imageIn einem Interview mit Schweiz am Wochenende erläutert der neue Swiss Life-Chef Markus Leibundgut seine Einschätzung des Fortgangs der Rentenreform. Auszüge.

Herr Leibundgut, warum ist die Rentenreform gescheitert?
Es gibt verschiedene Gründe, die dazu geführt haben. Die Vorlage war zu komplex und es wurde zu viel miteinander vermischt. Zudem haben die Leute gemerkt, dass ihnen ein Kompromiss vorgesetzt wurde, der nicht aufgeht. Die Reform sollte die AHV sichern, aber gleichzeitig hat man sie ausgebaut. Die Reform war zwar gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht.

Die Vorlage ist auch wegen der Jungen gescheitert. Gibt es einen Graben zwischen den Generationen?
Einen eigentlichen Graben sehe ich nicht. Aber man sieht schon, dass die Jungen sich immer stärker bewusst werden, dass sie ihre Interessen vertreten müssen. Sie merken auch, dass sie in der zweiten Säule immer höhere Beträge den Rentnern abführen müssen. Dass sie sich dagegen wehren, ist verständlich.


Glauben Sie noch an das Drei-Säulen-System mit AHV, Pensionskasse und dritter Säule?
Ganz bestimmt. Dieses System hat sich in der Vergangenheit gut bewährt. Auf keinen Fall dürfen wir Verhältnisse wie in Deutschland zulassen, wo Sparen in der beruflichen Altersvorsorge freiwillig und Altersarmut in Teilen der Bevölkerung eine Realität ist. Bei uns geht es den allermeisten Rentnern zum Glück gut, gerade auch deshalb, weil wir drei Säulen haben.

Versicherungen wollen den Umwandlungssatz senken. Ohne Kompensationsleistungen scheint es nicht zu gehen. Einverstanden?
Dass der Umwandlungssatz sinken muss, ist ein Grundkonsens aller Sozialpartner. Wir führen die Diskussion jedoch am falschen Ende, wenn wir Kompensationen isoliert betrachten. Wir haben ein grossartiges Geschenk bekommen – es besteht darin, dass die Lebenserwartung 16 Jahre höher ist als im Jahr 1948, als die AHV eingeführt wurde. Es ist schwierig, eine Gegenleistung für ein Geschenk zu verlangen. Wenn wir alle länger leben, dann müssen wir sicherstellen, dass wir uns als Gesellschaft darauf einstellen und die richtigen, notwendigen Schlüsse ziehen. Wenn wir uns mit dieser Grundhaltung an die Arbeit machen, dann ist eine Reform möglich.

Keine Kompensation also?
Es ist wichtig, Menschen entgegen zu kommen, die einen harten physischen Job und einen tieferen Lohn haben. Aber wenn wir bei der nächsten Abstimmung wieder mit Kompromissen auf Stimmenfang gehen, dann wird das Schweizer Volk die Reform wieder versenken. Wir kommen nicht darum herum: Wir müssen mehr auf die Seite legen oder länger arbeiten.

Wird eine Reform je möglich sein?
Die Reform wird gelingen. Der Druck auf die Vorsorgewerke wird schlicht zu gross werden. Einige Einrichtungen, etwa im öffentlichen Sektor, haben heute schon grossen Handlungsbedarf. Davon ausgehend könnte es plötzlich schnell gehen mit einer neuen Reform.