Die gesellschaftlich angeblich benachteiligten Frauen sollen ihr Rentenprivileg bei der AHV behalten können, meinen die Gegner der AHV Reform. Die NZZ geht im Detail dem Argument nach.

Das Vorschieben des Frauenthemas ist politisch wirksam: Es liefert eine bequeme Ausrede für den Erhalt des Frauenprivilegs beim Rentenalter. Wie steht es also um das Ausmass der Ungleichbehandlung der Geschlechter? In der AHV sind die Frauen heute nicht etwa benachteiligt, sondern privilegiert. Das massgebende Kriterium ist hier nicht die Höhe der Jahresrenten, sondern das Verhältnis zwischen Einzahlungen und erhaltenen Leistungen. Gemäss der AHV-Statistik für 2021 kamen 34 Prozent aller Beiträge von den Frauen, und 55 Prozent der Rentenleistungen gingen an Frauen. Die Gründe sind vor allem die längere Lebenserwartung, die tieferen Löhne und die geringere Erwerbstätigkeit der Frauen.

Gemessen an der jüngsten Neurentenstatistik (für 2020) liegt die AHV-Durchschnittsrente für die Männer mit 1899 Franken pro Monat rund 10 Prozent über dem Niveau bei den Frauen. Diese Differenz ist durch deutliche Unterschiede der Rentenhöhe bei den Verheirateten getrieben. Doch dort spielt die Differenz in der Praxis kaum eine Rolle; Renten kommen bei Verheirateten faktisch beiden Partnern zugute. Bei den Ledigen, Geschiedenen und Verwitweten ist derweil die durchschnittliche Rentenhöhe bei den Frauen und Männern etwa gleich hoch.

In der zweiten Säule der Altersvorsorge (Pensionskassen für die berufliche Vorsorge) haben gut ein Drittel der privatrechtlichen Kassen und knapp zwei Drittel der öffentlichrechtlichen Kassen das Rentenalter 65 für Frauen schon eingeführt. Wie in der AHV ist auch hier das Verhältnis zwischen Einzahlungen und erhaltenen Leistungen für die Frauen günstiger als für die Männer; dies liegt vor allem an Geschlechterunterschieden in der Restlebenserwartung bei der Pensionierung. (…)

Gemäss Neurentenstatistik lag 2020 die durchschnittliche Rente für Männer in der beruflichen Vorsorge mit 2600 Franken pro Monat um fast 70 Prozent über dem Mittelwert bei den Frauen. Wie in der AHV ist die Differenz vor allem durch die faktisch irrelevanten Unterschiede bei den Verheirateten getrieben. Bei den Ledigen betrug die Differenz «nur» gut 3 Prozent.

  NZZ