Der Trick geschieht beim Transfer in die neue Pensionskasse: Statt wie verlangt das gesamte Vorsorgevermögen einzuzahlen, überweist man nur das Geld aus dem ersten Freizügigkeitskonto. Den zweiten, gesplitteten Teil dagegen lässt man unverändert in der Freizügigkeit.
Dieser Winkelzug hat primär zwei Vorteile: Das Geld in der Freizügigkeit kann man nach den eigenen Bedürfnissen investieren und muss somit nicht die vorgegebene Anlagestrategie der Pensionskasse befolgen. Viele Versicherte, die das Vorsorge-Splitting anwenden, gehören zu den Gutverdienern und entscheiden sich daher für eine höhere Aktienquote, womit sie auf lange Frist mehr Rendite erzielen können.
Hinzu kommt der Vorteil, dass man Steuern sparen kann. Denn das Splitting ermöglicht es, dass man das Vorsorgekapital bei der Pensionierung in mehreren Tranchen beziehen kann. Zudem kann man das Geld bis zum 70. Altersjahr in der Freizügigkeit belassen. Der gestaffelte Bezug führt zu einer deutlichen Senkung der Steuerprogression. (…)
Kritisch beurteilt diesen Trend Lukas Müller-Brunner, der den Pensionskassenverband (Asip) leitet. Das Gesetz halte glasklar fest, dass ein solches Splitting nicht vorgesehen sei und auch kein Wahlrecht bestehe, welchen Anteil des gesparten Vorsorgevermögens man in die Pensionskasse einbringen wolle.
«Wenn Versicherte der Einschusspflicht nicht nachkommen, verletzen sie das Gesetz», schreibt er in einer Stellungnahme. Weiter betont er die Gefahren eines solchen Vorgehens: Bei einem Einbruch an der Börse sei man schlechter geschützt. Und weil sich die Freizügigkeitsgelder nicht als Rente beziehen liessen, könne im hohen Alter ein finanzieller Engpass entstehen. (…)
Recherchen der NZZ zeigen, dass der Bund das bestehende Schlupfloch nun schliessen will. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) bestätigt auf Anfrage, der neue Gesetzesentwurf sehe vor, dass Vorsorgeeinrichtungen künftig bei jedem Eintritt abklären müssten, ob noch weitere Vorsorgeguthaben bei Freizügigkeitseinrichtungen bestünden: «Diese Verpflichtung gilt, wenn die versicherte Person selber ihrer Meldepflicht nicht nachkommt.» Stelle sich heraus, dass noch weitere Gelder vorhanden seien, so müsse die Pensionskasse diese einfordern. «Die Einwilligung der versicherten Person ist dabei ausdrücklich nicht notwendig.»
Wie die Pensionskassen an die nötigen Informationen herankommen sollen, lässt das BSV vorerst offen. Denkbar sei, das Register der Zentralstelle zweite Säule auszubauen. Der Bundesrat plant, die Botschaft für die Gesetzesänderung noch in diesem Jahr zu verabschieden. Anschliessend muss das Parlament grünes Licht geben, um den Trick mit dem Vorsorge-Splitting zu stoppen.
NZZ