Hansueli Schöchli schreibt in der NZZ zu den Beschlüssen des Nationalrats zur BVG-Revision:
Der Nationalrat hat sich am Dienstag für ein Kompensationsmodell entschieden, das im vergangenen Dezember auch im Ständerat eine Mehrheit erreichte. Diese Frage ist nun im Parlament entschieden.
So sollen gewisse Versicherte bei den 50- bis 64-Jährigen Rentenzuschläge von bis zu 2400 Franken pro Jahr erhalten. Der Betrag hängt vom Jahrgang und vom angesparten Vorsorgekapital ab. Rund 50 Prozent der Versicherten in den 15 Übergangsjahrgängen bekommen einen Zuschlag; unter ihnen sind viele, die mit der Reform selbst ohne Zuschlag gar keine Renteneinbusse hätten. Zuschlagsberechtigt sind Versicherte mit einem Vorsorgeguthaben zum Zeitpunkt der Pensionierung bis zu rund 440 000 Franken.
Diese Sondersubventionen kosten total über 11 Milliarden Franken und sollen vor allem durch Jüngere finanziert werden – via zusätzliche Lohnabzüge bis rund 172 000 Franken. Im ersten Jahr nach Inkrafttreten der Reform beträgt der zusätzliche Lohnabzug 0,24 Prozent, danach soll der Bundesrat je nach Bedarf die Abzüge festlegen. Die Sache ist zurzeit auf 15 Jahre beschränkt, doch ob es später nicht zur einer Verlängerung der Rentensubventionen kommt, ist völlig offen. (…)
Ein ausgebauter Versicherungsschutz heisst höhere Renten in Zukunft, aber im Gegenzug auch höhere Lohnabzüge während der Erwerbstätigkeit.
Ein vorgeschlagenes Mittel zum Ausbau wäre die Senkung der Eintrittsschwelle. Zurzeit sind Jahreslöhne von mehr als rund 22 000 Franken in der beruflichen Vorsorge zu versichern. Die Sozialkommission des Nationalrats hatte vorgeschlagen, diese Eintrittsschwelle auf rund 12 500 Franken zu senken. Doch im Nationalrat sprach sich eine Mehrheit vor allem mit Stimmen von SVP, SP und Grünliberalen gegen eine Senkung aus. (…)
Die finanziell bedeutendere Stellschraube für den Ausbau des Zwangssparens ist der Anteil des obligatorisch versicherten Lohns. Nach geltendem Recht sind Lohnteile bis 25 725 Franken in der zweiten Säule nicht versichert, weil dieser Teil durch die AHV abgedeckt ist. Der Nationalrat sprach sich am Dienstag für ein prozentuales Modell aus: Künftig sollen 80 Prozent von Jahreslöhnen bis 85 320 Franken obligatorisch versichert sein. Die Versicherung wird damit deutlich ausgebaut. Bei einem Jahreslohn von zum Beispiel 60 000 Franken wären künftig 48 000 Franken versichert – statt nur gut 34 000 Franken wie bisher. Und bei einem Lohn von 35 000 Franken wären neu 28 000 Franken versichert statt nur 9000 Franken.
Mit dem prozentualen Modell hat sich der Nationalrat stark dem Ständerat angenähert; dieser sah vor, dass künftig 85 Prozent der Jahreslöhne zu versichern sind. Die Differenz von 5 Prozentpunkten macht einen Kostenunterschied via Lohnabzüge von rund 700 Millionen Franken pro Jahr aus.