Albert Steck von der Migros Bank untersucht in einem Gastkommentar in der Handels-Zeitung die Konsequenzen der Tief- (oder Null- oder Negativ-) Zinspolitik der Zentralbanken.
Was passiert, wenn es keinen Zins mehr gibt? Noch vor kurzem hätte man eine solche Fragestellung als «wahnsinnig» abgetan. Inzwischen ist es Realität: Die Zinsen sind weltweit entweder extrem niedrig oder gar negativ. Doch, was das effektiv bedeutet, ist vielen Leuten zu wenig bewusst.
Was das konkret heisst, möchte ich anhand der Mindestverzinsung in der beruflichen Vorsorge aufzeigen. In der zweiten Säule haben Herr und Frau Schweizer ein Vermögen von 800 Milliarden Franken angespart – es geht also um enorm hohe Summen. Zwischen 1985 und 2002 ist dieses Geld mit 4 Prozent pro Jahr verzinst worden. Dank Zinseszinseffekt konnte man sein Vorsorgekapital somit innerhalb von 18 Jahren verdoppeln, wie auch die Grafik verdeutlicht. Über das gesamte Berufsleben konnte man sein Erspartes sogar vervierfachen. Sank der Zins von 4 auf 3,5 Prozent, dann erhöhte sich die Verdoppelungsdauer nur geringfügig von 18 auf 20 Jahre – eine Differenz von zwei Jahren (vgl. Grafik).
Welche Folge hat nun die aktuelle Senkung der Mindestverzinsung von 1,75 auf 1,25 Prozent per Anfang 2016? Die Zeitdauer, bis sich Ihr Kapital verdoppelt, erhöht sich damit von 40 auf 56 Jahre! Obwohl der Zins ebenfalls um 0,5 Prozent reduziert wird, beträgt der zeitliche Unterschied nicht mehr zwei Jahre, wie im obigen Beispiel, sondern plötzlich 16 Jahre.
Das zeigt: Je tiefer der Zins bereits liegt, desto brutaler wird die Auswirkung einer weiteren Zinssenkung. Der Grund ist der fehlende Zinseszinseffekt. Würde der Mindestzins um ein weiteres halbes Prozent auf 0,75 Prozent reduziert, dann würde es 93 Jahre dauern, bis sich das Ersparte verdoppeln würde.