imageBernhard Raos geht im Beobachter der Frage nach, wie hoch der technische Zinssatz sein müsste. Raos schreibt:

Die Pensionskassenexperten sind zerstritten. Stundenlang diskutierte ihre Kammer jüngst – und konnte sich dennoch nicht einigen, wie hoch der technische Referenzzinssatz vernünftigerweise sein soll. Der Entscheid wurde auf November vertagt. (…)

Wie hoch der technische Zinssatz vernünftigerweise sein soll, ist schon länger umstritten. 2010 einigte sich die Kammer der Pensionskassenexperten auf ein Berechnungsmodell, wie der Referenzzins festgelegt werden soll. Inzwischen ist er eine wichtige Grösse, nach der sich sehr viele Experten und Pensionskassen richten. Doch gegen den Referenzzinssatz gab es von Beginn weg Kritik. Ein einheitlicher Satz für alle Pensionskassen macht eigentlich keinen Sinn. Denn jede Kasse legt ihr Geld anders an und weist eine andere Altersstruktur auf. (…)

Auch die Oberaufsichtskommission ist mit dem Modell der PK-Experten unzufrieden und will den Referenzzins ganz streichen. Die Kritik kommt allerdings reichlich spät, denn der Referenzzinssatz hat seine Wirkung längst entfaltet. Viele Pensionskassen haben die Renten in den letzten Monaten stärker gesenkt als nötig.

Urs Bracher, Sekretär der Kammer der PK-Experten, will diese Kritik nicht gelten lassen. Die Schuld liege nicht bei der Kammer. «Bei einer korrekten Anwendung unserer Richtlinie wird der technische Zinssatz in einer Pensionskasse aufgrund der erwarteten Rendite festgelegt und nicht zu tief gesenkt.» Der Referenzzins sei gedacht als «obere Limite für den technischen Zins, die von der Pensionskasse überschritten werden kann, wenn der PK-Experte und der Stiftungsrat das begründen können».

Nun will ein Teil der Pensionskassenexperten noch einen Schritt weitergehen. Es kursieren bereits radikale Vorschläge. Der Kammer liegt beispielsweise ein Antrag vor, der eine risikofreie Bewertung verlangt. Der Vorschlag hat soziale Sprengkraft. Falls er sich durchsetzt, werden der technische Zins und die Umwandlungssätze noch tiefer fallen.

Solche Vorschläge seien unrealistisch, sagt denn auch Roger Baumann, Partner der Beratungsfirma C-alm und Mitglied einer Arbeitsgruppe bei der Kammer der PK-Experten. Sie gehen ihm viel zu weit. «Bei einer risikofreien Bewertung wird mit dem schlimmstmöglichen Fall gerechnet.» Es sei aber gerade Sinn und Stärke der Pensionskassen, dass sie an den Finanzmärkten grössere Risiken eingehen können als ein einzelner Anleger. «Dieser Risikotransfer ist aus ökonomischer Sicht die Legitimation des Systems der zweiten Säule», so Baumann.

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