Der Nationalrat hat ein Modell für die BVG-Revision beschlossen, das einigermassen überzeugt. Folge eines eher ungewohnten, bürgerlichen Schulterschlusses. Es ist also möglich, man muss nur wollen. Teile der bürgerlichen Mehrheit in der SGK des Ständerats wollten nicht. Was dabei herauskam, hat links und rechts und vor allem in Fachkreisen Kopfschütteln ausgelöst.

Die Podiumsdiskussion anlässlich der ASIP-Mitgliederversammlung von letzter Woche erlaubte ein paar Einblicke in die laufen Diskussion. Eingeladen waren die Ständeräte Alex Kuprecht (SVP) und Hans Stöckli (SP), beide Mitglieder der SGK-S; moderiert wurde die Diskussion von ASIP-Direktor Hanspeter Konrad.

Auf die Eingangsfrage nach ihrer Gemütslage bezüglich BVG 21 signalisierten sie vorsichtigen bis sehr vorsichtigen Optimismus. Beide betonten tapfer, ein Kompromiss sei möglich. Für Stöckli kam die Wende im Ständerat mit neuerlich massiver Umverteilung wohl unverhofft, für Kuprecht eher als Enttäuschung.

Aktiv befördert wurde die Vorlage bekanntlich von den drei FDP-Ständeräten in der Kommission (Dittli, Gapany, Damian Müller), welche geschlossen den linken Ideen zum Durchbruch verhalfen, inklusive seinen massiven Kostenfolgen. Ob die – knappe – Kommissionsmehrheit den Rat damit überzeugen kann, ist ungewiss. Der FDP-Wackelkurs dürfte parteiintern nicht bloss Freude ausgelöst haben. Kuprecht vermutet – oder hofft – jedenfalls, dass ihre Entscheide keine Mehrheit in der Fraktion finden werden.

Dass gemäss Ständerats-SGK Versicherte bis zu einem AHV-Lohn von 143’000 Franken in den Genuss eines Rentenzuschlags kommen sollen, dürfte jedenfalls schwer zu vermitteln sein, nicht zuletzt, weil die Finanzierung ausschliesslich auf Umverteilung von Aktiven zu Pensionierten beruht, ohne den Einbezug der Reserven für Mutationsverluste.

Schwer nachvollziehbar auch, dass der Zuschlag an eine Übergangsgeneration von 20 Jahren ausbezahlt werden soll, und zwar lebenslang. Er rechnete vor, dass die Neupensionierten bis 2044 (Inkraftsetzung 2024) profitieren sollen, und die Mittel bis 2070 und länger aufgebracht und verteilt werden müssten. Man hätte dann mit späteren BVG-Revisionen mehrfach überlappende Systeme. Stöckli wollte darauf nicht konkret eingehen Er sieht in diesen Vorschlägen anscheinend vor allem Manövriermasse für den von ihm erhofften parlamentarischen Kompromiss. Offenbar soll man das nicht allzu ernst nehmen.

Dass Leistungsverbesserungen für geringe Einkommen nötig seien, ist hingegen für beide unbestritten. Die Frage ist nur, in welchem Ausmass. Die Senkung von Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle scheint dafür unumgänglich. Das wird in jedem Fall zu erheblichen Zusatzkosten führen. Nicht in der Finanzindustrie und florierenden Dienstleistungsbranchen, sondern beispielsweise im Gastrobereich und im Detailhandel.

Überraschend und vielsagend die Reaktionen auf die Frage nach der viel kritisierten Revision von Art. 79 BVG. Offenbar will die Ständeratskommission den Einkauf in das BVG-Obligatorium zulassen. Aber weder der rechte noch der linke Politiker hatten eine Ahnung, worum es geht und wie die Änderung zustande kam. Diskutiert hat man sie offenbar nicht. Man fragt sich, durch wen und warum die Änderungen in die Vorlage kam. Bekannt ist lediglich, dass der Bundesrat resp. das BSV schon bei früherer Gelegenheit versucht hat, Art. 79 entsprechend anzupassen. Aber rätselhaft ist an diesen SGK-Entscheiden noch manches.

Peter Wirth