pw. Zwar fehlt es nicht an Zuwanderung – 2022 nahm die Bevölkerung der Schweiz um fast eine Viertelmillion zu – aber die Geburten gehen zurück. Im Kanton Zürich bspw. im selben Jahr um 14 Prozent, was mit 4538 etwa dem Stand von 2006 entspricht. Die Gründe liegen im Dunkel. Auf der Website des Zürcher Präsidialdepartements werden sie auf einen Rückgang der Fertilität zurückgeführt, was auch nicht erhellend ist, weil der Tatbestand einfach einen anderen Namen erhält. Andere Ursachen, bspw. Folge der Covid-Impfung, werden hierzulande nicht ernsthaft diskutiert. Aber mit den sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen müssen wir dennoch klarkommen. Stefan Millius schreibt in der Weltwoche dazu:

Die Altersklasse ab 75 Jahren wächst rund sieben Mal so schnell wie die Bevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren. Inzwischen haben die ersten Babyboomer das Alter von 75 Jahren erreicht. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. 2017 machte der liberale Think-Tank Avenir Suisse folgende Feststellung: «Bereits 2016 sind erstmals mehr inländische Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden als nachgerückt.»

Das war vor sechs Jahren, und die Lage hat sich inzwischen massiv zugespitzt. Derzeit sind in der Schweiz rund 55 Prozent mehr Menschen im Alter zwischen 55 und 60 Jahren und stehen damit kurz vor der Pensionierung, als es 15- bis 20-Jährige vor dem Eintritt ins Arbeitsleben gibt. Es ist eine simple Primarschulrechnung: Die einen gehen – und viel weniger rücken nach. (…)

Der Kampf ums Leben [während der Pandemie] konzentrierte sich immer auf die Risikogruppe der Älteren. Dabei ist die Rechnung bei den ausbleibenden Kindern sehr viel eindrücklicher: 20 000 fehlende Geburten bei einem Mittel von 84 Jahren bis zum Tod entsprechen 1,68 Millionen Lebensjahren, die der Schweiz seit 2022 verlorengegangen sind. Und die fehlenden Kinder von heute sind die fehlenden Enkel von morgen. Es ist eine Art negativer Zinseszinseffekt der Demografie.

Bisher hat im Wahljahr 2023 keine Partei den Geburteneinbruch und die drastisch zunehmende Altersschere thematisiert. Die demografische Entwicklung der Schweiz scheint kein Wahlkampfschlager zu sein. Während die verschiedensten Lösungsansätze für die Rentenfinanzierung, den Pflegemangel und die Rückzahlung der Corona-Milliarden diskutiert werden, spricht niemand davon, dass es schon bald am Nachwuchs fehlen wird, der all das wirklich stemmen kann.

Die hitzigen Debatten über die Ausgestaltung der Sozialwerke sind damit reines Schattenboxen. Nach welchem Modell die AHV aufgebaut ist, dürfte in naher Zukunft denkbar egal sein, wenn immer weniger Menschen in sie einzahlen und von immer mehr Menschen AHV bezogen wird. Die Rechnung kann nicht aufgehen, ausser man schröpft die verbleibenden Beitragszahler hemmungslos. Oder man öffnet die Grenzen für junge Zuwanderer noch weiter, was politisch kaum mehrheitsfähig ist.

  Weltwoche