Die Linken haben die bürgerliche Pensionskassenreform erfolgreich gebodigt und die darin vorgesehenen Anpassungen zugunsten der Frauen gerade mit. Nun sehen sie ihre Chance gekommen, das zu tun, was sie schon immer wollten: die zweite Säule, in der heute jeder für seine eigene Rente spart, der ersten Säule anzugleichen und zu einer weiteren Umverteilungsmaschine zu machen. Alles unter dem schönen Titel der Frauenförderung.
Im Fokus steht dabei die unbezahlte Care-Arbeit – ein Thema, das SP und Grüne schon lange bewirtschaften. So verlangen sie nun mit neuem Elan, dass in der zweiten Säule künftig Erziehungs- und Betreuungsgutschriften versichert werden, analog zur AHV. Die Gutschriften sollen vom Einkommen abhängen und über eine «Umlagekomponente» finanziert werden.
Das Vorgehen zeigt einmal mehr, wie doppelbödig in der Politik argumentiert wird. Erstens kann man es weltanschaulich paradox finden, dass sich ausgerechnet die linken Kapitalismuskritiker derart materialistisch geben und jede Handlung, und sei es der Besuch auf dem Spielplatz oder das Aufhängen der Wäsche, monetär messen wollen. Wer will, kann darin grundsätzlich ein gestörtes Verhältnis zur Leistung sehen.
Es gibt keinen Grund, dasselbe System nun auch bei der beruflichen Vorsorge einzuführen. Denn anders, als heute gemeinhin behauptet wird, sind die Frauen in der zweiten Säule nicht benachteiligt. Die Linke rechnet zwar routiniert vor, um wie viel tiefer die Pensionskassenrenten der Frauen gegenüber jenen der Männer seien.
Sie wird dabei ebenso routiniert vom Bundesamt für Statistik unterstützt, das bei der jährlichen Neurentenstatistik die Geschlechterunterschiede jeweils prominent herausstreicht, was dann in den Medien zuverlässig zu Schlagzeilen führt wie: «Noch immer bekommen die Frauen viel tiefere Renten.»
Zweitens sollte man bei all den Klagen über die «Rentenlücke» zwischen Frauen und Männern die Zahlen nicht aus den Augen verlieren. Bei der AHV sind es heute die Frauen, die profitieren. Die erste Säule sieht eine deutliche Umverteilung von den Männern zu den Frauen vor: Sie beziehen häufiger eine Hinterlassenenrente, sie leben länger, sie leisten insgesamt tiefere Beiträge an das Sozialwerk. Diese Privilegierung und Subventionierung namentlich der Ehefrauen und Mütter bei der AHV ist politisch gewollt und breit akzeptiert.
Das gibt die Realität aber nur sehr begrenzt wieder. Denn es wird gerne unterschlagen, dass die Höhe der Pensionskassenrente wesentlich vom Zivilstand abhängt. Bei den Ledigen, die allein für ihren Lebensunterhalt verantwortlich sind, gibt es zwischen Frauen und Männern praktisch keinen Unterschied. Anders bei den Verheirateten, welche die weitaus grösste Gruppe der Neurentner darstellen.
Der Grund ist einfach: Viele der jetzt frisch pensionierten Ehepaare haben während des Berufslebens noch traditionell gelebt (was bei den jüngeren Paaren viel weniger oft der Fall ist). Dass die Ehefrauen mangels eigener Berufstätigkeit eine tiefere Rente haben, dürfte sie indes wenig kümmern, da die Altersrente des Mannes üblicherweise als Haushaltseinkommen beider angesehen wird. Wo also ist das Problem?
NZZ