsfonds sich von jener einer Pensionskasse unterscheidet. Auszüge:

Wird das Umlageergebnis der AHV – also die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben des Sozialwerks – im Jahr 2020 negativ sein?
Die ehrliche Antwort ist: Ich weiss es nicht. Wenn wir die Staf nicht hätten, läge das Umlageergebnis wohl bei einem Minus von ungefähr 1,2 Mrd. Fr. Durch die Staf-Mehreinnahmen dürfte es aber in diesem Jahr weder massiv negativ noch massiv positiv ausfallen. Ohne die Staf würde es sehr schlecht aussehen. Der AHV-Ausgleichsfonds ist ein Pufferfonds. Unser Ziel ist, dass die Renten immer bezahlt werden können. Das Vermögen ist sehr liquide angelegt. Für die drei Sozialversicherungen AHV, IV und EO beläuft es sich auf ungefähr 36 Mrd. Fr. Das Gros davon können wir innerhalb von wenigen Wochen veräussern.

Hat der AHV-Ausgleichsfonds in der Corona-Krise auch wirklich als Puffer funktioniert?
Das hat sehr gut funktioniert. Eigentlich mussten wir sehr wenige Vermögensanlagen verkaufen, um die Mindereinnahmen zu kompensieren. Der Grund dafür war, dass der Verwaltungsrat seit Jahren eine defensive Strategie mit ­Absicherungsmandaten fährt. Im Aktienbereich hatten wir ein sogenanntes «Tail Risk Hedging»-Programm – ein Absicherungsprogramm, für das wir eine Versicherungsprämie bezahlten. Diese Prämie verliert man, wenn die Aktien steigen. Wenn sie ­fallen, bekommt man eine Auszahlung. Das hat uns geholfen. Im schlimmsten Moment an den Märkten, am 20. März, und im besten Moment für die ­ Absicherung haben wir dieses «Tail Risk Hedging»-Produkt verkauft. Das hat uns 300 bis 400 Mio. Fr. gebracht, was unserer Performance wesentlich geholfen hat.

Die Reform der AHV harzt weiterhin. Muss man befürchten, dass der AHV-Ausgleichsfonds irgendwann leer ist?
Durch die Staf-Abstimmung haben wir drei bis fünf Jahre an Zeit gewonnen. Trotzdem kommt der theoretische Endpunkt, an dem der AHV-Ausgleichsfonds bei null sein könnte. Anstatt in zehn Jahren wäre es nach jetzigem Stand in ungefähr vierzehn Jahren so weit. Wir haben also etwas mehr Luft in den Segeln, aber langfristig hat sich nichts geändert.

Grosse Pensionskassen haben in der Krise ein Rebalancing gemacht. Sie haben also nach starken Verlusten bei Aktien nachgekauft, um ihr Portfolio an die neue Situation anzupassen. Sie auch?
Nein, das haben wir nicht gemacht. Wir haben einen anderen Investitionsprozess. Die meisten Pensionskassen kaufen Aktien, wenn die Aktienkurse fallen, und verkaufen dafür Obligationen. Das funktioniert gut bei Pensionskassen, die einen langfristigen Anlagehorizont haben. Wir haben einen viel kurzfristigeren Horizont. Unser Mandat ist es, die Liquidität für die Rentenzahlungen sicherzustellen. In bestimmten Fällen würden wir ein gewisses Rebalancing machen. Gemäss unserem heutigen Investitionsprozess entspricht es aber nicht der Art, wie wir das Vermögen verwalten. Deshalb konnte ich am Tiefpunkt der Corona-Krise sagen, dass die Renten gesichert sind. Ob sie in zwanzig Jahren gesichert sind, weiss ich nicht. Aber für die nächsten Jahre kann man ruhig schlafen.

Auch sogenannte liquide Anlagen haben in der Krise aber anders reagiert als sonst. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise waren ja teilweise nicht einmal mehr amerikanische Staatsanleihen liquide. Wie reagieren Sie darauf?
Wir haben zwei Portfolios. Das ist erstens das Marktportfolio, das ein Volumen von rund 30 bis 32 Mrd. Fr. hat. Das zweite Portfolio ist die Tresorerie mit einem Volumen von 2 bis 4 Mrd. Fr. Wenn es einen Schock wie Corona gibt, kommt das nötige Geld zunächst aus der Tresorerie. Wenn wir aber beispielsweise 5 Mrd. Fr. brauchten, dann müssten wir Anlagen verkaufen. Wir halten ungefähr einen Viertel des Vermögens in Aktien, zwei Drittel in Obligationen und nicht ganz 10% in kotierten Immobilienanlagen oder Gold. Das Marktportfolio ist für alle drei Fonds dasselbe.

Wie viel Prozent des Vermögens liegen in Gold?
Ungefähr 3%. Fast 1 Mrd. Fr.

Sie haben viel Geld in Obligationen investiert. In Zeiten von Negativzinsen ist das eine schwierige Anlageklasse. Bleibt es dabei, oder bauen Sie ab?
Wir haben leider keine echte Alternative. Wenn man heutzutage mit Schweizer Obligationen eine Nullrendite erzielt, hat man gut gearbeitet. Im Ausland sind die Zinsen von Anleihen etwas höher, aber dann werden Währungsabsicherungskosten fällig. Als Folge des Umfelds mit ultraniedrigen Zinsen hat sich im Durchschnitt die langfristig erwartete Rendite für das gesamte Portfolio von Compenswiss in den vergangenen fünf Jahren von rund 3 auf 1,5% reduziert. Das entspricht jährlichen Opportunitätskosten von zirka einer halben Milliarde.

  NZZ